Urteil des BPatG vom 08.10.2014

Vollmacht, Beschreibende Angabe, Mangel, Auflage

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 542/12
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
8. Oktober 2014
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 002 866.7
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2014 unter Mitwirkung der
Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber und der Richterinnen Uhlmann und
Akintche
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beschlossen:
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
G r ü n d e
I.
Das Wortzeichen
Pokerzeit
ist am 17. Februar 2012 für Dienstleistungen der
Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwal-
tung; Büroarbeiten;
Klasse 41:
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und
kulturelle Aktivitäten;
angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 3. Mai 2012 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung
zurückgewiesen, weil die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Mar-
kenG einer Eintragung entgegenstünden. Das Anmeldezeichen sei sprachüblich
zusammengesetzt (wie z. B. Urlaubszeit, Arbeitszeit, Schlafenszeit, Reisezeit, Es-
senszeit); es werde bereits verwendet - wie eine Google-Recherche zeige - und
bedeute
„Zeit zum Pokerspiel“ oder auch „Zeit für das Pokerspiel“. In dieser Be-
deutung stelle das Zeichen für die beanspruchten Dienstleistungen eine unmittel-
bar beschreibende Angabe dar. Der beschreibende Charakter des Zeichens in
Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen bestehe darin, die Pokerzeit unter-
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nehmerisch zu betreuen, denn es gebe umfangreiche und vielfältige Pokerange-
bote bis hin in den professionellen Bereich. A
uch „Werbung“ mit der Bezeichnung
„Pokerzeit“ gleichsam als Aufforderung zum Pokern sei durchaus vorstellbar. Po-
kern diene der Unterhaltung, sei eine kulturelle Aktivität (z. B. gebe es Fernseh-
übertragungen und Videospiele) und eine sportliche Aktivität, weil Pokern auch
wettkampfmäßig ausgetragen werde. Pokern müsse man im Übrigen lernen, wozu
die Dienstleistungen „Erziehung, Ausbildung“ dienten. Somit liege bezüglich aller
beanspruchten Dienstleistungen lediglich ein rein beschreibender Bezug vor.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin und Beschwerdeführerin,
die durch die Rechtsanwälte H
… eingelegt
wurde.
Die Beschwerdeführerin vertritt darin die Auffassung,
„Pokerzeit“ sei eine fantasie-
volle Wortneubildung und vermittle unter keinen Umständen eine präzise Idee von
den beanspruchten Dienstleistungen. Der zusammengesetzte Begriff „Pokerzeit“
sei lexikalisch nicht belegt und kein geläufiges Wort im Deutschen; die vorgelegten
Resultate der Google-Recherche verwiesen sämtlich auf Webseiten der Anmelde-
rin. Es sei unklar
, was denn konkret mit „Pokerzeit“ gemeint sein könne. Es be-
dürfe hinsichtlich der Dienstleistungen jeweils mehrerer gedanklicher Schritte, um
zu einem beschreibenden Inhalt von Pokerzeit zu kommen. Diese Herangehens-
weise sei jedoch unzulässig und überspanne die Anforderungen an eintragungs-
fähige Marken. Zudem habe schon der Begriff „Poker“ laut Duden zwei verschie-
dene Bedeutungen, nämlich zum einen das Kartenglücksspiel und zum anderen
„ein mit viel List und hohem Risiko geführter Kampf um Macht, Geld, Einfluss
u.
a.“. Die Markenstelle lasse zudem eine Auseinandersetzung mit den im Schrift-
satz vom 23. April 2012 zitierten Entscheidungen "BETWIN", "BREAKTIME", "Vor-
sprung durch Technik" vermissen.
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Die Rechtsanwälte H
… haben für die Be
schwerdeführerin beantragt (Bl. 19 d. A.),
den Beschluss des DPMA vom 3. Mai 2012 aufzuheben und die
Eintragung der Marke DE 30 2012 002 866.7/35 zu verfügen.
Der Senat hat mit Ladung vom 15. Juli 2014 (Bl. 28 d. A.) eine Inlandsvollmacht
der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf § 96 Abs. 1 MarkenG angefordert. Mit
Schreiben vom 27. August 2014 (Bl. 31 d. A.) hat er die Anforderung wiederholt.
Am 30. September 2014 hat die Vertreterin der Beschwerdeführerin angerufen
und mitgeteilt, eine Vollmacht liege ihr bisher nicht vor. Sie werde sich wieder
melden und mitteilen, ob sie zum Termin erscheine (Telefonvermerk Bl. 31 Rs.).
Am 6. Oktober 2014 hat die Beschwerdeführervertreterin telefonisch mitgeteilt, sie
werde nicht zum Termin erscheinen. Sie habe keine formelle Vollmacht der Man-
dantin erhalten, werde sich aber weiter darum bemühen (Telefonvermerk
Bl. 32 d. A.). Am 7. Oktober 2014 hat sie schriftsätzlich noch einmal mitgeteilt,
dass für die Beschwerdeführerin niemand zum Termin erscheinen werde
(Bl. 32a d. A.). Bis zum Ende der mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2014
11:40 h ist keine Vollmacht eingereicht worden. Die Vertreterin der Beschwerde-
führerin ist
– wie angekündigt – nicht zum Termin erschienen (Bl. 33/34 d. A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 66, 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG statthaft, aber nicht
zulässig, da es die Beschwerdeführerin trotz mehrfacher Aufforderung versäumt
hat, eine erforderliche Inlandsvollmacht gem. § 96 Abs. 1 MarkenG vorzulegen.
