Urteil des BPatG vom 29.10.2002

BPatG: chemische industrie, unterscheidungskraft, kennzeichnung, anpreisung, werbung, ausnahme, internet, wasser, holz, wortmarke

BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 221/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 85 601.6/3
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 29. Oktober 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Ströbele sowie der Richter Dr. Hacker und Guth
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
10.99
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G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
"the real deal"
soll für die Waren und Dienstleistungen
„Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und
Schleifmittel, Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur
Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel; techni-
sche Öle und Fette, Schmiermittel, Motorentreibstoffe, Leuchtstoffe,
Kerzen und Dochte; Maschinen für die Metall-, Holz- und Kunst-
stoffverarbeitung, Maschinen für die chemische Industrie, der
Landwirtschaft und den Bergbau, Textilmaschinen, Maschinen für
die Getränkeindustrie, Baumaschinen, Verpackungsmaschinen,
Werkzeugmaschinen, Motoren (ausgenommen Motoren für Land-
fahrzeuge), Kupplungen und Vorrichtung zur Kraftübertragung
(ausgenommen für Landfahrzeuge), nicht handbetätigte landwirt-
schaftliche Geräte; handbetätigte Werkzeuge für den Maschinen-,
Apparate- und Fahrzeugbau sowie für die Bautechnik, Messer-
schmiedewaren, Gabeln und Löffel, Hieb- und Stichwaffen und Ra-
sierapparate; Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-,
Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie Sanitäranla-
gen; Fahrzeuge und Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in
der Luft oder auf dem Wasser; Schußwaffen, Munition und Ge-
schosse, Sprengstoffe und Feuerwerkskörper; Edelmetalle und de-
ren Legierungen sowie daraus hergestellte und damit plattierte Wa-
ren, soweit in Klasse 14 enthalten, Juwelierwaren und Schmuckwa-
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ren, Edelsteine, Uhren und Zeitmeßinstrumente; Kautschuk, Gutta-
percha, Gummi, Asbest, Glimmer und Waren daraus, soweit in
Klasse 17 enthalten, Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate),
Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial, sowie Schläuche, soweit
diese nicht aus Metall hergestellt sind; Leder und Lederimitationen
sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und
Felle, Reise- und Handkoffer, Regenschirme, Sonnenschirme und
Spazierstöcke, sowie Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren;
Möbel, Spiegel und Rahmen und Waren, soweit in Klasse 20 ent-
halten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, El-
fenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutt, Meerschaum
und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen; Geräte und Behäl-
ter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert),
Kämme und Schwämme, Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln),
Bürstenmachermaterial, Putzzeug, Stahlspäne; rohes oder teilweise
bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas), Glaswaren, Por-
zellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten, Bekleidungs-
stücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug,
Turn und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; land-, garten-
und landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit in
Klasse 31 enthalten, lebende Tiere, frisches Obst und Gemüse,
Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen, Futtermittel
und Malz; Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wasser
und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte;
Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;
alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Tabak, Räucherarti-
kel und Streichhölzer; Werbung, Geschäftsführung, Unterneh-
mensführung, Büroarbeiten; Versicherungswesen, Finanzwesen,
Geldgeschäfte und Immobilienwesen; Bauwesen; Reparaturwesen
von Kraftfahrzeugen und Maschinen und den Bereich Installations-
arbeiten; Telekommunikation; Transportwesen, Verpackung und
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Lagerung von Waren und die Veranstaltung von Reisen; Material-
bearbeitung; Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung und sportliche
