Urteil des BPatG vom 23.09.2016

Name, Gesellschaft, Mehrheit, Zustellung

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
8 W (pat) 14/16
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 199 62 507.7
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hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
23. September 2016
durch
den
Vorsitzenden
Richter
Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner
sowie
die
Richter
Dipl.-Ing. Rippel,
Dipl.-Ing. Brunn und Heimen
beschlossen:
Die Beschwerden gelten als nicht eingelegt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e
I.
Die Prüfungsstelle für Klasse F 16 H des Deutschen Patent- und Markenamtes
(DPMA) hat mit in der Anhörung verkündeten Beschluss vom 8. April 2016 die
unter dem Aktenzeichen 199 62 507.7 geführte Anmeldung des Patentes mit der
Bezeichnung „Fahrzeugantriebsstrang“ zurückgewiesen. Der schriftliche, mit einer
Rechtmittelbelehrung versehene Beschluss wurde den beiden Anmelderinnen am
29. April 2016 durch Niederlegung im Abholfach der gemeinsamen Verfahrens-
bevollmächtigten zugestellt.
Am 27. Mai 2016 haben die Verfahrensbevollmächtigten dagegen Beschwerde
eingelegt, der Schriftsatz enthält folgende Betreffzeile:
„199 62 507.7-12
…“
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Dem Schriftsatz war ein ausgefülltes Formular für ein SEPA-Lastschriftmandat
beigefügt, als Verwendungszweck wurde die Beschwerdegebühr für das vorlie-
gende Verfahren in Höhe von 200,- Euro angegeben, als Name des Schutz-
rechtsinhabers wurde in dem entsprechenden Form
ularfeld „A… Co., Ltd. et
al.“ eingetragen.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 18. Juli 2016, zugegangen am 20. Juli 2016,
wurde darauf hingewiesen, dass lediglich eine Beschwerdegebühr mittels vorge-
nannten SEPA-Lastschriftmandat entrichtet wurde, die keiner der beiden Anmel-
derinnen eindeutig zugeordnet werden könne, so dass die Beschwerde insgesamt
unzulässig sei, bzw. gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht eingelegt gelten müsse.
Die Anmelderinnen haben dem widersprochen. Sie vertreten die Auffassung, dass
jedenfalls die Beschwerde der Anmelderin zu 2.) zulässig eingelegt worden sei, da
ihr die gezahlte, einfache Beschwerdegebühr nach Maßgabe der höchstrichterli-
chen Rechtsprechung zugeordnet werden könne. Denn das SEPA-Formular ent-
halte die vollständige Unternehmensbezeichnung der Anmelderin zu 2.), die wei-
tere Angabe „et. al.“ sei nicht als Angabe eines weiteren, zahlungspflichtigen Be-
schwerdeführers zu verstehen, sondern lediglich als Hinweis, dass es neben der
beschwerdeführenden Anmelderin zu 2.) noch eine weitere Schutzrechtsinhaberin
gebe.
Die Anmelderinnen stellen den Antrag,
festzustellen, dass die Beschwerde der Anmelderin zu 2.) wirksam
erhoben wurde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
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II.
1. Die Beschwerden gelten als nicht erhoben, § 6 Abs. 2 PatKostG.
Gemäß § 73 Abs. 1 PatG findet gegen die Beschlüsse der Prüfungsstellen die
Beschwerde statt. Für diese werden gemäß § 2 Abs. 1 PatKostG Gebühren
nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zum PatKostG erhoben. Die Ge-
bühren des Bundespatentgerichts für das Beschwerdeverfahren sind in Anlage
B, Abschnitt I des Gebührenverzeichnisses (Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG)
aufgelistet, so ist im Beschwerdeverfahren nach Gebührennummer 401 300 in
anderen als den in den Gebührennummern 400 000, 401 100 und 401 200 be-
handelten Fällen eine Gebühr von 200
€ zu entrichten. Gemäß der Vorbemer-
kung werden die Gebühren Nummer 400 000 bis 401 300 für jeden Antrag-
steller gesondert erhoben.
