Urteil des BPatG vom 14.12.2015

Stand der Technik, Patentanspruch, Schalter, Anhörung

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
9 W (pat) 21/12
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 102 31 452.7-55
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung am 14. Dezember 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dipl.-Ing. Hilber sowie der Richter Paetzold, Dipl.-Ing. Sandkämper und
Dr.-Ing. Geier
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse F 04 D des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 21. Juni 2012 aufgehoben und die Sache zur weiteren
Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwie-
sen.
G r ü n d e
I
Die am 11. Juli 2002 unter Inanspruchnahme der taiwanesischen Priorität
90128219 vom 14. November 2001 eingereichte deutsche Patentanmeldung
102 31 452.7-55 trägt die Bezeichnung
„Lüftersteuerungssystem unter Verwendung einer Mikrosteuerung“.
In einem Prüfungsbescheid vom 21. November 2007 weist die Prüfungsstel-
le F 04 D des Deutschen Patent- und Markenamt auf die Druckschrift
D4:
WO 01/50589 A1
hin und führt aus, dass diese den Gegenstand des zum damaligen Zeitpunkt gel-
tenden Patentanspruchs 1, eingereicht mit Schriftsatz vom 12. September 2005
neuheitsschädlich vorwegnehme, wobei sie zur Begründung auf die Figuren 4 und
5 der Druckschrift D4 sowie die zugehörige Beschreibung verweist. Darüber hin-
aus schlägt die Prüfungsstelle zur sachlichen Klärung eine Anhörung vor und bittet
um eine telefonische Rücksprache zwecks Vereinbarung eines Anhörungstermins.
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Mit Schriftsatz vom 8. April 2008 lehnt die Patentanmelderin eine Anhörung mit
der Begründung ab, dass es ihr sachdienlicher erscheine das Prüfungsverfahren
in Schriftform fortzuführen. In diesem Zusammenhang reicht sie ebenfalls mit
Schriftsatz vom 8. April 2008 neue Patentansprüche 1 bis 19 ein.
Daraufhin ist ohne Erstellung eines weiteren Prüfungsbescheides mit Beschluss
vom 21. Juni 2012 die Zurückweisung gemäß § 48 PatG mit der Begründung er-
folgt, dass sich die Vorrichtung des nun geltenden Patentanspruchs 1, welcher
inhaltsgleich mit dem Patentanspruch 1, eingereicht mit Schriftsatz vom 12. Sep-
tember 2005, sei, neuheitsschädlich aus der Druckschrift D4 ergebe, so dass der
Gegenstand des nun geltenden Patentanspruchs 1 mangels Neuheit nicht ge-
währbar sei. Darüber hinaus seien der nebengeordnete geltende Patentanspruch
9 sowie der mit Schriftsatz vom 8. April 2008 erstmals eingereichte und nebenge-
ordnete nun geltende Patentanspruch 12 bereits deshalb nicht gewährbar, weil ein
Patent nur antragsgemäß erteilt werden könne und nur ein Antrag auf Erteilung
eines Patentes in Verbindung mit dem nun geltenden Patentanspruch 1 vorläge.
Die Nichtgewährbarkeit ergebe sich daher bereits aus der Nichtgewährbarkeit des
nun geltenden Patentanspruchs 1. Die auf die nun geltenden Patentansprüche 1,
9 und 12 rückbezogenen, nun geltenden Unteransprüche 2 bis 8, 10 bis 11 und 13
bis 19 würden ferner zwangsläufig mit den nicht gewährbaren Patentansprüchen
1, 9 und 12 fallen.
Im Prüfungsverfahren wurden im Weitern die Druckschriften
D1:
WO 96/18848 A1,
D2:
DE 197 14 856 C2 und
D3:
JP 2000
– 350484 A
berücksichtigt.
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Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss richtet sich die Beschwerde der Patent-
anmelderin vom 25. Juli 2012, die sie mit Schriftsatz vom 24. Dezember 2012 im
Einzelnen begründet und mit der sie den zuletzt eingereichten Anspruchssatz
weiterverfolgt.
