Urteil des BPatG vom 23.04.2015

Patentanspruch, Stand der Technik, Fig, Form

BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
3 Ni 32/13
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
23. April 2015
In der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
betreffend das deutsche Patent 10 2005 024 701
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 23. April 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Schramm sowie der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Proksch-Ledig, der Richter
Kätker und Dipl.-Chem. Dr. Jäger sowie der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Wagner
für Recht erkannt:
I.
Das deutsche Patent 10 2005 024 701 wird im Umfang der
Ansprüche 1, 2, 4 bis 9 für nichtig erklärt.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 30. Mai 2005 beim Deutschen
Patent- und Markenamt angemeldeten Patents 10 2005 024 701 (Streitpatent),
dessen Erteilung am 12. April 2007 und dessen beschränkte Aufrechterhaltung am
24. Mai 2012 veröffentlicht worden ist. Das Streitpatent betrifft ein
„Verfahren und
() Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser Süßwa-
renmasse"
und
weist
in
der
beschränkt
aufrechterhaltenen
Fassung
10 Patentansprüche auf, die folgendermaßen lauten:
1.
Verfahren zum Ausformen eines Produktteppichs (10) aus
viskoser Süßwarenmasse (9), indem die Süßwarenmasse (9)
auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband
- 3 -
(2) entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite (16) ausge-
bracht und durch Seitenwände an einem seitlichen Verlaufen
gehindert wird, worauf der ausgebrachte Produktteppich (10)
unter Verfestigung der Süßwarenmasse (9) gekühlt und einer
Weiterverarbeitung zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet,
dass zur Bildung der das seitliche Verlaufen gezielt begren-
zenden Seitenwände die Ränder (18) des angetriebenen
Förderbandes (2) unter Bildung eines Troges mit einer kon-
stanten Schichtdicke des Produktteppichs (10) über die
durch den Trog festgelegten Arbeitsbreite um etwa 90°
hochgeklappt werden und in hochgeklapptem Zustand so-
lange mitbewegt werden, bis eine hinreichende Verfestigung
der Süßwarenmasse (9) eingetreten ist.
2.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
das Hochklappen der Ränder (18) des angetriebenen För-
derbandes (2) vor dem Ausbringen der Süßwarenmasse (9)
auf das Förderband (2) erfolgt.
3.
Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
dass das Förderband (2) nach dem Ausbringen der Süßwa-
renmasse (9) gerüttelt wird.
4.
Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs (10) aus
viskoser Süßwarenmasse (9) auf ein horizontal ausgerichte-
tes angetriebenes Förderband (2), mit einer Station (8) zum
Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2)
entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite (16) und mit
Seitenwänden, die die auf das Förderband (2) ausgebrachte
Süßwarenmasse (9) an einem seitlichen Verlaufen hindern,
dadurch gekennzeichnet, dass das horizontal ausgerichtete
angetriebene Förderband (2) zumindest in seinen beiden
- 4 -
Randbereichen so elastisch-nachgiebig ausgebildet ist, dass
die Ränder (18) während des Umlaufs des Förderbandes (2)
bereichsweise unter Bildung der das seitliche Verlaufen ge-
zielt begrenzenden Seitenwände und unter Bildung eines
Troges mit einer konstanten Schichtdicke des Produkttep-
pichs (10) über die durch den Trog festgelegten Arbeitsbreite
hochklappbar sind, und dass zum bereichsweisen Hochklap-
pen der Ränder (18) des Förderbandes (2) Leitelemente (22)
vorgesehen sind.
5.
Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass
als Leitelemente (22) ortsfeste Schienen (23), mitlaufende
Führungsbänder, Rollenbahnen (32) od. dgl. vorgesehen
sind.
6.
Vorrichtung nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeich-
net, dass das Förderband (2) in Längsrichtung durchge-
hende Einkerbungen (29, 30) aufweist, die die Biegestellen
darstellen, an denen die Ränder (18) des Förderbandes (2)
gegenüber einem Mittelteil (19) hochgeklappt werden.
7.
Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche 4 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, dass das Förderband (2) doppella-
gig ausgebildet ist und eine außen liegende Schicht (26) aus
Kunststoff und eine innen liegende Schicht (27) aus einem
Gewebe aufweist.
8.
Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche 4 bis 7,
dadurch gekennzeichnet, dass der Station (8) zum Ausbrin-
gen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2) ein
Kühlkanal (11) nachgeordnet ist, und dass die Leitelemente
(22) den Kühlkanal (11) durchsetzend angeordnet sind.
- 5 -
9.
Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche 4 bis 8,
dadurch gekennzeichnet, dass die Leitelemente (22) Anlauf-
schrägen (25) aufweisen.
10. Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche 4 bis 9,
dadurch gekennzeichnet, dass unter dem Förderband (2)
eine Rütteleinrichtung (21) vorgesehen ist.
Die Klägerin, die das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1, 2 und 4 bis
9, angreift, macht den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit geltend
(§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG). Zur Begründung ihres Vorbringens stützt sie sich u. a.
auf folgende Dokumente:
NK2 DE 10 2005 024 701 C5 (Streitpatent)
D1
DE 697 04 058 T2
D2
DE 199 08 127 A1
D3
US 1 552 570
D4
GB 1 271 725
D5
EP 0 168 339 A1
D6
EP 1 067 065 A2
D7
US 5 060 787
Nach Auffassung der Klägerin sind die Gegenstände der unabhängigen Patentan-
sprüche 1 und 4 nicht neu. Beide seien durch die Druckschrift D2 neuheitsschäd-
lich vorweggenommen. Außerdem nehme die Entgegenhaltung D1 den Gegen-
stand des Patentanspruchs 4 neuheitsschädlich vorweg.
Den Gegenständen der Patentansprüche 1 und 4 des Streitpatents fehle im Hin-
blick auf eine Kombination der Druckschriften D3 und D2 auch die erfinderische
Tätigkeit. Zudem sei der Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 4 durch
eine Kombination der Entgegenhaltungen D1 und D2 nahegelegt.
