Urteil des BPatG vom 08.04.2015

DDR, Logo, Gebrauch der Marke, Unterscheidungskraft

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 118/11
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
8. April 2015
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 307 57 998
(Löschungsverfahren S 284/09 und S 101/10)
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzen-
den Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie der Richterinnen Uhlmann und
Akintche
beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer werden die Kosten des Verfahrens auf-
erlegt.
G r ü n d e
I.
Der Beschwerdeführer und Markeninhaber wehrt sich gegen die Löschung der
Wort-/Bildmarke 307 57 998
- 3 -
die am 4. September 2007 angemeldet und am 18. Januar 2008 für die Waren
und Dienstleistungen der
Klasse 16:
Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Appa-
rate);
Klasse 41:
Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung;
Klasse 42:
wissenschaftliche Dienstleistungen;
in das Markenregister beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingetra-
gen worden ist.
Die Antragstellerin zu 1) und Beschwerdegegnerin zu 1) hat durch Antrag vom
26. Oktober 2009 die Löschung der Marke gemäß §§ 50 Abs. 1 i. V. m. § 8
MarkenG beantragt.
Sie hat vorgetragen, die Marke sei rechtsmissbräuchlich angemeldet worden. Ihr
Aussehen entspreche dem Logo des Filmstudios der Nationalen Volksarmee der
ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, das seit 1984 folgendes Aus-
sehen gehabt habe:
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und das urheberrechtlich geschützt sei. Das zuvor von der NVA bis 1972 benutzte
Logo habe sich von dem abgebildeten nur durch die Verwendung des Wortes
„Armeefilm“ statt „Film“ und die Worte „der Nationalen“ statt „Nationale“ unter-
schieden. D
as Element „Armee“ sei seit 1972 nicht mehr benutzt worden, der Arti-
kel „der“ sei 1984 weggefallen. Die Nutzungsrechte an den Filmen dieses Filmstu-
dios seien nach der Wiedervereinigung Deutschlands auf die Bundesrepublik
Deutschland übergegangen und würden von dem Bundesarchiv im Rahmen sei-
nes gesetzlichen Auftrags verwaltet. Dieses habe der Progress F
GmbH im Jahr 1999 die Nutzungsrechte zur gewerblichen Verwertung übertragen.
Das Logo sei als Einzelbild urheberrechtlich geschützt. Die Antragstellerin zu 1)
habe an dem Zeichen einen schutzwürdigen Besitzstand, die Anmeldung diene
ausschließlich dazu, diesen Besitzstand zu stören. Der Markeninhaber verfüge
über keinerlei Nutzungsrechte an diesen Filmen und habe auch kein Recht zur
Vervielfältigung und Verbreitung des Logos erworben. Er benutze die Marke nur,
um Nutzungsberechtigten den Vertrieb des Filmmaterials unter Verwendung des
Logos zu untersagen.
Die Antragstellerin zu 2) und Beschwerdegegnerin zu 2) hat am 23. März 2010
ebenfalls Löschungsantrag gemäß §§ 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 MarkenG gestellt.
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Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Antragstellerin zu 2) erwarb durch Verträge mit der P
GmbH und der Verlag B
… GmbH, die ihrerseits ihre Rechte von der
Antragstellerin zu 1) herleiten, im Oktober 2008 und April 2009 deren Vertriebs-
rechte für mehrere Filme, die von dem Armeefilmstudio der Nationalen Volksar-
mee der DDR vor 1989 hergestellt worden waren. Sie vertrieb in den Jahren 2008
bis 2010 Datenträger mit Kopien dieser Ausbildungs- und Dokumentationsfilme
der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA). Auf den bis März 2009 verkauften
Datenträgern und deren Hüllen war das schwarz-weiße
Logo
angebracht.
Mit Anwaltsschreiben vom 2. Februar 2010 mahnte der Beschwerdeführer die Be-
schwerdegegnerin zu 2) wegen Verletzung seiner Schutzrechte aus der angegrif-
fenen Marke durch die Verwendung des Logos ab und forderte sie unter Fristset-
zung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.
Zur Begründung des Löschungsantrags hat die Antragstellerin zu 2) vorgetragen,
sie sei aufgrund der Lizenzverträge mit dem B
… in B1… und
der P
… GmbH in B1… zu Produktion und Vertrieb von Videofil-
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men aus de historischen Filmmaterial der NVA berechtigt. Dazu gehöre auch das
Logo des Armeefilmstudios der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demo-
kratischen Republik, das im Vorspann dieser Filme erscheine. Es handele sich bei
dem Logo um ein ehemaliges Staatssymbol bzw. Hoheitszeichen einer Abteilung
der regulären Streitkräfte der DDR. Die Eintragung der angegriffenen Marke ver-
stoße daher gegen § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG. Zudem sei das Symbol durch die
Darstellung der Gewehre gewaltverherrlichend und kriegstreiberisch. Außerdem
fehle dem Zeichen die Unterscheidungskraft. Es sei auch wegen bösgläubiger
Anmeldung zu löschen, weil die Anmeldung nur dazu diene, den schutzwürdigen
Besitzstand der Antragstellerin zu 2) an dem Logo zu stören.
Der Inhaber der angegriffenen Marke und Beschwerdeführer hat dem an ihn durch
Aufgabe zur Post am 22. Januar 2010 versendeten Löschungsantrag der Antrag-
stellerin zu 1) am 22. März 2010 und dem ihm am 12. April 2010 zugestellten Lö-
schungsantrag der Antragstellerin zu 2) am 8. Juni widersprochen.
Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei nicht erkennbar, dass die Antragstellerin
zu 1) Nutzungsrechte an den Filmen oder an dem Logo erworben habe. Diese
könnten mit dem Ende der DDR und ihrer Volksarmee untergegangen sein. Im
Zeitpunkt der Markeneintragung sei das Logo nicht benutzt worden. Die Anmel-
dung sei nicht bösgläubig erfolgt. Denn die bloße Anmeldung eines Zeichens in
Kenntnis der Tatsache, dass ein anderer dieses oder ein ähnliches Zeichen für
ähnliche Waren und Dienstleistungen ohne formalen Kennzeichenschutz benutze,
genüge für die Annahme einer bösgläubigen Anmeldung nicht. Ein schutzwürdiger
Besitzstand sei weder den Antragstellern noch Dritten erwachsen, weil die Antrag-
steller bei Anmeldung noch keine Filme unter Verwendung des Zeichens vertrie-
ben hätten.
Der Beschwerdeführer hatte neben der Anmeldung der angegriffenen Marke wei-
tere Zeichen angemeldet. Am 14. November 2006 hatte er die Wortmarke
306 694
786 „Filmstudio der Nationalen Volksarmee“ für die Dienstleistungen der
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Klasse 41 „Aufzeichnung von Videobändern“ und „Erstellen von Bildreportagen“,
am 10. Juli 2008 die Wort-Bildmarke 3020080442204
und ebenfalls am 10.07.2008 die Wort-Bildmarke 3020080442212
sowie
– mit Datum vom selben Tag – das Wort-/Bildzeichen 3020080442220
angemeldet.
Die Dienstleistungsverzeichnisse sind mit dem der verfahrensgegenständlichen
Marke identisch.
Bis auf die Wort-/Bildmarke
sind die Anmeldungen nicht zur Eintragung ge-
langt. Der „Progress Filmverleih“ war der Monopolfilmverleih der DDR und ist vom
Bundesarchiv, der Antragstellerin zu 1), mit der kommerziellen Auswertung der
Filmrechte des Armeefilmstudios beauftragt worden. Die Verlag B
GmbH ist lizenzrechtlich mit der P
… GmbH verbunden und hat
einen militärischen Themenschwerpunkt. Sie veröffentlichte im März 2008 unter
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dem Begriff Mediabörse eine Filmsammlung „Damals bei der NVA“ mit 157 NVA-
Filmen. „NVA in Wort und Bild“ war dagegen eine Schriftenreihe des Ministeriums
für Verteidigung der DDR.
Mit Beschluss vom 21. September 2011 hat die Markenabteilung 3.4. des Deut-
schen Patent- und Markenamtes die Löschungsverfahren verbunden und die
Marke wegen bösgläubiger Anmeldung gelöscht. Die Kosten des Verfahrens wur-
den dem Markeninhaber auferlegt.
Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, der Inhaber der angegriffe-
nen Marke habe bei Anmeldung bösgläubig gehandelt, weil er Markenschutz für
ein urheberrechtlich geschütztes Zeichen erlangt habe, ohne hierzu durch den
Urheber oder Inhaber des Nutzungsrechts ermächtigt worden zu sein oder hieran
ein eigenes schutzwürdiges Interesse geltend gemacht zu haben. Die Marke stelle
eine leichte Abwandlung des Logos des Filmstudios der Nationalen Volksarmee
der DDR dar. Dieses sei Teil zahlreicher urheberrechtlich geschützter Filme, da es
in deren Vorspann eingeblendet sei. Das Filmstudio der Nationalen Volksarmee
sei dem Staatsministerium der DDR unterstellt gewesen, sodass die Rechte an
Filmen und Logo ursprünglich bei diesem gelegen hätten. Sie seien im Zuge der
Wiedervereinigung als Teil des Vermögens der Deutschen Demokratischen Re-
publik gemäß Art. 21 des Einigungsvertrages als Verwaltungsvermögen in das
Eigentum der Bundesrepublik Deutschland übergegangen, stellten Unterlagen im
Sinne von § 2 Abs. 8 Bundesarchivgesetz dar und gehörten zum Bestand des
Bundesarchivs in Koblenz. Dieses nehme die Aufgabe wahr, das Archivgut zu si-
chern, nutzbar zu machen und wissenschaftlich zu verwerten. Die Lizenzgeberin
der Antragstellerin zu 2), die P
… GmbH, verwerte die Produktio-
nen im Auftrag des Bundesarchivs kommerziell. Ob das Bundesarchiv das Logo
markenmäßig genutzt habe, könne dahingestellt bleiben, weil schon die Anmel-
dung eines urheberrechtlich geschützten Logos ohne entsprechende Gestattung
in die Rechte der Inhaberin eingreife und deshalb bösgläubig sei. Es sei unwahr-
scheinlich, dass der Markeninhaber bei Anmeldung keine Kenntnis von der Be-
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deutung des Filmbestandes und dessen Übergang auf das Bundesarchiv gehabt
habe. Jedenfalls habe er wissen können, dass das Zeichen nach der Wiederverei-
nigung nicht herrenlos geworden sei, sondern die Nutzungsrechte durch den Eini-
gungsvertrag in das Vermögen der Bundesrepublik Deutschland übergegangen
seien. Auch der Löschungsantrag der Antragstellerin zu 2) sei begründet. Aus der
Übersendung einer Abmahnung gehe hervor, dass der Markeninhaber mit der
Anmeldung letztlich gegen den Inhaber der Nutzungsrechte an den Filmen ein-
schließlich des Logos vorgehen wolle. Die Missachtung dieser Rechte stelle eine
zweckfremde Verwendung des Markenschutzes dar, die Anmeldung sei ange-
sichts dieser Gesamtumstände als bösgläubig zu bewerten. Ob weitere Lö-
schungsgründe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2, 5 und 6 MarkenG vorlägen, könne
deshalb dahingestellt bleiben.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke, mit
der er beantragt (Bl. 68 d. A.),
der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent-
und Markenamts vom 21. September 2011 wird aufgehoben.