Dazu ist in einem richterlichen Hinweis des Berichterstatters vom 11. Novem-
ber 2015 ausgeführt worden, dass die Zurückweisungsgründe des angegriffenen
Beschlusses einer Prüfung durch den Senat des Bundespatentgerichts voraus-
sichtlich standhalten würden. Nach einer auf Wunsch des Vertreters der Be-
schwerdeführerin erfolgten, ausführlichen Rücksprache mit dem Berichterstatter
am 30. November 2015 ist anheimgestellt worden, das Patentbegehren auf den
geltenden Patentanspruch 12 zu richten, wobei zur Klarstellung in diesen die
Merkmale des geltenden Patentanspruchs 13 aufgenommen werden könnten, und
ferner zur Vermeidung einer möglichen unzulässigen Erweiterung die geltenden
Patentansprüche 14 und 15 gestrichen werden sollten. Für diesen Fall ist die Zu-
rückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt zur weiteren Prüfung in
Aussicht gestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2015 hat die Beschwerdeführerin daraufhin ge-
änderte Patentansprüche 1 bis 5 eingereicht.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß:
- den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ein Patent auf der
Grundlage des mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2015 eingereich-
ten Satzes Patentansprüche zu erteilen,
- hilfsweise die Anmeldung an die Prüfungsstelle des Deutschen
Patent- und Markenamts zurückzuverweisen,
- hilfsweise für den Fall, dass aufgrund weiter bestehender Ein-
wände keinem der obigen Anträge stattgegeben werden kann,
eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
- 5 -
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
Lüfterregelungssystem, aufweisend:
einen Lüfterantriebs-Mikrokontroller (120) zum Empfangen eines Ein-
gangssignals, das ein variables Spannungssignal ist, und zum Bestim-
men eines Ausgangssignals gemäß dem Eingangssignal und Einstellen
einer Rotationsgeschwindigkeit zum Antreiben des Lüfters gemäß dem
Ausgangssignal;
wenn die Rotationsgeschwindigkeit (W) niedriger ist als eine erste Ro-
tationsgeschwindigkeit (W
), dann steht die Rotationsgeschwindigkeit in
einem Zusammenhang einer ersten Funktion (F1) der Eingangsspan-
nung (V);
wenn die Rotationsgeschwindigkeit (W) größer ist als eine erste Rotati-
onsgeschwindigkeit (W
), dann steht die Rotationsgeschwindigkeit in
einem Zusammenhang einer zweiten Funktion der Eingangsspannung
(V);
wobei die erste und die zweite Funktion voneinander verschiedene
lineare mathematische Funktionen sind mit verschiedenen Steigungen.
Rückbezogen schließen sich hieran Patentansprüche 2 bis 5 an.
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche sowie zu weiteren Einzelheiten wird auf
den Akteninhalt verwiesen.
- 6 -
II
1.
Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und
zur Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt.
2.
einem Stand der Technik aus, wie er auf den Seiten 1 bis 5 der mit Schriftsatz
vom 6. August 2002 eingereichten deutschen Übersetzung der Beschreibung der
ursprünglichen Anmeldeunterlagen, im folgenden urspr. Beschreibung genannt,
mit den zugehörigen Figuren 1 bis 3 beschrieben ist.
Zur Regelung der Geschwindigkeit der Lüfterdrehung und somit der Regelung der
Rotationsgeschwindigkeit eines Lüfters, werde die Lüfterantriebsschaltung (FDC)
(510) des Lüfters (100) im Stand der Technik über einen „An/Aus“-Schalter (590)
angesteuert, wobei die An/Aus-Abfolge einem Pulsweitenmodulationssignal
(PMW-Signal) entspricht, welches einem Schalter (590) zugeführt werde. Das
Verhältn
is zwischen „An“- und „Aus“-Zustand des Schalter (590) bestimme dabei
direkt die einzustellende Rotationsgeschwindigkeit.
Die in den Figuren 1a bis 1c dargestellten Schaltbilder erläuterten hierzu drei Bei-
spiele, wie das zugehörige PMW-signal im Stand der Technik ermittelt werde. So
könne das PMW-signal durch einen Komparator (520) gebildet werden, der eine
variable Gleichspannung (DC) und eine Dreieckswelle empfange und daraus das
PMW-Signal bestimme (Seite 1, Zeilen 21 bis 33 der urspr. Beschreibung in Ver-
bindung mit Figur 1a). Anstelle der variablen Gleichspannung (DC) könne dieser
Teil des Signales aber auch direkt aus der Antriebsspannung (Vcc) der Lüfter-
antriebsschaltung (510) über einen Spannungsteilungsprozess gewonnen werden
(Seite 1, Zeile 35 bis Seite 2, Zeile 12 der urspr. Beschreibung in Verbindung mit
Figur 1b). Alternativ sei auch die Ansteuerung über ein externes PMW-signal be-
- 7 -
kannt (Seite 2, Zeilen 14 bis 25 der urspr. Beschreibung in Verbindung mit Fi-
gur 1c).