- 6 -
Weiter ist die Klägerin der Ansicht, dass die abhängigen Patentansprüche 2 und 5
bis 9 im Hinblick auf die Druckschriften D1 bis D3 und D5 bis D7 nicht auf erfinde-
rischer Tätigkeit beruhten. Dementsprechend sei die Klage auch im Hinblick auf
die Hilfsanträge 1 bis 4 und die weiter verteidigten abhängigen Patentansprüche
begründet.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das deutsche Patent 10 2005 024 701 im Umfang der Ansprü-
che 1, 2 und 4 bis 9 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das
Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 4 gemäß
Schriftsatz vom 11. Dezember 2014 erhält,
weiter hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass
das Streitpatent eine Fassung erhält, in der die erteilten abhängi-
gen Patentansprüche bestehen bleiben.
Gemäß Hilfsantrag 1 wird in den kennzeichnenden Teil der nebengeordneten Pa-
tentansprüche 1 und 4 das Merkmal aufgenommen, dass die Ränder des Förder-
bandes „durch als ortsfeste Schienen (23) ausgebildete Leitelemente (22)“ um
etwa 90° hochgeklappt werden (Patentanspruch
1) bzw. „durch als ortsfeste
Schienen ausgebildete Leitelemente (22) um etwa 90°“ hochklappbar sind (Pa-
tentanspruch 4). Der erteilte Patentanspruch 5 wird gestrichen, die Nummerierung
und die Rückbezüge der angegriffenen Patentansprüche 6 bis 9 entsprechend
angepasst.
- 7 -
Gemäß Hilfsantrag 2 wird in die Patentansprüche 1 und 4 zusätzlich das Merkmal
„und der Produktteppich (10) in der verfestigten Form durch eine Längsschnei-
destation (12) und eine Querschneidestation (13) zu einzelnen Produkten (14)
weiterverarbeitet wird“ (Patentanspruch 1) bzw. „und eine Längsschneidestation
(12) und eine Querschneidestation (13) vorgesehen sind, durch die der Produkt-
teppich (10) in der verfestigten Form zu einzelnen Produkten (14) weiterverarbeitet
wird“ (Patentanspruch 4) aufgenommen.
Gemäß Hilfsantrag 3 wird in die Patentansprüche 1 und 4 zusätzlich das Merkmal
„das Hochklappen der Ränder (18) des angetriebenen Förderbandes (2) vor dem
Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband
(2) erfolgt“ (Patentan-
spruch
1) bzw. „die ortsfesten Schienen (23) so angeordnet sind, dass das Hoch-
klappen der Ränder (18) des angetriebenen Förderbandes (2) vor dem Ausbrin-
gen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2) erfolg
t“ (Patentanspruch 4)
aufgenommen. Der erteilte Patentanspruch 2 wird gestrichen.
Gemäß Hilfsantrag 4 wird in die Patentansprüche 1 und 4 zusätzlich das Merkmal
„die Süßwarenmasse (9) in einem Kühlkanal (11) gekühlt wird, wobei die ortsfes-
ten Schienen (2
3) den Kühlkanal (11) durchsetzend angeordnet sind“ (Patentan-
spruch 1) bzw. „der Station (8) zum Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das
Förderband (2) ein Kühlkanal (11) nachgeordnet ist, die ortsfesten Schienen (23)
den Kühlkanal (11) durchsetzend angeordnet sind
“ (Patentanspruch 4) aufge-
nommen. Der erteilte Patentanspruch 8 wird gestrichen und die Nummerierung
und Rückbezüge des erteilten Patentanspruchs 9 werden entsprechend ange-
passt.
Bei allen o.g. Hilfsanträgen verbleiben die nicht angegriffenen Patentansprüche 3
und 10 in ihrer jeweiligen Rückbeziehung gemäß ihrer erteilten Fassung bestehen.
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und
verteidigt ihr Patent, soweit es angegriffen wird. Die Gegenstände der unabhängi-
gen Patentansprüche 1 und 4 seien neu. Insbesondere offenbare die D2 kein
- 8 -
Verfahren bzw. keine Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs aus einer
Süßwarenmasse, welche alle Merkmale des Patentanspruchs 1 umfasse bzw. alle
Vorrichtungsmerkmale des Patentanspruchs 4 aufweise. Sie offenbare auch keine
ausführbare Lehre, wie die Ränder des Förderbandes unter Ausbildung eines Tro-
ges um etwa 90° hochgeklappt werden. Die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 4
sei auch gegenüber der Lehre der D1 neu.
Der jeweilige Gegenstand der Patentansprüche 1 und 4 beruhe zudem auf erfin-
derischer Tätigkeit. Er sei weder durch eine Zusammenschau der D3 und der D2
noch der D1 und der D2 nahe gelegt. Insbesondere werde der Fachmann die D2,
die das Fachgebiet der Transportförderbänder für die Verarbeitung von Metall-
schmelzen betreffe, nicht heranziehen und könne ihr auch nicht die Lehre des
Streitpatents, das Hochklappen der Ränder des Förderbandes um etwa 90° und
die Bildung eines Troges mit konstanter Schichtdicke des Produktteppichs über
eine durch den Trog festgelegten Arbeitsbreite, entnehmen.
Aus den gleichen Gründen seien die Lehren der Hilfsanträge bestandsfähig, die
Merkmale der erteilten Ansprüche und der Beschreibung kombinierten und das
Wesentliche der erfindungsgemäßen Lehre aufzeigten.
Darüber hinaus seien die Gegenstände der erteilten abhängigen Patentansprü-
che 2 und 5 bis 9 neu und beruhten ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1.
Die auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1
Nr. 1 PatG i. V. m. § 22 Abs. 1 PatG) gestützte Klage ist zulässig und erweist sich
auch als begründet.
- 9 -
1.1 Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Ausformen
eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse, wobei das Produkt auf ein
horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband ausgebracht wird, und das
Förderband Seitenwände aufweist, welche das Produkt daran hindern, seitlich zu
verlaufen (vgl. NK2, S. 2, Abs. [0001]).
