Urteil des BPatG vom 21.01.2015

Stand der Technik, Patentanspruch, Einspruch, Öffnung

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
9 W (pat) 701/14
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
21. Januar 2015
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 10 2006 060 391
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2015 unter Mitwirkung des Vor-
sitzenden Richters Dipl.-Ing. Hilber sowie der Richter Paetzold, Dr.-Ing. Baumgart
und Dr.-Ing. Geier
- 2 -
beschlossen:
Das Patent wird beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unter-
lagen:
- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß neuem Hauptantrag, über-
reicht in der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2015,
- Beschreibung S. 2/14 bis 6/14 der Patentschrift mit Änderun-
gen, eingereicht als Hilfsantrag III mit Schriftsatz vom 21. No-
vember 2014,
- Zeichnungen Figuren 1a bis 5b wie Patentschrift.
G r ü n d e
I
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat nach Prüfung das am 20. Dezem-
ber 2006 angemeldete Patent mit der Bezeichnung
"Dichtungsanordnung zum Abdichten der Karosserie eines
Kraftfahrzeugs"
erteilt. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 12. Januar 2012 erfolgt.
Gegen das Patent hat die D
… AG in S… am 11. April 2012 Ein-
spruch erhoben. Sie macht als Widerrufsgrund die in § 21 Abs. 1 PatG genannten
Gründe geltend und verweist schriftsätzlich auf die folgenden Dokumente:
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D1:
DE 100 47 818 A1
D2:
JP 2002
– 274286 A
D3:
DE 35 01 195 C2
D4:
DE 43 18 719 A1
D5:
DE 10 2006 011 470 A1
D6:
DE 1 509 257 A.
Mit Schriftsatz vom 16. Januar 2015, per Fax eingegangen am 19. Januar 2015,
hat die Einsprechende den Einspruch zurückgenommen.
Die vormalige Patentinhaberin, die M
… GmbH in
L
…, hat dem Vortrag der Einsprechenden widersprochen.
Darüber hinaus beantragt sie mit Schriftsatz vom 9. August 2013 die Sache dem
Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zur Entscheidung nach § 61 Abs. 2
Nr. 1 PatG vorzulegen.
Die Patentinhaberin, nunmehr die C
… GmbH, beantragt in der
mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2015 zuletzt, das Patent beschränkt auf-
rechtzuerhalten mit folgenden Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß neuem Hauptantrag, überreicht
in der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2015,
- 4 -
- Beschreibung S. 2/14 bis 6/14 der Patentschrift mit Änderungen,
eingereicht als Hilfsantrag III mit Schriftsatz vom 21. Novem-
ber 2014,
- Zeichnungen Figuren 1a bis 5b wie Patentschrift.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
Dichtungsanordnung zum Abdichten der Karosserie (11) eines
Kraftfahrzeugs (10) mit
einem Flansch (12), der durch ein äußeres Rahmenteil (13) und ein
inneres Rahmenteil (17) der Karosserie (11) gebildet ist und eine
Stirnfläche (19) aufweist; einer Dichtung (20), die einen Dichtungs-
abschnitt (21) und einen Befestigungsabschnitt (24) aufweist, und
einem Befestigungsmittel (30, 31, 32, 33), durch das der Befes-
tigungsabschnitt (24) an dem äußeren Rahmenteil (13) befestigbar
ist;
wobei das äußere Rahmenteil (13) abgewinkelt ist und einen den
Flansch (12) bildenden Flanschabschnitt (14) und einen sich in
einem Winkel (α) zu dem Flanschabschnitt (14) erstreckenden Eck-
abschnitt (15) aufweist;
wobei das äußere Rahmenteil (13) eine dem inneren Rahmen-
teil (17) abgewandte Außenfläche (16) und das innere Rahmen-
teil (17) eine dem äußeren Rahmenteil (13) abgewandte Innenflä-
che (18) aufweist;
wobei der Dichtungsabschnitt (21) mit wenigstens einer Hohlkam-
mer (22, 23) versehenen ist, welche die Außenfläche (16) des
äußeren Rahmenteils (13) zumindest teilweise abdeckt;
wobei die Dichtung (20) mit einer Abdecklippe (25), durch welche
die Stirnfläche (19) des Flansches (12) abdeckbar ist, und mit einer
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Nut (26) zur Aufnahme des Rands (41) einer lnnenverkleidung (40)
des Kraftfahrzeugs (10) versehen ist;
wobei die Nut (26) von einer Wandung begrenzt ist, die durch die
Abdecklippe (25) gebildet ist;
wobei der Befestigungsabschnitt (24) ausschließlich an der Außen-
fläche (16) des äußeren Rahmenteils (13) anliegt und
wobei der Befestigungsabschnitt (24) an dem Eckabschnitt (15) des
äußeren Rahmenteils (13) befestigt ist.
