Urteil des BPatG vom 20.01.2015

Unterscheidungskraft, Eugh, Training, Verbraucher

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 86/14
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 011 010.2
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
20. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter
Hermann und die Richterin Werner
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Angemeldet ist das Zeichen
PURETRAINING
als Wortmarke für die Dienstleistungen
Klasse 41:
Dienstleistungen eines Fitnessstudios
Nach Beanstandung mit Bescheid vom 18. März 2013 wies die Markenstelle für
Klasse 41 des DPMA mit Beschluss vom 2. Dezember 2013 die Anmeldung voll-
umfänglich zurück. Zur Begründung ist ausgeführt worden, die angemeldete Mar-
ke sei nicht unterscheidungskräftig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer als Marke angemeldeten Be-
zeichnung sei zwar grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen,
die erforderliche Unterscheidungskraft könne aber u.a. fehlen, wenn es sich um
ein gängiges Wort (oder eine gängige Wortkombination) der deutschen Sprache
oder einer bekannten Fremdsprache handele, welches im Zusammenhang mit den
von der Anmeldung erfassten Waren und/oder Dienstleistungen vom angespro-
chenen Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstan-
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den werde. Der Verbraucher sei daran gewöhnt, waren- und/oder dienstleistungs-
bezogene Angaben (besonders werbemäßig) in komprimierter Form und auch mit
Hilfe mehr oder weniger einprägsamer Wortzusammenstellungen vermittelt zu be-
kommen. Unterscheidungskräftig könnten derartige Bezeichnungen also nur dann
sein, wenn sie sich aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise nicht in rei-
nen Sach- oder Werbeaussagen zu den unter der betreffenden Bezeichnung an-
gebotenen Waren und/oder Dienstleistungen erschöpften.
Diesen an die Unterscheidungskraft zu stellenden geringen Anforderungen werde
die angemeldete Bezeichnung PURETRAINING für die beanspruchten Dienst-
leistungen nicht gerecht, da für den überwiegenden Teil der angesprochenen Ver-
braucher ein die Eignung zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung ausschlie-
ßender Sinngehalt ohne weiteres erkennbar sei.
Die angemeldete Marke gehe nicht über die Zusammenfügung der beschreiben-
den Elemente hinaus, sondern erschöpfe sich in deren Summenwirkung. Die an-
den einfachen englischen Wörtern „pure" und „Training" zusammen. Das Adjektiv
„pure" habe wie sein deutsches Pendant „pur" die Bedeutung „rein, unverfälscht,
bloß, nur";
„Training" sei längst in die deutsche Sprache eingegangen und in sei-
ner Bedeutung „Durchführung eines Programms von vielfältigen Übungen zur
Ausbildung von Können, Stärkung der Kondition und Steigerung der Leistungsfä-
higkeit" allgemein geläufig. Die Wortkombination in ihrer Gesamtheit werde vom
breiten inländischen Publikum im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienst-
leistungen ohne weiteres als „reines Training" verstanden. Die angesprochenen
breiten Kreise würden die angemeldete Marke lediglich als beschreibenden Hin-
weis darauf ansehen, dass Gegenstand der so gekennzeichneten Dienstleistun-
gen eines Fitnessstudios das reine, pure Training, ohne jeden „Schnickschnack"
sei.
Dass die Bezeichnung „PURE TRAINING" im Firmennamen der Anmelderin ent-
halten sei, sei unbeachtlich.
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Hiergegen richtet sich die nicht schriftsätzlich begründete Beschwerde der Anmel-
derin, die sinngemäß beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 2. Dezember 2013 aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da die angemeldete
Marke PURETRAINING wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist und die Markenstelle die
Anmeldung gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG daher zu Recht vollumfänglich zurück-
gewiesen hat.
Über die Beschwerde kann der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden,
da die Anmelderin keinen entgegenstehenden Antrag gestellt hat und auch der
Senat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung als
betrieblicher Herkunftshinweis. Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere
Bezeichnungen, denen der Verbraucher im Zusammenhang mit den beanspruch-
ten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden be-
schreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Tz. 9 -
FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 -Postkantoor). Darüber
hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich
auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen
zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug
zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006,
a.a.O.).