Zum Hintergrund des Streitpatentes wird einleitend in der Beschreibung ausge-
führt, dass beim Ausbringen einer Süßwarenmasse durch Gießen, Extrudieren,
Walzenformung oder mit Düsen in einer gewünschten Schichtdicke von mehreren
Millimetern oder Zentimetern auf ein angetriebenes, horizontal ausgerichtetes
endloses Förderband die Gefahr bestehe, dass die Süßwarenmasse auf dem För-
derband auseinanderlaufe bzw. über die seitlichen Kanten des Förderbandes
übertrete. Dies führe dazu, dass die geforderte Schichtdicke nicht eingehalten
werde und dass es zur Unterbrechung der Produktion komme, um das Band zu
reinigen.
Um dieser Problematik entgegen zu wirken, sei es bekannt, an dem Förderband
ortsfeste Seitenschienen anzuordnen. Dabei ergebe sich jedoch ein Spalt zwi-
schen Seitenschiene und Förderband, durch den die Süßwarenmasse durchtreten
und sich auf dem Förderband aufbauen könne. Darüber hinaus hafte die Süßwa-
renmasse an den Seitenwänden, welches zu unregelmäßigen Abreißvorgängen
im Randbereich des Produktteppichs führe und wodurch die Formgebung beein-
trächtigt werde.
Anstelle der ortsfesten Schienen würden auch mitlaufende Seitenbänder einge-
setzt, die synchron mit dem Förderhauptband liefen. Hierdurch werde zwar das
Ausfransen der Seitenränder der Süßwarenmasse reduziert, jedoch sei der ma-
schinelle Aufwand erheblich, da die Seitenbänder einen eigenen Antrieb benötig-
ten. Die Problematik, dass die Süßwarenmasse in den Spalt zwischen Seitenband
und Hauptförderband fließe, bestehe aber weiterhin (vgl. NK2, S. 2, Abs. [0002]
bis [0005]).
- 10 -
1.2
Davon ausgehend liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein Verfah-
ren und eine Vorrichtung aufzuzeigen, mit denen mit relativ einfachen Mitteln auf
einem horizontal ausgerichteten angetriebenen endlosen Förderband eine Süßwa-
renmasse zu einem Produktteppich mit einer über die Arbeitsbreite hinreichend
konstanter Schichtdicke ausgebracht werden kann, ohne dass dabei die oben be-
schriebenen Nachteile auftreten (vgl. NK2, S. 2/3, Abs. [0006]).
1.3
Zur Lösung schlagen Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ein
Verfahren mit folgenden Merkmalen
M1
Verfahren zum Ausformen eines Produktteppichs (10) aus visko-
ser Süßwarenmasse (9),
M2
indem die Süßwarenmasse (9) auf ein horizontal ausgerichtetes
angetriebenes Förderband (2)
M3
entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite (16) ausgebracht
und
M4
durch Seitenwände an einem seitlichen Verlaufen gehindert wird,
M5
worauf der ausgebrachte Produktteppich (10) unter Verfestigung
der Süßwarenmasse (9) gekühlt und
M6
einer Weiterverarbeitung zugeführt wird,
M7
wobei zur Bildung der das seitliche Verlaufen gezielt begrenzen-
den Seitenwände die Ränder (18) des angetriebenen Förderban-
des (2) unter Bildung eines Troges um etwa 90° hochklappt wer-
den,
M8
wobei ein Produktteppich (10) mit einer konstanten Schichtdicke
über die durch den Trog festgelegte Arbeitsbreite ausgebildet wird
und
M9
die Ränder im hochgeklappten Zustand solange mitbewegt wer-
den, bis eine hinreichende Verfestigung der Süßwarenmasse (9)
eingetreten ist.
und Patentanspruch 4 in der erteilten Fassung eine Vorrichtung vor, dessen
Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
- 11 -
M4.1
Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs (10) aus
viskoser Süßwarenmasse (9)
M4.2
auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband (2),
M4.3
mit einer Station (8) zum Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf
das Förderband (2)
M4.4
entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite (16) und
M4.5
mit Seitenwänden,
M.4.5.1
(9) an einem seitlichen Verlaufen hindern,
M4.6
zumindest in seinen beiden Randbereichen so elastisch-nach-
giebig ausgebildet ist,
M4.7
dass die Ränder (18) während des Umlaufs des Förderbandes
(2) bereichsweise unter Bildung der das seitliche Verlaufen ge-
zielt begrenzenden Seitenwände und unter Bildung eines Troges
hochklappbar sind,
M4.8
wobei ein Produktteppich (10) mit einer konstanten Schichtdicke
über die durch den Trog festgelegte Arbeitsbreite erhalten wird
M4.9
dass zum bereichsweisen Hochklappen der Ränder (18) des För-
derbandes (2) Leitelemente (22) vorgesehen sind.
1.4
Bei dem vorliegend zuständigen Fachmann handelt es sich um einen
Maschinenbauingenieur mit besonderen Kenntnissen in der Verfahrenstechnik
und dem Bau von Anlagen für die Lebensmittelindustrie, insbesondere für die
Süßwarenindustrie.
II.
1.
Die Patentansprüche 1, 2 und 4 bis 9 in der erteilten Fassung erweisen sich
mangels Patentfähigkeit als nicht bestandsfähig.
