Urteil des BPatG vom 04.12.2014

Stand der Technik, Zustand, Fig, Akte

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
35 W (pat) 438/12
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
4. Dezember 2014
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
- 2 -
betreffend das Gebrauchsmuster 20 2005 016 309
hier: Löschungsantrag
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentge-
richts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2014 durch die
Vorsitzende Richterin Werner sowie die Richter Dipl.-Ing. Brunn und Dipl.-Ing.
Univ. Rippel
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragstellerin und Beschwerdeführerin wird
zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens.
G r ü n d e
I.
Die Beschwerdegegnerin und Antragsgegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin)
ist Inhaberin des Gebrauchsmusters 20 2005 016 309 (im Folgenden: Streitge-
brauchsmuster) mit der Bezeichnung:
„Staubsaugerbeutel“
- 3 -
das am 18. Oktober 2005 angemeldet und am 15. Dezember 2005 in das Register
eingetragen worden ist.
Der eingetragene Schutzanspruch 1 lautet:
„1. Staubsaugerbeutel (1) mit einem Boden (2), von dem sich
umlaufend Seitenwände (10, 11) zur Bildung eines Innenraumes
in eine Richtung erstrecken, wobei der Boden (2) einen im we-
sentlichen rechteckigen Basisabschnitt (3) aufweist, dadurch ge-
kennzeichnet, dass zumindest an einer Seite des Bodens (2) ein
hervorstehender Abschnitt (4) ausgebildet ist, der auf den Basis-
abschnitt (3) für eine Lagerposition faltbar ist.
Wegen des Wortlauts der nachgeordneten Schutzansprüche 2 bis 11 wird Bezug
genommen auf die Streitgebrauchsmuster-Schrift DE 20 2005 016 309 U1.
Die Schutzdauer des Streitgebrauchsmusters ist auf zehn Jahre verlängert wor-
den. Es ist in Kraft.
Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2008 hat die Antragstellerin und Beschwerdefüh-
rerin (im Folgenden Antragstellerin) die Löschung des Streitgebrauchsmusters
beantragt. Dieser Löschungsantrag ist ausweislich der patentamtlichen Akte der
Antragsgegnerin am 23. Februar 2009 zugestellt worden. Der Widerspruch der
Antragsgegnerin gegen den Löschungsantrag ist am 20. März 2009 und damit
rechtzeitig beim Patentamt eingegangen.
In der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung I des Deut-
schen Patent- und Markenamts (DPMA) am 5. Mai 2011 hat die Antragstellerin
ihren Antrag auf vollständige Löschung des Streitgebrauchsmusters betrieben. Die
Antragsgegnerin hat das Streitgebrauchsmuster im Umfang der neuen Schutzan-
sprüche 1 bis 9 aus dem Schriftsatz vom 17. März 2009 (Widerspruchsschrift) und
- 4 -
– u. a. - im Umfang der Schutzansprüche 1 bis 9 nach dem Hilfsantrag 1 aus dem
Schriftsatz vom 5. April 2011 verteidigt.
Schutzanspruch 1
nach
dem
Hauptantrag
der
Antragsgegnerin
vom
17. März 2009 lautete:
„1. Staubsaugerbeutel (1) mit einem Boden (2), von dem sich um-
laufend Seitenwände (10, 11) zur Bildung eines Innenraumes in
eine Richtung erstrecken, wobei der Boden (2) einen im wesentli-
chen rechteckigen Basisabschnitt (3) aufweist, wobei zumindest
an einer Seite des Bodens (2) ein hervorstehender Abschnitt (4)
ausgebildet ist, der auf den Basisabschnitt (3) für eine Lagerposi-
tion faltbar ist, wobei an einer Spitze (8) des hervorstehenden Ab-
schnittes (4) sich
eine Seitenkante (9) zwischen zwei Seitenwandabschnitten (11)
anschließt, dadurch gekennzeichnet, dass
die Seitenkante (9) in der Lagerposition eingefaltet und innerhalb
der Seitenwände (10, 11) aufgenommen ist und in einer Ge-
brauchsposition die Seitenkante (9) seitlich hervorsteht.
Für den Wortlaut der nachgeordneten Schutzansprüche 2 bis 9 wird Bezug ge-
nommen auf die Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 17. März 2009,
Blatt 76, 77, der patentamtlichen Löschungs-Akte.
Schutzanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 der Antragsgegnerin vom
5. April 2011 lautete:
„1. Staubsaugerbeutel (1) mit einem Boden (2), von dem sich um-
laufend Seitenwände (10, 11) zur Bildung eines Innenraumes in
eine Richtung erstrecken, wobei der Boden (2) einen im wesentli-
chen rechteckigen Basisabschnitt (3) aufweist, wobei zumindest
- 5 -
an einer Seite des Bodens (2) ein hervorstehender Abschnitt (4)
ausgebildet ist, der auf den Basisabschnitt (3) für eine Lagerposi-
tion faltbar ist, wobei an einer Spitze (8) des hervorstehenden Ab-
schnittes (4) sich
eine Seitenkante (9) zwischen zwei Seitenwandabschnitten (11)
anschließt, dadurch gekennzeichnet, dass
die Seitenkante (9) in der Lagerposition eingefaltet und innerhalb
der Seitenwände (10, 11) aufgenommen ist und in einer
Gebrauchsposition die Seitenkante (9) seitlich hervorsteht, wobei
im ausgefalteten Zustand sich die Seitenwandabschnitte (10, 11)
im Wesentlichen senkrecht zu dem Boden (2) mit dem
Basisabschnitt (3) und den hervorstehenden Abschnitten (4)
erstrecken.
