Urteil des BPatG vom 25.11.2015

Religion, Verwechslungsgefahr, Kennzeichnungskraft, Verkehr

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 30/13
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
25. November 2015
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
- 2 -
betreffend die Marke 30 2010 031 309.9
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 25. November 2015 unter Mitwirkung der
Vorsitzenden Richterin Friehe, der Richterin Uhlmann und des Richters am
Landgericht Dr. Söchtig
beschlossen:
1) Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
2) Die Widersprechende hat die Kosten der Terminsverlegung zu
tragen. Der weitergehende Kostenantrag des Beschwerdegegners
wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I.
Die Wort-/Bildmarke
ist am 26. Mai 2010 angemeldet und am 6. Juli 2010 in das beim Deutschen
Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden. Sie ist für
die Waren und Dienstleistungen der
Klasse 3:
Duftwasser, Parfums
- 3 -
Klasse 14:
Edelmetalle und deren Legierungen; aus Edelmetallen und deren
Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren (soweit in
Klasse 14 enthalten); Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine,
Halbedelsteine, Perlen (Schmuck); Uhren und Zeitmessinstrumente;
Uhrenarmbänder, Etuis für Uhren
Klasse 25:
Bekleidungsstücke, insbesondere Gürtel, Halstücher, Schals
Klasse 26:
Bekleidungsaccessoires, nämlich Broschen und Gürtelschließen
Klasse 35:
Einzelhandelsdienstleistungen in den Produktbereichen Edelmetalle
und deren Legierungen, aus Edelmetallen und deren Legierungen
hergestellte oder damit plattierte Waren (soweit in Klasse 14
enthalten), Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine, Halbedel-
steine, Perlen (Schmuck), Uhren und Zeitmessinstrumente, Uhren-
armbänder sowie Etuis für Uhren
Klasse 36:
Schätzen von Schmuck
Klasse 37:
Reinigung, Reparatur und Instandhaltung von Schmuckwaren,
Juwelierwaren und Uhren
Klasse 40:
Metallbearbeitung und -härtung, Schleifen von Schmucksteinen
Klasse 42:
Entwurf von Schmuck- und Juwelierwaren
geschützt.
Gegen diese Marke, deren Eintragung am 6. August 2010 veröffentlicht wurde, hat
die Beschwerdeführerin am 5. November 2010 Widerspruch erhoben aus ihrer am
1. März 2010 für die Waren und Dienstleistungen der
- 4 -
Klasse 3:
Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und
Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur
Körper- und Schönheitspflege und Kölnischwasser, Badeöle, Puder,
Aftershavelotionen, Deodorants; Haarwässer; Zahnputzmittel; Eau
de Toilette, Parfum, Gesichts- und Körperlotionen und -cremes,
Mittel für die Körper- und Schönheitspflege, nicht medizinische
Hautpflegemittel.
Klasse 9:
Optische Artikel; Brillengestelle, Brillengläser, Brillenetuis, Brillen;
Okulare; Brillenetuis; Brillengestelle; Brillengläser; Brillen; Kontakt-
linsen; Behälter für Kontaktlinsen; Sonnenbrillen; Schutzbrillen; Teile
und Zusatzteile für alle vorstehend genannten Waren; wissen-
schaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, elektrische, fotografische,
Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und
Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung,
Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeich-
nungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für
geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Daten-
verarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte.
Klasse 14:
Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder
damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten
sind; Edelsteine; Ziergegenstände aus Edelmetall; Tafelgeschirr,
Aschenbecher, Kästen für Zigarren und für Zigaretten, Zigarren- und
Zigarettenspitzen, alle aus Edelmetallen oder deren Legierungen
oder damit plattiert; Juwelierwaren/Schmuckwaren, Uhren, Armband-
uhren/Taschenuhren, Manschettenknöpfe, Krawattennadeln, Rau-
cherartikel aus Edelmetall; Uhren und Zeitmessinstrumente.
- 5 -
Klasse 18:
Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in
anderen Klassen enthalten sind; Waren, vollständig oder über-
wiegend aus Leder, Lederimitationen; Häute und Felle; Reise- und
Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke;
Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Brieftaschen, Akten-
taschen, Koffer, Kosmetikkoffer, Geldbörsen, Reisegepäck, Hand-
taschen; Aktenkoffer; Gürtel aus Leder und Lederimitationen;
Einkaufstaschen; Wochenendtaschen; Schultertaschen; Armbänder;
Unterarmtaschen; Scheckkartenhüllen; Geldbörsen; Beutel.
Klasse 24:
Webstoffe und Textilwaren, soweit sie nicht in anderen Klassen
enthalten sind; Bett- und Tischdecken; Wohnungseinrichtungen,
Laken, Handtücher, Kopfkissen, Wäsche, Decken.