- 12 -
Im Ergebnis kann es dahingestellt bleiben, inwiefern die von der Klägerin geltend
gemachte mangelnde Neuheit gegeben ist, da jedenfalls die Bereitstellung des
Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit be-
ruht.
a)
Bei der Frage, ob die erfinderische Tätigkeit zu verneinen ist, kommt es
maßgeblich darauf an, ob der Stand der Technik am Prioritätstag dem Fachmann
den Gegenstand der Erfindung nahegelegt hat. Dies erfordert zum einen, dass der
Fachmann mit seinen durch die Ausbildung und berufliche Erfahrung erworbenen
Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage gewesen ist, die erfindungsgemäße Lö-
sung des technischen Problems aus dem Vorhandenen zu entwickeln. Hinzu-
kommen muss zum anderen, dass der Fachmann Grund hatte, den Weg der Er-
findung zu beschreiten. Dazu bedarf es in der Regel über die Erkennbarkeit des
technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder
sonstiger Anlässe (BGH GRUR 2009, 746 LS - Betrieb einer Sicherheitseinrich-
tung, BGH GRUR 2010, 407- einteilige Öse, BGH GRUR 2012, 378
– Installierein-
richtung II). Bei der Prüfung, ob der Stand der Technik ausgehend von einer Ent-
gegenhaltung dem Fachmann die erfinderische Lösung nahe gelegt hat, ist nicht
nur zu berücksichtigen, was sich für den Fachmann unmittelbar und eindeutig aus
dieser Entgegenhaltung ergibt, sondern gleichermaßen, was der Fachmann kraft
seines Fachwissen aus ihr ableiten kann (BGH GRUR 2013, 363 LS
– Polymerzu-
sammensetzung).
b)
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die Bereitstellung
des mit Patentanspruch 1 beanspruchten Verfahrens im Hinblick auf die Druck-
schriften D3 und D2 als naheliegend. Im Blickfeld des Fachmannes, der mit der
Suche nach einer Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe betraut ist, hat auch
die aus der Druckschrift D3 bekannte Vorrichtung zur Herstellung von Süßwaren
gelegen, mit der plastische Süßwarenmassen zu Riegeln verarbeitet werden (vgl.
D3, Patentanspruch 1, S. 1, Z. 9 bis 22). Denn bei dieser Vorrichtung wird die
Süßwarenmasse mit einer Ausgabeeinheit auf ein horizontales Förderband in na-
hezu der vollen Breite des Förderbandes aufgebracht (vgl. D3, S. 1, Z. 56 bis 63
- 13 -
und Z. 92 bis 99 i. V. m. Fig. 1), wobei das Förderband aus einem horizontalen
Bandtrum (20) besteht, an dessen Rändern Platten (21) in überlappender, verti-
kaler Anordnung unter Ausbildung einer trogartigen Bandstruktur befestigt sind
(vgl. D3, S. 1, Z. 64 bis 72 i. V. m. Fig. 1 und 5). Die auf das Bandtrum ausge-
brachte Süßwarenmasse wird durch Nivellierwalzen auf eine definierte und ein-
heitliche Schichtdicke gebracht, bevor sie gekühlt und weiterverarbeitet wird (vgl.
D3, Patentanspruch 2, S. 2, Z. 12 bis 24 und Z. 77 bis 93 i. V. m. Fig. 2). Somit
wird dem Fachmann mit der Druckschrift D3 die Lehre vermittelt, zur Verarbeitung
plastischer Süßwarenmassen ein horizontales Förderband mit mitlaufenden verti-
kalen Seitenwänden zu verwenden, um das seitliche Verlaufen der Masse zu be-
grenzen.
Ein Hinweis auf eine konstruktive Maßnahme, die Ränder des Förderbandes, auf
das die Süßwarenmasse zur Ausbildung eines Produktteppichs ausgebracht wird,
spaltenfrei auszugestalten, findet sich dagegen in D3 nicht.
Diese Maßnahme zur Lösung der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Aufgabe
in Betracht zu ziehen, lag jedoch nahe. Denn die Anregung, die hochklappbaren
Ränder eines Förderbandes, durchgehend, d. h. spaltenlos, auszugestalten, wenn
flüssige bis plastische Massen damit verarbeitet werden sollen, gibt die Druck-
schrift D2, die eine Vorrichtung zur Behandlung von Schmelzen ebenfalls mit ei-
nem einzelnen, endlos umlaufenden Förderband betrifft (vgl. D2, Sp. 1, Z. 3 bis 9,
Fig. 1) und mit der sich Schmelzen bzw. Schmelzprodukte geringer bis hoher
Schichtdicke zuverlässig und toleranzarm mit einer konstanten Schichtdicke, her-
stellen lassen (vgl. D2, Sp. 1, Z. 50 bis 52). Die Seitenränder des einstückigen,
elastischen Bandtrums können mit Ausgleichseinrichtungen vertikal nach oben
klappt werden (vgl. D2, Patentansprüche 1 und 4, Sp. 2, Z. 13 bis 21 i. V. m. Sp. 4
Z. 59 bis Sp. 5, Z. 3 sowie Fig. 10 und 11), wodurch sich die Arbeitsbreite einstellt.
Der Fachmann entnimmt demzufolge der D2 nicht nur Hinweise zur Ausgestaltung
eines spaltenfreien Förderbandes als ein einstückiges Bandtrum, sondern er kann
mit dieser Ausgestaltung der Seitenwände des Förderbandes von vornherein er-
warten, dass damit ein unkontrolliertes, seitliches Verlaufen der Süßwarenmasse
- 14 -
verhindert wird und gleichzeitig dadurch Verschmutzungen, die durch das Eintre-
ten der Süßwarenmasse in den Spalt zwischen den Seitenplatten bzw. zwischen
dem horizontalen Bandtrum und den Seitenplatten bedingt sind, vermieden wer-
den (vgl. BGH GRUR 2012, 803, Ls., 807, Tz. [46]
– Calcipotriol-Monohydrat).
Entgegen der Auffassung der Beklagten offenbart die Druckschrift D2 auch ein
Hochklappen der Seitenränder, da nach der Druckschrift D2 die Ausgleichsele-
mente nicht nur zum Niederhalten des Bandtrums vorgesehen sind, sondern viel-
mehr zwei verschiedene Funktionen haben, zum einen das von der Beklagten an-
gesprochene Niederhalten des Bandtrums und zum anderen aber auch das Hoch-
klappen der Seitenränder (vgl. D2, Sp. 1, Z. 27 bis 38, Z. 46 bis 52, Sp. 2, Z. 6 bis
8 und Z. 13 bis 25). Somit offenbart die Druckschrift D2 Ausgleichselemente ent-
sprechend den streitpatentgemäßen Leitelementen.