Für den Wortlaut der nachgeordneten Schutzansprüche 2 bis 9 wird Bezug ge-
nommen auf die erste Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom
5. April 2011, Blatt 121, 122 der patentamtlichen Löschungs-Akte.
Am Schluss der mündlichen Anhörung vom 5. Mai 2011 hat die Gebrauchs-
musterabteilung als abschließenden Beschluss verkündet, dass das Streitge-
brauchsmuster teilgelöscht werde, soweit es über den Gegenstand nach dem
Hilfsantrag 1 hinausging. Der weitergehende Löschungsantrag wurde zurückge-
wiesen. Die Kosten des patentamtlichen Verfahrens wurden der Antragstellerin zu
2/3 und der Antragsgegnerin zu 1/3 auferlegt. Diese Entscheidung hat die Ge-
brauchsmusterabteilung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Gebrauchsmusterabteilung hat die Schutzfähigkeit des Staubsaugerbeutels
nach Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag verneint, da er gegenüber dem Stand
der Technik nach der D2 (GB 14 68 798 A) nicht mehr neu sei.
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Die Schutzfähigkeit des Staubsaugerbeutels nach Schutzanspruch 1 gemäß Hilfs-
antrag 1 hat die Gebrauchsmusterabteilung bejaht, da keiner der entgegengehal-
tenen Druckschriften einen Staubsaugerbeutel zeigen würde, der hervorstehende
Abschnitte aufweist, zu denen im ausgefalteten Zustand sich die Seitenwandab-
schnitte senkrecht erstrecken und diesen Druckschriften auch in ihrer Zusammen-
schau keine Hinweise und Anregungen zu entnehmen seien, die zum Gegenstand
nach Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 führen könnten.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren auf eine vollständige Lö-
schung des Streitgebrauchsmusters gerichteten Löschungsantrag weiter. Sie ver-
tritt u. a. die Auffassung, dass das Merkmal
„….wobei im ausgefalteten Zustand sich die Seitenwandabschnitte (10,
11) im Wesentlichen senkrecht zu dem Boden (2) mit dem Basisab-
schnitt (3) und den hervorstehenden Abschnitten (4) erstrecken.
im verteidigten Schutzanspruch 1 unklar sei, da das Merkmal
„…im Wesentlichen
senkrecht zum Boden
(2) …“ nicht dazu geeignet sei, den Schutzumfang eines
derartigen Schutzumfangs zu definieren und keine klare Abgrenzung zum Stand
der Technik erlaube. Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des DPMA vom
5. Mai 2011 insoweit aufzuheben, als darin der Löschungsantrag
teilweise zurückgewiesen worden ist, und die vollständige Lö-
schung des Streitgebrauchsmusters bei entsprechender Kosten-
entscheidung anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.
- 7 -
Im Zuge des Löschungsverfahrens sind die folgenden Druckschriften in das Ver-
fahren eingeführt worden:
D1 DE 100 64 608 A1
D2 GB 14 68 798
D3 DE 12 87 768 A
D4 DE 38 12 849 A1
D5 DE 103 48 375 A1
D6 US 3,330,100 A
D7 US 3,572,017 A
D8 WO 01/03802 A1.
Mit ihrem Zwischenbescheid vom 29. Oktober 2010 hat die Gebrauchsmusterab-
teilung I darüber hinaus die Druckschriften aus der Recherche gemäß § 7
GebrMG in das Verfahren eingeführt; das sind:
DE 73 02 545 U
DE 101 26 425 A1
DE 20 2005 000 918 U1
JP 08 071 021 A
US 35 96 443 A
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten Bezug
genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Er-
folg. Denn das Streitgebrauchsmuster ist im Umfang des Hilfsantrages 1 aus dem
- 8 -
Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 5. April 2011 i. S. v. §§ 1 bis 3 GebrMG
schutzfähig. Im Umfang dieser Fassung hat bereits die Gebrauchsmusterabteilung
in dem angegriffenen Beschluss den Löschungsantrag zu Recht zurückgewiesen
und nur in diesem Umfang hat die Antragsgegnerin das Streitgebrauchsmuster im
Beschwerdeverfahren verteidigt.
1.
Gegenstand des Streitgebrauchsmusters ist ein Staubsaugerfilterbeutel.