Er trägt vor, die Markenanmeldung sei nicht bösgläubig, sondern zur legitimen
Selbstbehauptung erfolgt. Er habe als Berufsoffizier der NVA und Spezialist für
Raketentechnik vor 1989 in Kontakt zum Filmstudio der NVA gestanden und als
technischer Berater bei der Filmproduktion mitgewirkt. Die Filmstudios der NVA
seien noch vor der Wende aufgelöst worden und seien insbesondere nicht von der
BRD übernommen worden. Ihm persönlich als Ausbildungsoffizier seien bei der
Schließung im Oktober 1989 50 Ausbildungsfilme übergeben worden. Mit deren
Inhalt habe er sich in der Folgezeit hobbymäßig beschäftigt, sie im Jahr 2002 di-
gitalisiert und über das Internet vertrieben. Unter Vorlage vielfältiger Unterlagen
trägt er vor, er habe ein Gewerbe angemeldet und derartige Filme durch die Teil-
nehmer seiner EDV-Seminare zu Übungs- und Ausbildungszwecken über e
vertrieben. Erst 17 Jahre später sei die Beschwerdegegnerin zu 2) auf den Plan
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getreten und habe plötzlich Urheberrechte geltend gemacht. Das Urheberrecht der
Schöpfer dieser Filme sei schon von den Institutionen der DDR rechtsmissbräuch-
lich missachtet worden. Er wolle verhindern, dass diese Enteignung sich in der
Bundesrepublik fortsetze. Die Lizenzverträge zwischen dem Bundesarchiv und der
P
… GmbH müssten daher vorgelegt werden, desgleichen Unter-
lagen, aus denen hervorgehe, dass das Bundesarchiv Rechtsnachfolger des Film-
studios der NVA sei.
Die angegriffene Marke habe er eintragen lassen, um die Filme der NVA als au-
thentisch zu kennzeichnen, ausschließlich dazu solle sie verwendet werden. Die
anderen Marken habe er angemeldet, da er sich in einer Findungsphase befunden
habe. Mit der Wort-
Bildmarke „Breucom Verlag-Breucom-Medien und Medi-
aBörse“ habe er verhindern wollen, dass die Verlag B… GmbH im
Wettbewerb tätig werde. Diese Firma habe mit konstruierten Sachverhalten und
der Behauptung, über entsprechende Urheberrechte zu verfügen, versucht, die
Nutzung seiner Marke zu stören. Er habe nur seine eigene Marke verteidigen
wollen.
Bei dem Logo handele es sich im Übrigen nicht um ein Staatssymbol der regulä-
ren Streitkräfte der DDR, es habe ausschließlich als Filmlogo Verwendung gefun-
den und keine Außenwirkung außerhalb der DDR entfaltet. Die Behauptung, es
wirke kriegstreiberisch und gewaltverherrlichend, verkenne, dass die Aufgabe der
NVA in der Friedenssicherung bestanden habe. Zudem seien große Teile der NVA
in die Bundeswehr integriert worden. Die dargestellten Waffen seien Muster von
Repräsentationswaffen. Militärische Ehrenbezeigungen mit derartigen Waffen
seien auch in der Bundeswehr üblich. Die Verunglimpfung von allem, was mit der
DDR zusammenhänge, als sittenwidrig sei keine juristische, sondern eine persön-
liche und politische Kategorisierung, die als Begründung für ein deutsches Gericht
nicht zulässig sei. Der Löschungsantrag durch die beiden Antragstellerinnen sei
aus niedrigen Beweggründen gestellt worden, jede Unterstützung dafür sei Bei-
hilfe zu den betrügerischen Handlungsweisen der Gegenseite.
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Die Beschwerdegegnerin zu 1) stellt sinngemäß den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, es könne dahinstehen, ob die angegriffene Marke gegen das
Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG verstoße. Der Übergang der
Nutzungsrechte auf die Bundesrepublik Deutschland ergebe sich aus Art. 21 des
Einigungsvertrages, weiterer Vereinbarungen über den Übergang der Nutzungs-
rechte bedürfe es nicht. Die Beschwerdegegnerin als Inhaberin der Nutzungs-
rechte müsse jedenfalls berechtigt bleiben, das zeitgeschichtliche Filmmaterial
authentisch zu sichern und nutzbar zu machen. Es werde insbesondere bestritten,
dass der Antragsgegner Lehr- und Unterrichtsmaterialien oder Dienstleistungen
unter der angegriffenen Marke vertreibe. Falls er es tatsächlich tue, verletze er
damit die Urheber
– bzw. Nutzungsrechte der Beschwerdegegnerinnen. Mit der
Übergabe von Filmmaterial sei auch nach seinem eigenen Vorbringen keine
Übertragung der Nutzungsrechte verbunden gewesen. Deshalb könne sich aus
dem rechtswidrigen Vertrieb nicht das Recht an der Nutzung des Logos herleiten
lassen.
Die Beschwerdegegnerin zu 2) hat sich im Verfahren nicht geäußert und keinen
Antrag gestellt.
Zum weiteren Vortrag wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers ist unbegründet. Die Streitmarke
ist zu Recht gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG gelöscht worden, weil der Eintragung
bei Anmeldung des Zeichens das Schutzhindernis der fehlenden Unterschei-
dungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstand und noch immer ent-
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gegensteht und die Marke zudem gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG bösgläubig
angemeldet worden ist.
A. Beide Löschungsanträge sind gemäß § 54 Abs. 1 MarkenG zulässig.
1. Dabei kann grundsätzlich dahinstehen, ob die Löschungsantragstellerinnen In-
haberinnen von urheberrechtlichen Nutzungsrechten an dem angegriffenen Zei-
chen sind. Denn ein Löschungsantrag kann gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG
von jeder Person gestellt werden. Ein besonderes Rechtsschutzinteresse etwa
dergestalt, dass die Marke eigene Rechte des Antragstellers verletzt, ist nicht er-
forderlich. Das Löschungsverfahren ist als Popularverfahren ausgestaltet, weil es
dem Interesse der Allgemeinheit an der Bereinigung des Markenregisters von
Marken dient, denen absolute Schutzhindernisse entgegenstehen (BPatG GRUR
2006, 155
– Salatfix).