Ebenso vermag der Senat nicht der Ansicht der Beklagten sachlich zu folgen, der
Fachmann ziehe das Dokument D2 nicht in Betracht. Denn der Fachmann erkennt
aufgrund seiner eigenen Sachkunde, dass er eine Lösung auf dem naheliegenden
Fachgebiet der Fördertechnik, das u.a. die Ausgestaltung von Förderbändern
umfasst, erwarten kann (BGH GRUR 2010, 41, 43, LS. 1 u. Rn. 29
– Diodenbe-
leuchtung). Im Übrigen betrifft die Druckschrift D2 nicht
– wie von der Beklagten
geltend gemacht
– die Herstellung von Metallschmelzen, sondern die Herstellung
von Schmelzen allgemein, da eine Spezifikation der stofflichen Zusammensetzung
der Schmelzen dem Dokument nicht entnommen werden kann.
Auch der weitere Einwand der Beklagten, dass mit dem in D2 beschriebenen För-
derband keine konstante Schichtdicke der Schmelze erzielt werden könne, weil
sich in den Randbereichen aufgrund dessen
„badewannenförmiger“ Struktur eine
gegenüber dem Mittelteil des Bandes abweichende Schichtdicke einstelle, kann
nicht überzeugen, weil die „badewannenförmige“ bzw. „rinnenförmige“ Struktur in
der Druckschrift D2 neben der rechteckigen Ausgestaltung, die sich bei einer ver-
tikalen Abragung der Seitenränder des Förderbandes einstellt, nur als eine mögli-
che Bandform genannt wird. Bei der rechteckigen Bandstruktur
– entsprechend
- 15 -
Merkmal M7 des Patentanspruchs 1 - bilden sich dagegen keine abweichenden
Schichtdicken im Randbereich aus.
Auch soweit die Beklagte geltend gemacht hat, dass in der Druckschrift D2 keine
ausführbare Lehre dahingehend offenbart sei, wie das vertikale Abragen der Sei-
tenränder bei einem elastischen Förderband erzielt werden könne, vermag ihr der
Senat nicht zu folgen.. Nach Auffassung der Beklagten wird bei einem elastischen
Bandtru
m nur eine „badewannenförmige“ Bandstruktur durch konische Rollen er-
zeugt. Diese Rollen seien jedoch nicht dazu geeignet, die Seitenränder des För-
derbandes um 90° nach oben zu klappen. Eine vertikale Abragung der Seitenrän-
der sei gemäß D2 daher nur durch eine profilierte Bandstruktur ausführbar offen-
bart. Dieses Vorbringen kann ebenfalls nicht überzeugen. Denn die Beklagte be-
zieht sich bei ihren Ausführungen ausschließlich auf die Ausführungsbeispiele
gemäß den Figuren 9 und 10 der D2 nicht aber auf den Gesamtoffenbarungsge-
halt der Druckschrift. Dies wäre jedoch nur zulässig, wenn die Auslegung des Pa-
tentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und Zeichnungen ergäbe,
dass nur bei Befolgen einer solchen engeren technischen Lehre derjenige techni-
sche Erfolg erzielt wird, der mit den im Patentanspruch bezeichneten Mitteln er-
reicht werden soll (BGH GRUR 2008, 779, 2. Ls.
– Mehrgangnabe). Dies ist hier
aber nicht der Fall. Denn gemäß D2 wird das Hochklappen der Seitenkanten des
Förderbandes entweder durch eine ausreichende Elastizität oder durch eine profi-
lierte Ausgestaltung des Förderbandes erzielt (vgl. D2, Patentanspruch 4 i. V. m.
Sp. 2, Z. 16 bis 20), wobei die Seitenränder abgewinkelt, gewölbt schräg oder ver-
tikal nach oben abragen (vgl. D2, Sp. 2, Z. 20 bis 21). Das Abragen der Seiten-
kanten des Förderbandes kann daher gemäß D2 durch Ausgleichseinrichtungen
erfolgen (vgl. D2, Patentanspruch 4 i. V. m. Sp. 2, Z. 13 bis 16). Ersichtlich ist die-
ses auch anhand des Ausführungsbeispiels nach Fig. 10 im Dokument D2, gemäß
dem das Abstützen der Seitenkanten des Bandtrums durch Ausgleichselemente
erfolgt, die durch Stützelemente in Form von entsprechend konisch oder zylind-
risch gestalteten Rollen gebildet sind, (vgl. D2, Sp. 4, Z. 59 bis Sp. 5, Z. 6). Im
Falle der Ausgestaltung gemäß Figur 10 werden die Seitenkanten des Bandtrums
zwar nur abgewinkelt und nicht vertikal hochgeklappt. Jedoch werden dem Fach-
- 16 -
mann damit ausreichend Informationen an die Hand gegeben, wie das Hochklap-
pen bewerkstelligt werden kann. Die konstruktive Ausgestaltung der Ausgleich-
selemente für das vertikale Hochklappen ist daher mit keinen Schwierigkeiten ver-
bunden, denn dazu muss nur der Neigungswinkel der Rollen angepasst werden
(vgl. z. B. D7, Fig. 17, 19 und 20). Dabei handelt es sich um eine übliche maschi-
nenbautechnische Lösung, die dem Fachwissen des angesprochenen Ingenieurs
zuzuordnen ist und die somit nicht auf Überlegungen erfinderischer Art beruht.
Schließlich kann auch der weitere Einwand der Beklagten zu keiner anderen
Sichtweise führen, der Fachmann hätte die Druckschrift D3, die eine Bonbonma-
schine zur Verarbeitung von hochviskosen Süßwarenmassen betreffe, schon des-
halb nicht in Betracht gezogen, da mit ihr lediglich plastische, d.h. hochviskose
Süßwarenmassen verarbeitet würden. Die im Patentanspruch 1 der D3 genannten
Walzen zur Nivellierung der Masse auf eine geringere Schichtdicke deuteten be-
reits darauf hin, dass es sich um kaum fließfähige Massen handele. Niedrig vis-
kose bis flüssige Süßwarenmassen, wie sie gemäß dem Streitgegenstand verar-
beitet würden, seien mit der Vorrichtung nach D3 nicht handhabbar. Diese Argu-
mentation greift im Hinblick auf den Wortlaut des Patentanspruchs 1 in der erteil-
ten Fassung aber zu kurz, da dieser jedwede viskosen Süßwarenmassen umfasst,
nachdem er keine Einschränkung der Viskositätswerte zum Gegenstand hat. So-
mit fallen unter den Wortlaut des Anspruchs sowohl niedrig- als auch hochviskose,
plastische Massen, wie sie in D3 beschrieben sind. Des Weiteren kann der Fach-
mann im Hinblick auf die Förderbandkonstruktion gemäß D3 keine Gründe erken-
nen, die gegen eine Verarbeitung von nicht hochviskosen Massen sprechen wür-
den, da auch geringer viskose Massen nivelliert werden können.