Entsprechend den Ausführungen des Streitgebrauchsmusters gibt es im Stand der
Technik verschiedene Ausführungsformen von Staubsaugerbeuteln aus flexiblem
Material, die im Ausgangszustand gefaltet sind und sich im Betrieb aufblähen bzw.
auffalten. Nachteilig sei bei solchen Staubsaugerbeuteln, dass diese in der Form
nur schlecht an entsprechende Kammern in Staubsaugern angepasst werden
könnten und sich nur schlecht öffnen und ihre Wirkung nicht entfalten würden. Bei
Staubsaugerbeutels mit dem sogenannten Klotzboden würde durch Innenfalten an
gegenüberliegenden Seitenwänden des Beutels versucht, dass der Beutel gut an
eine Passform einer Kammer in einem Staubsauber angepasst werden kann und
andererseits eine leichte Öffnung möglich ist. Allerdings würde jedoch die Innen-
faltung den Raum in dem Staubsaugerbeutel verringern. Darüber hinaus sei die
Herstellung des Staubsaugerbeutels vergleichsweise aufwendig.
Angesichts dieser Nachteile ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen
Staubsaugerbeutel zu schaffen, der ein großes Innenvolumen besitzt und leicht in
einer Kammer eines Staubsaugers geöffnet werden kann (Absatz [0004]).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Schutzanspruch 1 des Streitgebrauchsmusters
in der Fassung des Hilfsantrages 1 aus dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom
5. April 2011, den die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren zu ihrem Haupt-
antrag gemacht hat, einen Staubsaugerbeutel mit den folgenden Merkmalen vor
(Gliederung hinzugefügt):
- 9 -
M1 Staubsaugerbeutel (1) mit einem Boden (2),
M2 von dem sich umlaufend Seitenwände (10, 11) zur Bildung eines Innenrau-
mes in eine Richtung erstrecken,
M3 wobei der Boden (2) einen im Wesentlichen rechteckigen Basisabschnitt (3)
aufweist,
M4 wobei zumindest an einer Seite des Bodens (2) ein hervorstehender Ab-
schnitt (4) ausgebildet ist, der auf den Basisabschnitt (3) für eine Lagerposi-
tion faltbar ist,
M5 wobei an einer Spitze (8) des hervorstehenden Abschnittes (4) sich eine Sei-
tenkante (9) zwischen zwei Seitenwandabschnitten (11) anschließt,
dadurch gekennzeichnet, dass
M6 die Seitenkante (9) in der Lagerposition eingefaltet und innerhalb der Seiten-
wände (10, 11) aufgenommen ist und in einer Gebrauchsposition die Seiten-
kante (9) seitlich hervorsteht,
M7 wobei im ausgefalteten Zustand sich die Seitenwandabschnitte (10, 11) im
Wesentlichen senkrecht zu dem Boden (2) mit dem Basisabschnitt (3) und
den hervorstehenden Abschnitten (4) erstrecken.
2. Der zuständige Fachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere
für die Auslegung der Merkmale des Streitgebrauchsmusters und für die Beurtei-
lung des Standes der Technik ankommt, ist nach Auffassung des Senats ein
Diplomingenieur der Fachrichtung Textiltechnik oder Maschinenbau mit zumindest
Fachhochschulabschluss und besonderen Kenntnissen und Erfahrungen auf dem
Gebiet der Entwicklung und Fertigung von Staubsauger- bzw. Staubfilterbeuteln.
3.
Schutzanspruch 1 des Streitgebrauchsmusters in der verteidigten Fassung
stellt eine zulässige Beschränkung des eingetragenen Schutzanspruchs 1 dar.
- 10 -
Gegenüber dem Schutzanspruch 1 in der eingetragenen Fassung weist der Ge-
genstand des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag die zusätzlichen Merk-
male M5 und M6, die den Merkmalen der eingetragenen Ansprüche 4 und 5 ent-
sprechen, sowie das zusätzliche Merkmal M7 auf, welches wörtlich durch die Of-
fenbarung im Absatz [0017] der Beschreibung des Streitgebrauchsmusters ge-
stützt wird.
Einige Merkmale des Schutzanspruchs 1 bedürfen einer Erläuterung:
3.1
Entsprechend dem Merkmal M3 weist der Boden 2 einen im Wesentlichen
rechteckigen Basisabschnitt 3 auf. Weiterhin ist nach Merkmal M4 an zumindest
einer Seite des Bodens 2 ein hervorstehender Abschnitt 4 ausgebildet. Nach
Merkmal M7 erstrecken sich die Seitenwandabschnitte 10, 11 in ausgefalteten
Zustand des Staubsaugerbeutels im Wesentlichen senkrecht zu dem Boden mit
dem Basisabschnitt und den hervorstehenden Abschnitten.
Daraus ist unzweifelhaft ersichtlich, dass die hervorstehenden Abschnitte Teile
des Bodens sind und nicht durch Faltung aus den Seitenwandabschnitten des
Staubsaugerbeutels gebildet werden. Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass der
hervorstehende Abschnitt aus demselben Material bestehen muss wie der Boden.