Zusätzlich zur Geschwindigkeitsregelung der Lüfterrotation wäre es im Stand der
Technik gemäß der urspr. Beschreibung Seite 2, Zeile 27 bis Seite 3, Zeile 14 be-
kannt, bei herkömmlichen Lüfterregelungssystemen durch Positionssteuerung des
Rotors des Lüftermotors einen langsamen Anlauf (weichen Anlauf) oder jede an-
dere Detektierung einer spezifischen Rotationsgeschwindigkeit des Lüftermotors
zu verwirklichen.
Bei den herkömmlichen Lüfterregelungssystemen zur Durchführung der Ge-
schwindigkeitsregelung der Lüfterrotation bestimme jedoch die Eingangsspannung
und die Spulen des Lüftermotors die Rotationsgeschwindigkeit des Lüftermotors,
so dass ein Verhältnis zwischen der Rotationsgeschwindigkeit und der Eingangs-
spannung bestehe (Seite 3, Zeilen 16 bis 34 der urspr. Beschreibung). Des
Weiteren würden die herkömmlichen Systeme hardwareartige Komponenten
besitzen, die schwer zu ersetzen seien (Seite 3, Zeilen 36 bis Seite 4, Zeile 6 der
urspr. Beschreibung) oder mit festen Eigenschaften konstruiert wären (Seite 4,
Zeilen 22 bis 27 der urspr. Beschreibung).
Es sei daher sinngemäß die Aufgabe der vorliegenden Erfindung diese Nachteile
zu beseitigen (Seite 5, Zeilen 23 bis 26 der urspr. Beschreibung).
3.
sowie dem Verständnis des Anmeldegegenstandes dabei von einem Durch-
schnittsfachmann auszugehen, der als Diplom-Ingenieur der Fachrichtung
Elektrotechnik ausgebildet ist und über mehrere Jahre Berufserfahrung auf dem
Gebiet der Lüfterregelungssysteme verfügt.
4.
Patentanspruch 1 in der Fassung vom 8. April 2008 mangelte es gegenüber der
- 8 -
Druckschrift D4 gemäß den Ausführungen der Prüfungsstelle an der erforderlichen
Neuheit.
Beantragt die Patentanmelderin hierbei, das Patent mit einem bestimmten An-
spruchssatz oder bestimmten Anspruchssätzen aufrechtzuerhalten, so ist dieser
Antrag der Patentanmelderin maßgeblich. In einem solchen Fall rechtfertigt es
grundsätzlich die Zurückweisung der Patentanmeldung, wenn sich auch nur der
Gegenstand eines Patentanspruchs aus dem von der Patentanmelderin vertei-
digten Anspruchssatz als nicht patentfähig erweist (BGH GRUR 1997, 120,
122- elektrisches Speicherheizgerät; BGH GRUR 2007, 862
– Informationsüber-
mittlungsverfahren II).
Hiernach war die Prüfungsstelle nicht gehalten, auf die Patentfähigkeit eines Ge-
genstands eines Nebenanspruchs, wie ihn der Patentanspruchs 12 der der Zu-
rückweisung zugrunde liegenden Patentansprüche darstellt, gesondert einzu-
gehen.
Der angefochtene Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 04 D des Deutschen
Patent- und Markenamtes ist daher ausreichend begründet.
Da zu dem Patentanspruch 1 in der Fassung vom 8. April 2008, der inhaltsgleich
dem Patentanspruch 1 in der Fassung vom 12. September 2005 ist, inhaltlich von
der Prüfungsstelle in dem Prüfungsbescheid vom 21. November 2007 bereits Stel-
lung genommen wurde, war auch das rechtliche Gehör der Patentanmelderin dies-
bezüglich gewährt.
5.
anspruchs 1 in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben.
