Urteil des BPatG vom 08.10.2014

Patent, Vollmacht, Auflage, Rechtsmittelbelehrung

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 39/14
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2009 012 084
– S 203/13 Lösch
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hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 8. Oktober 2014 unter Mitwirkung des Richters Reker als Vorsitzen-
dem sowie der Richterin Eder und des Richters Dr. Himmelmann
beschlossen:
Die Gegenvorstellung des Antragsgegners vom 18. August 2014
wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Be-
schluss vom 23. April 2014 die für den Antragsgegner eingetragene Wortmarke
Nr. 30 2009 012 084
BIONATOR
für die Waren der Klassen 32 und 33 auf den Löschungsantrag der Antragstellerin
teilweise gelöscht und den Löschungsantrag hinsichtlich der Dienstleistung „Wer-
bung“ der Klasse 35 zurückgewiesen. Der Löschungsantrag habe hinsichtlich der
Waren der Klassen 32 und 33 in der Sache Erfolg, weil die angegriffene Marke in-
soweit entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG eingetragen worden sei. Der Antrags-
gegner sei im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke hinsichtlich der betreffenden
Waren bösgläubig gewesen. Angesichts des weitgehend bösgläubig erlangten
Registerrechts entspreche es der Billigkeit, dem Antragsgegner die Kosten des
Löschungsverfahrens einschließlich der von der Antragstellerin gezahlten Lö-
schungsgebühr aufzuerlegen.
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Der Antragsgegner hat sich gegen den Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom
23. April 2014 mit Schreiben vom 9. Mai 2014
mit den Worten gewendet: „Antrag
auf Nichterhebung von Kosten“. Mit Schriftsatz vom selben Tag hat der Antrags-
gegner erklärt:
„Az.: 30 2009 012 272.5/32 – S 204/13 Lösch u.
30 2009 012 084.6/32
– S 203/13 Lösch
Der Unterzeichner beantragt für sich persönlich u. als vertretungs-
berechtigter
Gesellschafter
der
GbR
Prozess-
kostenhilfe und Beiordnung eines fachkundigen Rechtsanwalts.“
Der Senat hat mit Beschluss vom 23. Juli 2014 den Antrag des Antragsgegners
auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Beschwerdeverfah-
ren gerichtsgebührenfrei ohne Erstattung außergerichtlicher Auslagen zurückge-
wiesen, weil zum einen der Antragsgegner über seine Bedürftigkeit nichts mitge-
teilt habe und zum anderen die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf
Erfolg biete.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner „Gegenvorstellung“ vom
15. August 2014, die im BPatG am 18. August 2014 eingegangen ist. Er trägt vor,
dass der Senat die von ihm angezweifelte „Vollmachtskette“ zwischen der Antrag-
stellerin und dem sie vertretenden Rechtsanwalt
F… nicht geprüft habe.
Rechtsanwalt F
… sei den Beweis dafür schuldig geblieben, dass ihn die An-
tragstellerin beauftragt habe, beim Deutschen Patent- und Markenamt Antrag auf
Löschung nach § 50 MarkenG zu stellen. Ausweislich des Beschlusses der Mar-
kenabteilung 3.4 vom 23. April 2014 habe er die Kosten zu tragen. Dieser Fest-
stellung widerspreche er vehement. Die Nichterhebung von Kosten habe zwangs-
läufig auch das Nichtanfallen von Rechtsanwaltsgebühren zur Folge. In diesem
Sinne sei sein Schreiben vom 18. August 2014
als „Gegenvorstellung“ zu be-
trachten.
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II.
Die Gegenvorstellung des Antragsgegners vom 18. August 2014 gegen den Be-
schluss des Senats vom 23. Juli 2014 wird zurückgewiesen.
1.
Grundsätzliche Zulässigkeit der Gegenvorstellung
Zu Gunsten des Antragsgegners wird von der grundsätzlichen Zulässigkeit der
Gegenvorstellung des Antragsgegners vom 18. August 2014 ausgegangen (eben-
so BPatG, Beschluss vom 14. November 2007, 26 W (pat) 74/05, PAVIS
PROMA - Crysta/cristal).