Ein hervorstehender Abschnitt, der aus dem gleichen Filtermaterial wie die Sei-
tenwände des Staubsaugerbeutels besteht und als zusätzlicher Materialabschnitt
an den Seiten des gegebenenfalls aus verstärktem Material bestehenden Basis-
abschnitts des Bodens angeordnet ist, erfüllt ebenfalls den Wortlaut des An-
spruchs 1.
3.2.
Entsprechend dem Merkmal M7 erstrecken sich
- 11 -
Nach Auffassung der Antragstellerin sei dieses Merkmal unklar, da es nicht geeig-
net wäre, den Gegenstand eines derartigen Schutzanspruchs eindeutig zu definie-
ren bzw. gegenüber dem Stand der Technik abzugrenzen. Darüber hinaus sei
eine Ausführungsform, bei der die Seitenwandabschnitte exakt senkrecht zu dem
Boden mit dem Basisabschnitt und den hervorstehenden Abschnitten angeordnet
sind, vom Schutzanspruch 1 nicht umfasst.
Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Zunächst ist festzustellen, dass die Formulierung „im Wesentlichen senkrecht“ den
präzisierten Fall „exakt senkrecht“ mit umfasst. Mit „im Wesentlichen“ wird übli-
cherweise eine Bandbreite definiert, um wieviel der Wert einer Kenngröße um ei-
nen Basiswert, im vorliegenden Fall von der exakt senkrechten Ausrichtung zweier
Kanten, abweicht. Dabei wird der Fall der Abweichung von 0° natürlich vom mögli-
chen Wertebereich mit umfasst. Die Größe der möglichen Abweichung ist dabei im
Einzelfall fachmännisch in Anhängigkeit von Material, Fertigung oder Anwendung
zu betrachten.
Insofern ist das Merkmal M7 als nacharbeitbar und zulässig zu anzusehen.
Darüber hinaus wird im vorliegenden Fall nicht die Ausrichtung zweier Kanten hin-
sichtlich eines präzisen Fertigungsmaßes, sondern die im Wesentlichen senk-
rechte Ausrichtung der Seitenwandabschnitte gegenüber dem Boden und den
hervorstehenden Abschnitten im aufgefalteten Zustand des Staubsaugerbeutels
beansprucht. Es ist dabei irrelevant, ob der beanspruchte Staubsaugerbeutel so
gefertigt ist, dass die Maße des Bodens, der hervorstehender Abschnitte und der
Seitenwandabschnitte eine exakt rechtwinklige Ausrichtung (unter Berücksichti-
gung von Fertigungstoleranzen) der Teile im ausgefalteten Zustand gegeneinan-
der zulassen, was unter der Berücksichtigung der Verschweißung oder Verkle-
bung der Seitenwandabschnitte 10, 11 an der Kante 13 eher unwahrscheinlich ist.
- 12 -
Der Offenbarung des Streitgebrauchsmusters sind keine Hinweise zu entnehmen,
dass eine exakt senkrechte Auffaltung des Staubsaugerfilterbeutels unter Einwir-
kung des Luftstroms in irgendeiner Weise sichergestellt ist. Es ist davon auszuge-
hen, dass sich der gefaltete Staubsaugerbeutel unsymmetrisch auffalten kann und
sich die Seitenwandabschnitte im aufgefalteten Zustand auch ausbeulen. Daher
legt der Fachmann das Merkmal M7 dahingehend aus, dass hier mit dem Merkmal
„im wesentlichen senkrecht“ beansprucht wird, dass sich zwischen dem Boden mit
dem Basisabschnitt und den hervorstehenden Abschnitten und den Seitenwänden
im aufgefalteten Zustand ein deutlich stumpfer
, „im wesentlichen senkrechter“
Winkel im Bereich zwischen ca. 80° bis 90° einstellt, was einer Abweichung von
bis zu 10° Grad von der exakt senkrechten Ausrichtung der Seitenwandabschnitte
gegenüber dem Boden und den hervorstehenden Abschnitten entsprechen würde.
3.3.
Mit den Merkmalen M6 und M7 wird ein Staubsaugerbeutel in den zwei Zu-
ständen Lagerposition und Gebrauchsposition (im aufgefalteten Zustand) definiert.
Diese Merkmale stellten funktionelle Merkmale des Staubsaugerbeutels dar.
Dementsprechend steht jeder Staubsaugerbeutel aus dem Stand der Technik dem
Streitgebrauchsmuster entgegen, dessen Gestaltung nur die Einnahme beider
beanspruchten Positionen ermöglicht, unabhängig davon, ob die Einnahme dieser
Positionen auch explizit offenbart wird.
4.
Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 in der nach geltendem Hauptan-
trag verteidigten Fassung ist gegenüber dem berücksichtigten Stand der Technik
neu i. S. v. §§ 1 und 3 GebrMG, da keinen der genannten Druckschriften einen
Staubsaugerbeutel mit allen Merkmalen des Schutzanspruchs 1 zeigt.
