Urteil des BPatG vom 07.10.2014

Ablauf der Frist, Teilung, Zustellung, Rauch

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
7 W (pat) 38/14
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 103 55 237.5
wegen Teilungserklärung
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bun-
despatentgerichts am 7. Oktober 2014 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die
Richterin Püschel und den Richter Eisenrauch
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
- 2 -
G r ü n d e
I.
Die am 26. November 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) ein-
gereichte Anmeldung einer
Erfindung mit der Bezeichnung „Modellerzeugungs-
verfahren, Modellerzeugungsprogramm und Simulationsvorrichtung
“ wurde durch
Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des DPMA vom 29. Oktober 2007
zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies das Bundespatentge-
richt (BPatG) im Verfahren 17 W (pat) 21/08 durch Beschluss vom 5. Juni 2012
zurück. Die Beschwerdeentscheidung wurde der Anmelderin am 27. Juli 2012 zu-
gestellt.
Mit zwei Schreiben vom 27. August 2012 erklärte die Anmelderin die Teilung der
Anmeldung. Ein Schreiben war an das DPMA gerichtet und wurde noch am selben
Tag per Telefax dorthin übermittelt. Das andere, an das BPatG adressierte
Schreiben ging dort erst einen Tag später, am 28. August 2012 ein. Die Anmelde-
rin wurde durch Schreiben des BPatG vom 27. September 2012 darüber infor-
miert, dass die Teilungserklärung erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist und damit
nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens 17 W (pat) 21/08 eingegangen sei,
weshalb sie an die zuständige Prüfungsstelle abgegeben werde.
Durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des DPMA vom
13. März 2013 wurde die Teilungserklärung für unwirksam erklärt. Zur Begründung
verweist der Beschluss auf einen Bescheid vom 25. Oktober 2012. Dort wird aus-
geführt, dass die Teilung einer Anmeldung, die sich im Beschwerdeverfahren vor
dem BPatG befinde, nur wirksam werden könne, wenn sie dort rechtzeitig ein-
gehe. Im vorliegenden Fall sei das Schreiben vom 27. August 2012 beim BPatG
aber erst einen Tag nach Ablauf der Frist zur Einlegung von Rechtsmitteln gegen
die Beschwerdeentscheidung eingegangen.
- 3 -
Gegen den Beschluss vom 13. März 2013 wendet sich die Anmelderin mit einer
erneuten Beschwerde. Sie beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und
die Wirksamkeit der Teilungserklärung festzustellen.
Die Anmelderin steht, wie sie mit Schriftsatz vom 22. November 2012 gegenüber
der Prüfungsstelle zum Ausdruck gebracht hat, auf dem Standpunkt, dass für die
Entgegennahme einer Teilungserklärung nicht das BPatG, sondern das DPMA
zuständig sei, wenn die Teilung der Anmeldung - wie im vorliegenden Fall - erst
nach Schluss der mündlichen Verhandlung, in der die Beschwerde gegen die Zu-
rückweisung der Stammanmeldung vollumfänglich zurückgewiesen wurde, erklärt
werde. Der Beschwerdesenat sei nämlich in diesem Fall an die in der mündlichen
Verhandlung verkündete Entscheidung gebunden und eine Entscheidung über
den Gegenstand der Teilanmeldung sei ihm nach der BPatG-
Entscheidung „Ent-
wicklungsvorrichtung“ verwehrt. Die am 27. August 2012 gegenüber dem DPMA
erklärte Teilung sei daher rechtzeitig gewesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die Prüfungsstelle
hat zu Recht festgestellt, dass die von der Anmelderin abgegebene Teilungserklä-
rung unwirksam ist.
1. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 PatG kann ein Patentanmelder die Anmeldung
jederzeit teilen. Dies bedeutet, dass eine Teilung möglich ist, solange die Anmel-
dung noch besteht, insbesondere solange sie noch nicht zum Vollrecht erstarkt
oder zurückgewiesen worden ist. In beiden Fällen ist eine Teilung noch bis zu dem
Zeitpunkt möglich, an dem der entsprechende Beschluss noch nicht durch den
Ablauf der Beschwerdefrist, die mit der Zustellung der Entscheidung zu laufen be-
- 4 -
ginnt, bestandskräftig geworden ist (vgl. BGH GRUR 2000, 688 - Graustufenbild;
Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 39 Rdnr. 23, m. w. N.).