und kulturelle Aktivitäten; Verpflegung, Beherbergung von Gästen,
Schönheitspflege, wissenschaftliche und industrielle Forschung und
die Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung“
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung durch eine Beamtin des höheren Dienstes mit Beschluß vom
16. August 2001 nach vorheriger Beanstandung zurückgewiesen, weil der ange-
meldeten Angabe zumindest jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG). Die Wörter, aus denen sich die angemeldete Wortfolge zusammen-
setze, gehörten zum einfachsten englischen Grundwortschatz und seien auch
breiten deutschen Verkehrskreisen in der Bedeutung "das wirkliche, das richtige
Geschäft" ohne weiteres verständlich. Die angesprochenen Verkehrskreise wür-
den die angemeldete Wortfolge daher für die von der Anmeldung betroffenen Wa-
ren und Dienstleistungen ohne weiteres als eine unmittelbar im Vordergrund ste-
hende sprachregelgerechte werbliche Sachangabe verstehen, die stets als solche
und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Zu deren Begründung wird
vorgetragen, im vorliegenden Fall werde die angemeldete Wortfolge nicht in einer
dem Sprachgebrauch entsprechenden Weise verwendet. Die Wortfolge sei zwar
für geschäftliche Dienstleistungen schutzunfähig, auf die die Anmeldung sich aber
nicht beziehe. Vielmehr sei eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen Ge-
genstand der Anmeldung, für die die angemeldete Kennzeichnung als eine phan-
tasievolle Zeichenbildung wirke. Die Ausdrücke "a real deal" oder "the real deal"
würden im Internet stets nur als Anpreisung schlagwortartig und ohne Bezug zu
einer konkreten Leistung oder einem konkreten Geschäftsbetrieb verwendet. Auch
sei zu berücksichtigen, daß der Anmelder die angemeldete Kennzeichnung bereits
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seit etwa zwei Jahren in Verbindung mit verschiedensten geschäftlichen Aktivitä-
ten vor allem regional, zunehmend aber auch international, verwende. Aus diesem
Grund sei von Verkehrsgeltung der Wortfolge auszugehen. Im übrigen sei auch
die Marke 301 65 788 "EROS", die ebenfalls einen Begriff der Umgangssprache
darstelle, eingetragen worden.
Der Anmelder beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung, auf den Inhalt
der Akten und das Ergebnis einer Recherche des Senats Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Die angemeldete
Marke ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG von der Eintragung
ausgeschlossen, weil ihr für die Waren und Dienstleistungen der Anmeldung jegli-
che Unterscheidungskraft fehlt.
1.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eig-
nung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaß-
ten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen
anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. BGH, GRUR 2001, 1150
"LOOK"; GRUR 2002, 64 = "INDIVIDUELLE"). Nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen,
wenn ihnen entweder ein im Hinblick auf die von der Anmeldung erfaßten
Waren im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zukommt
oder es sich um ein gängiges Wort der deutschen oder einer bekannten
Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als
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individuelles Kennzeichnungsmittel verstanden wird (st. Rspr vgl. BGH
GRUR 2001, 1150 "LOOK“ m.w.N.; BGH GRUR 2001, 1042 "REICH UND
SCHOEN"; BGH GRUR 2002, 64 f. "INDIVIDUELLE"). Von mangelnder
Unterscheidungskraft ist deshalb bei beschreibenden Angaben oder An-
preisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Indizien für
die Eignung, die Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters
von denen anderer zu unterscheiden, können Kürze, eine gewisse Origina-
lität und Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Inter-
pretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage kann einen Anhalt für eine hin-
reichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an
die Eigenart im Rahmen der Bewertung der Unterscheidungskraft von
Wortfolgen nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher
einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur Produktiden-
tifikation abgesprochen werden (vgl. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 f. "Gute
Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH WRP 2002, 1281, 1282 "Bar jeder
Vernunft").