Klasse 25:
Bekleidungsartikel; Schuhwaren; Kopfbedeckungen; Jeans, Cargo-
Hosen; Freizeithosen; Hemden, Hemden im Westernstil, Polo-
hemden, Poloshirts; Jacken; Westen, Tanktops, Vliesbekleidung,
Kapuzenshirts; Hosen, Sweater, Einteiler, Shorts, Cargo-Shorts,
eingeschnittene Hosen, abgeschnittene Shorts, Hüte, Overalls,
Mützen, Kleider, Blusen, Sweatshirts, T-Shirts, Sweathosen, Kra-
watten, Büstenhalter, Korsettleibchen, Badeanzüge, Sportmäntel,
Anzüge, Morgenmäntel, Schlafanzüge, Gürtel, Slips, Mäntel, Gym-
nastikanzüge, Wirkwaren, Handschuhe, Strumpfhosen, Halstücher,
Bandanatücher, Ponchos, Unterröcke, Sonnenblendschirme, Ober-
bekleidung, Unterbekleidung, Röcke, Stirnbänder mit Schirm;
Strumpfhosen und Schuhwaren, Trainingsschuhe, Turnschuhe, San-
dalen, Leinenschuhe; Kinderwäsche; Hosen, Schuhe, Socken,
Hosenträger, Lätzchen, Stiefeletten, Umhänge, Pullover; Kinder-
trainingsanzüge und -trainingshosen; Bekleidungsstücke für Klein-
kinder und Babys; Unterwäsche, Badebekleidung.
- 6 -
Klasse 35:
Werbung und Verkaufsförderung für Waren und Dienstleistungen, die
über E-Mail-Bestellung und das Internet verfügbar sind; Fernseh-
und Direktwerbung; Marketing und Verkaufsförderung; Bereitstellung
von Homeshoppingdienstleistungen für eine große Vielfalt von
Waren über das Fernsehen; Versandhandels- und
–katalog-
dienstleistungen für eine große Vielfalt von Waren; Einzelhan-
delsdienstleistungen für Bekleidung, Kopfbedeckungen, Mode-
accessoires, persönliche Pflegeprodukte und Wohnungseinrich-
tungen; Online-Einzelhandelsdienstleistungen für Bekleidung, Kopf-
bedeckungen, Modeaccessoires, persönliche Pflegeprodukte und
Wohnungseinrichtungen; Werbung; Geschäftsführung; Unterneh-
mensverwaltung; Büroarbeiten
eingetragenen Gemeinschaftswortmarke 008 386 138 (Widerspruchsmarke 1)
TRUE RELIGION
sowie aus ihrer am 10. Januar 2007 für die Waren und Dienstleistungen der
Klasse 14:
Ziergegenstände aus Edelmetall; Tafelgeschirr, Aschenbecher,
Kästen für Zigarren und für Zigaretten, Zigarren- und Ziga-
rettenspitzen, alle aus Edelmetallen oder deren Legierungen oder
damit plattiert; Juwelierwaren/Schmuckwaren, Uhren, Armband-
uhren/Taschenuhren, Manschettenknöpfe, Krawattennadeln, Rau-
cherartikel aus Edelmetall; Uhren und Zeitmessinstrumente.
Klasse 18:
Vollständig oder hauptsächlich aus Leder, Lederimitationen, Häuten
oder Tierfellen hergestellte Waren; Reise- und Handkoffer; Re-
genschirme; Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferde-
geschirre und Sattlerwaren; Brieftaschen; Aktenkoffer; Aktentaschen
- 7 -
und Koffer; Kosmetiktaschen; Geldbörsen; Gepäckstücke; Hand-
taschen.
Klasse 25:
Bekleidungsartikel; Schuhwaren; Kopfbedeckungen; Jeans, Hemden,
Jacken, Westen, Hosen, Sweater, Overalls, Shorts, Hüte, Latzhosen,
Mützen, Kleider, Blusen, Sweatshirts, T-Shirts, Sweathosen,
Krawatten, Büstenhalter, Korsettleibchen, Badeanzüge, Sportmäntel,
Anzüge, Morgenmäntel, Schlafanzüge, Gürtel, Schlüpfer, Mäntel,
Gymnastikanzüge, Wirkwaren, Handschuhe, Strumpfhosen, Hals-
tücher, Ponchos, Slips, Augenschirme, Strumpfhosen, Oberbe-
kleidung,
Unterbekleidung,
Röcke,
Stirnbänder
mit
Schirm,
Schuhwaren, Kinderbekleidung; Hosen, Schuhe, Socken, Hosen-
träger, Lätzchen, Stiefeletten, Umhänge, Pullover; Bekleidungs-
stücke für Kleinkinder und Babys; Unterwäsche, Badebekleidung.
eingetragenen
Gemeinschaftswort-/Bildmarke
004 719 911
(Widerspruchs-
marke 2)
Zur Begründung ihres Widerspruchs hat sie vorgetragen, die in Rede stehenden
Zeichen stünden sich in verwechslungsfähiger Art und Weise i. S. v. § 9 Abs. 1
Nr. 2 MarkenG gegenüber.