Die D1 zeigt einen Staubsaugerbeutel 3 mit einem Boden
7‘, von dem sich um-
laufend Seitenwände 7 zur Bildung eines Innenraumes 17 in eine Richtung er-
strecken. Der Boden
7‘ ist an eine Halteplatte geklebt und weist eine im rechtecki-
gen Basisabschnitt auf (vgl. Fig. 2). An den Seiten des Bodens
7‘ sind durch die
- 13 -
Querfalten 10 eingeschlossene, als sich nach außen wölbende Filtermaterialab-
schnitte ausgebildet (vgl. Abs. [0024]), die auf den Basisabschnitt
7‘ für eine La-
gerposition faltbar sind (vgl. Fig. 2). An einer Spitze der Querfalten 10 schließt sich
dabei eine Seitenkante 4, 18 zwischen den Seitenwandabschnitten an. Die Sei-
tenkante 18 ist in der Lagerposition eingefaltet und innerhalb der Seitenwände
aufgenommen (vgl. Fig. 2 und Absatz [0032]) und ragt in der Gebrauchsposition
über der Fläche des Bodens 7
‘ seitlich hervor (Absatz [0024]). Damit zeigt die D1
einen Staubsaugerbeutel mit den Merkmalen M1 bis M6.
Entsprechend den Ausführungen der Antragstellerin sei der D1
auch eine „im we-
sentlichen senk
rechte“ Anordnung der Seitenwände bezüglich des Bodens bzw.
des durch die Querfalte 10 eingeschlossenen dreieckigen Materialabschnitts zu
entnehmen.
Dieser Auffassung der Antragstellerin vermag sich der Senat auch nicht anzu-
schließen.
Der dreieckige Materialabschnitt, der von der sich nach außen vorwölbende
Querfalte 10 eingeschlossen ist, steht über die Fläche des Bodens nicht oder ge-
gebenenfalls nur geringfügig, weniger als ein Zentimeter, über (vgl. Spalte 2, Zei-
len 12
– 18, 30 – 32, Spalte 3, Zeilen 60 – 64). Unter „nach außen vorwölbend“ in
Bezug auf die Querfalte 10 ist im Sinne der D1 zu verstehen, dass sich die Quer-
falte 10 im aufgefalteten Zustand des Staubsaugerbeutels unter der Boden
7‘,
ausgehend von der nach innengefalteten Randkante 18 bis zum Rand des Bo-
dens
7‘ erstreckt und sich dabei gegenüber der innenliegenden Randkante 18
nach außen vorwölbt. Dementsprechend ist der Verlauf der die Querfalte 10 im
gefalteten Zustand des Staubsaugerbeutels in der Figur 2 auch eingezeichnet.
Dies bedeutet, dass sich beim Staubsaugerbeutel im aufgefalteten Zustand die
Querfalte 10 zusammen mit der Randkante 18 gegebenenfalls durch den im Fil-
terbeutel herrschenden Druck in einem bestimmten Maß nach außen aufwölbt.
Dabei steht der durch die Querfalte 10 eingeschlossene dreieckige Materialab-
- 14 -
schnitt aber immer noch im Wesentlichen senkrecht zum Boden
7‘, und nicht zu
den Seitenwänden des Filterbeutels.
Die D2 zeigt zwei Möglichkeiten, einen Staubsaugerbeutel zu falten (Fig. 1
– 3;
Fig. 4
– 6). Dabei sollen die Figuren 1 bis 3 einen „S.O.S.- Staubsaugerbeutel und
die die Figuren
4 bis 6 eine „Blockbodenstaubsaugerbeutel“ darstellen. Da die
Staubsaugerbeutel gemäß der D2 aus einem flexiblen Material - in diesem Fall
Papier - gebildet wären, könnten sich nach Auffassung der Antragstellerin die
dreieckigen Abschnitte, die sich an den Boden anschließen (Bezugszeichen 19
aus Figur 6) frei umfalten lassen. Somit wären die beiden in der D2 dargestellten
Typen des Staubsaugerbeutels ineinander überführbar und der Staubsaugerbeutel
gemäß Figur 6 der D2 wäre neuheitsschädlich für den geltenden Anspruch 1 des
Streitgebrauchsmusters in der aufrechterhaltenen Fassung zu sehen. Der dort
dargestellte Staubsaugerfilterbeutel zeige einen Boden mit daran sich an-
schließenden dreieckigen Abschnitten auf, an die sich in Zeichenebene er-
streckend die Seitenwände des Staubsaugerfilterbeutels anschließen und die so-
mit selbstverständlich „im wesentlichen senkrecht“ sowohl auf dem rechteckigen
Boden als auch den dreieckigen Abschnitten stehen würden. Im Lagerzustand
könne der Staubsaugerfilterbeutel ebenso in einen Zustand überführt werden, in
dem die dreieckigen Abschnitte 19 eingefaltet vorliegen. Somit offenbare die D2
sämtliche Merkmale des geltenden Anspruchs 1 des Streitgebrauchsmusters in
der aufrechterhaltenen Fassung.
Dieser Auffassung der Antragstellerin vermag sich der Senat auch nicht anzu-
schließen.
