Urteil des BPatG vom 10.08.2016

Vorschlag, Patent, Einverständnis, Rückzahlung

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 13/16
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 006 054.7
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
10. August 2016 durch die Vorsitzende Richterin Kortge, den Richter Reker und
den Richter kraft Auftrags Schödel
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beschlossen:
Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 20. Oktober 2014 und vom
23. Juli 2015 werden aufgehoben und die Sache zur erneuten
Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt
zurückverwiesen.
G r ü n d e
I.
Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA)
hat die Anmeldung der Bildmarke 30 2013 006 054.7 (gelb, magenta, hellblau,
dunkelblau, grün, grau)
deren Eintragung in das Markenregister die Anmelderin nach Einschränkung des
ursprünglich alle Waren und Dienstleistungen der Klassen 1 - 45 umfassenden
Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses zunächst noch für die Waren und
Dienstleistungen der
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Klasse 9:
Alle denkbaren Waren der Klasse 09;
Klasse 11:
Alle denkbaren Waren der Klasse 11;
Klasse 20:
Alle denkbaren Waren der Klasse 20;
Klasse 41:
Alle denkbaren Dienstleistungen der Klasse 41
beansprucht hatte, nach vorheriger Beanstandung mit Beschluss vom 20. Okto-
ber 2014 gemäß §§ 36 Abs. 4, 32 Abs. 3, 65 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 20
Abs. 1 MarkenV wegen zu unbestimmter Angaben im Verzeichnis der Waren und
Dienstleistungen zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin Erinnerung eingelegt und zugleich
die Rückzahlung der Erinnerungsgebühr beantragt. Nachdem die Anmelderin
sowohl die von ihr erbetene als auch die von der Markenstelle auf Antrag
nochmals verlängerte Frist zur Einreichung einer Erinnerungsbegründung und
Vorlage eines neuen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses hat verstreichen
lassen, hat die Markenstelle die Erinnerung der Anmelderin mit Beschluss vom
23. Juli 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der mit der
Erinnerung angegriffene Beschluss lasse keine Rechtsfehler erkennen. Die An-
meldung eines Zeichens als Marke müsse stets in Bezug auf bestimmte Waren
oder Dienstleistungen erfolgen (EuGH GRUR 2012, 822 - IP-TRANSLATOR). Die
Waren oder Dienstleistungen, für die der Markenschutz beantragt werde, seien so
klar und eindeutig anzugeben, dass allein auf dieser Grundlage der Umfang des
Markenschutzes bestimmt werden könne. Diesen Anforderungen genüge das von
der Anmelderin vorgelegte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis nicht. Der
pauschale Verweis auf alle denkbaren Waren oder Dienstleistungen einer Klasse
erlaube es dem interessierten Publikum auch wegen der kontinuierlichen
Änderungen der Nizzaer Klassifikation nicht, den Schutzumfang der Marke
zuverlässig zu bestimmen. Es führe zu einer mit der Funktion des Markenregisters
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nicht zu vereinbarenden Rechtsunsicherheit, wenn sich der Schutzumfang nicht
mehr allein anhand des Registers bestimmen lasse.
Gegen diesen ihr am 27. Juli 2015 zugestellten Beschluss wendet sich die
Anmelderin mit ihrer am 25. August 2015 eingelegten Beschwerde, mit der sie ein
neues Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen vorgelegt und zugleich gebe-
ten hat, der Beschwerde gemäß § 66 Abs. 5 Satz 1 MarkenG abzuhelfen.
Die Markenstelle hat der Anmelderin daraufhin mit Bescheid vom 21. Septem-
ber 2015, der Anmelderin zugegangen am 23. September 2015, unter Hinweis
darauf, dass einzelne Waren- und Dienstleistungsangaben in dem von der
Anmelderin vorgelegten neuen Waren- und Dienstleistungsverzeichnis noch zu
unbestimmt bzw. fehlerhaft gruppiert seien, einen Formulierungsvorschlag für ein
Waren- und Dienstleistungsverzeichnis unterbreitet und um Einverständnis mit
dieser Fassung des Verzeichnisses binnen eines Monats gebeten. Nachdem die
Anmelderin sich innerhalb der gesetzten Frist nicht zu dem Verzeichnisvorschlag
geäußert hat, hat die Markenstelle die Sache dem Bundespatentgericht vorgelegt.