Die rechtzeitige Zahlung der anfallenden Gebühren in zutreffender Höhe ist für
die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels von entscheidender Bedeutung, denn
ist für die Stellung eines Antrags oder die Vornahme einer sonstigen Handlung
durch Gesetz eine Frist bestimmt, so ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG in-
nerhalb dieser Frist auch die Gebühr zu zahlen. Wird diese Gebühr nach § 6
Abs. 1 PatKostG nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt, so gilt
nach § 6 Abs. 2 PatKostG die Anmeldung oder der Antrag als zurückgenom-
men, oder die Handlung als nicht vorgenommen, soweit gesetzlich nichts an-
deres bestimmt ist.
Der Bundesgerichtshof hat dazu höchstrichterlich entschieden (BGH, GRUR
2015, 1255 ff., Beschl. v. 18.08.2015, Az. X ZB 3/14 (Rz 11 ff.) - Mauerstein-
satz), dass bei einer Mehrheit von Beschwerdeführern in einem Einspruchsbe-
schwerdeverfahren die Beschwerdegebühr nach Nr. 401 100 entsprechend der
Anzahl der Rechtsmittelführer mehrfach gezahlt werden muss. Eine Differen-
zierung danach, ob es sich bei den Beschwerdeführern um eine Mehrheit von
Patentanmeldern oder um mehrere Einsprechende handele, sehe die gesetzli-
che Regelung nicht vor. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat
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auch hinsichtlich der Gebühr Nr. 401 300 geltend für Beschwerden im Patent-
anmeldeverfahren an. Der Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Ände-
rung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengeset-
zes vom 21. Juni 2006 (BGBl. I, 1318) lassen sich keine Anhaltspunkte ent-
nehmen, dass der Gesetzgeber die mehrfache Entrichtung der Beschwerde-
gebühr davon abhängig machen wollte, welcher Beschluss des DPMA der Ge-
genstand einer Beschwerde ist, insbesondere ob es sich um eine Beschwerde
im Anmeldeverfahren oder im Einspruchsverfahren handelt. Die Stellung der
Regelung in Absatz 1 der Vorbemerkung vor Ziff. I. spricht im Gegenteil dafür,
dass die gesonderte Entrichtung für jeden Antragsteller für alle nachfolgend
genannten Gebühren gelten soll.
Der erkennende Senat hält diese gebührenrechtliche Regelung auch nicht für
missverständlich oder dergestalt auslegungsbedürftig, dass der verständige
Rechtanwender zu einem Verständnis kommen könnte, dass entgegen des
Wortlautes der Vorbemerkung für eine Beschwerde mehrerer Patentanmelder
gegen die Zurückweisung der Anmeldung nur eine Gebühr erhoben würde. Der
Umstand, dass in Verfahren vor dem DPMA von mehreren Anmeldern bei be-
stimmten Gebührentatbeständen insgesamt nur eine Gebühr erhoben wird,
lässt nach Auffassung des Senates schon aufgrund der Unterschiede in der
gesamten Gebührenstruktur keinen Rückschluss auf die Gebühren im nachfol-
genden Beschwerdeverfahren zu und vermag deshalb auch keinen Zweifel an
der Anzahl der zu zahlenden Gerichtsgebühren zu wecken. Die Regelung lässt
demnach, auch im Vergleich zu anderen Gebührentatbeständen, ausreichend
deutlich erkennen, in welcher Höhe die Gebühren für das gerichtliche Verfah-
ren zu entrichten sind. Diese nach Senatsauffassung gegebene Verständlich-
keit der Gebührenvorschriften wird auch nicht durch eine verkürzte und daher
möglicherweise missverständliche Begründung des Gesetzentwurfes in Frage
gestellt (a. A. BPatG, Beschl. v. 7.6.2016, Az. 23 W (pat) 15/14
– Verkehrs-
schild-Einrichtung). Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertretene
Position zur Rechtslage vor der genannten Änderung des Patentkostengeset-
zes, die nicht zuletzt der Klarstellung dienen sollte, ist ebenfalls nicht heranzu-
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ziehen (vgl. BGH, BPatGE 52, 292, Beschl. v. 22.2.2011, Az. X ZB 43/08 (Rz.