- 8 -
Ihre Widerspruchszeichen, so die Widerspruchsführerin, verfügten zunächst
jeweils über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft. Ihr Geschäftsbetrieb existiere
seit dem Jahr 2002. Seitdem vertreibe sie unter den Widerspruchszeichen
insbesondere Designerjeans, aber auch Jacken, T-Shirts, Hemden, Blusen,
Pullover etc. in inzwischen über 50 Staaten weltweit (Anlage WF 1). Ihre Produkte
seien auch Gegenstand vielfältiger Presseveröffentlichungen gewesen (Anlage
WF 2). Die mit den Widerspruchsmarken weltweit erzielten Umsätze hätten sich in
den vergangenen Jahren von rund USD
… im Jahr 2007 auf rund USD
… im Jahr 2010 gesteigert. Die weltweiten Werbeaufwendungen hätten
sich im Jahr 2010 auf rund USD
… belaufen (Anlage WF 3). Allein in
Deutschland sei im dritten Quartal 2010 ein Nettoumsatz von rund USD
… erreicht worden (Anlage WF 4). Schließlich sei auch in der Presse
vielfach über die Eröffnung ihres ersten Mono-Label-Stores Anfang 2010 in Köln
berichtet worden (Anlage WF 5).
Die von den jeweiligen Marken erfassten Waren und Dienstleistungen seien
teilweise identisch bzw. (z. T sehr) ähnlich.
Die Vergleichszeichen seien zueinander in klanglicher Hinsicht hochgradig ähn-
lich. Der Bestandteil „SILVER“ habe in der angegriffenen Marke keine selbständig
kennzeichnende Funktion, da das Wort lediglich als warenbeschreibender Hinweis
a
ufgefasst werde. Der Verkehr werde „SILVER“ ohne weiteres mit dem deutschen
Wort „Silber“ gleichsetzen. Das Wort „SILVER“ enthalte daher lediglich einen
schlagwortartigen Hinweis auf das Material oder die farbliche Gestaltung der
Waren bzw. die darauf bezogenen Dienstleistungen. Dieser Markenbestandteil
müsse daher vollständig in den Hintergrund treten. Gleiches gelte auch für die
Silbe „BE“ in der angegriffenen Marke, so dass beim klanglichen Vergleich nur
noch der Markenbestandteil „RE-BE-LITSCHEN-TRU“ der angegriffenen Marke
mit „TRU-RE-LI-TSCHEN“ der Widerspruchsmarke 1 zu vergleichen sei. Die
Marken seien daher bis auf die zurücktretende Silbe „BE“ aus identisch lautenden
Silben zusammengesetzt. Die Silbenfolge stimme zwar nicht vollständig überein,
- 9 -
ergäbe aber eine sog. anagrammatische Klangrotation. Die Zeichen seien daher
verwechselbar ähnlich.
Auch in begrifflicher Hinsicht liege eine deutliche Zeichenähnlichkeit vor. Der
Sinngehalt der Widerspruchsmarke 1 sei für inländische Verkehrskreise ohne
Wei
teres verständlich („wahre Religion“ vs. „Religion, die wahre“). In der ange-
griffenen Marke sei das Wort RELIGION in dem Bestandteil „REBELIGION“ der
angegriffenen Marke erkennbar. Es sei ohne Bedeutung, ob der gemeinsame
Bestandteil TRUE vor oder nach RELIGION/REBELIGION eingefügt werde.
Beim bildlichen Vergleich der angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke 2
sei der Wortbestandteil der Widerspruchsmarke maßgeblich, weil sich der Verkehr
an diesem als der einfachsten Kennzeichnungsart orientiere. Hier würde die
angegriffene Marke den Bestandteil „RELIGION“ fast identisch übernehmen,
ebenso wie die Gestaltung des Schriftzuges. Auch der Bestandteil „TRUE“ werde
identisch übernommen und stünde wie in der Widerspruchsmarke 2 am Mar-
kenanfang. Ob eine Zeichenähnlichkeit in schriftbildlicher Hinsicht bestehe, sei
aber unerheblich, da eine hinreichende Ähnlichkeit bereits in klanglicher und
begrifflicher Hinsicht bestehen würde (s. o.).
Der Markeninhaber hat beantragt, die Widersprüche jeweils zurückzuweisen, da
zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2
MarkenG bestehe. Die in Rede stehenden Eintragungen würden sich hinsichtlich
der jeweils von ihnen erfassten Waren- und Dienstleistungen zunächst lediglich in
Teilbereichen überschneiden.
Weiterhin bestreitet er, dass den Widerspruchsmarken eine gesteigerte Kenn-
zeichnungskraft zukomme. Die von der Widerspruchsführerin diesbezüglich
vorgelegten Unterlagen seien nicht geeignet, deren entsprechenden Vortrag zu
belegen.
