Urteil des BPatG vom 30.04.2015

Rechtliches Gehör, Ablauf der Frist, Zustellung, Auflage

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 511/15
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 303 45 124
(hier: Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr)
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im
schriftlichen Verfahren am 30. April 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden
Richterin Dr. Mittenberger-Huber und der Richterinnen Uhlmann und Akintche
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die
Beschwerdeführerin
wehrt
sich
gegen
die
Löschung
der
am
2. September 2003 angemeldeten, am 9. Februar 2004 eingetragenen, am
12. März 2004 veröffentlichten und mit Wirkung vom 1. Oktober 2013 gelöschten
dtv junior
die zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen der Klasse 9, 16, 28, 38
und 41 in das Markenregister beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA)
eingetragen war. Die Beschwerdeführerin war Inhaberin dieser Marke.
Die
Schutzdauer
der
verfahrensgegenständlichen
Marke
endete
am
30. September 2013. Mit Schreiben vom 15. Januar 2014 (Bl. 13a d. VA) hat das
DPMA
– Dienststelle Jena – unter dem Titel „Information über den Ablauf der
Schutzdauer“ die im Register eingetragene anwaltliche Vertreterin der Markenin-
haberin darauf hingewiesen, dass zuzüglich einer Zuschlagsgebühr die Verlänge-
rungsgebühr noch bis 31. März 2014 bezahlt werden könne. Über die Löschung
der Marke im Falle der Nichtzahlung wurde die Markeninhaberin informiert. Da
eine Zahlung nicht erfolgt ist, wurde
die Marke „dtv junior“ durch Verfügung vom
26. Mai 2014 gem. § 47 MarkenG mit Wirkung zum 1. Oktober 2013 wegen Nicht-
verlängerung im Register gelöscht.
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Mit Schreiben vom 24. Juli 2014 (Bl. 15 d. VA) hat der Verfahrensbevollmächtigte
mitgeteilt, dass er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantrage. Aufgrund
eines Büroversehens sei eine Verlängerung um weitere zehn Jahre nicht rechtzei-
tig bewirkt worden. Die Versäumung der Verlängerungsfrist sei nicht verschuldet,
da für die Schutzfristüberwachung in Markenangelegenheiten ein Fristenkalender
geführt werde und die Schutzdauerablauffristen zudem in der Markenakte einge-
tragen würden. Im konkreten Fall sei als Schutzdauerablauf auch der
30. September 2013 notiert worden. Die immer zuverlässige Rechtsanwaltsfach-
angestellte mit 36jähriger Erfahrung habe vor dem 30. September 2013 die Fristen
ausnahmslos sorgfältig notiert und überwacht. Anfang 2013 habe er, der Verfah-
rensbevollmächtigte, mit der Rechtsanwaltsfachangestellten besprochen, dass sie
die jeweils relevanten Markenakten zur Entscheidung über die Verlängerung ter-
mingerecht vorlegen müsse, was in zwei Fällen wiederum beanstandungsfrei er-
folgt sei. Aufgrund des kleinen zu überwachenden Markenportfolios sei ihm nicht
aufgefallen, dass im Jahr 2013 weitere Markenverlängerungen, nämlich die der
verfahrensgegenständlichen Marke und der Marke im Parallelverfahren, anstan-
den. Die Löschung der Marke sei ihm dann zufällig bei einer Markenrecherche im
Register am 11. Juli 2014 aufgefallen. Auf Nachfrage habe seine Mitarbeiterin er-
klärt, sie könne sich das Versäumnis nicht erklären.
Das
DPMA
hat
den
Verfahrensbevollmächtigten
mit
Schreiben
vom
29. August 2014 (Bl. 26 d. VA) unter Einräumung einer Frist zur Stellungnahme
darauf hingewiesen, dass die Versäumung der Frist schuldhaft sei und er u. a.
nicht auf das Hinweisschreiben vom 15. Januar 2014 reagiert habe. Telefonisch
hat der Verfahrensbevollmächtigte erklärt (Bezugnahme auf das Telefonat im
Verfahren 29 W (pat) 510/15 vom 8. September 2014, dort Bl. 28 d. VA), dass er
das Informationsschreiben nicht erhalten habe, und dass im Fristenkalender der
Kanzlei der Ablauf der Schutzdauer der Marken, nicht aber der Ablauf der Zah-
lungsfristen vermerkt werde. Mit Schriftsatz vom 9. September 2014 hat er ferner
mitgeteilt, er habe davon ausgehen können, dass er
– wie auch in der Vergangen-
heit in anderen Fällen
– ein Hinweisschreiben des DPMA zur Markenverlängerung
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erhalte. Hätte er dieses Schreiben bekommen, hätte er die Markenverlängerung
fristgerecht vorgenommen.
