Urteil des BPatG vom 29.02.2016

Patentanspruch, Stand der Technik, Flugzeug, Erfindung

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
9 W (pat) 31/13
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2007 048 956.2 - 22
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung am 29. Februar 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dipl.-Ing. Hilber und der Richter Paetzold, Dr.-Ing. Baumgart und Dr.-Ing. Geier
- 2 -
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Patentanmelderin wird der Beschluss der
Prüfungsstelle für Klasse B64D des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 23. Juli 2013 aufgehoben und die Sache zur weite-
ren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückver-
wiesen.
G r ü n d e
I.
Die Prüfungsstelle B64D des Deutschen Patent- und Markenamtes hat nach Prü-
fung die am 12. Oktober 2007 eingereichte deutsche Patentanmeldung
10 2007 048 956.2
-
22
de
r
A…
GmbH,
in
H…, mit der Bezeichnung
„Vorrichtung und Verfahren zum Bereitstellen eines Flugstatussignals“,
auf Basis der in der Anhörung am 23. Juli 2013 überreichten Patentansprüche 1
bis 26 mit einem in dieser Anhörung verkündeten Beschluss gemäß § 48 PatG
zurückgewiesen. Laut der das Datum 29. August 2013 tragenden Beschlussbe-
gründung sei die Erfindung in der Anmeldung nicht so deutlich und vollständig of-
fenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne, so dass ein Mangel nach § 34
(4) PatG vorläge.
Die Prüfungsstelle war insbesondere der Auffassung, dass sich der ursächliche
Zusammenhang zwischen einer Vielzahl von Eingangssignalen und dem Flugsta-
tussignal als Ausgangssignal dem Fachmann nicht einmal im Ansatz erschließe,
- 3 -
dieser Zusammenhang aber zwingende Voraussetzung sei, um die beanspruchte
Lehre im beanspruchten Umfang überhaupt nacharbeiten zu können.
Gegen den Zurückweisungsbeschluss richtet sich die mit Schriftsatz vom
23. September 2013 am 26. September 2013 eingegangene Beschwerde der Pa-
tentanmelderin, die sie mit Schriftsatz vom 20. November 2013 im Einzelnen be-
gründet und mit der sie den zuletzt eingereichten Anspruchssatz vom 23. Juli 2013
als Hauptantrag weiterverfolgt sowie zusätzlich einen Hilfsantrag vorlegt.
Dazu
ist
in
einem
richterlichen
Hinweis
des
Berichterstatters
vom
17. Dezember 2015 ausgeführt worden, dass die Zurückweisungsgründe des
angegriffenen Beschlusses einer Prüfung durch den Senat des Bundespatentge-
richts voraussichtlich nicht standhalten werden. Allerdings werde möglicherweise
davon abgesehen, in der Sache selbst zu entscheiden und eine Zurückverweisung
an das Deutsche Patent- und Markenamt zur weiteren Prüfung in Aussicht gestellt.
Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2016 beantragt die Beschwerdeführerin zuletzt
sinngemäß:
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B64D des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 23. Juli 2013 aufzuheben und die
Sache nach § 79 (3) Nr. 1 PatG an das Deutsche Patent- und
Markenamt zurückzuverweisen,
hilfsweise eine mündliche Verhandlung gemäß § 78 (1) PatG
durchzuführen.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
Vorrichtung (1) zum Bereitstellen eines Flugstatussignals (FS) für
ein Flugzeug, welches angibt, ob das Flugzeug in der Luft oder am
- 4 -
Boden ist, wobei die Vorrichtung (1) das Flugstatussignal (FS) in
Abhängigkeit einer Anzahl N1 unterschiedlich bereitgestellter Flug-
geschwindigkeitssignale (S1-S3), einer Anzahl N2 unterschiedlich
bereitgestellter Triebwerksstatussignale (S4-S7), einer Anzahl N4
unterschiedlich bereitgestellter Evakuierungssignale (S8-S10), ei-
ner Anzahl N3 unterschiedlich bereitgestellter Frontfahrwerkssta-
tussignale (S11, S12) und einer Anzahl N5 unterschiedlich bereit-
gestellter Hauptfahrwerksstatussignale (S13-S16) berechnet.