- 10 -
In Bezug auf die Zeichenähnlichkeit hat der Markeninhaber vorgetragen, die
Widersprechende nehme eine künstliche Aufspaltung vor, wenn sie die Be-
zeichnung „SILVER“ vollständig außer Betracht lasse, andererseits den Begriff
„TRUE“ in ihren Zeichenvergleich einbeziehe. Im Schriftbild werde durch die
optische Gestaltung der angegriffenen Marke deutlich, dass es sich bei „TRUE
SILVER“ nicht um den prägenden Markenbestandteil handele. Das Haupt-
augenmerk des Betrachters werde auf „REBELIGION“ gelenkt, da „TRUE
SIL
VER“ am unteren linken Rand angeordnet und in einem anderem, unauf-
fälligeren Schriftbild als „REBELIGION“ gehalten sei. Damit seien „REBELIGION“
und „TRUE RELIGION“ miteinander zu vergleichen und selbst bei einem
vollständigen Vergleich der Schriftbilder ergäben sich deutliche Unterschiede
durch die unübliche Schriftar
t des Schriftzugs „REBELIGION“.
In klanglicher Hinsicht unterschieden sich die in Rede stehenden Zeichen allein
schon aufgrund der unterschiedlichen Anordnung des Bestandteils „TRUE“ und
den dadurch stärker beachteten Wortanfang so deutlich, dass aus diesem Grund
eine Verwechslungsgefahr ausscheide. Auch liege keine anagrammatische
Klangrotation vor. Bei „REBELIGION“ und „TRUE RELIGION“ handele es sich
nämlich nicht um eine bloße Umstellung der Wortbestandteile. Durch die Zufügung
der Silbe „BE“ eröffneten sich völlig neue Interpretationsmöglichkeiten.
Das Wort „REBELIGION“ sei eine neue Wortschöpfung aus Kombination der
englischen Begriffe „rebel“ und „religion“. Bei „REBELIGION“ erinnere sich der
Verkehr nicht nur an „Religion“, sondern an den weiteren Bestandteil „Rebell“.
Hieraus ergebe sich eine ganz andere Wortbedeutung. Auch die jeweilige
Silbenzahl und deren Gliederung stimme nicht überein.
Auch begrifflich seien sich die Zeichen nich
t ähnlich. „REBELIGION“ sei eine neue
Wortschöpfung, deren Sinngehalt vollständig verändert sei, da etwas auf den
ersten Blick nicht zueinander Passendes „Religion“ und „Rebellion“ verknüpft
werde.
- 11 -
Die Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit
Beschluss vom 12. Juli 2011 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die
Widersprüche zurückgewiesen, da keine Gefahr von Verwechslungen gemäß § 9
Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe.
Hinsichtlich beider Widerspruchszeichen, so die Markenstelle, sei vom Vorliegen
einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen, da die Widerspre-
chende eine etwaige Steigerung der Kennzeichenkraft nicht hinreichend belegt
habe. Aus den vorgelegten Umsatzzahlen sei nicht ersichtlich, dass die ein-
schlägigen Produkte der Widersprechenden in einem nicht unerheblichen Teil der
vom Schutz ihrer Gemeinschaftsmarken erfassten Länder über einen entspre-
chenden Marktanteil verfügten. Auch die vorgelegten Presseartikel seien zum
Nachweis einer gesteigerten Kennzeichnungskraft nicht ausreichend.
In der Gesamtheit, so die Markenstelle weiter, würden sich die gegen-
überstehenden Marken durch die unterschiedlichen Wortbestandteile sowie die
grafischen Gestaltung der angegriffenen Marke unterscheiden.
Bei Wortbestandteilen wie dem hier in der angegriffenen Marke enthaltenen
„TRUE SILVER“ sei eine zergliedernde Betrachtungsweise einzelner Markenteile
zu vermeiden. In der vorliegenden Form bildeten die Wortbestandteile „TRUE
SILVER“ eine Gesamtheit, welche die an Waren wie Jeansbekleidung oder
Schmuckwaren interessierten Verkehrskreise nicht dazu veranlassen würde, bei
der Benennung der jüngeren Marke „SILVER“ als Hinweis auf die Material- oder
Farbbezeichnung wegzulassen und das Adjektiv „TRUE“ dem weiteren Bestandteil
„REBELIGION“ nachzustellen. Eine verwechslungsrelevante klangliche Ähnlichkeit
zwischen den sich gegenüberstehenden Marken könne nicht festgestellt werden.
Selbst wenn der Bestandteil „TRUE SILVER“ in der Bedeutung von „wahres
Silber“ beispielsweise im Zusammenhang mit Jeansbekleidung beschreibend
verstanden werden würde, sei bei der mündlichen Wiedergabe zwischen
„REBELIGION“ und „TRUE RELIGION“ ein mehr als ausreichender Marken-
abstand im Bereich der mündlichen Wiedergabe vorhanden. Eine anagram-
- 12 -
matische K
langrotation scheide schon deshalb aus, weil die Silbe „BE“ bei
„REBELIGION“ nicht überhört werden könne und es keine Hinweise gebe, die
Verkehrskreise würden dieses erkennbar als „Rebellion“ und „Religion“ geschaf-
fene Wortkonstrukt mit „Religion“ lesen und sprechen. Es lasse sich daher auch
nicht feststellen, die Verkehrskreise würden in der angegriffenen Marke die
Bedeutung von
„Religion, die wahre“ erkennen. Insoweit sei auch nicht die Gefahr
verwechslungsrelevanter Ähnlichkeiten im Bereich des begrifflichen Aussage-
gehalts festzustellen.