14)
– Schweißheizung). Zudem hat die dem Beschluss der Prüfungsstelle bei-
gefügte Rechtsmittelbelehrung die Beteiligten ausdrücklich auf die bestehende
Regelung hingewiesen, so dass etwa bestehende Unsicherheiten dadurch be-
seitigt werden konnten.
Das Erfordernis mehrfacher Entrichtung der Beschwerdegebühr entfällt nach
höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschl. v. 18.08.2015,
Az. X ZB 3/14 (Rz 12 ff.) - Mauersteinsatz; dazu auch BPatG, Beschl. v.
8.4.2016, Az. 18 W (pat) 145/14) unter anderem dann, wenn sich mehrere
Patentanmelder zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammen-
geschlossen haben, da in diesem Fall die GbR als alleiniger Antragsteller auf-
tritt, so dass lediglich eine Gebühr anfällt. Vorliegend ist das Bestehen einer
GbR nicht vorgetragen worden und steht auch ansonsten nicht zur Überzeu-
gung des Senates fest. Stattdessen wurde mit Schriftsatz vom 9. August 2016
mitgeteilt, dass die einfach gezahlte Beschwerdegebühr der Anmelderin zu 2.)
zugeordnet werden könne, so dass auch die Beteiligten weiterhin von Perso-
nenverschiedenheit ausgehen und keine Gesellschaft vorliegt.
Die gezahlte Beschwerdegebühr in Höhe von 200 Euro kann auch nicht einem
der Beteiligten zugeordnet werden. Wird bei einer von mehreren Beteiligten er-
hobenen Beschwerde nur eine Gebühr gezahlt, so ist zu prüfen, ob die ent-
richtete Gebühr zumindest einem der Beteiligten zugeordnet werden kann
(BGH, a. a. O., (Rz 17), m. w. N.) Nach dieser Rechtsprechung, worauf die Be-
schwerdeführerinnen zutreffend hinweisen, ist es zur Vermeidung unzumutba-
rer Härten geboten, den Versuch zu unternehmen, die geleistete einfache Ge-
bühr möglichst einer der Beschwerdeführerinnen zuzuordnen, um zumindest
dieser den Zugang zu einer sachlichen Prüfung ihres Anliegens zu eröffnen.
Um eine mit dem Rechtsstaatlichkeitsgebot unvereinbare Erschwerung des
Zugangs zu einer gerichtlichen Instanz zu vermeiden, soll hierbei kein zu
strenger Maßstab angelegt werden.
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Aber auch gemessen an einem großzügigen Maßstab vermag der Senat die
gezahlte Gebühr keiner der Beteiligten zuzuordnen.
Dass beide Anmelderinnen als Beschwerdeführerinnen anzusehen sind, ergibt
sich aus dem Beschwerdeschriftsatz vom 27. Mai 2016, der beide Anmelderin-
nen gleichrangig in der Betreffzeile aufführt, ohne dass für den Empfänger ein
etwaiger Unterschied in ihrer Eigenschaft als Beteiligte erkennbar wäre. Auch
im Übrigen enthält dieser Schriftsatz keinen Hinweis darauf, dass die Be-
schwerde nur namens einer Anmelderin eingelegt werden sollte. Dies ziehen
sie selbst auch nicht in Zweifel.
Die Zuordnung der Beschwerdegebühr könnte sich deshalb nur dem zeitgleich
eingereichten Formular des SEPA-Lastschriftmandates entnehmen lassen.
Dies ist jedoch im Ergebnis nicht der Fall.