Die D2 zeigt zwei Möglichkeiten, einen Staubsaugerbeutel zu falten (Fig. 1
– 3;
Fig. 4
– 6). Die Figuren 3 und 6 zeigen jedoch nicht die Staubsaugerbeutel im auf-
gefalteten Zustand, sondern den fertigen Boden des jeweiligen Staubsaugerbeu-
tels im gefalteten Zustand (Lagerposition). Im aufgestellten Zustand nehmen beide
Staubsaugerbeutel die gleiche, im wesentlichen quaderförmige Form an (vgl. S. 2,
- 15 -
Z. 69
– 75;
).
Das Ausführungsbeispiel entsprechend den Figuren 1 bis 3 zeigt einen Staubsau-
gerbeutel mit einem Boden 22, von dem sich umlaufend Seitenwände 10, 12 und
16 zur Bildung eines Innenraumes in eine Richtung erstrecken. Der Boden 22
weist dabei einen im rechteckigen Basisabschnitt auf. Die Seitenkanten 16 sind in
der Lagerposition eingefaltet und innerhalb der Seitenwände 10, 12 aufgenom-
men. In der Gebrauchsposition stehen die Seitenkanten nicht über den Boden
hervor, sondern bilden zusammen mit den Seitenwänden 10 und 12 einen qua-
derförmigen Staubsaugerbeutel (vgl. nochmals S. 2, Z. 69
– 75). Die dargestellten
Abschnitte 26 stellen keinen äußeren Abschnitt im Sinne des Streitgebrauchs-
musters dar, da die Figur 1 nur einen Zwischenschritt während der Herstellung
des Staubsaugerbeutels darstellt und die Abschnitte 26 entsprechend der Figur 2
umgefaltet und auf den Boden 22 geklebt (Klebestellen 28) werden. Die Spitzen
der Abschnitte 26 liegen daher in der Mitte des Bodens 22, so dass sich dort auch
keine Seitenkanten anschließen können. Damit zeigt dieses Ausführungsbeispiel
nur einen Staubsaugerbeutel mit den Merkmalen M1 bis M3 sowie jeweils dem
ersten Teil der Merkmale M6 und M7.
Das Ausführungsbeispiel entsprechend den Figuren 4 bis 6 zeigt einen Staubsau-
gerbeutel mit einem Boden 22, von dem sich umlaufend Seitenwände 10, 12 und
17 zur Bildung eines Innenraumes in eine Richtung erstrecken, wobei der Bo-
den 22 einen im wesentlichen rechteckigen Basisabschnitt aufweist. An beiden
Seiten des Bodens 22 ist ein hervorstehender Abschnitt 19 ausgebildet, der in La-
gerposition nicht auf den Basisabschnitt gefaltet ist, sondern sich nach außen er-
streckt (vgl. Figuren 4 und 6). An den Spitzen der hervorstehenden Abschnitte 19
schließt sich jeweils eine Seitenkante zwischen zwei Seitenwandabschnitten 17
an. Diese Seitenkanten sind in der Lagerposition nach außen gefaltet und nicht
- 16 -
innerhalb der Seitenwände 12, 12 aufgenommen (vgl. Figur 5). In der Gebrauchs-
position stehen die Seitenkanten nicht über den Boden hervor, sondern bilden zu-
sammen mit den Seitenwänden 10 und 12 ebenfalls einen quaderförmigen Staub-
saugerbeutel (vgl. auch hier S. 2, Z. 69 - 75). Im ausgefalteten Zustand erstrecken
sich die Seitenwandabschnitte 10, 12 zwar im Wesentlichen senkrecht zu dem
Boden 22 mit dem Basisabschnitt, aber nicht zu den hervorstehenden Abschnit-
ten 19, da diese beim Auffalten des Staubsaugerbeutels in die Gebrauchsposition
zu den Seitenwänden
17 „zurückkehren“ bzw. Bestandteil der Seitenwände 17
werden (vgl. S. 2, Z. 63
– 69;
.“). Das Ausführungsbeispiel entsprechend den Figuren 4 bis 6 zeigt da-
her nur einen Staubsaugerbeutel mit den Merkmalen M1 bis M3, M5 sowie jeweils
dem ersten Teil der Merkmale M4 und M7.
Nach Auffassung der Antragstellerin zeigen auch die D9 bzw. deren prioritätsbe-
gründene Druckschrift D5 einen Staubsaugerbeutel, der dem Gegenstand des
Streitgebrauchsmusters in der erstinstanzlich aufrechterhaltenen Fassung neu-
heitsschädlich entgegensteht. Nach Auffassung der Antragstellerin entstünde beim
Gegenstand der D5/D9 durch die erneute Einfaltung der lnnenfalte 5 nach der
Herstellung des Bodens 9 ein dreieckförmiger Zwickel 8, der in dem in Figur 2
dargestellten Zustand den Boden 9 überdeckt und dessen Spitze nicht durch die
Schweißnaht mit dem Boden verbunden und somit frei beweglich sei. Dieser Zwi-
ckel 8, der in Figur 2 in einem Zustand dargestellt sei, in dem er direkt auf den Bo-
den 9 aufgefaltet ist, sei im ausgefalteten Zustand ausstülpbar, so dass die Sei-
tenfalte 5 auch außerhalb des Staubsaugerfilterbeutels angeordnet werden könne.