Hinsichtlich der Widerspruchsmarke 2 hat die Markenstelle ergänzend ausgeführt,
der bildliche Vergleich erübrige sich durch die in der Widerspruchsmarke
enthaltene Darstellung eines Buddhisten mit Gitarre. Es könne nicht erwartet
werden, dass die Verkehrskreise beim bildlichen Vergleich beider Marken ver-
wechslungsrelevante Ähnlichkeiten feststellen.
Schon durch die unterschiedliche Zahl der Wortbestandteile und Wortstellungen
seien die beiden Marken „REBELIGION TRUE SILVER“ und „TRUE RELIGION“
im Bereich der klanglichen Wiedergabe nicht verwechselbar. Im Übrigen, so die
Markenstelle in ihrem Beschluss abschließend, fänden die Ausführungen zur
Widerspruchsmarke 1 auch hinsichtlich der Widerspruchsmarke 2 Anwendung.
Gegen diesen Beschluss hat die Widerspruchsführerin mit Schriftsatz vom
9. August 2011 Erinnerung eingelegt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen auf
ihr bisheriges Vorbringen verwiesen und nochmals ausgeführt, bei der Beurteilung
der Zeichenähnlichkeit hab
e der Bestandteil „SILVER“ in der angegriffenen Marke
außer Betracht zu bleiben. Auch der Umstand, dass die angegriffene Marke die
Widerspruchsmarken (in deren Wortbestandteil) nicht identisch übernommen
habe, sondern in umgekehrter Reihenfolge und unter Hinzufügung der Buch-
staben „BE“ in „REBELIGION“ habe keinen relevanten Einfluss auf die Beurteilung
der Zeichenähnlichkeit, was das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr begründe.
- 13 -
Die Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit
Beschluss vom 5. März 2013 durch einen Beamten des höheren Dienstes unter
Bezugnahme auf die Ausführungen in dem angegriffenen Beschluss die
Erinnerung zurückgewiesen, da der Erstprüfer zutreffend festgestellt habe, dass
keine Verwechslungsgefahr zwischen den in Rede stehenden Zeichen bestehe.
Lediglich ergänzend hat die Markenstelle noch ausgeführt, dass den Wider-
spruchsmarken ein normaler Schutzumfang zukomme. Eine sorgfältige Durchsicht
des von der Widersprechenden eingereichten Materials habe nichts anderes
ergeben. Die Widerspruchsmarken kämen aus den USA und hätten zum An-
meldezeitpunkt der angegriffenen Marke in Deutschland oder in der Europäischen
Gemeinschaft noch keinen Marktauftritt erlangt, der es rechtfertigen würde einen
erhöhten Schutzumfang zuzusprechen.
Einer eingehenden Erörterung der Fragen der Waren- und Dienstleistungsähn-
lichkeit bedürfe es nicht. Auch soweit Warenidentität bestehen würde (etwa für
„Bekleidungsstücke“), halte die neu eingetragene Marke einen in jeder Hinsicht
ausreichenden Abstand zu den beiden Widerspruchsmarken ein.
Bereits der Erstprüfer habe zutreffend festgestellt, dass die Unterzeile der
angegriffenen Marke „TRUE SILVER“ vom angesprochenen Verkehr nicht
zergliedert werde, sondern einen Gesamtbegriff i. S. v.
„echtes Silber“ bilde, der
allenfalls in seiner Gänze vernachlässigt werden könne, soweit es etwa in
Klasse
14 um „Edelmetalle“ gehe. Die von der Widersprechende postulierte
Vernachlässigung der zweiten Silbe der jüngeren Marke „RE(BE)LIGION“ sei
ebenfalls nicht begründet, sondern entspringe dem Wunsch der Widerspre-
chenden, eine Verwechslungsgefahr zu konstruieren. In ihrer Gesamtheit
unterschieden sich die jeweils gegenüberstehenden Marken völlig ausreichend.
Die Marken seien vor allem wegen der von ihnen verkörperten unterschiedlichen
Sinngehalte leicht zu merken und voneinander zu unterscheiden.
- 14 -
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde vom
9. April 2013.
Zur Begründung trägt sie hinsichtlich einer gesteigerten Kennzeichnungskraft ihrer
Widerspruchsmarken ergänzend vor, „TRUE RELIGION-Jeans“ seien im Jahr
2010 bereits seit langem in zahlreichen deutschen Einzelhandelsgeschäften
erhältlich gewesen, bevor der erste M
… in K… eröffnet habe
(Anlage BF 1). Auch in zahlreichen weiteren europäischen Ländern würden mit
der Marke „TRUE RELGION“ gekennzeichnete Jeanshosen vertrieben (Anlage
BF 4 und BF
5). Auch sei vielfach in Publikationen über ihre Marke „TRUE
RELIGI
ON“ berichtet worden (Anlage BF 2 und BF 3). Im Jahr 2010 sei in
Deutschland u
nter der Marke „TRUE RELIGION“ allein mit dem Verkauf von
Jeanshosen auf der Großhandelsebene ein Verkaufswert von fast
EUR erzielt worden (eine entsprechende eidesstattliche Versicherung werde
nachgereicht).