Nach dem Vortrag der Anmelderinnen soll bereits der Umstand, dass im For-
mularfeld „Name des Schutzrechtsinhabers“ lediglich die vollständige Bezeich-
nung der Anmelderin zu 2.), „A… Co. Ltd.“ enthalten ist, entsprechend
der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Beschl. v. 18.8.2015, Az.
X ZB 3/14, (Rz. 18) - Mauersteinsatz) die Zuordnung der nur einfach gezahlten
Beschwerdegebühr ermöglichen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich je-
doch maßgeblich von dem im vorgenannten Verfahren entschiedenen Sach-
verhalt. Denn dort war in der Einzugsermächtigung, die der Beschwerdeschrift
beigefügt war, in der Rubrik „Name des Schutzrechtsinhabers“ lediglich ein
Beteiligter ohne zusätzliche Angaben genannt worden (vgl. BPatG, BPatGE
54, 108, Beschl. v. 03.12.2013, Az. 10 W (pat) 17/14
– Satz von Mauerstei-
nen).
Die Beschwerde verkennt nach Auffassung des Senates im vorliegenden Fall
die Bedeutung des weiteren Testbestandteiles „et al.“, im eingereichten For-
mular. Bei dieser Abkürzung von „et alii / et aliae“ (entspr. „und andere“; vgl.
z. B. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., 2011, S. 551) handelt es
sich um ein sprachübliches Mittel, um in einer Aufzählung weitere Personen
einzuschließen, ohne jede einzelne namentlich zu benennen. Somit verfolgt die
Verkürzung der Liste der aufgeführten Personen zumeist lediglich sprachliche
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Zwecke oder ist, beispielsweise bei beschränktem Raum in Formularen, prakti-
schen Bedürfnissen geschuldet. Eine sachliche Differenzierung zwischen der
vollständig genannten Person, hier der Anmelderin zu 2.), und den anderen,
nicht namentlich genannten Personen ist damit dagegen regelmäßig nicht ver-
bunden und auch nicht gewollt. Es ist daher vorliegend nicht anzunehmen,
dass eine
– unterstellt - weitere entrichtete Beschwerdegebühr nicht der An-
melderin zu 1.) hätte zugeordnet werden können. Die Einreichung des Last-
schriftmandates erfolgte demnach nicht nur für die Anmelderin zu 2.), sondern
für beide Beteiligte gemeinsam, so dass eine Zuordnung der einfachen Gebühr
auch unter den oben genannten, nicht strengen Maßstäben der höchstrichterli-
chen Rechtsprechung nicht möglich ist. Des Weiteren fehlt es nach Auffassung
des erkennenden Senates im vorliegenden Fall an einer vergleichbaren Er-
schwernis für die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe. Die höchstrichterliche
Rechtsprechung hat zutreffend hervorgehoben, dass bei der Zuordnung der (in
der Vergangenheit) nur einfach entrichteten Gebühr unzumutbare Härten zu
vermeiden seien. Anders als in dem dieser zitierten Entscheidung zugrunde
liegenden Sachverhalt fehlt es vorliegend an einer vergleichbaren, unzumutba-
ren Härte, weil die anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerinnen aufgrund
dieser bereits deutlich vor der Beschwerdeeinlegung veröffentlichten, höchst-
richterlichen Rechtsprechung das Erfordernis der mehrfachen Gebührenzah-
lung kannten oder kennen mussten und deshalb berücksichtigen konnten. Der
Umstand, dass sich diese Rechtsprechung auf ein Einspruchsbeschwerdever-
fahren bezogen hat, lässt, wie bereits ausgeführt, keine andere Beurteilung zu.
2. Der Senat konnte gemäß § 79 Abs. 2 PatG ohne mündliche Verhandlung
entscheiden.
3. Der vorliegende Sachverhalt wirft eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Be-
deutung auf. Daneben ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die Rechtsbe-
schwerde war somit zuzulassen, § 100 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PatG.
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III.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten schriftlich einzulegen.
Dr. Zehendner
Rippel
Heimen
Brunn
prö