Da der dreieckförmige Zwickel nicht mit dem Boden verbunden sei, wäre es somit
möglich, den Staubsaugerfilterbeutel in eine Position zu überführen, in der der
dreieckförmige Zwickel 8 ausgestülpt und parallel zum Boden 9 geführt würde. In
diesem Zustand würden sich die durch die Vorbrüche 3 und 5 bzw. 5 und 4 aufge-
spannten Seitenwandabschnitte
„im wesentlichen senkrecht“ zu dem Boden mit
dem Basisabschnitt 9 und dem hervorstehenden Zwickel 8 erstrecken.
- 17 -
Dieser Auffassung der Antragstellerin vermag sich der Senat wiederum nicht an-
zuschließen.
Die D5/D9 zeigt unzweifelhaft einen Staubsaugerbeutel entsprechend den Merk-
malen M1 bis M3. Die D5/D9 zeigt
jedoch keinen „hervorstehenden Abschnitt“ im
Sinne des Streitgebrauchsmusters. Die Figuren 4a, 1, 4b und 3 zeigen in der ge-
nannten Reihenfolge die Verfahrensschritte zur Herstellung des gezeigten Filter-
beutels.
Entsprechend der Figur 4a wird eine Lage des Filtermaterials über ein nicht dar-
gestelltes Formwerkzeuges zusammengefaltet und an dessen Rändern 22 und 23
verbunden. Dann werden die Vorbrüche 3, 4 und 5 in das Filterbeutelmaterial ein-
gebracht. Anschließend wird der so gebildete Schlauch durch die Schweißnaht 6
einseitig geschlossen, wobei die Innenfalte 5 im Bereich der Schweißnaht 6 fixiert
wird (vgl. Fig. 1). Im Verfahrensschritt entsprechend der Figur 4b wird die Faltung
des Bodens 9 durchgeführt. Dazu wird von der noch offenen Seite ein Stempel 24
in den Filterbeutel eingeführt und gegen das verschlossene Ende 2 geführt. Dabei
wird die Innenfalte wieder nach außen aufgefaltet, wobei durch die Fixierung des
unteren Endes der Innenfalte 5 in der Schweißnaht 6 die erfindungsgemäße Fal-
tung des Bodens 9 mit einem nicht gezeigten dreieckigen Zwickel, der auf dem
Boden gefaltet ist, erreicht wird. Daran anschließend wird diese Faltung durch
Verbinden der übereinander liegenden Lagen stabilisiert sowie der Filterbeutel
durch eine weitere Schweißnaht 15 im oberen Bereich geschlossen.
Die Figur 2 zeigt den fertiggestellten Filterbeutel. Dort wurde für die Lagerposition
des Filterbeutels die beim Herstellungsprozess aufgefaltete Innenfalte 5 wieder
eingefaltet. Dadurch entsteht, in Übereinstimmung mit den Ausführungen der An-
tragstellerin, der dreieckförmige Zwickel 8. Dieser Zwickel ist aber in Gegensatz zu
den Ausführungen nicht geeignet, bei Auffaltung des Filterbeutels in die Ge-
brauchsposition die Lage eines hervorstehenden Abschnitts im Sinne des Streit-
gebrauchsmusters einzunehmen. Wie durch den Herstellungsprozess dokumen-
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tiert, entsteht der Zwickel 8 durch Einfaltung aus dem Material der Seitenwandab-
schnitte zwischen den Vorbrüchen 3 bzw. 4 und 5. Die Figur 4b zeigt diese Sei-
tenwandabschnitte im aufgefalteten Zustand ohne die Innenfalte 5, die Figur 2
diese Seitenwandabschnitte im eingefalteten Zustand mit der Innenfalte 5. Es mag
dahingestellt bleiben, ob sich entsprechend dem Merkmal M6 des Streitge-
brauchsmusters diese Seitenwandabschnitte in der Gebrauchsposition unter Ein-
wirkung von Luftdruck geringfügig ausbeulen und der Bereich der Innenfalte 5
dann geringfügig über den Boden seitlich hervorsteht. Da der Zwickel 8, wie schon
dargelegt, durch Faltung aus dem Material der Seitenwandabschnitte entstanden
ist, steht aber keinesfalls so viel Seitenwandmaterial zur Verfügung, dass sich der
Zwickel 8 unter Einwirkung des Luftdrucks soweit aus dem Seitenwandbereich
ausfaltet
bzw. ausstülpt und eine „hervorstehende“ Position „im wesentlichen“
senkrecht zu den Seitenwandabschnitten zwischen den Vorbrüchen 3 bzw. 4 und
5 bzw.