Der geltende Patentanspruch 8 lautet:
System (8), mit:
zumindest einer Vorrichtung (1) nach Anspruch 1 oder einem der
Ansprüche 2 bis 7; und
einem Bus (2), welcher dazu geeignet ist, zumindest die bereitge-
stellten Fluggeschwindigkeitssignale (S1-S3), die Triebwerkssta-
tussignale (S4-S7), die Evakuierungssignale (S8-S10), die Front-
fahrwerksstatussignale (S11, S12) und die Hauptfahrwerksstatus-
signale (S13-S16) an die Vorrichtung (1) zu übertragen.
Der geltende Patentanspruch 14 lautet:
Verfahren zum Bereitstellen eines Flugstatussignals (FS) für ein
Flugzeug, welches angibt, ob das Flugzeug in der Luft oder am
Boden ist, mit den Schritten:
Bereitstellen einer Anzahl N1 von unterschiedlichen Flugge-
schwindigkeitssignalen (S1-S3);
- 5 -
Bereitstellen einer Anzahl N2 von unterschiedlichen Triebwerks-
statussignalen (S4-S7);
Bereitstellen einer Anzahl N3 von Evakuierungssignalen (S8-S10);
Bereitstellen einer Anzahl N4 von unterschiedlichen Frontfahr-
werksstatussignalen (S11, S12);
Bereitstellen einer Anzahl N5 von unterschiedlichen Frontfahr-
werksstatussignalen (S13-S16); und
Berechnen des Flugstatussignals (FS) in Abhängigkeit der unter-
schiedlichen Fluggeschwindigkeitssignale (S1-S3), der unter-
schiedlichen Triebwerksstatussignale (S4-S7), der Evakuierungs-
signale (S8-S10), der unterschiedlichen Front-fahrwerksstatussig-
nale (S11, S12) und der unterschiedlichen Hauptfahrwerksstatus-
signale (S13-S16).
Der geltende Patentanspruch 15 lautet:
Luft- oder Raumfahrzeug, mit:
zumindest einer Vorrichtung (1) nach Anspruch 1 oder einem der
Ansprüche 2 bis 7.
Der geltende Patentanspruch 16 lautet:
Luft- oder Raumfahrzeug, mit:
zumindest einem System (8) nach Anspruch 8 oder einem der An-
sprüche 9 bis 13.
- 6 -
Der geltende Patentanspruch 17 lautet:
System (8), mit:
einer Vorrichtung (1) nach Anspruch 1 und einem der Ansprüche 2
bis 7; und
zumindest einem Mittel (10-12, 34), welches dazu geeignet ist, ein
Türschließsignal (S31) für zumindest eine Tür des Flugzeuges in
Abhängigkeit des berechneten Flugstatussignals (FS), einer An-
zahl N12 unterschiedlich bereitgestellter Flughöhesignale (S21-
S23), der Anzahl N3 unterschiedlich bereitgestellter Evakuie-
rungssignale (S8-S10) und zumindest eines Druckdifferenzsignals
(S24) zu generieren.
Der geltende Patentanspruch 25 lautet:
Verfahren zum Generieren eines Türschließsignals (S31) zum
Verriegeln zumindest einer Tür eines Flugzeugs, mit den Schrit-
ten:
Berechnen eines Flugstatussignals (FS) gemäß dem Verfahren
nach Anspruch 14;
Bereitstellen einer Anzahl N12 von unterschiedliche Flughöhesig-
nalen (S21-S23);
Bereitstellen einer Anzahl N3 von Evakuierungssignalen (S8-S10);
Bereitstellen zumindest eines Druckdifferenzsignals (S24); und
- 7 -
Berechnen des Türschließsignals (S31) aus dem berechneten
Flugstatussignal (FS), den Flughöhesignalen (S21-S23), den Eva-
kuierungssignalen (S8-S10) und dem Druckdifferenzsignal (S24).
Der geltende Patentanspruch 26 lautet:
Luft- oder Raumfahrzeug, mit:
zumindest einem System (8) nach Anspruch 17 oder einem der
Ansprüche 18 bis 24.