Die Gegenvorstellung ist ein gesetzlich nicht ausdrücklich geregelter Rechtsbe-
helf, durch den das Gericht, das entschieden hat, veranlasst werden soll, seine
Entscheidung aus übersehenen oder neuen tatsächlichen und rechtlichen Grün-
den zu ändern. Die Gegenvorstellung wird aus einer analogen Anwendung von
§ 321a ZPO oder aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleitet (, in: Thomas/Putzo,
Zivilprozessordnung, Kommentar, 35. Auflage 2014, Vorbem § 567 Rn. 13
m. w. N.).
In der markenrechtlichen Literatur wird teilweise die Auffassung vertreten (,
in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage 2012, § 83 Rn. 4 m. w. N.), dass
die Praxis zur Gegenvorstellung in Verfahren vor dem BPatG nicht mehr aufrecht-
erhalten werden könne, nachdem das BVerfG (Beschluss vom 30. April 2003,
NJW 2003, 1924, 1927 ff., Rn. 68-70) das verfassungsrechtliche Gebot der
Rechtsmittelklarheit durch spezielle gesetzliche Regelungen hervorgehoben habe.
Mit der durch das
„Anhörungsrügengesetz“ am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen
Neufassung des § 321a ZPO sei eine derartige konkrete gesetzliche Bestimmung
getroffen worden, die bei nicht mit der Rechtsbeschwerde anfechtbaren, insbe-
sondere erstinstanzlichen Entscheidungen des BPatG die Gegenvorstellung er-
setzen könne.
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Allerdings hat das BVerfG mit Beschluss vom 25. November 2008 (NJW 2009,
829, Rn. 34-37) erklärt, aus seinem Beschluss vom 30. April 2003 lasse sich nicht
herleiten, dass eine Gegenvorstellung gegen gerichtliche Entscheidungen von
Verfassungs wegen unzulässig sei. Auch einfachrechtlich sei die Gegenvorstel-
lung nach der Rechtsprechung der Fachgerichte nicht als offensichtlich unzulässig
anzusehen.
2.
Begründetheit der Gegenvorstellung
Die Gegenvorstellung des Antragsgegners und Beschwerdeführers vom
18. August 2014 ist unbegründet, weil seine Ausführungen nicht geeignet sind, die
Ansicht des Senats abzuändern.
a)
Unvermögen, die Kosten der Prozessführung zu tragen
Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nach § 114 Abs. 1
S. 1 ZPO, auf den das Markengesetz verweist, dass die Partei nach ihren persön-
lichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur
zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.
Der Antragsgegner hätte deshalb mittels des amtlichen Vordrucks seine persönli-
chen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die sich daraus ergebende Unfähigkeit,
für die Kosten aufzukommen, plausibel darlegen und seine Angaben glaubhaft
machen müssen. Hierzu hat der Antragsgegner in seiner Gegenvorstellung vom
18. August 2014 nichts vorgetragen. Insoweit kann ihm schon aus diesem Grunde
die beantragte Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden.
b)
Hinreichende Erfolgsaussicht
§ 114 Abs. 1 S. 1 ZPO setzt für die Gewährung von Prozesskostenhilfe weiterhin
voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinrei-
chende Aussicht auf Erfolg bietet.
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Der Senat bleibt insoweit bei seiner in seinem Beschluss vom 23. Juli 2014 ver-
tretenen Ansicht, dass dem Antrag des Antragsgegners auf Nichterhebung von
Kosten die Erfolgsaussicht fehlt. Denn auch insoweit hat der Antragsgegner nichts
vorgetragen, was die Meinung des Senats ändern könnte. Die von ihm reklamierte
fehlende Vollmacht des Vertreters der Antragstellerin im Löschungsverfahren vor
dem Deutschen Patent- und Markenamt hat die Markenabteilung 3.4 in ihrem Be-
schluss vom 23. April 2014 zutreffend mit Hinweis auf die beim Deutschen Patent-
und Markenamt hinterlegte Allgemeine Vollmacht der Antragstellerin, die sich auf
alle Angelegenheiten, die zum Geschäftskreis des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts gehören, erstreckt, und daher auch für markenrechtliche Löschungsver-
fahren gilt, beantwortet. Für die Frage der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für
das beabsichtigte Beschwerdeverfahren ist die Bevollmächtigung der Antragstelle-
rin irrelevant, weshalb es für den Senat keinen Anlass gibt, die Bevollmächtigung
der Antragstellerin zu prüfen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Be-
fangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
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5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.
Reker
Eder
Dr. Himmelmann
Bb