2. Für die Antragslöschung nach § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2
oder 3 MarkenG besteht eine Zehnjahresfrist, deren Laufzeit mit der Eintragung
des angegriffenen Zeichens am 18. Januar 2008 in Gang gesetzt wurde. Diese ist
noch nicht abgelaufen. Für die Antragslöschung nach § 50 Abs. 1 MarkenG
i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG besteht keinerlei Ausschlussfrist.
Anders als der Beschwerdeführer bereits im Amtsverfahren und in der mündlichen
Verhandlung vom 5. November 2014 vorgetragen hat, gilt im vorliegenden Fall
nicht die Zweijahresfrist gem. § 50 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG. Es liegt kein „Amtslö-
schungsverfahren“ im Sinne von § 50 Abs. 3 MarkenG vor, sondern ein – durch
die Löschungsanträge der beiden Antragstellerinnen in Gang gesetztes
– Lö-
schungsverfahren im Sinne von § 50 Abs. 2 MarkenG. Umgangssprachlich mag
zwar
– wie der Beschwerdeführer meint – auch die Antragstellerin zu 1) möglich-
erweise als „Amt“ bezeichnet werden. § 50 Abs. 3 MarkenG bezieht sich aber
ausschließlich auf das Deutsche Patent- und Markenamt, nicht auf irgendeine an-
dere Behörde des Bundes.
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3. Der Beschwerdeführer hat den Löschungsanträgen jeweils innerhalb der Frist
des § 54 Abs. 2 S. 2 MarkenG widersprochen.
4. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kam es im Übrigen nicht da-
rauf an, ob der Beschwerdegegnerin zu 2) der Vortrag ihrer Rechtsanwälte nach
dem 25.09.2014
– nach der konkludent erklärten Niederlegung des Mandats –
noch zurechenbar war. Gem. § 73 Abs. 1 MarkenG hat das Bundespatentgericht
den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (Knoll in Ströbele/Hacker, Marken-
gesetz, 11. Aufl. 2014, § 73 Rn. 2). Vorliegend damit die Frage, ob die vom Deut-
schen Patent- und Markenamt im Beschlusswege angeordnete Löschung der für
den Markeninhaber eingetragenen Marke rechtmäßig war oder nicht. Das Bun-
despatentgericht hat die inhaltliche Prüfung auf den Antrag des Beschwerdefüh-
rers vorgenommen. Einer irgendwie gearteten Beteiligung der Beschwerdegegne-
rin zu 2) bedurfte es daher nicht mehr.
B. Die Löschungsanträge sind auch begründet, da die angegriffene Marke nicht
unterscheidungskräftig und ferner bösgläubig angemeldet ist.
I. Der Eintragung der Marke stand bereits bei Anmeldung das Schutzhindernis der
fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
1. Nach § 50 Abs. 1 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn sie entgegen §§ 3,
7 oder 8 MarkenG eingetragen worden ist. Im Falle eines Eintragungshindernisses
nach §§ 3, 7 oder 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG muss dieses noch im Zeitpunkt
der Entscheidung über die Beschwerde fortbestehen (§ 50 Abs. 2 Satz 1 Mar-
kenG). Maßgeblich für die Frage, ob der Eintragung ein Schutzhindernis gemäß
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 - 9 MarkenG entgegenstand, ist der Zeitpunkt der Anmeldung des
Zeichens (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15
– Aus Akten werden Fakten).
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Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel auf-
gefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als
von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie damit von
denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Die Hauptfunktion der Marke be-
steht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleis-
tungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein
Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass
jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis
zu überwinden (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 10.07.2014, I ZB 81/13 Rn. 15 - for
you; GRUR 2014, 565 Rn. 12 - smartbook; GRUR 2014, 376 Rn. 11 - grill
meister).
9
Die Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf jede der Waren oder Dienstleistun-
gen, für die die Marke Schutz beansprucht, gesondert zu beurteilen. Maßgeblich
ist die Anschauung des angesprochenen Verkehrs. Dabei ist auf die mutmaßliche
Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und ver-
ständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen
abzustellen (EuGH GRUR 2008, 608 Rn. 67 - EUROHYPO; BGH a. a. O., Rn. 16 -
for you; a. a. O., Rn. 13 - smartbook). Dieser wird die Marke so wahrnehmen, wie
sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen
(BGH GRUR 2012, 270 Rn. 12 - Link economy). Besteht eine Marke aus meh-
reren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Ge-
samtheit der Marke auszugehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 Rn. 28 - Sat.2).
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Diese Grundsätze gelten unterschiedslos für Marken, die für Waren eingetragen
werden sollen, wie für solche, deren Anmeldung sich auf Dienstleistungen bezieht.
Das Markengesetz geht ebenso wie das Gemeinschaftsmarkenrecht grundsätzlich
von einer rechtlichen Gleichbehandlung von Waren- und Dienstleistungsmarken
aus. Allerdings unterscheiden sich die Möglichkeiten zur Benutzung von Waren-
und Dienstleistungsmarken, weil eine Benutzung in Form einer körperlichen Ver-
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bindung zwischen Zeichen und Produkt bei Dienstleistungsmarken nicht in Be-
tracht kommt (BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 10
– DüsseldorfCongress).