Wegen des Wortlauts der geltenden Unteransprüche 2 bis 7, 9 bis 13 und 18 bis
24, der Patentansprüche 1 bis 19 gemäß Hilfsantrag, der sonstigen geltenden
Unterlagen sowie zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Im Verfahren befinden sich folgende, von der Prüfungsstelle herangezogene
Druckschriften:
D1:
DE 695 15 847 T2,
D2:
DE 10 2004 026 711 A1,
D3:
US 5 446 666 A,
D4:
DE 43 09 058 C1,
D5:
DE 698 22 588 T2,
D6:
DE 698 19 843 T2 und
D7:
DE 34 17 884 C2,
sowie die von der Patentanmelderin im Schriftsatz vom 31. Juli 2008 genannte
Druckschrift
D8:
DE 602 10 030 T2.
- 8 -
II.
1.
Die zulässige Beschwerde hat die Aufhebung der angefochtenen Entschei-
dung und die Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Marken-
amt zur Folge. Mit dieser Entscheidung hat der erkennende Senat von seinem
Ermessen gemäß PatG § 79 (3) Nr. 1 Gebrauch gemacht, weil sich im Beschwer-
deverfahren eine andere rechtliche Beurteilung des Formerfordernisses des § 43
(4) PatG ergeben hat und eine Sachentscheidung hinsichtlich des Vorliegens von
Patentierungsvoraussetzungen erforderlich ist, die noch nicht Gegenstand des
Prüfungsverfahrens waren.
2.
Die Erfindung bezieht sich auf eine Vorrichtung und ein Verfahren zum
Bereitstellen eines Flugstatussignals, insbesondere im Luft- und Raumfahrtbereich
(ursprüngliche Beschreibung, Seite 1, Zeilen 10 bis 13).
Bei derzeitigen Flugzeugen, insbesondere bei den Kommunikations- und Daten-
systemen der Flugzeuge, existiere zum Zeitpunkt der Anmeldung kein verfügbares
Signal, welches dazu geeignet sei anzuzeigen, ob das Flugzeug am Boden oder in
der Luft ist (ursprüngliche Beschreibung, Seite 1, Zeilen 18 bis 21).
Demnach sei es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, mit einer möglichst ho-
hen Zuverlässigkeit ein Signal bereitzustellen, das anzeigt, ob das Flugzeug am
Boden oder in der Luft ist (ursprüngliche Beschreibung, Seite 1, Zeilen 23 bis 29).
Ferner habe die Patentanmelderin festgestellt, dass ein solches Signal für eine
Vielzahl verschiedener Systeme des Flugzeugs sehr nützlich sein könne. Bei-
spielsweise könne ein solches Signal für die Generierung eines Türschließsignals
verwendet werden, das anzeigt, ob eine oder mehrere Türen des Flugzeugs zu
verriegeln seien oder nicht (ursprüngliche Beschreibung, Seite 1, Zeilen 31 bis
36).
- 9 -
Daher sei es ferner eine Aufgabe der Erfindung, mit einer möglichst hohen Zuver-
lässigkeit ein situationsabhängiges Türschließsignal zum Verriegeln zumindest
einer Tür des Flugzeugs bereitzustellen (ursprüngliche Beschreibung, Seite 2,
Zeilen 1 bis 7).
Zumindest eine dieser gestellten Aufgaben werde durch eine Vorrichtung mit den
Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1 und/oder durch ein System mit den
Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 8 und/oder durch ein Verfahren mit
den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 14 und/oder durch ein Fahrzeug
mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 15 und/oder durch ein Fahr-
zeug mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 16 und/oder durch ein
System mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 17 und/oder durch ein
Verfahren mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 25 und/oder durch
ein Fahrzeug mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 25 gelöst (ur-
sprüngliche Beschreibung, Seite 2, Zeilen 10 bis 19).
3.
Als Fachmann wird bei dem Verständnis des Anmeldegegenstandes sowie
bei der Bewertung des Standes der Technik von einem Durchschnittsfachmann
ausgegangen, der als Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Luft- und Raumfahr-
technik ausgebildet ist und mehrere Jahre Berufserfahrung auf dem Gebiet der
Flugregelsysteme aufweist. Dieser verfügt dabei im Speziellen über fundierte
Kenntnisse der Messtechnik und Sensorik, welche in Flugzeugen zur Anwendung
kommt, sowie über fundierte Kenntnisse von in der Regelungstechnik verwende-
ten mathematischen Methoden. Denn ohne diese Kenntnisse könnte er seinen
Aufgaben als Ingenieur für Regelungstechnik nicht nachkommen.