„im wesentlichen“ parallel zum Boden einnimmt. Vielmehr wird, analog zur
Darstellung der Figur 4b, der Zwickel 8 im aufgefalteten Zustand wieder Bestand-
teil der Seitenwandflächen.
Die D5/D9 zeigt daher zumindest nicht die Merkmale M4 und M7.
Die weiteren Druckschriften wurden in der Verhandlung von den Parteien nicht
diskutiert und zeigen auch nichts, was über die Offenbarung der D1, der D2 sowie
der D5/D9 hinausgehe würde.
Die D3 zeigt einen Staubsaugerbeutel entsprechend dem zweiten Ausführungs-
beispiel der D2. Die D4 zeigt einen Staubsaugerbeutel entsprechend dem ersten
Ausführungsbeispiel der D2. Die in den Druckschriften D6 und D7 beschriebenen
Staubsaugerbeutel weisen auch keine an den Seiten des Bodens hervorstehende
Abschnitte auf, die sich im ausgefalteten Zustand im Wesentlichen senkrecht zu
den Seitenwänden erstrecken, sondern die, wie bei den Druckschriften D2 bis D5,
Bestandteile der Seitenwände darstellen. Die D8 beschreibt nur mögliche Mate-
rialzusammensetzungen eines Staubsaugerbeutels.
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Die bei der Recherche entsprechend § 43 PatG ermittelten Druckschriften gehen
ebenfalls nicht über den Offenbarungsgehalt der Druckschriften D1 bis D5 hinaus.
So entspricht z. B. die Offenbarung der DE 101 26 425 A1 der Offenbarung
der D4. Die DE 73 02 545 U zeigt wiederum auch nur Klotz- und Kreuzbodenbeu-
tel, wobei die bei den Kreuzbodenbeuteln im gefalteten Zustand hervorstehenden,
dreieckigen Abschnitte bei Auffaltung ebenfalls, analog zum zweiten Ausführungs-
beispiels der D2, zu Bestandteilen der Seitenwände werden.
5. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß geltendem Hauptantrag be-
ruht auch auf einem erfinderischen Schritt i. S. v. § 1, Abs. 1 GebrMG.
Wie schon zur Frage der Neuheit ausgeführt, zeigt keine der im Verfahren befind-
lichen Druckschriften einen Staubsaugerbeutel, der hervorstehende Abschnitte
aufweist, zu denen sich im ausgefalteten Zustand die Seitenwandabschnitte im
Wesentlichen senkrecht erstrecken.
Einzig die D1 zeigt einen Staubsaugerbeutel, mit einem im Bereich zwischen der
Stirnseite des Bodens und den Seitenwandabschnitten durch die nach außen her-
vorwölbende Querfalte 10 und den Materialabschnitt
7‘ des Bodens begrenzten
Materialabschnitt, der nicht Bestandteil der Seitenwandabschnitte ist. Allerdings
lehrt die
D1, mit der Gestaltung des Filterbeutels sicherzustellen, dass „das
Staubsaugerbeutelmaterial nicht oder nicht wesentlich, d. h. mit weniger als 1 cm,
über die Grundgeometrie der Halteplagte hervorragt“. Ziel sei es dabei, dass der
so hergestellte Filterbeutel in Staubsaugerkassetten eingesetzt werden könne,
deren Kassettenöffnung im Wesentlichen dem Halteplattengrundriss entspricht
(vgl. Spalte 3, Zeilen 60 bis 67).
Daher führt die D1 den Fachmann von der Lösung des erfindungsgemäßen
Staubsaugerbeutels des Streitgebrauchsmusters weg, da bei der D1 in aufgefal-
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teten Zustand des Staubsaugerbeutels über die Geometrie der Halteplatte hervor-
stehende Abschnitte des Staubsaugerbeutels ausgeschlossen werden sollen.
Alle anderen Druckschriften zeigen Staubsaugerbeutel, bei denen die in der La-
gerposition innen- oder außenliegenden dreieckigen Bereiche an zumindest einer
Seite des Bodens durch Faltung des Staubsaugerbeutels aus dem Material der
Seitenwandbereiche entstanden sind. Diese Abschnitte gehen daher bei Auffal-
tung des Staubsaugerbeutels wieder in die Seitenwände über, so dass die Druck-
schriften keine hervorstehenden Abschnitte im Sinne des Streitgebrauchsmusters
zeigen.
Nach alledem wurde dem Fachmann weder eine Anregung noch ein Veranlassung
aus dem Stand der Technik vermittelt, einen Staubsaugerbeutel mit den Merkma-
len des Gegenstands des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag bereitzustellen.
Dazu konnte er auch in einer zusammenschauenden Betrachtung des Standes
der Technik und durch sein allgemeines Fachwissen nicht hingeführt werden.
Mit Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag der Antragsgegnerin haben auch die da-
rauf rückbezogenen, vorteilhafte Ausführungsformen des Schutzanspruches 1 be-
treffenden Schutzansprüche 2 bis 9 Bestand.
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m.
§ 84 Abs. 2 Satz 1 und 2 PatG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO.
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III.
Werner
Rippel
Brunn
Bb