2. Die Wortelemente der Marke
„FILM STUDIO NATIONALE
VOLKSARMEE DER DEUTSCHEN DEMOK
RATISCHEN REPUBLIK“ sind un-
mittelbar verständlich in der beschreibenden Bedeutung einer „Einrichtung zur
Herstellung von Filmmaterial der bzw. über die militärischen Streitkräfte der ehe-
maligen DDR“. Die Grafik besteht aus einem schwarzen Quadrat mit einem wei-
ßen Innenrahmen, der abgerundete Ecken aufweist, sowie inversen Schrift- und
Bildelementen. Die inneren Bildelemente bestehen aus zwei parallel angeordneten
nach schräg oben gerichteten Gewehren mit aufgesetztem Bajonett und zwei
waagrecht von den Gewehren zum Außenrand verlaufenden weißen Streifen mit
schwarzen Randpunkten, die als eine stilisierte Darstellung von Filmmaterial
wahrgenommen werden und in denen die Worte „FILM“ und „STUDIO“ in schwar-
zen Blockbuchstaben erscheinen. Diese Grafik ist nicht geeignet, der Wortfolge
Unterscheidungskraft zu verleihen. Ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshin-
weis kann zwar durch eine besondere bildliche und grafische Ausgestaltung nicht
unterscheidungskräftiger Wortbestandteile erreicht werden, die Ausgestaltung
muss aber eine kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der
Marke bewirken, die den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile be-
deutungslos macht (BGH GRUR 2008, 710 Rn. 20
– VISAGE; vgl. Ströbele in
Ströbele/Hacker, Markengesetz, a. a. O., § 8 Rn. 1190 m. w. N.). Hier wiederholt
und unterstreicht die Grafik lediglich die Bedeutung der beschreibenden Wortele-
mente, weil die Gewehre symbolisch auf eine Armee und die Filmbänder auf die
Filmproduktion verweisen. Derartige sachbezogene Abbildungen werden lediglich
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als Hinweis auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, nicht dagegen auf
deren betriebliche Herkunft verstanden (BGH GRUR 2005, 257, 258
– Büroge-
bäude; BPatG, Beschluss vom 24.02.2011, 30 W (pat) 47/10
– Äskulapstab). Das
Zeichen wurde
– wie der Beschwerdeführer selbst einräumt – in der DDR als be-
trieblicher Herkunftshinweis der Filmproduktionen der NVA verwendet, indem es
im Vorspann der Filme eingeblendet wurde. Nach dem Untergang der DDR und
ihrer staatlichen Institutionen kommt das Zeichen als Herkunftshinweis für gegen-
wärtig erzeugte Waren und gegenwärtig erbrachte Dienstleistungen nicht mehr in
Betracht. Denn die Nationale Volksarmee, auf die das Zeichen als Hersteller ein-
deutig hinweist, existiert nicht mehr. Es wird daher in erster Linie als Sachhinweis
auf den Inhalt der beanspruchten Waren und Dienstleistungen verstanden werden.
Die angesprochenen Verkehrskreise
– bei den Waren und Dienstleistungen der
Klasse 16 und 41 die Allgemeinheit der Verbraucher und bei den Waren der
Klasse 42 Unternehmer und leitende Beschäftigte in Unternehmen, Instituten und
sonstigen Einrichtungen, die Forschungsarbeiten in Auftrag geben, sowie wissen-
schaftlich interessierte Verbraucher
– werden das Zeichen als Hinweis auf die
Filmproduktion der NVA betrachten. Die Nationale Volksarmee der ehemaligen
DDR ist in weiten Teilen der Gesamtbevölkerung bekannt. Bekannt ist auch, dass
die Rolle der NVA im Gesellschaftssystem der DDR durch Filmproduktionen pro-
pagandistisch angepriesen wurde, um deren Akzeptanz in der Bevölkerung zu
erhöhen. Deshalb werden die angesprochenen Verkehrskreise in dem Zeichen
einen Sachhinweis auf die Filmproduktion der NVA, bzw. für und über die NVA
und keinen betrieblichen Herkunftshinweis der beanspruchten Waren und Dienst-
leistungen erkennen. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in einem Ver-
letzungsverfahren über die Benutzung des Staatswappens der DDR auf der Vor-
derseite eines T-Shirts entschieden, dass der allgemeine Durchschnittsverbrau-
cher keine Veranlassung habe, dem Zeichen statt der ihm bekannten Bedeutung
als Staatswappen nunmehr zumindest auch einen betrieblichen Herkunftshinweis
zu entnehmen (GRUR 2010, 838 Rn. 20
– DDR und deren Staatswappen; vgl.
auch GRUR-RR 2010, 359
– CCCP).
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a) Das Zeichen
wird auf „ als The-
menangabe dahingehend verstanden werden, dass sich diese Materialien mit
Technik, Inhalten und Ideologie der Filmproduktion der Nationalen Volksarmee
beschäftigen. Diese Themen können Gegenstand von Politik- und Geschichtsun-
terricht, aber auch im Zusammenhang mit der Berufsausbildung im Bereich der
Filmproduktion oder mit der Ausbildung im Bereich der Streitkräfte Unterrichtsin-
halt sein. Sachbücher über die Geschichte oder sonstige die DDR betreffende
Themen werden häufig mit Symbolen aus der DDR versehen, seien es Staats-
symbole, Stempel, Länderkennzeichen, Orden oder andere Zeichen, die im
Staatsapparat der DDR Verwendung fanden und der Allgemeinheit bekannt wa-
ren. Ihr Wiedererkennungswert in weiten Teilen der Gesellschaft wird als Hinweis
auf Inhalt und Thema der Druckwerke benutzt. Dies gilt auch für bekannte Sym-
bole anderer Staaten oder historisch bedeutsamer Gruppierungen auf entspre-
chenden Veröffentlichungen.
b) Gleiches gilt für die Dienstleistungen der Klasse 41 „
. Die Dienstleistungen Erziehung und Ausbildung können sich mit
der Filmproduktion der NVA etwa als Mittel der ideologischen Beeinflussung oder
zur Vermittlung militärischer Techniken befassen. Filmproduktionen der NVA kön-
nen auch Gegenstand der Unterhaltung sein.
c) Auch für die in Klasse 42 beanspruchten „
wird das Zeichen lediglich als Hinweis auf den Inhalt der Dienstleistungen aufge-
fasst werden. Diese Dienstleistungen können sich im Rahmen historischer, politi-
scher, soziologischer oder technischer Forschungen mit der Filmproduktion der
NVA befassen, sodass seine Verwendung im Zusammenhang mit dem Angebot
und der Durchführung der Dienstleistungen ebenfalls nicht als betrieblicher Her-
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kunftshinweis, sondern als beschreibender Hinweis auf den Gegenstand der
Dienstleistungen aufgefasst wird.