4.
Zur Erleichterung von Bezugnahmen sind zumindest die Merkmale des
geltenden Patentanspruchs 1 nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung
wiedergegeben. Der offensichtliche Fehler in der Zuordnung der Nummerierung
der Anzahlen „N3“ und „N4“ der Triebwerksstatussignale bzw. Evakuierungssig-
nale im geltenden Patentanspruch 1, welcher für den Fachmann aus der Be-
- 10 -
schreibung (z.B. ursprüngliche Beschreibung, Seite 3, Zeilen 14 bis 32) eindeutig
erkennbar ist, ist bereits korrigiert.
M1
Vorrichtung (1) zum Bereitstellen eines Flugstatussignals (FS) für ein
Flugzeug, welches angibt, ob das Flugzeug in der Luft oder am Bo-
den ist,
M2
wobei die Vorrichtung (1) das Flugstatussignal (FS) berechnet in Ab-
hängigkeit
M2a einer
Anzahl
N1
unterschiedlich
bereitgestellter
Fluggeschwindigkeitssignale (S1-S3),
M2b einer Anzahl N2 unterschiedlich bereitgestellter Triebwerksstatussig-
nale (S4-S7),
3
(S8-S10),
M2d einer
Anzahl
4
unterschiedlich
bereitgestellter
Frontfahrwerksstatussignale (S11, S12) und
M2e einer
Anzahl
N5
unterschiedlich
bereitgestellter
Hauptfahrwerksstatussignale (S13-S16).
5.
Der Fachmann entnimmt dem geltenden Patentanspruch 1 eine Vorrich-
tung, die aufgrund einer Vielzahl von Eingangssignalen, die in einem Flugzeug
erzeugt werden, dafür hergerichtet ist, auf Basis der Eingangssignale zu bestim-
men - laut dem geltenden Patentanspruch
1 zu „berechnen“ - , ob sich das Flug-
zeug in der Luft oder am Boden befindet, und das so „berechnete“ Ergebnis in
Form eines Flugstatussignals bereitzustellen (Merkmale M1 und M2).
- 11 -
Das Flugstatussignal kann dabei in Form eines logischen Pegels ausgebildet sein
(vgl. Seite 2, Zeilen 32 bis 36 der ursprünglichen Beschreibung).
Als Eingangssignale für die entsprechende „Berechnung“, d. h. Bestimmung, wer-
den die in den Merkmalen M2a bis M2e aufgelisteten Signale verwendet.
Dabei erschließt sich für den Fachmann aus dem Gesamtzusammenhang der
Anmeldeunterlagen, dass es sich hierbei jeweils um Signale oder Statusangaben
handelt, von denen jedes bzw. jede für sich genommen zwar bereits mittelbar oder
unmittelbar einen (logischen) Rückschluss auf den zu ermittelnden Flugstatus er-
laubt, jedoch erst eine Berechnung derer - im Sinne einer gemeinsamen Berück-
sichtigung nach vorgegebenen Regeln -, in Kombination eine entsprechende Zu-
verlässigkeit des Ergebnisses in einem für die Luftfahrt angemessenen Rahmen
gewährleistet. Die unterschiedliche Bereitstellung zielt dabei auf den Ort der Ge-
winnung dieser Signale.
Hinsichtlich der einzelnen Signale werden dabei berücksichtigt
- entsprechend Merkmal M2a eine Anzahl unterschiedlich bereitgestellter
Fluggeschwindigkeitssignale, wobei hierzu in einem Ausführungsbeispiel
sowie in der ursprünglichen Beschreibung, Seite 4, Zeile 25 bis Seite 5,
Zeile 2 deren Umrechnung in logische Eingangssignale durch Vergleich mit
einem Schwellwert in einem für einen Fachmann nachvollziehbarer Wese
dargestellt ist. Zwar ist ein expliziter Schwellwert hierzu den Anmeldeunter-
lagen nicht entnehmbar, dieser ist jedoch für den Fachmann, je nach Ein-
satzbereich der Vorrichtung in einem zumutbaren Aufwand in dem Sinne
ermittelbar (Schulte, Patentgesetz, 9. Auflage, § 34 Rdn.: 258, 394), so
dass dadurch eine Zuordnung in einen Status am Boden bzw. in der Luft
ermöglicht wird, denn im Flug treten höhere Geschwindigkeiten als am Bo-
den auf.