Der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist daher mangels erfinderischer
Tätigkeit nicht rechtsbeständig.
2.
Gleiches gilt im Übrigen für den nicht ausdrücklich verteidigten
nebengeordneten Patentanspruch 4 in der erteilten Fassung, der auf eine
- 17 -
Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs gerichtet ist und dessen
wesentliche Merkmale mit denen des Patentanspruchs 1 übereinstimmen.
3.
Der auf Patentanspruch 1 rückbezogene Patentanspruch 2, wie auch die
auf Patentanspruch 4 unmittelbar bzw. mittelbar rückbezogenen Patentansprü-
che 5 bis 9 bedürfen keiner isolierten Prüfung, da die Beklagte in der mündlichen
Verhandlung erklärt hat, dass sie den Hauptantrag als geschlossenen Anspruchs-
satz verteidigt (vgl. BGH GRUR 2007, 862
– Informationsübermittlungsverfahren
II, BGH GRUR 1997, 120
– Elektrisches Speicherheizgerät, BPatG GRUR 2009,
46
– Ionenaustauschverfahren).
III.
Die von der Beklagten hilfsweise verteidigten Fassungen gemäß den Hilfsanträ-
gen 1 bis 4 erweisen sich gleichfalls als nicht patentfähig.
1.
Die Neuheit der Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 1 kann dahingestellt
bleiben, denn das Verfahren zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser
Süßwarenmasse gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 beruht nicht auf ei-
ner erfinderischen Tätigkeit.
1.1
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Patentan-
spruch 1 in der erteilten Fassung dadurch, dass die Ränder des Förderbands
„durch als ortsfeste Schienen (23) ausgebildete Leitelemente (22)“hochgeklappt
werden.
1.2 Damit mag der streitpatentgemäße Gegenstand nach Patentanspruch 1 be-
schränkt worden sein, jedoch kann dieses zusätzliche Merkmal keinen Beitrag zur
Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten.
- 18 -
Das in Patentanspruch 1 zusätzlich aufgenommene Merkmal betrifft die Ausfüh-
rung der Leitelemente als ortsfeste Schienen. Diese maschinenbautechnische Lö-
sung stellt für den angesprochenen Fachmann jedoch eine ihm ebenfalls bekannte
und daher in Betracht zu ziehende Maßnahme zur Anhebung der Seitenränder
des Förderbandes dar. Denn zum Hochklappen der Seitenränder eines Förder-
bandes um 90° sind der Fachwelt neben den im Dokument D2 beschriebenen
Ausgleichseinrichtungen in Form von Gleit- und Rollenelementen (vgl. D2, Sp. 1,
Z. 53 bis 54 und Z. 61 bis 65, Fig. 9 und 10) auch ortsfeste Schienen zum Hoch-
klappen der Seitenränder des Förderbandes um 90 ° bekannt (vgl. auch D1, S. 4,
Z. 25 bis 33 i. V. m. Fig. 5, Bezugszeichen 43). Unter diesen beiden Alternativen
jene auszuwählen, die sich für das beanspruchte Verfahren als am besten geeig-
net erweist, um den angestrebten Erfolg zu erreichen, bedarf keines erfinderi-
schen Zutuns (vgl. BGH GRUR 2008, 56, 2. Ls, 59, Tz. [25]
– Injizierbarer Mik-
roschaum; BGH GRUR 2015, 356, 2. Ls, 359, Tz. [31] - Repaglinid). Dazu musste
der Fachmann lediglich Versuche durchführen, deren Anlegung und Durchführung
seinem Arbeitsbereich zu zuordnen ist Auch erweist sich die Nutzung dieser
Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig,
zumal die Schienen gegenüber den Rollenelementen den Vorteil bieten, dass sie
konstruktiv einfacher realisierbar sind. Zudem sind keine besonderen Umstände
feststellbar, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit
Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (vgl. BGH
GRUR 2014, 647, 649, Tz. [26]
– Farbversorgungssystem).
Der Patentanspruch 1 in der Form des 1. Hilfsantrages ist daher mangels erfinde-
rischer Tätigkeit nicht patentfähig.
2. Nichts anderes gilt für den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2.
2.1
Der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2 wird des Weiteren dahin konkreti-
siert, dass „der Produktteppich (10) in der verfestigten Form durch eine Längs-
schneidestation (12) und eine Querschneidestation (13) zu einzelnen Produkten
(14) weiterverarbeitet wird“.
- 19 -
2.2
Dieses Merkmal betrifft die Ausgestaltung der Weiterverarbeitung des
verfestigten Produktteppichs zu einzelnen Produkten. Eine solche Maßnahme ist
aber bereits aus der Druckschrift D3 bekannt, in der mit Hilfe von Scheibenschnei-
dern der Produktteppich längs (vgl. D3, Patentansprüche 1 bis 3, Beschreibung
S. 2, Z. 31 bis 36) und zusätzlich mit drei Messern quer geschnitten wird (vgl. D3,
Patentansprüche 1 bis 3, Beschreibung S. 2, Z. 43 bis 47). Das Ergreifen dieser
Maßnahme kann daher keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätig-
keit leisten.
3.
Auch der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 beruht nicht auf einer
erfinderischen Tätigkeit.
3.1
Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 wird durch
die Aufnahme
des Merkmals „das Hochklappen der Ränder (18) des angetriebe-
nen Förderbandes (2) vor dem Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das För-
derband (2) erfolgt“ weiter beschränkt. Hierbei handelt es sich jedoch um eine
reine fachmännische Maßnahme.