Die Anmelderin hat mit einem am 6. Juni 2016 beim Gericht eingegangenen
Schriftsatz ihr vollumfängliches Einverständnis mit dem vom 21. September 2015
datierenden amtlichen Formulierungsvorschlag für das Waren- und Dienstleis-
tungsverzeichnis erklärt und ferner zum Ausdruck gebracht, dass entsprechend
dem amtlichen Vorschlag die Formulierung in Klasse
11 „Spülmodule, nämlich
Spülbecken“ lauten solle. Ferner hat die Anmelderin erklärt, dass sich ihre
Beschwerde nicht mehr gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Erstattung der
Erinnerungsgebühr richte. Zugleich hat sie die Rücknahme des Antrags auf
Erstattung der Erinnerungsgebühr erklärt.
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Die Anmelderin beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des DPMA vom
20. Oktober 2014 und 23. Juli 2015 aufzuheben und die Sache zur
weiteren Prüfung und Entscheidung an das DPMA zurückzuver-
weisen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die Zurückweisung der Anmeldung mit den Beschlüssen der Markenstelle für
Klasse 20 des DPMA vom 20. Oktober 2014 und 23. Juli 2015 ist seinerzeit zu
Recht erfolgt, da die Anmelderin zu den Zeitpunkten, in denen diese Beschlüsse
ergangen sind, trotz entsprechender vorausgegangener Beanstandung jeweils
kein Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vorgelegt hat, auf dessen Grundlage
der Umfang des beantragten Markenschutzes hinreichend genau hätte bestimmt
werden können.
2. Die Zurückweisung der Anmeldung kann jedoch rechtlich keinen Bestand mehr
haben, weil die Anmelderin nunmehr im Beschwerdeverfahren ihr vollumfäng-
liches Einverständnis mit dem vom 21. September 2015 datierenden Vorschlag
der Markenstelle für eine Neufassung des Waren- und Dienstleistungsver-
zeichnisses erklärt hat und auch dem Formulierungsvorschlag der Markenstelle zu
Klasse
11 des Verzeichnisses „Spülmodule, nämlich Spülbecken“ zugestimmt hat.
Mit den vorstehend aufgeführten Erklärungen liegt ein dem Bestimmtheitsgebot
und dem Klassifizierungserfordernis genügendes, den Vorstellungen der Mar-
kenstelle entsprechendes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vor.
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Angesichts der Tatsache, dass die Markenstelle in dem Bescheid, mit dem sie der
Anmelderin den Vorschlag für eine entsprechende Fassung des Waren- und
Dienstleistungsverzeichnisses unterbreitet hat, lediglich um die Erklärung des
Einverständnisses mit diesem Vorschlag gebeten, nicht jedoch die Vorlage eines
entsprechend umformulierten Verzeichnisses verlangt hat, ist davon auszugehen,
dass der Markenstelle die Einverständniserklärung der Anmelderin genügt. Es ist
deshalb Sache der Markenstelle, ggf. noch ein ihrem Vorschlag und der Erklärung
der Anmelderin entsprechendes neues Waren- und Dienstleistungsverzeichnis bei
der Anmelderin anzufordern.
3. Der Senat verweist die Sache unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse
an das DPMA zurück, weil die zuständige Markenstelle bisher nicht geprüft und
darüber entschieden hat, ob der Eintragung der angemeldeten Marke für die
nunmehr feststehenden, hinreichend bestimmten Waren und Dienstleistungen
absolute Schutzhindernisse entgegenstehen (§ 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG).
4. Für eine Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71
Abs. 3 MarkenG ist kein Raum, weil die Behandlung der Sache durch die
Markenstelle des DPMA weder Verfahrensfehler noch materielle Fehler erkennen
lässt.
Kortge
Reker
Schödel
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