- 12 -
- entsprechend der Merkmale M2b, M2d und M2e jeweils eine Anzahl unter-
schiedlich bereitgestellter Triebwerksstatussignale, Frontfahrwerks-status-
signale bzw. Hauptfahrwerksstatussignale, wobei es sich hierbei um Sta-
tussignale handelt, die jeweils bereits unmittelbar einen Rückschluss auf
den Flugstatus erlauben. So ist beispielsweise das Fahrwerk am Boden in
der Regel ausgefahren.
- entsprechend Merkmal M2c einer Anzahl unterschiedlich bereitgestellter
Evakuieru
ngssignale, wobei der Begriff „Evakuierungssignal“ einen im
Fachgebiet üblichen Fachbegriff darstellt
der in logischer Wese („0“ oder
„1“) angibt, ob sich ein Flugzeug sich im Status einer Evakuierung befindet
oder nicht (vgl. Druckschrift D8, die das dem Fachmann vorliegend zuzu-
rechnende Fachwissen hierzu wiedergibt).
Hinsichtlich des anzuwenden „Rechenverfahrens“ gibt der geltende Patentan-
spruch keine Hinweise. Der zugehörigen Beschreibung ist jedoch ausführlich und
nachvollziehbar einen Weg zu entnehmen, wie aus den einzelnen Eingangssig-
nalen das Flugstatussignal „berechnet“, d. h. bestimmt wird.
So wird aus der beliebigen Anzahl von Einzelsignalen aus den jeweiligen Gruppen
der Fluggeschwindigkeitssignale und Triebwerksstatussignale jeweils nach dem in
der ursprünglichen Beschreibung auf Seite 10, Zeilen 1 bis 31 angegebenen und
sich im Grundprinzip gleichenden Rechenvorschriften ein globaler Fluggeschwin-
digkeitsstatus für den Fachmann nachvollziehbar sowie ein globaler Treibwerks-
status, als wahrscheinlich zutreffendes Ergebnis aus einer gemeinsamen Be-
trachtung folgend, ermittelt. Aus den übrigen Eingangssignalen aus den jeweiligen
Gruppen der Fahrwerkssignale sowie der Evakuierungssignale wird ebenfalls ge-
mäß der ursprünglichen Beschreibung auf Seite 10, Zeile 32 bis Seite 11, Zeile 8
ein globaler Frontfahrwerksstatus sowie ein globaler Hauptfahrwerksstatus ermit-
telt. Hierzu gibt der entsprechende Absatz zwar keine explizite Rechenvorschrift
an, es liegt jedoch im zumutbaren Rahmen sowie im Bereich der Kenntnisse des
Fachmanns hierzu ebenfalls analog die gleiche Rechenvorschrift zu nutzen, wie
- 13 -
sie zur Berechnung des globalen Fluggeschwindigkeitsstatus sowie des globalen
Treibwerksstatus verwendet wird. In einem abschließenden Rechenschritt wird
entsprechend der Vorschrift, wie sie in der ursprünglichen Beschreibung Seite 11,
Zeilen 10 bis 18 ebenfalls für den Fachmann nachvollziehbar ausgeführt ist, aus
den einzelnen globalen Statussignalen das Flugstatussignal berechnet.
Die vorbeschriebene Rechenvorschrift ist dabei nicht auf eine feste Anzahl von
Eingangssignalen beschränkt, sondern lässt aufgrund ihrer allgemeinen Formulie-
rung durch die Variable N
x
jegliche Anzahl an Eingangssignalen bzw. zu berück-
sichtigenden abgeleiteten Statussignalen zu.