In der Sache selbst wiederholt die Beschwerdeführerin ihren bisherigen Vortrag
und ist der Auffassung, dass jedenfalls in klanglicher Hinsicht eine hinreichende
Ähnlichkeit bestehe, welche zum Vorliegen einer Verwechslungsgefahr führe. Da
die Zeichen bzw. maßgeblichen Zeichenbestandteile zudem das gleiche Vor-
stellungsbild hervorriefen, bestehe auch eine Verwechslungsgefahr aufgrund
begrifflicher Ähnlichkeit.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung
der angegriffenen Marke anzuordnen.
- 15 -
Der Markeninhaber beantragt,
die Anträge der Widersprechenden kostenpflichtig zurückzu-
weisen.
Er führt aus, soweit die Beschwerdeführerin ergänzende Unterlagen zum Beleg
einer vermeintlich gesteigerten Kennzeichnungskraft ihrer Widerspruchsmarken
vorgelegt habe, seien auch diese nicht geeignet, die Annahme einer tatsächlich
gesteigerten Kennzeichnungskraft zu belegen. Dies nicht zuletzt auf Grund der
Tatsache, dass die Beschwerdeführerin jeglichen Vortrag hinsichtlich der von ihr
gehaltenen Marktanteile schuldig geblieben sei. Auch die vorgetragene Existenz
von Shops und Magazin-Veröffentlichungen seien nicht geeignet, die behauptete
gesteigerte Kennzeichnungskraft zu belegen. Der behauptete im Jahr 2010 unter
der Marke „TRUE RELIGION“ erzielte Verkaufswert von … EUR werde
bestritten. Darüber hinaus bleibe zudem offen, was die Beschwerdeführerin aus
einem „Verkaufswert“ herleiten wolle – mit „Umsatz“ sei dieser Begriff jedenfalls
nicht identisch.
In der Sache selbst wiederholt er seinen bisherigen Vortrag auf den er ergänzend
Bezug nimmt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf den Akteninhalt
verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle für
Klasse 14 hat die Widersprüche zu Recht zurückgewiesen, da zwischen den
Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr gem. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 125 b Nr. 1
MarkenG besteht.
- 16 -
1.
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist
nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller
Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Fakto-
ren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Wa-
ren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren
Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der
Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistun-
gen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen
werden kann und umgekehrt (EuGH GRUR 2010, 1098 Rdnr. 44 - Calvin
Klein/HABM; GRUR 2010, 933 Rdnr. 32
– Barbara Becker; GRUR 2006, 237, 238
– PICARO/PICASSO; BGH GRUR 2014, 488 Rdnr. 9 - DESPERA-
DOS/DESPERADO; GRUR 2012, 1040 Rdnr. 25 - pjur/pure; GRUR 2010, 235
Rdnr. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484 Rdnr. 23 - METROBUS; GRUR 2008,
905 Rdnr. 12 - Pantohexal; GRUR 2008, 258 Rn. 20 - INTERCONNECT/T-
InterConnect; GRUR 2006, 859 Rdnr. 16
– Malteserkreuz I; GRUR 2006, 60
Rdnr. 12
– coccodrillo m. w. N.). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Ver-
wechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck
abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominie-
renden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, a.a.O. - Barbara Becker;
GRUR Int. 2010, 129, Rdnr. 60 - Aceites del Sur-Coosur SA/Koipe Corporación
[Carbonell/La Espaňola]; BGH, GRUR 2013, 833, Rdnr. 30 - Culinaria/Villa
Culinaria; a. a. O. - pjur/pure).
2.
Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze scheidet eine Verwechslungs-
gefahr im Streitfall aus.
- 17 -
a.
Vorliegend stehen sich die Widerspruchsmarken
TRUE RELIGION
(Gemeinschaftswortmarke EM 008 386 138 (Widerspruchsmarke 1),
sowie
(Gemeinschaftswort-/Bildmarke EM 004 719 911 (Widerspruchsmarke 2)
und die angegriffene Marke des Beschwerdegegners
gegenüber.
b.
Die Kennzeichnungskraft der beiden Widerspruchsmarken ist von Haus aus
durchschnittlich. Zwar hat die Beschwerdeführerin versucht, eine gesteigerte
- 18 -
Kennzeichnungskraft ihrer Widerspruchsmarken darzutun, allerdings ist sie den
insoweit erforderlichen Nachweis schuldig geblieben.
Zur Feststellung der gesteigerten Kennzeichnungskraft sind im Einzelfall alle
relevanten Umstände zu berücksichtigen. Dabei sind der von der jeweiligen Marke
gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und Dauer
der Markenverwendung, die dafür aufgewendeten Werbemittel und die dadurch
erreichte Bekanntheit in den beteiligten Verkehrskreisen von Bedeutung (Strö-
bele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, 2015, § 9 MarkenG, Rdnr. 155).
Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen sind nicht geeignet, die
von ihr behauptete gesteigerte Kennzeichnungskraft ihrer beiden Widerspruchs-
zeichen zu belegen.
Bei den beiden Widerspruchsmarken handelt es sich jeweils um Gemein-
schaftsmarken. Konkrete
Zahlen hinsichtlich der mit dem Vertrieb von mit „TRUE
RELIGION“ gekennzeichneten Waren in der Europäischen Gemeinschaft erzielten
Umsatzerlöse hat die Beschwerdeführerin nicht vorgelegt. Die vorgetragenen
weltweiten Umsatzerlöse lassen keinen Rückschluss auf entsprechende Erlöse
gerade in der Gemeinschaft zu. Dies gilt gleichermaßen auch für die vor-
getragenen Erlöse in Deutschland (zumal insoweit auch unklar ist, was die
Beschwerdeführerin in Bezug auf ihren Vortrag zu Verkäufen im Jahr 2010 in
Deutschland unter „Verkaufswert“ versteht). Gleiches gilt auch hinsichtlich der
getätigten Werbeaufwendungen. Die behaupteten weltweiten Werbeaufwendun-
gen lassen keinen Rückschluss auf den Umfang entsprechender Aktivitäten in der
Europäischen Gemeinschaft zu. Ferner hat die Beschwerdeführerin auch jeglichen
Vortrag zu den von ihr in der Europäischen Gemeinschaft gehaltenen Markt-
anteilen vermissen lassen. Mangels konkreter näherer Angaben zum Marktumfeld
lassen die vorgetragenen Umsatzzahlen (resp. ein „Verkaufswert“) auch keinerlei
Rückschlüsse auf eine relevante Marktstellung bezogen auf den Gesamtmarkt
(nicht zuletzt auch und gerade in Deutschland - vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9
- 19 -
MarkenG, Rdnr. 166) zu. Auch die vorgetragenen Presseveröffentlichungen
vermögen die Annahme einer gestärkten Kennzeichnungskraft der Widerspruchs-
marken nicht zu belegen, worauf die Markenstelle in ihrem Ausgangsbeschluss
zutreffend hingewiesen hat, auf den insoweit verwiesen wird. Schließlich gilt es
noch anzumerken, dass die Beschwerdeführerin die Vorlage der von ihr ange-
kündigten eidesstattlichen Versicherung ebenfalls schuldig geblieben ist.
c.
Die Frage, ob bzw. inwieweit zwischen den von den hier in Rede stehenden
Marken beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine Identität oder eine
Ähnlichkeit besteht, kann im Streitfall dahingestellt bleiben, da auch bei
einer - unterstellten - vollständigen Waren- und Dienstleistungsidentität die
Annahme einer Verwechslungsgefahr aufgrund des Vorliegens eines hinreichen-
den Zeichenabstandes ausgeschlossen ist.
d.
Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit
im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil
Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher
und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der
Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten
Wahrnehmungsbereiche (vgl. BGH, GRUR 2014, 382 Rn. 25 - REAL-Chips;
GRUR 2011, 824 Rn. 25f. - Kappa m. w. N.). Die sich gegenüberstehenden
Kennzeichen sind dabei jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem
Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Das schließt es nicht aus, dass unter
Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für
den - durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise
hervorgerufenen - Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH GRUR 2005,
1042 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859 Rn. 18
– Malteserkreuz I). Weiter
ist möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte
Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig
- 20 -
kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der
zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt
(EuGH a. a. O. Rn. 30 - THOMSON LIFE; BGH, GRUR 2004, 865, 866
Mustang). Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden
Bestandteils mit einem Zeichen älteren Zeitrangs kann Verwechslungsgefahr zu
bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck
hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen
zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen
(BGH GRUR 2013, 833 Rn. 45 - Culinaria/Villa Culinaria).
(1)
Widerspruchsmarke 1
Die Annahme einer schriftbildlichen Verwechslungsfahr scheidet allein schon auf
Grund der graphischen Gestaltung der angegriffenen Marke des Beschwerde-
gegners aus. Dies hat im Übrigen auch die Beschwerdeführerin nicht ernsthaft in
Abrede genommen.
aa)
Aber auch klanglich sind sich die vorliegend in Rede stehenden Zeichen nicht
ähnlich. Entgegen dem anders lautenden Vorbringen der Beschwerdeführerin hat
der angesprochene Verkehr keinerlei Veranlassung den Zeichenbestandteil
„SILVER“ in der angegriffenen Marke des Beschwerdegegners zu vernach-
lässigen. Wie bereits dargetan, ist für den markenrechtlichen Vergleich zweier
Zeichen regelmäßig nur deren Gesamteindruck maßgeblich und eine zerglie-
dernde Betrachtungsweise zu vermeiden, wobei auch kennzeichnungsschwache
Elemente den Gesamteindruck einer Marke mitbestimmen können (Strö-
bele/Hacker, a. a. O., § 9 MarkenG, Rdnr. 204, 237). Soweit die Beschwer-
deführerin der Auffassung i
st, der Zeichenbestandteil „SILVER“ werde vom
angesprochenen Verkehr unschwer als englische Bezeichnung des deutschen
Begriffs „Silber“ wahrgenommen und sei auf Grund seines rein beschreibenden
- 21 -
Inhalts bei einer Gegenüberstellung der in Rede stehenden Zeichen gänzlich zu
vernachlässigen, liegt hierin eine zergliedernde Betrachtungsweise, welche nach
vorstehend Gesagtem gerade zu vermeiden ist. Vielmehr ist mit der Markenstelle
davon auszugehen, dass es sich bei den beiden Zeichenbestandteilen „TRUE“
und „SILVER“ in der angegriffenen Marke des Beschwerdegegners um einen
Gesamtbegriff i. S.