Die Verlängerungsgebühr nebst Verspätungszuschlag in Höhe von
… € hat
er am 11. September 2014 nachgezahlt.
versäumte Frist zur Zahlung der Gebühren für die Verlängerung der Schutzdauer
der verfahrensgegenständlichen Marke mit Beschluss vom 27. November 2014
(Bl. 35 ff. d. VA) zurückgewiesen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung, obwohl statthaft und zulässig, sei zurückzuwei-
sen, da die Markeninhaberin die Frist zur Zahlung der Verlängerungs- und Klas-
sengebühr (nebst Verspätungszuschlägen) schuldhaft versäumt habe. Bei Ver-
säumnissen von Hilfspersonen komme es auf die Büroorganisation durch entspre-
chende Arbeitsanweisungen an. Bei Übertragung der Überwachung von Fristen
müsse eine wirksame Kontrolle der Fristen mittels eines Fristenkalenders erfolgen.
Vorliegend sei es bereits unzureichend gewesen, nur das Ende der Schutzdauer
im Fristenkalender zu vermerken, nicht dagegen auch die Zahlungsfristen nach
§ 7 Abs. 1 PatKostG
– zuschlagsfrei bis zum 30. November 2013 und zuschlags-
pflichtig bis zum 31. März 2014. Ferner fehle jeglicher Sachvortrag zum Streichen
der eingetragenen Frist. Auch die Tatsache, dass über den Eingang und Verbleib
des Informationsschreibens keine Aussage gemacht werden könne, spreche ge-
gen eine taugliche Büroorganisation. Zu Lasten der Markeninhaberin sei ferner zu
berücksichtigen, dass die Schutzdauer auch bei der weiteren Marke 303 45 123
versäumt worden sei.
Die
– verspätet – eingezahlten Gebühren seien zurückzuerstatten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom
15. Dezember 2014 (Bl. 7 d. A.), eingegangen beim DPMA am selben Tag, mit der
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sie die Aufhebung des Beschlusses des DPMA und Wiedereinsetzung in den vori-
gen Stand begehrt.
Sie führt aus, der Beschluss des DPMA sei rechtswidrig und verletze sie in ihrem
Anspruch auf rechtliches Gehör, da das DPMA den Vortrag, dass das Informati-
onsschreiben des Amtes vom 15. Januar 2014 weder im vorliegenden Verfahren
noch im Parallelverfahren in der Kanzlei eingegangen sei, samt Vorlage zweier
eidesstattlicher Versicherungen nicht berücksichtigt habe. Angesichts der Tatsa-
che, dass das DPMA grundsätzlich derartige Schreiben zur Möglichkeit der Zah-
lung der Verlängerungsgebühr versende, habe der Verfahrensbevollmächtigte da-
rauf vertrauen dürfen, dass eine solche Unterrichtung erfolge. Der Vorwurf einer
unterbliebenen Fristnotierung könne daher mangels Eingangs eines Hinweises
durch das DPMA ebenfalls nicht erhoben werden. Das Streichen der vermerkten
Frist sei gerade deshalb unterblieben, weil die Frist bedauerlicherweise übersehen
worden sei. Auch die Versäumung der Frist im Parallelverfahren könne nicht zu
Lasten der Beschwerdeführerin berücksichtigt werden, da beide Fristen am selben
Tag abliefen, so dass nur ein einziges Büroversehen vorgelegen habe. Die Verlet-
zung rechtlichen Gehörs werde im Übrigen auch dadurch deutlich, dass das
DPMA seine
„vorläufige Einschätzung“ ohne Berücksichtigung der anwaltlichen
Stellungnahme vom 9. September 2014 wörtlich zur Grundlage im Zurückwei-
sungsbeschluss vom 27. November 2014 gemacht habe.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des DPMA vom 27. November 2014 aufzuheben
und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur
Zahlung der Gebühren für die Verlängerung der Schutzdauer
stattzugeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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II.
Die zulässige Beschwerde der Beschwerdeführerin ist unbegründet. Die Marken-
abteilung 3.1 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Antrag auf Wieder-
einsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungs- und Klassengebühren
(nebst Verspätungszuschlag) im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen. Die Marke
303 45 124 ist nach § 47 Abs. 6 MarkenG zu Recht mit Wirkung ab dem Ablauf
der Schutzdauer im Register gelöscht worden.