- 9 -
1-1
Lüfterregelungssystem, aufweisend:
1-2
einen Lüfterantriebs-Mikrokontroller (120) zum Empfangen eines Ein-
gangssignals, das ein variables Spannungssignal ist, und zum Be-
stimmen eines Ausgangssignals gemäß dem Eingangssignal und Ein-
stellen einer Rotationsgeschwindigkeit zum Antreiben des Lüfters ge-
mäß dem Ausgangssignal;
1-3
wenn die Rotationsgeschwindigkeit (W) niedriger ist als eine erste
Rotationsgeschwindigkeit (W
), dann steht die Rotationsgeschwindig-
keit in einem Zusammenhang einer ersten Funktion (F1) der Ein-
gangsspannung (V); wenn die Rotationsgeschwindigkeit (W) größer ist
als eine erste Rotationsgeschwindigkeit (W
), dann steht die Rota-
tionsgeschwindigkeit in einem Zusammenhang einer zweiten Funktion
der Eingangsspannung (V);
1-4
wobei die erste und die zweite Funktion voneinander verschiedene
lineare mathematische Funktionen sind mit verschiedenen Steigun-
gen.
6.
Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem Gegen-
stand des Patentanspruchs 7 in der ursprünglich eingereichten Fassung um
Merkmale ergänzt, die auch in deren Kombination so in den ursprünglichen Un-
terlagen offenbart sind.
Im Einzelnen entspricht das Lüfterregelungssystem mit den Merkmalen 1-1 und
1-2 einer Zusammenfassung der ursprünglichen Patentansprüche 7 und 8. Das
Merkmal 1-3 geht aus der ursprünglichen Beschreibung auf Seite 7, Zeilen 9 bis
16 hervor. Das Merkmal 1-4 ist auf Seite 7, Zeilen 39 und 30 offenbart.
Die geltenden Unteransprüche 2 bis 5 entsprechen den ursprünglichen Unteran-
sprüchen 11 bis 14.
- 10 -
7.
gegenüber dem im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt
bekannt gewordenen Stand der Technik neu und auch auf einer erfinderischen
Tätigkeit beruhend.
So offenbart die Druckschrift D4, welche bezüglich des bisher bekannt geworde-
nem Standes der Technik den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, ein
einen Lüfter bildendes Gesamtsystem (operational system 11), welches ein Lüfter-
regelungssystem (motor controler 15), eine Umgebungs-Berechnungseinheit
(enviromental demand 13) und eine Antriebseinheit (motor 17) umfasst, wobei die
Antriebseinheit (17) einen Ventilator (fan blade 20) antreibt.
Figur 1 der Druckschrift D4
Im Betrieb des Lüfters (11) berechnet die Umgebungs-Berechnungseinheit
(enviromental demand 13) auf Basis von Temperaturdaten, die mittels eines Tem-
peratursensors (temperature probe 23) gewonnen werden, ein Signal, das in einen
aktuellen Soll-Bedarf des Lüfters (11) umgewandelt und dem Lüfterregelungssys-
tem (15) bevorzugt als PWM-Signal zugeführt wird (Seite 4, Zeilen 1 bis 4, Seite 7,
Zeilen 14 bis 16).
Das in Figur 4 der Druckschrift D4 dargestellte Lüfterregelungssystem (15) des
Lüfters (11) weist hierzu einen Lüfterantriebs-Mikrokontroller (microcontroller 53)
- 11 -
auf, dem das Soll-Bedarfssignal (speed demand input 55) sowie die aktuelle Rota-
tionsgeschwindigkeit des Lüftermotors (tachometer input 57) als Eingangssignal
zugeführt werden (Seite 4, Zeilen 26 bis 29).
Figur 4 der Druckschrift D4
Anhand des in Figur 5 der Druckschrift D4 dargestellten und in der zugehörigen
Beschreibung auf der Seite 7, Zeilen 14 bis 30, beschriebenen Verfahrens wird auf
Basis dieser beiden Eingangssignale in dem programmierbaren Mikrokontroller
(53) ein Ausgangsignal bestimmt, welches über die Kanäle (output lines 71 und
73) ausgegeben wird (vgl. Figur 4).