2. Die Teilung ist gegenüber der Stelle zu erklären, bei der sich die Anmeldung
befindet (vgl. Schulte/Moufang, a. a. O., § 39 Rdnr. 25; Busse/Keukenschrijver,
PatG, 7. Aufl., § 39 Rdnr. 14, m. w. N.).
Dies ist das DPMA, solange dieses noch keine abschließende Entscheidung über
die Anmeldung getroffen hat. Ist ein Zurückweisungs- oder Erteilungsbeschluss
(§§ 48, 49 Abs. 1 PatG) ergangen, so bleibt das DPMA zunächst Adressat einer
Teilungserklärung, bis die Beschwerde dem BPatG vorgelegt wird (vgl. BPatG
GRUR 2011, 949, Abschnitt II.2.1 der Begründung). Das DPMA ist ferner für die
Entgegennahme einer Teilungserklärung zuständig, wenn das Verfahren durch ei-
nen in der Beschwerdeinstanz gemäß § 79 Abs. 3 PatG ergangenen, rechtskräfti-
gen Beschluss dorthin zurückverwiesen worden ist.
Dagegen ist eine Teilungserklärung an das BPatG zu richten, solange das Verfah-
ren dort anhängig ist, d. h. ab Vorlage der beim DPMA eingelegten Beschwerde
an das BPatG bis zur Beendigung des Beschwerdeverfahrens, längstens bis zum
Ablauf der Rechtsbeschwerdefrist (vgl. BPatGE 17, 33; Senatsbeschluss vom
17. November 2005, 10 W (pat) 1/03, juris).
3. Von der Frage nach dem richtigen Adressaten einer Teilungserklärung ist die
weitere Frage zu trennen, welche Stelle über die aus der Teilung hervorgehende
Teilanmeldung zu entscheiden hat. Die Anmelderin beruft sich zu Unrecht auf den
Beschluss des 20. Senats des BPatG vom 18. November 2004 (BPatGE 48, 271 -
Entwicklungsvorrichtung). Danach soll dem BPatG eine Entscheidung über den
Gegenstand der Teilanmeldung verwehrt sein, wenn die Teilung der Anmeldung -
wie im vorliegenden Fall - erst erklärt wurde, nachdem das Gericht die Be-
schwerde des Anmelders gegen die Zurückweisung der Stammanmeldung voll-
umfänglich zurückgewiesen hat. Es bestehe in diesem Fall eine originäre Zustän-
- 5 -
digkeit des DPMA für die Bearbeitung der Teilanmeldung (BPatG, a. a. O., Ab-
schnitt II.B.3 der Begründung). Aber auch nach dieser Entscheidung kann die
Teilungserklärung erst mit Eingang beim Patentgericht, bei dem die Beschwerde
auch nach Verkündung der Beschwerdeentscheidung anhängig geblieben ist,
wirksam werden (BPatG, a. a. O., Abschnitt II.A.1 der Begründung).
4. Da im vorliegenden Fall die Stammanmeldung in der Beschwerdeinstanz beim
BPatG anhängig war, konnte die Anmelderin die Teilung der Anmeldung somit nur
gegenüber dem Patentgericht und nur vor Ablauf der Frist zur Einlegung einer
Rechtsbeschwerde gegen die gerichtliche Entscheidung über die Zurückweisung
der Stammanmeldung vom 5. Juni 2012 erklären. Da diese Entscheidung der An-
melderin am 27. Juli 2012 zugestellt worden war, endete die Frist - wie die Prü-
fungsstelle zutreffend angenommen hat - am Montag, den 27. August 2012 (§ 99
Abs. 1 PatG i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB), weshalb die erst einen
Tag später beim BPatG eingegangene Teilungserklärung nicht mehr wirksam
werden konnte. Ebenso wenig konnte die am 27. August 2012 beim DPMA einge-
gangene Teilungserklärung Wirkung entfalten, weil sie nicht an den richtigen Ad-
ressaten gerichtet war.
III.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-
ben, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
- 6 -
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Rauch
Püschel
Eisenrauch
Pr