3.2
In welchem Umfang und mit welcher Konkretisierung der Fachmann
Anregungen im Stand der Technik benötigt, um eine bekannte Lösung in be-
stimmter Weise zu weiterzuentwickeln, ist nach der Rechtsprechung eine Frage
des Einzelfalls, deren Beantwortung eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen
Sachelemente erfordert. Dabei sind nicht nur ausdrückliche Hinweise an den
Fachmann beachtlich, sondern auch Eigenarten des in Rede stehenden techni-
schen Fachgebietes, die sich insbesondere bei der Konstruktion oder der Anwen-
dung des in Rede stehenden Gegenstandes ergeben (BGH GRUR 2012, 378 LS -
Installiereinrichtung II, BGH GRUR 2014, 647, 649, Tz. [25]
– Farbversorgungs-
system).
- 20 -
Nach diesen Grundsätzen beruht Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ebenfalls
nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Bei dem zusätzlich aufgenommenen Merkmal
handelt es sich um eine maschinenbautechnische Maßnahme, die schon allein
durch die Fließfähigkeit der Süßwarenmassen, insbesondere der niedrigviskosen
Massen, bedingt ist, da diese sich unmittelbar nach ihrem Ausbringen in der ge-
wünschten Arbeitsbreite auf dem Bandtrum weiter in Richtung der Seitenränder
des Förderbandes ausbreiten. Von daher gebietet schon allein das fachmännische
Handeln bei der Ausgestaltung eines solchen Verfahrens, die Seitenränder des
Bandtrums bereits vor dem Auftrag der Masse hochzuklappen, um sicher zu stel-
len, dass die Masse nicht unkontrolliert über dessen Ränder hinausfließt, so dass
das Ergreifen dieser Maßnahme nicht auf Überlegungen erfinderischer Art beruht.
Unabhängig davon ist eine solche Vorgehensweise bereits in der D3 durch die
vertikalen, feststehenden Seitenränder realisiert (vgl. D3, S. 1, Z. 64 bis 72,
Fig. 1), so dass der Fachmann schon mit D3 den Hinweis erhält, die trogförmige
Bandform bereits vor der Ausgabestation bereitzustellen, um den genannten
Nachteilen entgegenzuwirken.
4.
Ebenso ist Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 nicht bestandsfähig.
4.1
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 4 ist gegenüber Patentanspruch 1 nach
Hilfsantrag 3 durch die Aufnahme des weiteren Merkmals, nach dem die Süßwa-
renmasse (9) in einem Kühlkanal gekühlt wird, wobei die ortsfesten Schienen (23)
den Kühlkanal (11) durchsetzend angeordnet sind“ weiter konkretisiert worden.
Die zusätzlich aufgenommen Maßnahmen können aber keinen Beitrag zur Be-
gründung der Patentfähigkeit des streitpatentgemäßen Verfahrens zum Ausfor-
men eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse leisten, da sowohl in
der Druckschrift D3 als auch in dem Dokument D2 eine solche Maßnahme bereits
vorgesehen ist. Gemäß D3 wird der Produktteppich auf dem Förderband mit den
vertikalen Seitenwänden zur weiteren Verfestigung durch einen Kühlkanal trans-
portiert (vgl. D3, S. 2, Z. 77 bis 83, Fig. 3 bis 5). Auch bei dem Verfahren nach D2
sind die Ausgleichselemente über die gesamte Prozesslänge, die eingangs auf
- 21 -
Höhe der Ausgabeeinheit beginnt und ausgangsseitig mit dem Durchlaufen der
Temperiereinheit, der Kühlung, endet, vorgesehen (vgl. D2, Sp. 1, Z. 32 bis 43
i. V. m. Sp. 2, Z. 13 bis 25 i. V. m. Fig. 1). Dies wird insbesondere an Hand der
Ausgestaltung des Förderbandes als Doppelband deutlich, bei der die Seitenrän-
der des unteren Bandes im Kühlkanal durch ortsfeste Ausgleichselemente gestützt
werden (vgl. D2, Patentanspruch 9, Sp. 5, Z. 18 bis 25 i. V. m. Fig. 12.
5.
Der jeweils nebengeordnete Patentanspruch 4 gemäß den Hilfsanträgen 1
bis 4 ist auf eine Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser
Süßwarenmasse gerichtet. Für diese Patentansprüche gelten aufgrund der sachli-
chen Identität der beanspruchten Merkmale die oben für den Patentanspruch 1
der Hilfsanträge 1 bis 4 jeweils dargelegten Gründe gleichermaßen, sodass die
Patentansprüche 4
– ihre ausdrückliche Verteidigung unterstellt - gemäß den
Hilfsanträgen 1 bis 4 ebenfalls keinen Bestand haben.
6.
Die auf den jeweiligen Patentanspruch 1 und 4 unmittelbar oder mittelbar
rückbezogenen Patentansprüche des 1. bis 4. Hilfsantrages bedürfen keiner wei-
teren, isolierten Prüfung, weil die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt
hat, dass sie die Hilfsanträge als geschlossenen Anspruchssatz verteidigt (vgl.
BGH GRUR 2007, 862
– Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 1997,
120
– Elektrisches Speicherheizgerät; BPatG GRUR 2009, 46 – Ionenaustausch-
verfahren).
IV.
1.
Schließlich erweist sich auch die Verteidigung im Hinblick auf die Gegen-
stände der erteilten abhängigen Patentansprüche 2 und 5 bis 9 gemäß Hilfsan-
trag 5 als nicht erfolgreich, da deren Gegenstände gleichfalls nicht patentfähig
sind.