Im Anschluss wird das Ausgangssignal über mehrere Optokoppler (opto-isolators
65, 67 und 69) der Antriebseinheit (17) zugeführt und von dieser empfangen, wo-
bei die Rotationsgeschwindigkeit zum Antreiben des Ventilators (20) gemäß dem
Ausgangssignal über mehrere Triacs (39, 41 und 43) eingestellt wird.
Das in der Druckschrift D4 offenbarte Lüfterregelungssystem unterscheidet sich
somit von dem in dem geltenden Patentanspruch 1 beanspruchten Lüfterrege-
lungssystem mit den Merkmalen 1-1 und 1-2 schon allein dadurch, dass das in der
Druckschrift D4 offenbarte Eingangssignal, welches Geschwindigkeitswerte reprä-
sentiert, zumindest nicht explizit als variable Spannung beschrieben wird.
- 12 -
Zur Durchführung der Lüfterregelung wird das gepulste PWM Soll-Bedarfssignal
(55) mit einer variablen Anzahl an Pulsen (counts), die gestuft die gewünschte Be-
darfsrotationsgeschwindigkeit der Antriebseinheit abbilden, dem programmierba-
ren Mikrokontroller (53) als Eingangssignal zugeführt (PMW high count). Dabei ist
der vorgegebene Wert des Soll-Bedarfssignals umso höher je größer die Anzahl
der Pulse ist. Um die Anzahl der möglichen Rotationsgeschwindigkeitsstufen in
eine
m ersten Schritt zu reduzieren wird dieser Wert durch die Zahl „4“ geteilt
(divide count by four). Anschließend wird der so berechnete Puls-Wert mit dem Ist-
Wert (current speed setting 57) der Antriebseinheit (17) verglichen (compare count
to setting). Ist der Puls-Wert größer als der Ist-Wert, so wird die Rotationsge-
schwindigkeit erhöht, ist der Puls-Wert kleiner als der Ist-Wert, so wird die Rota-
tionsgeschwindigkeit verringert (change). Hierzu wird von dem Mikrokontroller (53)
ein Ausgangssignal erzeugt, welches über die Optokoppler (65, 67 und 69) den
Triacs (39, 41 und 43) zugeführt und durch diese eine Änderung der Phasenan-
schnittssteuerung des die Antriebseinheit steuernden Signals bewirkt, wobei das
Ausgangssignal im Verhältnis zu einer Funktion steht, die im Mikrokontroller hin-
terlegt ist (Seite 7, Zeilen 14 bis 30; Figur 5).
Neben dieser Nachregelung der Geschwindigkeit, ist der programmierbare Mikro-
kontroller (53) darüber zusätzlich in der Lage, Spulen (windings 31, 33) der An-
triebseinheit (17) sowohl seriell wie auch parallel über die beiden separaten Aus-
gangsleitungen (71 und 73) anzusteuern. Eine serielle Ansteuerung erfolgt hierbei
in einem Bereich niedriger Rotationsgeschwindigkeiten, eine parallele Ansteue-
rung in einem Bereich hoher Rotationsgeschwindigkeiten (Anspruch 15, Seite 6.
Zeile 28 bis Seite 7, Zeile 5). Ein Bereich niedriger Rotationsgeschwindigkeit so-
wie ein Bereich hoher Rotationsgeschwindigkeit setzt dabei zwangsläufig eine
vorgegebene (Grenz-)Rotationsgeschwindigkeit voraus, der beide Bereiche trennt
(switchpoint).
- 13 -
Auch wenn es die Druckschrift D4 nicht explizit ausführt, erschließt es sich aus
diesem Zusammenhang für den Fachmann jedoch unmittelbar, dass es sowohl für
die Nachregelung der Rotationsgeschwindigkeit in dem niedrigen Geschwindig-
keitsbereich wie auch für die Nachregelung der Rotationsgeschwindigkeit in dem
hohen Geschwindigkeitsbereich einer eigenen Funktion bedarf, die jeweils das
Verhältnis zwischen Eingangssignal (55) und Ausgangssignal (Phasenanschnitts-
steuerung) regelt.
Diese beiden Funktionen müssen dabei zwingend voneinander verschieden sein,
denn anderweitig könnte die Verwirklichung einer Hysterese im Bereich der
(Grenz-)Rotationsgeschwindigkeit, wie auf Seite 7, Zeilen 6 bis 13 der Druckschrift
D4 aufgeführt, zur Vermeidung von zu häufigem Umschalten in diesem Bereich,
nicht realisiert werden.