1. Der am 24. Juli 2014 gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig. Insbeson-
dere waren zu diesem Zeitpunkt die Schutzdauer der Marke gem. § 47 Abs. 1
MarkenG (30. September 2013) sowie die Fristen zur Zahlung der Verlängerungs-
gebühr ohne Zuschlag gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 PatKostG (30. November 2013) und
mit Zuschlag gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 PatKostG (31. März 2014) bereits abgelau-
fen. Die Zahlungsfristen sind daher versäumt.
Der Antrag ist auch gem. § 91 Abs. 2 MarkenG innerhalb der Zweimonatsfrist
nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden. Als Hindernis ist ein versehentli-
ches Übersehen des Ablaufs der Schutzdauer geltend gemacht worden. Das Hin-
dernis ist weggefallen, sobald die bisherige Ursache der Verhinderung beseitigt
oder ihr Fortbestehen nunmehr verschuldet ist. Der Hinderniswegfall kann sich
auch aus rein bürointernen Vorgängen ergeben (BGH NJW 1994, 2831, 2832 zu
§ 234 Abs. 2 ZPO; BPatG GRUR 2009, 93, 94
– Dreidimensionale Daten – zum
Patentgesetz). Vorliegend hat der Verfahrensbevollmächtigte am 11. Juli 2014
anlässlich einer anderen Markenrecherche die Löschung der verfahrensgegen-
ständlichen Marke festgestellt und innerhalb der Zweimonatsfrist Antrag auf Wie-
dereinsetzung gestellt.
Die versäumte Handlung wurde gem. § 91 Abs. 4 S. 1 MarkenG durch Zahlung
der Gebühr und des Zuschlags in Höhe von insgesamt
… € - eingegangen
beim
DPMA
gemäß
§ 2
Patentkostenzahlungsverordnung
am
11. September 2014, dem letzten Tag der Frist - rechtzeitig nachgeholt.
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2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unbegründet, da die Frist zur Zahlung der
Verlängerungsgebühr schuldhaft versäumt wurde.
Einziger Wiedereinsetzungsgrund ist die Verhinderung ohne Verschulden. Die
Fristversäumnis ist unverschuldet, wenn dem Beteiligten oder seinen Vertretern
insoweit weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zur Last fällt, wobei sich die Anforde-
rungen in den Grenzen halten müssen, die den tatsächlich vorhandenen Möglich-
keiten und der von einer verständigen, wirtschaftlich denkenden Person zu er-
wartenden Sorgfalt entsprechen (Kober-Dehm in Ströbele/Hacker, Markengesetz,
11. Auflage 2015, § 91 Rn. 13; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage 2010,
§ 91 Rn. 11; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage 2014, § 233 Rn. 12).
a) Die Beschwerdeführerin muss sich neben eigenem Verschulden auch dasjenige
ihrer rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten analog § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen las-
sen. Die Rechtsprechung stellt insoweit hohe Sorgfaltsanforderungen an die Ein-
haltung von Fristen bei Rechts- und Patentanwälten (Zöller/Greger, a. a. O., § 233
Rn. 23 „Fristenbehandlung“; NJW 1997, 3177 m. w. N.; GRUR 1979, 626 – Elek-
trostatisches Ladungsbild; BPatG, Beschluss vom 26.10.2005, 29 W (pat) 79/05).
Dem Anwalt werden dabei weitgehende eigene Pflichten zum persönlichen Tätig-
werden auferlegt. Die Einschaltung von Hilfspersonen, z. B. von Büropersonal wird
dem Anwalt grundsätzlich nicht zugerechnet, außer ihm ist ein eigener verschul-
deter Organisationsmangel in der Auswahl, Instruktion oder Überwachung der
Hilfspersonen zur Last zu legen. Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen
Rechtsschutzes darf dabei weder unzumutbar erschwert werden noch dürfen die
Gerichte die Anforderungen an die Pflichten des Anwalts überspannen. Die Büro-
organisation eines Rechtsanwaltes muss allerdings in jedem Fall die hinreichende
Überwachung der tatsächlichen Abfertigung fristwahrender Schriftsätze gewähr-
leisten. Grundsätzlich kann das Notieren mehrerer Fristen mit unterschiedlicher
Gewichtung erforderlich sein (BGH NJW 1989, 2393). So genügt es nicht, wenn
im Fristenkalender lediglich die Beschwerdefrist notiert, nicht aber bei gebühren-
pflichtigen Beschwerden zugleich auch zusätzlich eine Frist für die Gebührenzah-
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lung vermerkt bzw. bei der Beschwerdefrist auf die gleichfalls erforderliche Be-
schwerdegebühr hingewiesen wird (BPatG, Mitt. 1976, 219). Der Rechtsanwalt
muss ferner dafür sorgen, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am
Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu be-
auftragten Bürokraft überprüft wird (BGH NJW
– RR 1992, 1277). Auch bei mehre-
ren Verfahren derselben Mandanten sind besondere Sicherheitsvorkehrungen er-
forderlich (BGH NJW 2010, 3585 m. w. N.).