v. „echtes Silber“ handelt, welche der angesprochene Verkehr
für einige der von dem angegriffenen Zeichen erfassten Waren allenfalls in seiner
Gesamtheit vernachlässigen wird.
Die sich somit gegenüberstehenden Zeichen „TRUE RELIGION“ sowie
„REBELIGION TRUE SILVER“ unterscheiden sich allein schon auf Grund der
unterschiedlichen Wort- und Silbenzahl deutlich. Aber selbst wenn man annehmen
wollte, dass dem Zeichenbestandteil „TRUE SILVER“ für ein Teil der von der
angegriffenen Marke erfassten Waren und Dienstleistungen lediglich ein rein
beschreibender Begriffsinhalt beizumessen wäre, der bei einem Zeichenvergleich
außer Betracht zu bleiben hätte, würde dies am Ergebnis nichts ändern. Auch die
sich in diesem Fall gegenüberstehenden Zeichen „TRUE RELIGION“ sowie
„REBELIGION“ weisen in klanglicher Hinsicht hinreichende Unterschiede auf. Dies
folgt allein schon auf Grund der Silbe „BE“ im angegriffenen Zeichen des
Beschwerdegegners. Der Verkehr wird diesen Zeichenbestandteil nicht etwa
überhören und somit vernachlässigen -
die Silbe „BE“ wirkt im angegriffenen
Zeichen vielmehr in sprachlicher Hinsicht wie eine Art „Stopper“ welcher dem
Zeichen in klanglicher Hinsicht ein besonderes Gepräge verleiht und der Annahme
einer klanglichen Verwechslungsgefahr entgegensteht.
bb)
Zutreffend hat die Markenstelle noch darauf hingewiesen, dass auch keine
Ähnlichkeit in begrifflicher Hinsicht vorliegt. Der angesprochene Verkehr wird die
Widerspruchszeichen unschwer als die englischsprachige Bezeichnung des
deutschsprachigen Begriffs der (resp. einer) „wahre(n) Religion“ erfassen. Das
angegriffene Zeichen des Beschwerdegegners enthält demgegenüber ein unge-
- 22 -
wöhnliches Wortspiel der beiden englischsprachigen Wörter „rebel“ sowie
„religion“ (mithin „Rebell“ sowie „Religion“), somit zweier Begriffe, die auf den
ersten Blick ungewöhnlich, weil sich eigentlich widersprechend, daherkommen,
was der Annahme einer begrifflichen Verwechslungsgefahr entgegensteht.
(2)
Widerspruchsmarke 2
Vorstehende Erwägungen gelten gleichermaßen auch für die Widerspruchs-
marke 2. Eine unmittelbare Ähnlichkeit in schrift-bildlicher Hinsicht scheidet im
Streitfall auch hinsichtlich dieses Zeichens aus. Dies allein schon ob der gra-
phischen Ausgestaltung des angegriffenen Zeichens, welche der angesprochene
Verkehr deutlich wahrnehmen wird sowie des charakteristischen Bildelements
eines Buddahs in der Widerspruchsmarke. Allein der Umstand, dass sowohl die
Wortbestandteile der Widerspruchsmarke, wie auch die der angegriffenen Marke
jeweils ein geschwungenes Schriftbild aufweisen, vermag ein abweichendes Er-
gebnis ebenfalls nicht zu rechtfertigen, da der Verkehr an solche einfachen
Stilmittel auf Grund von deren häufiger werbemäßiger Verwendung gewöhnt ist
(vgl. BPatG 24 W (pat) 45/06, ).
In klanglicher Hinsicht ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass
der Verkehr i. d. R. dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die
prägende Bedeutung zumisst (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 MarkenG, Rdnr. 433).
Hierauf basierend kann zur Vermeidung von Wiederholungen hinsichtlich des
Nichtvorliegens sowohl einer klanglichen, als auch einer begrifflichen Ver-
wechslungsgefahr auf obige Ausführungen verwiesen werden.
- 23 -
III.
Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin
die Kosten der kurzfristig erfolgten Terminsverlegung vom 20. Oktober 2015 zu
tragen, da diese auf ihren ausdrücklichen Antrag hin erfolgt bist. Im Übrigen
verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da
Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder
substantiiert vorgetragen noch ersichtlich sind.
IV.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 24 -
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelas-
senen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor
Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert
werden.
Friehe
Uhlmann
Dr. Söchtig
Me