Die Verwirklichung einer Hysterese schließt im Umkehrschluss aber sowohl expli-
zit wie auch für den Fachmann naheliegend aus, dass die beiden Funktionen als
lineare mathematische Funktionen im Sinne des Merkmals 1-4 des geltenden Pa-
tentanspruchs 1 ausgebildet sind, denn die Realisierung einer Hysterese mit zwei
linearen mathematischen Funktionen unter Einbezug nur einer einzigen (Grenz-
)Rotationsgeschwindigkeit ist nicht möglich.
Alle weiteren bisher im Verfahren befindlichen Druckschriften liegen vom Gegen-
stand des geltenden Patentanspruchs 1 weiter ab als die Druckschrift D4. Insbe-
sondere ist aus keiner dieser Druckschriften das Merkmal 1-4 vorbekannt. Sie ste-
hen dem Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 somit erst recht nicht ent-
gegen und können auch keine Anregung zum Gegenstand nach dem geltenden
Patentanspruch 1 geben.
8.
weist die Sache nach § 79 Abs. 3 Nr. 3 PatG an das Deutsche Patent- und Mar-
kenamt zur weiteren Behandlung zurück, da neue entscheidungserhebliche Tat-
- 14 -
sachen bekannt geworden sind. Zu den neuen Tatsachen im Sinne dieser Vor-
schrift, die eine Zurückverweisung erforderlich machen können, gehört auch eine
Änderung des Patentbegehrens, sofern Ansprüche, Beschreibung oder Zeichnun-
gen so wesentlich geändert werden, dass der angefochtene Beschluss nicht mehr
als eine Entscheidung über den geänderten Anmeldegegenstand angesehen wer-
den kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn das neu formulierte Begehren eine
Nachrecherche erforderlich macht (vgl. Schulte, Patentgesetz, 9. Aufl., § 79,
Rn. 27).
Eine solche Änderung liegt hier vor.
So hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2015 zwar einen
neuen Hauptanspruch vorgelegt, der im Wesentlichen auf dem Patentanspruch
12, eingereicht mit Schriftsatz vom 8. April 2008, basiert, und welcher somit zum
Zeitpunkt der Fassung des angefochtenen Beschlusses bereits vorlag. Jedoch ist
zu diesem Patentanspruch, wie aus der Akte ersichtlich, von der Prüfungsstelle
des Deutschen Patent- und Markenamtes weder abschließend recherchiert noch
anderweitig Stellung genommen worden.
Nachdem vorliegend nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein einer Patent-
erteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert und eine
sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche des rele-
vanten druckschriftlichen Standes der Technik ergehen kann, wofür die Prüfungs-
stellen des Deutschen Patent- und Markenamts mit ihrem Prüfstoff und den ihnen
zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten in Datenbanken berufen sind
(vgl. Schulte, a. a. O., Rn. 16), ist die Sache zur weiteren Prüfung und Entschei-
dung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen (PatG § 79,
Abs. 3 Nr. 3).
9.
Senat wegen der gegebenenfalls noch ausstehenden Ermittlung des Standes der
- 15 -
Technik davon abgesehen hat, die geltenden Anmeldeunterlagen (Beschrei-
bungseinleitung, Beschreibungsbeispiel und Zeichnung) abschließend zu überar-
beiten. Diese Überprüfung ist allerdings vom Deutschen Patent- und Markenamt
vor einer etwaigen Erteilung des Patents auf jeden Fall vorzunehmen, auch dann,
wenn kein neuer Stand der Technik ermittelt werden sollte. Bei der Überarbeitung
wird insbesondere zu beachten sein, dass Ausführungsbeispiele, deren Eingangs-
signal für den Lüfterantriebs-Mikrokontroller keine variable Spannung ist, sondern
durch anderweitige Signale, wie einem PWM-Signal oder einer Rotationsge-
schwindigkeit, gebildet wird, nicht von dem geltenden Patentanspruch 1 umfasst
werden.
Rechtsbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn sie auf einen der nachfolgenden Gründe
gestützt wird, nämlich dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 16 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Hilber
Paetzold
Sandkämper
Dr. Geier
Ko