Die von dem Beschwerdeführer zum Beleg der Schutzfähigkeit des Zeichens zi-
tierte Rechtsprechung des Bundespatentgerichts betrifft anders gelagerte Sach-
verhalte und hat deshalb keine Aussagekraft für das vorliegende Verfahren. Die
Entscheidung des 27. Senats (Beschluss vom 01.08.2006, 27 W (pat) 231/05) be-
traf die Wortfolge SEID BEREIT, die keinen eindeutigen inhaltlichen Bezug zu den
beanspruchten Waren „Taschen, Bekleidung, Turn- und Sportartikel“ aufwies.
Gleiches gilt für die Bildmarke „gehendes Ampelmännchen“ (BPatG, Beschluss
vom 27.09.2012, 27 W (pat) 31/11).
II. Der angegriffene Beschluss hat auch zu Recht die Löschung der Marke wegen
bösgläubiger Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG angeordnet.
1. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Markenanmeldung bösgläubig
im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG, wenn der Anmelder das angemeldete
Zeichen nicht als Marke, d. h. als Herkunftshinweis, benutzt, sondern die formale
Rechtsstellung als Inhaber eines Kennzeichenrechts lediglich zum Zwecke der
rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einsetzen will
(BGH, GRUR 2009, 780 - Ivadal; GRUR 2006, 850 Rn. 41 - FUSSBALL WM 2006;
BGH GRUR 2005, 581, 582 - The Colour of Elégance; Ströbele in Ströbele/Ha-
cker, Markengesetz, 11. Auflage 2014, § 8 Rn. 830 ff.).
Ein bösgläubiger Markenerwerb kann insbesondere darin liegen, dass der Anmel-
der in Kenntnis eines im Inland bestehenden schutzwürdigen Besitzstandes eines
Vorbenutzers ohne rechtfertigenden Grund die gleiche oder eine verwechselbar
ähnliche Marke für gleiche oder ähnliche Waren und/oder Dienstleistungen mit
dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für
diesen den weiteren Gebrauch der Marke zu sperren, anmeldet (vgl. EuGH GRUR
2009, 763 Rn. 46, 53
– Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth; BGH GRUR 2010, 1034
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Rn. 13
– LIMES LOGISTIK; BGH, a. a. O., Rn. 13 – Ivadal; GRUR 2009, 992
Rn. 16
– Schuhverzierung; GRUR 2008, 621 Rn. 21 – AKADEMIKS; GRUR 2008,
917 Rn. 20
– EROS; GRUR 1998, 1034 – Makalu).
Unabhängig vom Bestehen eines schutzwürdigen inländischen Besitzstandes ei-
nes Dritten kann der Erwerb eines formalen Markenrechts aber auch dann bös-
gläubig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG sein, wenn sich die Anmeldung
der Marke unter anderen Gesichtspunkten als wettbewerbs- oder sittenwidrig dar-
stellt. Das wettbewerblich Verwerfliche kann insoweit insbesondere darin gesehen
werden, dass ein Markenanmelder die mit der Eintragung der Marke verbundene
an sich unbedenkliche
– Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbs-
kampfes einsetzt (BGH, GRUR 2012, 429 Rn. 10
– Simca; GRUR 2008, 917
Rn. 20
– EROS; GRUR 2008, 621 Rn. 21 – AKADEMIKS; GRUR 2008, 160
Rn. 18
– CORDARONE; GRUR 2005, 581, 582 – The Colour of Elégance; GRUR
2005, 414, 417
– Russisches Schaumgebäck; GRUR 1998, 1034, 1036 – Makalu;
GRUR 1980, 110, 111 - TORCH). Dabei ist die maßgebliche Grenze zur Bösgläu-
bigkeit dann überschritten, wenn das Verhalten des Markenanmelders bei objekti-
ver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbe-
werblichen Entfaltung eines Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eige-
nen Wettbewerbs gerichtet ist (BGH, a. a. O. Rn. 32
– AKADEMIKS; a. a. O. - The
Colour of Elégance, a. a. O. Rn. 23
– EROS; BPatG GRUR 2010, 431, 434 – Fla-
sche mit Grashalm). Hierbei muss die Erschwerung der Benutzung der Marke
durch den Dritten nicht der einzige Beweggrund für die Markenanmeldung sein; es
reicht aus, wenn diese Absicht ein wesentliches Motiv darstellt (BGH, GRUR
2000, 1032
– EQUI 2000; a. a. O. Rn. 32 – AKADEMIKS; a. a. O. Rn. 23 –
EROS). Daher ist die Annahme einer Bösgläubigkeit nicht allein durch den Nach-
weis eines eigenen Benutzungswillens des Anmelders ausgeschlossen; vielmehr
ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich (vgl. EuGH,
GRUR 2009, 763 Rn. 37 – Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth; BGH GRUR 2009,
780
Rn. 18 – Ivadal; a. a. O. – AKADEMIKS; a. a. O. – EROS; a. a. O. – EQUI
2000).
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2. Nach diesen Grundsätzen sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für
eine Löschung der verfahrensgegenständlichen Marke wegen Bösgläubigkeit im
Anmeldezeitpunkt gegeben.
a) Gem. Art. 21 des Einigungsvertrages ist das Verwaltungsvermögen der DDR
Bundesvermögen geworden. Auf die in der DDR entstandenen Werke ist ferner
gemäß Art. 8 des Einigungsvertrages Anlage I Kap III E II Anlage 1 Kapitel III
Sachgebiet E das Urhebergesetz der Bundesrepublik Deutschland anwendbar.