Diesen hohen Sorgfaltsanforderungen an die Fristenkontrolle ist der Verfahrens-
bevollmächtigte hier nicht gerecht geworden. Unabhängig von der sorgfältigen
Auswahl und Zuverlässigkeit der Rechtsanwaltsfachangestellten hätte der Verfah-
rensbevollmächtigte seine Mitarbeiter nämlich anweisen müssen, neben dem Ab-
lauf der Frist für die Schutzdauer auch die beiden Fristen zur
– zuschlagsfreien
und zuschlagspflichtigen
– Zahlung der Verlängerungsgebühr in den Fristenkalen-
der aufzunehmen. Selbst wenn die Rechtsanwaltsfachangestellte die Frist vom
30. September 2013 übersehen und daher naturgemäß nicht ausgestrichen hat,
hätte sie bei einer Prüfung des Fristenkalenders am 30. November 2013 festge-
stellt, dass der Ablauf der zuschlagsfreien Frist zur Zahlung der Verlängerungsge-
bühr an diesem Tag anstand. Ebenso verhält es sich mit der weiteren Frist vom
31. März 2014. Auf den Fristablauf im Parallelverfahren kommt es insoweit nicht
an.
b) Grundsätzlich kein Wiedereinsetzungsgrund liegt in der mangelnden Kenntnis
der gesetzlichen Vorschriften (Kober-Dehm in Ströbele/Hacker, a. a. O, § 91
Rn. 18; Ingerl/Rohnke, a. a. O., Rn. 13; Busse/Baumgärtner, Patentgesetz,
7. Auflage 2012, § 123 Rn. 38), hier im Hinblick auf die eigenverantwortliche
Wahrnehmung der gesetzlichen Zahlungsfristen.
Die Einlassung des Verfahrensbevollmächtigten, er habe darauf vertrauen dürfen,
ein Informationsschreiben des DPMA zu erhalten, woraufhin er die Zahlungsfristen
hätte in den Fristenkalender eintragen lassen können, ist unzutreffend. Selbst
wenn zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellt wird, dass sie das Informati-
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onsschreiben weder im hiesigen Verfahren noch im Parallelverfahren erhalten hat,
führt dies vorliegend nicht zu einer unverschuldeten Säumnis.
Mit Inkrafttreten des Kostenbereinigungsgesetzes vom 13. Dezember 2001 am
1. Januar 2002 ist die eigenverantwortliche Wahrnehmung der gesetzlichen Zah-
lungsfristen durch den Markeninhaber festgelegt worden. Infolge der Gesetzesän-
derung ist die bis zum 1. Januar 2002 gültige Regelung, wonach der Löschung der
Marke eine Zahlungsaufforderung mit Löschungsankündigung, sog. Löschungs-
vorbescheid, vorausgehen musste, mit deren Zustellung erst die Frist von
6 Monaten in Lauf gesetzt wurde, abgeschafft worden, sodass die Markeninhaber
bzw. die von ihnen beauftragten Anwälte die rechtzeitige Einzahlung der Verlänge-
rungsgebühr selbst überprüfen und bewirken müssen. Seit 1. Januar 2002 erhal-
ten Markeninhaber anstelle des Löschungsvorbescheids eine formlose Zahlungs-
aufforderung
– jedoch lediglich als unverbindliche und freiwillige Serviceleistung
des Deutschen Patent- und Markenamts
–, deren Nichterteilung oder fehlerhafte
Zustellung auf den Lauf der Fristen keinen Einfluss hat, sodass Schutzdauer und
Nachfrist auch ohne ordnungsgemäße Zustellung der formlosen Zahlungsauffor-
derung des Deutschen Patent- und Markenamts ablaufen, mit der Konsequenz
des Verlustes des Markenschutzes durch Löschung ab dem Ablauf der Schutz-
dauer gemäß § 47 Abs. 6 MarkenG (Kober-Dehm in Ströbele/Hacker, a. a. O.,
§ 91 Rn. 17; Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 47 Rn. 7; Kiethe/Groeschke, Der marken-
rechtliche Wiedereinsetzungsantrag - unter besonderer Berücksichtigung der fehl-
geschlagenen Verlängerung des Markenschutzes, WRP 2005, 979, 980).