Somit ergibt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen der Vielzahl von Ein-
gangssignalen bzw. Statussignalen und dem „Flugstatussignal“ als Ausgangssig-
nal in dem Sinne eindeutig, als mit der Berechnung der vorliegende Status „am
Bode
n“ oder „in der Luft“ als wahrscheinlich postuliert wird.
6.
Die Beurteilung der Prüfungsstelle, wonach in der Beschreibung lediglich
allgemeine Aussagen gemacht würden, wie Signale grundsätzlich verarbeitet wer-
den können und aus diesen Angaben nicht hervorgehe, nach welchen Regeln,
Prioritäten oder Kriterien, der Fachmann die Vielzahl der Eingangssignale ver-
knüpfen muss, um am Ende zuverlässig und eindeutig eines der beiden Flugzu-
standssignale „Flug" oder „Nichtflug" zu erhalten, hält der Überprüfung durch den
Senat des Bundespatentgerichts hinsichtlich des vermeintlich bestehenden Pa-
tenthindernisses unzureichender Offenbarung für eine Ausführung durch den
Fachmann nicht stand. Denn auf dieses Ergebnis kommt es nicht an, da vorlie-
gend nur der Weg durch Berücksichtigung mehrerer Signale und Statusinformati-
onen auf einen weiteren Zustand zu schließen zu betrachten ist.
Da die Ausführbarkeit im Sinne des § 34 (4) PatG somit gegeben ist, ist aus vor-
stehenden Gründen der angefochtene Zurückweisungsbeschluss aufzuheben.
- 14 -
7.
Da die Entscheidung der Prüfungsstelle B64D des Deutschen Patent- und
Markenamtes auf den vorgenannten Gründen beruht, ohne auf die Frage der Pa-
tentfähigkeit des Anmeldegegenstands - Neuheit oder erfinderische Tätigkeit
einzugehen, ist zu dem geltenden Patentanspruchssatz, der so auch dem ange-
griffenen Zurückweisungsbeschluss bereits zugrunde lag, vom Deutschen Patent-
und Markenamt weder abschließend geprüft noch recherchiert worden, denn bis
zur Fassung des angegriffenen Zurückweisungsbeschlusses bestanden akten-
nachweislich grundlegende Zweifel an der Klarheit und Ausführbarkeit der ange-
meldeten Erfindung an sich.
Nachdem vorliegend somit nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein der Pa-
tenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert und
eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche des
relevanten druckschriftlichen Standes der Technik ergehen kann, wofür die Prü-
fungsstellen des Deutschen Patent- und Markenamts mit ihrem Prüfstoff und den
ihnen zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten in Datenbanken berufen
sind (vgl. Schulte, Patentgesetz, 9. Auflage, § 79, Rn. 16), ist die Sache zur weite-
ren Prüfung und Entscheidung nach § 79 (3) Nr. 1 PatG an das Deutsche Patent-
und Markenamt zurückzuverweisen. Diesbezüglich ist die vom Senat getroffene
Auslegung verbindlich und bei der weiteren Prüfung zugrunde zu legen (§ 79 (3)
Satz 2 PatG).
Zur weiteren Behandlung der Sache wird noch vermerkt, dass der Senat wegen
der ggf. noch ausstehenden Ermittlung des Standes der Technik davon abgese-
hen hat, die geltenden Anmeldeunterlagen hinsichtlich der Forderungen gemäß
§ 34 (5) PatG zu prüfen. Ferner wird bei der Bewertung des Beanspruchten hin-
sichtlich des etwaigen Vorliegens einer computer-implementierten Erfindung bzw.
bei der Bewertung der Patentfähigkeit hinsichtlich Neuheit und erfinderischer Tä-
tigkeit der Gegenstände der geltenden Patentansprüche zu prüfen sein, ob die
Entscheidungen BGH „Flugzeugzustand“ (Beschluss vom 30. Juni 2015 –
- 15 -
X ZB 1/15), sowie
„computerimplementierte Erfindung“ (GRUR 2006, 43 – 46),
Berücksichtigung finden müssen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn sie auf einen der nachfolgenden Gründe
gestützt wird, nämlich dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind,
oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Hilber
Paetzold
Dr. Baumgart
Dr. Geier
prö