Rückbezogen schließen sich hieran zumindest mittelbar die geltenden Patentan-
sprüche 2 bis 6 an.
Der nebengeordnete geltende Patentanspruch 7 lautet (offensichtlicher Schreib-
fehler durch Streichung gekennzeichnet):
Dichtungsanordnung zum Abdichten der Karosserie (11) eines
Kraftfahrzeugs (10) mit
einem Flansch (12), der durch ein äußeres Rahmenteil (13) und ein
inneres Rahmenteil (17) der Karosserie (11) gebildet ist und eine
Stirnfläche (19) aufweist;
einer Dichtung (20), die frei von einem Verstärkungsträger (63) ist
und einen Dichtungsabschnitt (21) und einen Befestigungsab-
schnitt (24) aufweist, und
einem Befestigungsmittel (30, 31, 32, 33), durch das der Befesti-
gungsabschnitt (24) an dem äußeren Rahmenteil (13) befestigbar
ist;
wobei das äußere Rahmenteil (13) abgewinkelt ist und einen den
Flansch (12) bildenden Flanschabschnitt (14) und einen sich in
einem Winkel (
α) zu dem Flanschabschnitt (14) erstreckenden Eck-
abschnitt (15) aufweist;
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wobei das äußere Rahmenteil (13) eine dem inneren Rahmen-
teil (17) abgewandte Außenfläche (16) und das innere Rahmen-
teil (17) eine dem äußeren Rahmenteil (13) abgewandte lnnenflä-
che (18) aufweist;
wobei der Dichtungsabschnitt (21) mit wenigstens einer Hohlkam-
mer (22, 23) versehenen ist, welche die Außenfläche (16) des
äußeren Rahmenteils (13) zumindest teilweise abdeckt;
wobei die Dichtung (20) mit einer Abdecklippe (25), durch welche
die Stirnfläche (19) des Flansches (12) abdeckbar ist, und mit einer
Nut (26) zur Aufnahme des Rands (41) einer lnnenverkleidung (40)
des Kraftfahrzeugs (10) versehen ist;
wobei die Nut (26) von einer Wandung begrenzt ist, die durch die
Abdecklippe (25) gebildet ist;
wobei der Befestigungsabschnitt (24) ausschließlich an der Außen-
fläche (16) des äußeren Rahmenteils (13) anliegt;
wobei das Befestigungsmittel eine Klammer (33) ist, die derart auf
den Flansch (12) aufsteckbar ist, dass die Klammer (33) die Ab-
decklippe (25) umgreift und die Abdecklippe (25) gegen die Stirnflä-
che (19) des Flansches (12) drückt;
wobei der Befestigungsabschnitt (24) eine kanalförmige Ausspa-
rung (29) aufweist, in der ein Schenkel (34) der Klammer (33) beim
Aufstecken auf den Flansch (12) aufgenommen wird, und
wobei am Grund der Aussparung (29) eine die Position des Schen-
kels (34) an der Dichtung (20) bestimmende Öffnung (36) vorgese-
hen ist, die derart ausgestaltet ist, dass sich der Schenkel (34)
durch die Öffnung (36) hindurch erstrecken kann,
wobei der Schenkel (34) ein freies Ende (35) aufweist, das mit einer
Verdickung versehen ist, um einen Formschluss mit der Dich-
tung (20) zu bewirken.
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Rückbezogen schließen sich hieran zumindest mittelbar die geltenden Patentan-
sprüche 8 bis 10 an.
Folgende im Prüfungsverfahren in Betracht gezogene Dokumente waren noch zu
berücksichtigen:
P1:
DE 32 08 504 A1
P2:
US 2006/0226676 A1
P3:
EP 0 689 952 A1.