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Nach § 96 Abs. 1 MarkenG benötigt jeder, der an einem im Markengesetz gere-
gelten Verfahren vor dem Bundespatentgericht teilnimmt, einen Inlandsvertreter,
sofern er im Inland weder einen Wohnsitz, Sitz noch eine Niederlassung hat. Für
die bloße Einlegung der Beschwerde ist der Inlandsvertreter nicht erforderlich,
allerdings dann, wenn sich hieraus ein Verfahren ergibt, weil z. B. dem Antrag
nicht ohne weiteres entsprochen werden kann. Die Bestellung kann bis zur Ent-
scheidung in der Sache nachgeholt werden (vgl. Kober-Dehm in Ströbele/Hacker,
Markengesetz, 11. Auflage, § 96 Rn. 7). Die Bestellung des Inlandsvertreters er-
folgt regelmäßig durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht, deren Mindestum-
fang sich aus § 96 Abs. 1 MarkenG ergibt. Die Nichtbestellung eines
– erforderli-
chen
– Inlandsvertreters begründet ein Verfahrenshindernis. Eine Sachentschei-
dung kann erst ergehen, wenn der Mangel behoben ist. Wird der Mangel des feh-
lenden Inlandsvertreters nicht behoben, führt dies in einseitigen Verfahren zur Zu-
rückweisung der Anmeldung. Eine eingelegte Beschwerde ist als unzulässig zu
verwerfen (BPatGE 2, 19, 21; BPatGE 17, 11, 13; BPatG, Beschluss vom
04.10.1993, 30 W (pat) 65/92; Beschluss vom 08.05.1989, 24 W (pat) 281/87; vgl.
zum
zweiseitigen
Verfahren:
BPatG,
Beschluss
vom
12.11.2013,
33 W (pat) 510/11; Beschluss vom 26.01.2012, 30 W (pat) 84/09; Beschluss vom
08.08.2007, 32 W (pat) 144/04; Kober-Dehm in Ströbele/Hacker, a. a. O., Rn. 31;
Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage 2010, § 96 Rn. 19).
Die Beschwerdeführerin hat ihren Sitz auf Malta.
Der Senat hat daher mit der Ladung vom 15. Juli 2014 auf das Erfordernis der
Vorlage einer Inlandsvertretervollmacht gem. § 96 Abs. 1 MarkenG hingewiesen.
Da sich die Beschwerdeführerin nicht geäußert hat, wurde mit Schreiben vom
27. August 2014 die Anforderung wiederholt. Daraufhin hat die als Verfahrensbe-
vollmächtigte benannte Rechtsanwältin der Rechtsanwälte H
… der Beschwerdeführerin am 30. September 2014 telefo
nisch mitgeteilt, ihr liege keine Vollmacht vor, sie bemühe sich aber um deren Be-
schaffung. Ferner hat sie erklärt, dass sie sich melden und mitteilen werde, ob ihr
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die Vollmacht erteilt worden sei bzw. sie zum Termin erscheinen werde. Eine ge-
sonderte Fristsetzung war insoweit nicht erforderlich, da der Verfahrensbevoll-
mächtigten die Bedeutung der Vorlage einer Inlandsvollmacht bekannt war und
unabhängig von einer Fristsetzung
– die Vorlage bis zum Schluss der mündlichen
Verhandlung möglich gewesen wäre, da es sich um einen behebbaren Mangel
handelt. Ausweislich des von der stellvertretenden Vorsitzenden gefertigten Ver-
merks hat die als Verfahrensbevollmächtigte benannte Vertreterin telefonisch am
6. Oktober 2014 erneut darauf verwiesen, dass sie immer noch nicht im Besitz
einer formellen Vollmacht sei und daher nicht zum Termin erscheinen werde. Es
möge dennoch nicht entschieden und ihr die Möglichkeit einer Vollmachtsvorlage
zu einem späteren Zeitpunkt gegeben werden. Die stellvertretende Vorsitzende
hat darauf hingewiesen, dass eine Verlegung des Termins vom 8. Oktober 2014
nicht in Betracht komme.
Der Senat hat am 8. Oktober 2014 mündlich verhandelt. Die benannte Vertreterin
der Beschwerdeführerin ist
– wie angekündigt – nicht zum Termin erschienen. Bis
zum Ende der mündlichen Verhandlung um 11:40 h ist keine Vollmacht einge-
reicht worden.
Anders
als
in
der
Entscheidung
des
Senats
vom
10. Januar 1996
(29 W (pat) 95/93
– Muktananda = BlPMZ 1996, 505), hat sich die Vertreterin der
Beschwerdeführerin nicht als „Inlandsvertreterin“ bestellt, sondern ausdrücklich
erklärt, sie habe keine formelle Inlandsvertretervollmacht von der Beschwerdefüh-
rerin erhalten. Der Senat hält im Übrigen nicht daran fest, dass eine Inlandsver-
tretervollmacht
– trotz Aufforderung – nicht vorzulegen ist, wenn ein Rechts- oder
Patentanwalt am Verfahren beteiligt ist; als Verfahrensvoraussetzung unterliegt
die Vollmacht im Sinne des § 96 Abs. 1 MarkenG nicht wie allgemeine Verfah-
rensvollmachten der eingeschränkten Prüfung nach § 81 Abs. 6 MarkenG Satz 2
MarkenG, § 88 Abs. 2 ZPO.
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Die unterlassene Bestellung eines Inlandsvertreters führt zur Unzulässigkeit der
Beschwerde. Diese war daher zu verwerfen (§ 70 Abs. 2 MarkenG).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statt-
haft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes
kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abge-
lehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er
nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschrif-
ten über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsan-
wältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und
innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herren-
straße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbe-
schwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Dr. Mittenberger-Huber
Uhlmann
Akintche
Hu