Urteil des BPatG vom 08.03.2016

Gebrauchsmuster, Patentgesetz, Inhaber, Verschulden

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
35 W (pat) 20/15
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Gebrauchsmusteranmeldung
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentge-
richts am 8. März 2016 durch die Vorsitzende Richterin Werner sowie die Richterin
Bayer und den Richter Eisenrauch
beschlossen:
Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdegebühr
für die Beschwerde gegen den Beschluss der Gebrauchsmuster-
stelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Juni 2015
in
Sachen
des
Gebrauchsmusters
wird
zurück
gewiesen.
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G r ü n d e
I .
Die Rechtsvorgängerin des Antragstellers hat am 8. September 2008 das Ge-
brauchsmuster
mit
der
Bezeichnung
„…
…“ angemeldet. Das Gebrauchsmuster wurde für die Rechtsvorgänge
rin am 2. Januar 2009 eingetragen. Inzwischen ist das Gebrauchsmuster auf den
Antragsteller umgeschrieben.
Mit Schreiben vom 3. Februar 2012 wurde die damalige Inhaberin des Ge-
brauchsmusters darauf hingewiesen, dass die erste Aufrechterhaltungsgebühr in
Höhe von 210 Euro nicht entrichtet worden sei und sie diese noch mit Ver-
spätungszuschlag in Höhe von 50 Euro bis zum 2. April 2012 (ein Montag) ent-
richten könne.
Am 3. April 2012 (Zahlungsdatum) wurden insgesamt 260 Euro entrichtet. Auf ei-
nem Fax hat die Rechtsvorgängerin vermerkt, dass sie den Betrag am
1. April 2012 um 13.10 Uhr überwiesen habe.
Am 19. Januar 2015 stellte der Antragsteller im Namen der Gebrauchsmusterin-
haberin den Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der
ersten Aufrechterhaltungsgebühr. Anlässlich der anstehenden Verwertung des
Gebrauchsmusters habe sich herausgestellt, dass das Gebrauchsmuster erlo-
schen sei. Der Zahlungseingang mit einem Tag Verspätung sei von der Ge-
brauchsmusterinhaberin durch ein Telefonat mit dem Deutschen Patent- und Mar-
kenamt geklärt worden. Diese habe die Auskunft erhalten, die Zahlung ginge in
Ordnung, auch wenn sie kurz verspätet sein sollte. Sie habe den Namen notiert,
könne ihn aber wegen eines Umzugs im Augenblick nicht nennen, da der Ordner
derzeit nicht auffindbar sei.
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Mit Schreiben vom 20. März 2015 wies das Deutsche Patent- und Markenamt da-
rauf hin, dass das Gebrauchsmuster erloschen sei und gemäß § 123 Abs. 2
Satz 4 Patentgesetz (PatG) i. V. m. § 21 Abs. 1 Gebrauchsmustergesetz
(GebrMG) ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht
mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden
könne. § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG lautet:
„Ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist kann die Wiederein-
setzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht
mehr nachgeholt werden.“
Mit Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 16. Juni 2015 in Sachen der damaligen Gebrauchsmusterinhaberin
wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung aus den Gründen des Bescheids vom
20. März 2015 zurückgewiesen.
Der Beschluss wurde mit Einschreiben durch Übergabe am 26. Juni 2015 zuge-
stellt.
Gegen diesen Beschluss ging beim Deutschen Patent- und Markenamt am
25. Juli 2015 eine Beschwerde des Antragstellers als Rechtsnachfolger der Ge-
brauchsmusterinhaberin ein. Wegen der Beschwerdegebühr beantragt der An-
tragsteller Verfahrenskostenhilfe und verweist darauf, dass das Amt Verfahrens-
kostenhilfe
wegen
Bedürftigkeit
schon
in
einem
anderen
Verfahren
(Az.: 40 200 800 5070.3) bewilligt habe. Die Abtretungserklärung hinsichtlich des
Gebrauchsmusters hat er beigefügt.