Wegen des Wortlauts der geltenden Unteransprüche, der geltenden Fassung der
Beschreibungsseiten und zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt ver-
wiesen.
II
1.
PatG begründet. Die Patentinhaberin hat den Antrag auf Entscheidung durch das
Bundespatentgericht mit Schreiben vom 9. August 2013 unter gleichzeitiger Zah-
lung der Antragsgebühr wirksam gestellt. Ungültigkeitsgründe gemäß § 61 Abs. 2
Satz 2 PatG sind den Akten nicht zu entnehmen.
2.
Die Patentinhaberin war ursprünglich die M
… GmbH
in L
…. Deren Beteiligtenstellung ist durch Umfirmierung mit Wir-
kung zum 1. Oktober 2013 auf die C
… GmbH übergegangen.
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3.
nur noch die jetzige Patentinhaberin beteiligt, wobei das Verfahren von Amt wegen
fortzusetzen ist (§ 61 Abs. 1 Satz 2 PatG i. V. m. § 61 Abs. 2 Satz 1 PatG).
In der Sache hat der Einspruch insoweit Erfolg, als er zu einer Aufrechterhaltung
des angegriffenen Patents in beschränktem Umfang führt.
4.
tung Maschinenbau zugrunde, der bei einem Fahrzeughersteller oder Fahrzeugzu-
lieferer mit der Entwicklung von Karosseriedichtungen befasst ist und auf diesem
Gebiet über mehrere Jahre Berufserfahrung verfügt.
5.
Die Gegenstände gemäß den geltenden Patentansprüchen 1 bis 10 sind sämtlich
in der Streitpatentschrift offenbart. Sie ergeben sich auch ohne weiteres aus den
Ursprungsunterlagen. Der Schutzbereich des Streitpatents ist nachträglich nicht
erweitert worden.
So stimmt der geltende Patentanspruch 1 wortwörtlich mit dem erteilten Patentan-
spruch 1 überein, wobei dessen Merkmale den ursprünglich eingereichten Patent-
ansprüchen 1, 2, 3 und 5 entnommen sind.
Die geltenden Unteransprüche 2 bis 6 entsprechen den ursprünglichen Patentan-
sprüchen 4 und 6 bis 9.
Der geltende Patentanspruch 7 umfasst die Merkmale des erteilten Patentan-
spruchs 7, welcher Merkmale der ursprünglichen Patentansprüche 1, 2, 3, 10, 11
und 13 beinhaltet, sowie Merkmale, die den Absätzen [0011], [0016] und [0017]
der Beschreibung des Streitpatents entnommen sind und die so auch in der ur-
sprünglichen Beschreibung offenbart sind.
- 9 -
Die Merkmale der geltenden Unteransprüche 8 bis 10 entstammen den ursprüng-
lichen Patentansprüchen 10, 13 und 15.
6.
dass das Patent wie beantragt beschränkt aufrechtzuerhalten ist, weil für die
verteidigte Fassung auch sonst keiner der übrigen Widerrufsgründe gemäß § 21
PatG vorliegt. Im Vergleich mit dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik
ist der unzweifelhaft gewerblich anwendbare Gegenstand mit den Merkmalen des
geltenden Patentanspruchs 1 wie auch der ebenfalls unzweifelhaft gewerblich an-
wendbare Gegenstand mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 7
insbesondere auch im Sinne der §§ 3 und 4 PatG patentfähig. Dies trifft auch auf
die übrigen geltenden Patentansprüche 2 bis 6 sowie 8 bis 10 zu. Die geltenden
Beschreibungsseiten sind zulässig an die geltenden Patentansprüche angepasst
und in rein redaktioneller Art überarbeitet.
Einer näheren Begründung hierzu bedarf es nicht, da der einzige Einspruch zu-
rückgenommen wurde und somit nur noch die Patentinhaberin am Verfahren be-
teiligt ist, deren Antrag stattgegeben wurde (§ 47 Abs. 1 Satz 3 PatG i. V. m. §§ 59
Abs. 5 und § 61 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PatG).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht der am Einspruchsverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn sie auf einen der nachfolgenden Gründe
gestützt wird, nämlich dass
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1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung
des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis
der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Hilber
Paetzold
Dr. Baumgart
Dr. Geier
Ko