Bei der hier angemeldeten Kennzeichnung handelt es sich aber um eine
Wortfolge, die ausschließlich als werbeübliche Anpreisung für die Waren
und Dienstleistungen der Anmeldung anzusehen ist. Wie die Markenstelle
zu Recht ausgeführt hat und der Anmelder auch nicht bestreitet, gehören
die Wörter "the real deal" zum englischen Grundwortschatz und sind auch –
allerdings teilweise in leicht anders nuancierter Bedeutung – im deutschen
Sprachgebrauch üblich (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch,
4. Aufl., Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, Ernst Klett Verlag, jeweils
Stichwörter "real" und "deal"). Sie kommen immer wieder in der Werbung
vor, so daß die Bedeutung der Wortfolge ohne weiteres von den inländi-
schen Verkehrskreisen erfaßt wird. Der Verkehr, der hier hauptsächlich aus
dem breiten Publikum besteht, wird in dem angemeldeten Zeichen dement-
sprechend nur einen sloganartigen Hinweis auf ein besonders günstiges
Angebot oder besonders günstiges Geschäft sehen, was sich in Verbin-
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dung mit allen Waren und Dienstleistungen, die entgeltlich erworben bzw. in
Anspruch genommen werden können, aufdrängt (vgl. dazu auch BPatG
vom 5. Mai 1998 - 27 W (pat) 17/97, Zusammenfassung veröffentlicht auf
PROMA PAVIS CD-ROM "Big Deal"). Daher wird das Publikum "the real
deal" nicht als betrieblichen Herkunftsnachweis auffassen. Diese Schlußfol-
gerung wird insbesondere durch die dem Anmelder übermittelte Internet-
Recherche des Senats bestätigt. Die Wortfolgen "a real deal" bzw. "the real
deal" kommen in der Werbung für unterschiedlichste Waren und Dienst-
leistungen national und international in nicht markenmäßiger Verwendung
vor. So ergab die Internetrecherche des Senats zahlreiche Nachweise etwa
im Zusammenhang mit Hardware als Überschrift über einer Rubrik, als Be-
schreibung für eine CD eines bestimmten Sängers, als Anpreisung für Mo-
torradhelme, als Aufforderung, einen bestimmten Online-Marktplatz zu be-
suchen, in Verbindung mit Direct-Marketing-Lösungen und besonders
günstigen Reiseangeboten, Angeboten von Büchern und verschiedensten
anderen Waren und Dienstleistungen. Gerade diese rein anpreisende Ver-
wendung für zahlreiche Anbieter auf verschiedenen wirtschaftlichen Ge-
bieten ist ein signifikanter Beleg dafür, daß diese Wortfolge nicht als Hin-
weis auf einen bestimmten Ursprungsbetrieb der so beworbenen Angebote
gemeint ist und verstanden wird.
2. Die vom Anmelder geltend gemachte "Marktdurchdringung" gibt ebenfalls
keinen Anhaltspunkt für die Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeich-
nung. Zwar kann eine gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 MarkenG schutz-
unfähige Marke dann eingetragen werden, wenn sie sich vor dem Zeitpunkt
der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Wa-
ren und Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den betei-
ligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat (§ 8 Abs. 3 MarkenG). Hierbei muß
sich die Verkehrsdurchsetzung auf das gesamte Bundesgebiet beziehen,
da sich der Schutz der eingetragenen Marke auch auf den gesamten Gel-
tungsbereich des Markengesetzes erstreckt (Althammer/Ströbele, Marken-
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gesetz, 6. Aufl., § 8 Rn 205). Im vorliegenden Fall hat der Anmelder – ab-
gesehen davon, daß er keine konkreten Umsatzzahlen und Umfrageergeb-
nisse vorträgt – aber lediglich eine rein regionale Verwendung und Be-
kanntheit der angemeldeten Kennzeichnung behauptet.
3. Auf die vom Anmelder angeführte Eintragung der Wortmarke "EROS"
kommt es hier nicht an. Abgesehen davon, daß Voreintragungen nach
ständiger Rechtsprechung keinerlei Bindungswirkung erzeugen (vgl. etwa
BGH BlPMZ 1998, 248, 249 "Today"), bestehen zwischen „EROS“ und „the
real deal“ keinerlei tatsächliche oder rechtliche Parallelen.
Ströbele Hacker
Guth
Cl