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 2 UrhG besitzen Werke der bildenden
Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und
Entwürfe solcher Werke urheberrechtlichen Schutz, wenn sie persönlich geistige
Schöpfungen sind. Die Nutzungsrechte an einem Logo, bei dem es sich um ein
Gebrauchswerk, mithin angewandte Kunst handeln kann, können grundsätzlich
einen schutzwürdigen Besitzstand begründen (BGH MarkenR 2011, 545
Krystallpalast; verneint für das SED-Emblem vom Landgericht Hamburg: GRUR-
RR 2005, 106 ff.). Es muss vorliegend nicht abschließend entschieden werden, ob
die Beschwerdegegnerin zu 1) an dem Logo des Filmstudios der Nationalen
Volksarmee der DDR, wie es zuletzt seit 1984 in den Produktionen des Film-
studios Verwendung gefunden hat, Nutzungsrechte erworben und einen schutz-
würdigen Besitzstand begründet hat. Der Beschwerdeführer hat nämlich jedenfalls
die mit der Eintragung eines Zeichens entstehende Sperrwirkung zweckfremd als
Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt.
Es kann im Übrigen ebenso dahinstehen, ob eine Bösgläubigkeit bereits allein
deshalb vorliegt
– wie die Markenabteilung unter Bezugnahme auf das Bundes-
patentgericht (Beschluss vom 21.08.2008, 27 W (pat) 30/08
– Hooschebaa) an-
nimmt
–, wenn Markenschutz an einem urheberrechtlich geschützten Zeichen
ohne entsprechende Gestattung durch den Inhaber der Nutzungsrechte begründet
wird.
b) Die Annahme einer Bösgläubigkeit unter dem Gesichtspunkt des zweckfremden
Markeneinsatzes hängt zwar nicht von einem schutzwürdigen inländischen Besitz-
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stand ab, setzt aber zwingend die Feststellung einer Behinderungsabsicht des
Markenanmelders voraus. Es kommt insoweit darauf an, ob sich eine solche Ab-
sicht unter den gegebenen Umständen des Einzelfalles nach der Lebenserfahrung
aufdrängt.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Se-
nats fest, dass der Beschwerdeführer mit der Anmeldung beabsichtigte, die An-
tragstellerin zu 1) und ihre Lizenznehmerinnen an der Benutzung des Zeichens zu
hindern und die Benutzung für Dritte generell zu sperren, ohne eine eigene mar-
kenrechtliche Benutzung zu beabsichtigen.
Der Beschwerdeführer hätte ohne weiteres erkennen können, dass durch die
bloße physische Übergabe von 50 Ausbildungsfilmen der NVA-Filmstudios an ihn
im Oktober/November 1989 nicht er selbst das Urheberrecht am Logo der Film-
studios der DDR erhalten hat. Er hat die Filme dann
– wie er erklärt hat – nach der
Wende hobbymäßig zuerst im Jahr 2002 digitalisiert und 2007/2008 auf DVD ge-
brannt. Bereits im Jahr 2004 sei Breucom bei e
… tätig geworden und habe ver-
sucht, ihn am Vertrieb zu hindern. Erst 17 Jahre nach der Wende
– mithin 2007 –
habe dann die Beschwerdegegnerin zu 2) plötzlich Urheberrechte geltend ge-
macht. Bei der Anmeldung der Marke am 4. September 2007 war ihm daher be-
kannt, dass er selbst keinerlei Kennzeichenrechte an dem Logo besaß und dass
spätestens seit 2007 u. a. die Beschwerdegegnerin zu 2) sich entsprechender
Rechte berühmte.
Der Beschwerdeführer hat die angegriffene Marke nach seinem eigenen Vortrag
dennoch im September 2007 angemeldet, um Dritte daran zu hindern, Druckerei-
erzeugnisse oder Filme sowie Veranstaltungen zum Thema NVA mit dem einge-
tragenen Wort-/Bildzeichen zu kennzeichnen. Er fühlte und fühlt sich als wahrer
Erbe des Filmstudios der NVA und der dort erzeugten Produkte, deren Verwen-
dung er jeglichen Dritten untersagen will. Die Markenanmeldung erfolgte nicht zu
dem Zweck, die Marke für eigene Produkte zu verwenden, sondern als Mittel, um
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die Löschungsantragstellerinnen und ihre Lizenznehmer an der Verwendung des
Zeichens und der Verbreitung des Filmmaterials des Filmstudios zu hindern. Der
Beschwerdeführer versucht, die zeitgeschichtliche Sicherung, Nutzbarmachung
und wissenschaftliche Verwertung des Filmmaterials über die NVA zu verhindern.
Hierfür spricht das eigene Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen
Verhandlung. Er hat dargelegt, dass er das Geld für die Markenanmeldung zum
50. Geburtstag „in Bewahrung des Erbes“ von ehemaligen Kameraden der NVA,
Bekannten und Verwandten erhalten habe. Die Marke habe er dazu verwenden
wollen, die Filme der NVA - als deren Hersteller und Urheber er sich als ehemali-
ger NVA-Offizier und Mitarbeiter des Filmstudios fühle -
als „authentisch“ zu
kennzeichnen, wozu Westdeutsche nicht in der Lage seien. Ihm sei dabei wichtig,
auch das Geschichtsbild von Personen weiter zu geben, die tatsächlich in der
NVA tätig waren. „Seine“ Filme seien jedoch gegen seinen Willen kopiert und un-
ter der Firmenbezeichnung „Breucom“ im Internet verkauft worden. Er sei daher
aufgebracht gewesen, dass ihn „Beute-Wessis austricksen und ausknocken“
wollten. Aus der eingetragenen Marke ist der Beschwerdeführer dann auch wegen
des Vertriebs von NVA-Filmen gegen Unternehmen vorgegangen, die sich aus
seiner Sicht zu Unrecht mit der Thematik beschäftigt haben, wie die Abmahnung
der Firma U
… GmbH vom 9. Februar 2010 zeigt.