- 22 -
1.1
Nach Patentanspruch 6 weist das beanspruchte Förderband durchgehende
Einkerbungen in Längsrichtung auf, die Biegestellen darstellen, an denen die
Ränder des Förderbandes gegenüber einem Mittelteil hochgeklappt werden. Diese
Maßnahme stellt jedoch, wie auch die Druckschriften D5 und D7 belegen, ein übli-
ches Mittel dar, das das Hochklappen der Seitenränder von Förderbändern an
einer gegenüber dem Mittelteil des Bandtrums definierten Linie durch Einkerbun-
gen bzw. Gelenkstellen erleichtert (vgl. D5, S. 3, Z. 21 bis 23, S. 4, Z. 29 bis S. 5,
Z. 4 i. V. m. Fig. 7, Bezugszeichen 30; D7, Sp. 5/6, übergr. Abs. i. V. m. Fig. 1 und
2). Diese Maßnahme auch bei einem einstückigen Förderband, dessen Ränder
hochgeklappt werden, in Betracht zu ziehen, ist daher naheliegend.
1.2
Auch die doppellagige Ausbildung des beanspruchten Förderbandes nach
Patentanspruch 7, wobei dieses eine außen liegende Schicht aus Kunststoff und
eine innen liegende Schicht aus einem Gewebe aufweist, leistet keinen Beitrag zur
Begründung der erfinderischen Tätigkeit. Wie in der Streitpatentschrift ausgeführt
wird, besteht die obere Schicht aus einer Kunststoffbahn mit glatter Oberfläche
und die untere Schicht aus einer Gewebebahn, wobei beide Schichten des För-
derbandes dauerhaft miteinander verbunden sein können (vgl. NK2, S. 3,
Abs. [0013], letz. Satz, S. 5, Abs. [0027]). Die glatte Oberfläche des Bandes be-
dingt, dass die hergestellten Produkte leicht ablösbar vom Förderband sind, wäh-
rend die Gewebebahn zur Verstärkung des Bandtrums dient.
Bei dieser mehrschichtigen Ausgestaltung des Förderbandes handelt es sich um
eine dem Fachmann geläufige Ausgestaltung des Bandtrums auf dem Gebiet der
Lebensmittelherstellung, wie anhand von D6 aufgezeigt wird. Das Förderband
zum Transport von Lebensmitteln gemäß D6 besteht aus einem Kunststoff mit
geringer Oberflächenenergie, der in Kontakt mit dem Lebensmittel kommt und ei-
ner Gewebebahn zur Verstärkung des Bandtrums. Aufgrund der geringen Oberflä-
chenenergie des Kunststoffes lassen sich die fertigen Produkte leicht vom Band
ablösen, ohne kleben zu bleiben (vgl. D6, Patentanspruch 1, 5 und 10, Sp. 1,
Abs. [0001 bis 0002]). Diese Ausgestaltung des Förderbandes stellt folglich eine
für den Fachmann übliche, in Betracht zu ziehende Maßnahme auf dem Gebiet
- 23 -
der Förderbänder für Lebensmittel dar, die keinen Beitrag zur Begründung der
erfinderischen Tätigkeit leisten kann.
1.3
Nach Patentanspruch 9 können die Leitelemente Anlaufschrägen aufwei-
sen, die die Ränder des Förderbandes bei dessen Umlauf schonend und allmäh-
lich hochklappen (vgl. NK2, S. 3, Abs. [0015], S. 5, Abs. [0028] i. V. m. Fig. 4). Das
Ergreifen dieser Maßnahme kann gleichfalls nicht dazu beitragen, die erfinderi-
sche Tätigkeit, der damit beanspruchten Vorrichtung zu begründen, da in D2 die
verschiedenen Ausgleichsreinrichtungen 9 und 12 auf die allmähliche Umformung
des Bandtrums abgestimmt sind, um das Förderband von der ebenen Gestaltung
in die konkav gewölbte Form zu überführen. Dies geschieht durch Inklinationsan-
stieg der Ausgleichselemente, insbesondere der hohlzylindrischen Rollen, die die
Seitenränder des Förderbandes hochklappen (vgl. D2, Sp. 5, Z. 7 bis 15, Fig. 11
i. V. m. Sp. 3/4, übergr. Satz).
Der Einwand der Beklagten, dass in D2 an keiner Stelle Leitelemente mit Anlauf-
schrägen zu entnehmen seien, kann den Senat nicht überzeugen. Denn gemäß
der Streitpatentschrift kann es sich bei den Leitelementen u.a. um Rollen handeln,
wie sie in D2 realisiert sind. Die Anlaufschräge wird im Streitpatent wie auch in D2
durch einen Inklinationsanstieg der Rollen ausgebildet (vgl. NK2, Fig. 4, D2,
Fig. 11). Im Hinblick auf die weitere von der Beklagten angesprochene Ausge-
staltung der Leitelemente als ortsfeste Schienen ergibt sich nicht anderes. Denn
allein schon das fachmännische Können gebietet, Anlaufschrägen bei ortsfesten
Schienen vorzusehen, da bei einer schlagartigen Umformung des Förderbandes
auf das Bandtrum zu hohe Kräfte wirken, die zu Materialschädigungen bzw. zum
Reißen des Bandes führen würden. Die Verwendung von Anlaufschrägen stellt
somit eine Standardmaßnahme dar,Dies wird auch durch D1 belegt, in der den
ortsfesten Schienen trichterförmige Führungen als Anlaufschrägen zugeordnet
sind (vgl. auch D1, S. 4, Z. 27 bis 33, Fig. 5). Damit handelt es sich bei dieser
Maßnahme um eine maschinenbautechnische Lösung, deren Ergreifen nicht auf
Überlegungen erfinderischer Art beruht.
- 24 -
1.4
Im Hinblick auf die Gegenstände der Patentansprüche 2, 5 und 8 wird auf
die auf die vorstehenden Ausführungen zum Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1,
3 und 4 verwiesen, da im Rahmen der dortigen Begründung die Merkmale dieser
Ansprüche bereits abgehandelt worden sind. Die Patentansprüche 2 und 5 bis 9
erweisen sich daher als ebenfalls nicht bestandsfähig.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG
i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
VI.
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelas-
senen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik
Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und
innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karls-
ruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in voll-
ständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Mo-
naten nach der Verkündung.
- 25 -
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung
gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung
eingelegt werde.
Schramm
Dr. Proksch-Ledig
Kätker
Dr. Jäger
Dr. Wagner
prö