Am 5. August 2015 wurde dem Umschreibungsantrag stattgegeben und der An-
tragsteller als neuer Inhaber des Gebrauchsmusters eingetragen.
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II.
Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Verfahrenskostenhilfe kann nur gewährt werden, wenn die Beschwerde hinrei-
chende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 GebrMG, § 129 PatG,
§ 130 Abs. 1 Satz 2 PatG i. V. m. § 114 ZPO).
Die Beschwerde des Antragstellers hat jedoch keine hinreichende Aussicht auf
Erfolg, denn es steht außer Frage, dass der Wiedereinsetzungsantrag wegen der
Versäumung der Frist zur Zahlung der Aufrechterhaltungsgebühr mit Ver-
spätungszuschlag rechtmäßig zurückgewiesen wurde, da zum Zeitpunkt des An-
trags auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Aufrechterhal-
tungsgebühr mit Verspätungszuschlag über ein Jahr vergangen war (§ 123 Abs. 2
Satz 4 PatG i. V. m. § 21 GebrMG).
Die Aufrechterhaltung des Schutzes wird durch Zahlung einer Aufrechterhaltungs-
gebühr für das vierte bis sechste, siebte und achte sowie für das neunte und
zehnte Jahr, gerechnet vom Anmeldetag an, bewirkt (§ 23 Abs. 2 GebrMG). Das
Gebrauchsmuster erlischt, wenn die Aufrechterhaltungsgebühr nicht rechtzeitig
(§ 7 Abs. 1 Patentkostengesetz - PatKostG) gezahlt wird (§ 23 Abs. 3 Nr. 2
GebrMG). Die Aufrechterhaltungsgebühren für Gebrauchsmuster sind bis zum
Ablauf des zweiten Monats nach Fälligkeit zu zahlen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 PatKostG).
Wird die Gebühr nicht innerhalb dieser Frist gezahlt, so kann die Gebühr mit dem
Verspätungszuschlag noch bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Fälligkeit
gezahlt werden (§ 7 Abs. 1 Satz 2 PatKostG).
Die Aufrechterhaltungsgebühr für das vierte bis sechste Jahr hätte daher für das
am
8. September 2008
angemeldete
Gebrauchsmuster
bis
zum
30. November 2011 zuschlagsfrei und mit Verspätungszuschlag spätestens am
2. April 2012 (ein Montag) entrichtet werden müssen. Zum Zeitpunkt der Stellung
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des Wiedereinsetzungsantrags am 19. Januar 2015 war diese Frist bereits mehr
als ein Jahr abgelaufen, so dass gemäß § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG i. V. m. § 21
GebrMG die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung
nicht mehr nachgeholt werden konnte. Der Antragsteller bestreitet nicht, dass die
Zahlung für die Aufrechterhaltungsgebühr für das vierte bis sechste Jahr um einen
Tag verspätet beim DPMA eingegangen ist. Sein Vortrag, dass seiner Rechtsvor-
gängerin, der früheren Inhaberin des Gebrauchsmusters, durch eine Mitarbeiterin
des DPMA telefonisch versichert worden sei, dass die Zahlung der Aufrechterhal-
tungsgebühr auch bei einer kurzfristigen Verspätung wirksam sein würde, hülfe
dem Antragsteller auch dann nicht weiter, wenn man diesen Vortrag als richtig
unterstellen könnte. Denn die Jahresfrist gemäß § 123 Abs. 1 Satz 4 PatG läuft
unabhängig von Kenntnis und Verschulden. Deswegen ist auch eine Wiederein-
setzung in diese Jahresfrist ausgeschlossen (vgl. Busse/Baumgärtner Patentge-
setz, 7. Auflage 2013, § 123 Rdnr. 66).
Gemäß § 135 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz PatG i. V. m. § 21 Abs. 2 GebrMG ist
gegen diese Entscheidung die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ausge-
schlossen.
Werner
Eisenrauch
Bayer
Bb