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Schlagwortartige Wortbildungen wie die hier vorliegende Markenanmeldung
PURETRAINING unterliegen weder strengeren noch geringeren, sondern den
gleichen Schutzvoraussetzungen wie andere Wortmarken. Einerseits reicht allein
die Tatsache, dass ein Zeichen als Werbeaussage wirkt - für sich gesehen - nicht
aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu vernei-
nen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Es
ist auch nicht erforderlich, dass schlagwortartige Wortbildungen einen selbständig
kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonde-
ren phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 -
Bar jeder Vernunft). Ferner kann selbst dann, wenn die jeweilige Marke zugleich
oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird, deren Schutzfähigkeit
in Betracht kommen, sofern sie zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Her-
kunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (vgl. EuGH
GRUR 2010, 228, Tz. 45 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Andererseits ist
aber bei schlagwortartigen Wortfolgen die für die Schutzfähigkeit erforderliche
Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn - wie bei anderen Markenkategorien
auch - ein zumindest enger beschreibender Bezug im eingangs dargelegten Sinn
zu den jeweils konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorliegt. In
diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Verbraucher in
Schlagwörtern regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn diese eine
bloße Werbefunktion ausüben - z.B. in Form einer Anpreisung der Qualität der
betreffenden Waren oder Dienstleistungen - es sei denn, dass die Werbefunktion
im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von unterge-
ordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 Tz. 35 - DAS
PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).
Diese Grundsätze werden durch die Entscheidung des EuGH zu „VORSPRUNG
DURCH TECHNIK“ nicht entscheidend modifiziert. Auch danach setzt die Beja-
hung der Unterscheidungskraft unverändert voraus, dass das Zeichen geeignet
sein muss, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem be-
stimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228,
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Tz. 44
– VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Letzteres kann insbesondere dann
der Fall sein, wenn die jeweilige Marke nicht nur in einer gewöhnlichen Werbe-
mitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität und Prägnanz aufweist, die
ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesproche-
nen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH GRUR 2010, 228,
Tz. 57 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK; s. auch Ströbele/Hacker, MarkenG,
10. Aufl., § 8, Rdn. 177).
Ausgehend hiervon hat die Markenstelle dem angemeldeten Wort PURETRAI-
NING in zutreffender Weise die Unterscheidungskraft für alle beanspruchten Wa-
ren und Dienstleistungen abgesprochen.
Bei dem Wort PURETRAINING handelt es sich um eine für die angesprochenen
Verbraucher ohne weiteres verständliche Aussage, dass das Angebot der Anmel-
derin sich als pures Training erweist. Dabei ergibt sich kein Interpretationsbedarf.
Die Werbeaussage besteht darin, dass der angesprochene Verbraucher auf der
Suche nach purem Training gerade das Trainingsangebot der Anmelderin anneh-
men möge, sei das Training pur, weil auf Begleitangebote wie Wellness verzichtet
wird oder weil Wert auf die Vermittlung reiner Übungsformen gelegt wird. Damit
steht jeweils der angebotsbezogene Zusammenhang in Vordergrund. Ergänzend
kann auf die überzeugenden Ausführungen der Markenstelle Bezug genommen
werden.
Da der Eintragung von PURETRAINEING für sämtliche beanspruchten Dienst-
leistungen das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG, entgegensteht, kommt es auf die Frage, ob für die beanspruchten Wa-
ren und Dienstleistungen im Interesse von Mitbewerbern zusätzlich von einem
Freihaltebedürfnis i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auszugehen ist, nicht mehr an.
Soweit sich die Anmelderin auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbarer
Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die hier
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zu beurteilende Anmeldemarke. Aus der Schutzgewährung für andere Marken
kann ein Anmelder keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen
führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundge-
setzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu
befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist
keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163,
167, Rn. 39 - Terranus; BPatG GRUR 2010, 425 - Volksflat).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde
einlegen. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war.
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes
ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung
des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat.
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die
Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herren-
str. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.
Dr. Albrecht
Hermann
Werner
Hu