Entsprechende Erkenntnisse lassen sich auch aus den weiteren Markenanmel-
dungen des Beschwerdeführers herleiten (vgl. BPatG, Beschluss vom 21.03.2007,
26 W (pat) 127/03
– GIVES YOU WINGS; Beschluss vom 09.07.2007 - DO).
Diese weisen darauf hin, dass er mit der Anmeldung in erster Linie beabsichtigte,
den Vertrieb von Informationsmaterial über die NVA durch die Antragstellerin zu 1)
und von ihr ermächtigte Dritte, insbesondere den B2
… und die P…
… zu behindern. Auf Nachfrage, weshalb er gerade Marken für
diese beiden Unternehmen habe anmelden wollen, hat der Beschwerdeführer in
der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe sich in einer „Findungsphase“ befun-
den und B3
… daran hindern wollen, im Wettbewerb tätig zu werden.
- 23 -
Ein anderes Interesse als die Behinderung der Beschwerdegegnerinnen und ihrer
Lizenznehmer ist aus dem Vorgesagten nicht erkennbar. Insbesondere ergibt sich
aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht, dass er mit der Anmeldung der
streitgegenständlichen Marke in erster Linie eine eigene markenmäßige Benut-
zung beabsichtigt hatte. Ein allgemeiner Benutzungswille wird zwar bei Anmel-
dung grundsätzlich vermutet, er kann durch das Gesamtverhalten des Anmelders
jedoch widerlegt werden. Der Beschwerdeführer hat zwar vorgetragen, dass er
seit 2002 entsprechende Datenträger mit den Filmaufnahmen des Filmstudios der
NVA über das Internet vertrieben habe. Insoweit hat er sich jedoch in Widersprü-
che verwickelt. Während er zunächst behauptete, für den Vertrieb der Filme eine
Gewerbeanmeldung erwirkt, über die Einnahmen Buch geführt und diese versteu-
ert zu haben, hat er
– nachdem er zur Vorlage der Gewerbeanmeldung aufgefor-
dert worden war, in der als angemeldete Tätigkeit „Schulung und EDV-Beratung“
angegeben ist,
– vorgetragen, der Vertrieb sei nur durch Seminarteilnehmer der
Schulungsseminare zu Übungszwecken im Internet erfolgt. Er selbst habe den
Vertrieb nur als Hobby betrieben, steuerlich sei die Tätigkeit nicht relevant gewe-
sen. Er hat im Weiteren jedoch weder seine Angaben zu den vertriebenen Stück-
zahlen noch zu den erzielten Umsätzen belegt. Im zweiten Verhandlungstermin
hat er vielmehr behauptet, dass die Steuerakten aus seinem Vertrieb verloren ge-
gangen seien und er sie nicht mehr rekonstruieren könne. Aus den übergebenen
Kopien hat sich ebenfalls keine Vertriebstätigkeit des Beschwerdeführers unter der
verfahrensgegenständlichen Marke ergeben. Die von ihm vorgelegten Unterlagen
zu einem Vertrieb über die Plattform e
… enthalten auf den jeweiligen Angebots-
seiten unterschiedliche Verkäufernamen, wie z.
B „modellbahner09“, „arn833“
oder „03*n33“, aber keinen Hinweis darauf, dass es sich um eine Vertriebstätigkeit
des Markeninhabers unter der verfahrensgegenständlichen Marke gehandelt hat.
Ungeachtet der Frage, ob der Beschwerdeführer zum Vertrieb dieses Materials
urheberrechtlich überhaupt berechtigt war, folgt daraus, dass er eine eigene nen-
nenswerte Markenbenutzung nicht beabsichtigt hat und das wesentliche Motiv der
Anmeldung nicht die eigene markenmäßige Nutzung des Zeichens, sondern die
Behinderung des Vertriebs des Filmmaterials war.
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Darin liegt eine wettbewerbswidrige Sperrwirkung, die als sittenwidrig einzustufen
ist. Denn die Markenanmeldung sollte wettbewerbswidrig zur Behinderung
– u. a.
der Beschwerdegegnerinnen
– im Wettbewerb eingesetzt werden. Die Behinde-
rungsabsicht stellte insoweit zumindest ein wesentliches Motiv für die Markenan-
meldung dar. Dass der Beschwerdeführer sein Verhalten subjektiv nicht als bös-
gläubig eingestuft hat, sondern sich als der Hüter der Werte der NVA versteht,
deren Erinnerung er durch die Monopolisierung des Filmmaterials beeinflussen
will, ändert nichts an der markenrechtlichen Einstufung der Anmeldung als bös-
gläubig, die gerade an den zweckfremden Einsatz der Marke zur Behinderung des
Wettbewerbs anknüpft (Ströbele in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 888, 890).
III. Da u. a. der Löschungsgrund der bösgläubigen Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2
Nr. 10 MarkenG vorliegt, hat die Markenabteilung die Kosten des Löschungs-
verfahrens zu Recht gemäß § 63 Abs. 1 MarkenG dem Beschwerdeführer aufer-
legt. Denn der Umstand, dass der bösgläubigen Markenanmeldung stets ein
rechtsmissbräuchliches oder sittenwidriges Verhalten zugrunde liegt, rechtfertigt
es aus Billigkeitsgründen, die Kosten des Löschungsverfahrens dem Markeninha-
ber aufzuerlegen.
C. Aus den unter B. III genannten Gründen waren dem Beschwerdeführer gemäß
§ 71 Abs. 1 MarkenG die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Auch
diese sind auf die bösgläubige Anmeldung der Marke zurückzuführen, die es un-
billig erscheinen lässt, die Löschungsantragstellerinnen mit Kosten des Verfahrens
zu belasten (Knoll in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rn. 15).
- 25 -
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statt-
haft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befan-
genheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, so-
fern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zuge-
stimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die
Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsan-
wältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und
innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herren-
straße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbe-
schwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Dr. Mittenberger-Huber
Uhlmann
Akintche
Hu