c) Der Anspruch der Markeninhaberin auf Gewährung des rechtlichen Gehörs
gem. § 59 Abs. 2 MarkenG ist nicht verletzt worden. Am 12. August 2014 hat der
Leiter der Markenabteilung 3.1. die Bearbeitung des Wiedereinsetzungsantrags
einschließlich der Beschlussfassung in der Markenakte 303 45 124 sowie im Pa-
rallelverfahren 303 45 123 (Leitakte) einer Beamtin im gehobenen Dienst übertra-
gen. Der Verwaltungsakte des DPMA ist zu entnehmen, dass der Bescheid des
DPMA vom 29. August 2014 an den Verfahrensbevollmächtigten der Markeninha-
berin über die vorläufige rechtliche Einschätzung des Wiedereinsetzungsantrags
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von einem Beamten im höheren Dienst verfasst und von diesem am
8. September 2014 auch ein Telefonat mit dem Verfahrensbevollmächtigten ge-
führt wurde. Der Verfahrensbevollmächtigte hat in seinem Schriftsatz vom
9. September 2014
– unmittelbar gerichtet an diesen Beamten - zu dem vorläufi-
gen Amtsbescheid Stellung genommen und insbesondere unter Beifügung zweier
eidesstattlichen Versicherungen darauf hingewiesen, dass er das Informations-
schreiben des DPMA über den Ablauf der Schutzdauer der Marke nicht erhalten
habe. In seinem Vermerk vom 26. September 2014 (Bl. 36/37 der Leitakte
303 45 123) hat der Beamte das Ergebnis seiner rechtlichen Einschätzung des
Wiedereinsetzungsantrags
– unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Ver-
fahrensbevollmächtigten
– festgehalten. U. a. ist dort – rechtlich zutreffend - ver-
merkt, dass der Vortrag des Anwalts, die Hinweisschreiben nicht erhalten zu ha-
ben, irrelevant ist, weil es sich um einen freiwilligen Service des DPMA handelt.
Unter weiterem Hinweis darauf, dass eine Anhörung erfolgt ist, ist die Akte mit
diesem Vermerk an die ursprüngliche Bearbeiterin zur abschließenden Prüfung
und Entscheidung weitergegeben worden. Diese hat sich der rechtlichen Bewer-
tung angeschlossen, in ihrer Beschlussbegründung aber einerseits nicht mehr
passende Textpassagen aus dem vorläufigen Bescheid übernommen; anderer-
seits hat die schriftsätzliche Einlassung des Anwalts und deren rechtliche Bewer-
tung in dem Vermerk keinen Niederschlag in dem Beschluss gefunden. Die Sach-
behandlung durch zwei verschiedene Bearbeiter mag umständlich und die kon-
krete Beschlussbegründung wenig sorgfältig und mängelbehaftet sein. Ein Ver-
stoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör liegt darin jedoch nicht, denn tat-
sächlich ist dieses gewährt worden. Von einer Aufhebung des Beschlusses wegen
der ungenügenden Begründung und der Zurückverweisung an das DPMA ohne in
der Sache zu entscheiden sieht der Senat ab, zumal der Mangel sich rechtlich
nicht auf das Ergebnis der Entscheidung auswirkt. Das Bundespatentgericht ist
selbst bei schweren Verfahrensverstößen nicht gehindert, abschließend in der Sa-
che zu entscheiden (BGH 1998, 394, 395
– Active Line; BPatG, Beschluss vom
07.02.2001, 29 W (pat) 222/99
– 1012 privat; Beschluss vom 14.07.2004,
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28 W (pat) 363/03
– OL‘ ROY/ROY; Knoll in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 70 Rn. 5
m. w. N.).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statt-
haft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befan-
genheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, so-
fern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zuge-
stimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die
Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsan-
wältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und
innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herren-
straße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechts-
beschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert
werden.
Dr. Mittenberger-Huber
Uhlmann
Akintche
Hu