Urteil des BPatG vom 08.11.2016

Kunst Und Kultur, Verwechslungsgefahr, Begriff, Kennzeichnungskraft

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 63/14
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2010 006 666
- 2 -
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
8. November 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin
Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die am 3. Februar 2010 angemeldete Wortmarke
ARTES
ist am 9. April 2010 unter der Nr. 30 2010 006 666 in das beim Deutschen Patent-
und Markenamt geführte Markenregister für nachfolgende Dienstleistungen einge-
tragen worden:
Klasse 36:
Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilien-
wesen.
Die
als
Markeninhaberin
eingetragene
E
… AG
hat
mitt-
lerweile umfirmiert in E
1… AG.
Gegen die Eintragung der zunächst am 14. Mai 2010 ohne Erfassung der Dienst-
leistungsangabe „Geldgeschäfte“ und daher unvollständig veröffentlichten und am
15. Oktober 2010 vollständig neu veröffentlichten Marke hat die damals noch als
- 3 -
Inhaberin eingetragene „Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft“ aus
ihrer seit dem 24. April 2008 unter der Nummer 964 097 international registrierten
Wortmarke
ARTAS,
deren Schutz auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstreckt worden
ist, am 3. August 2010 Widerspruch erhoben. Nach dem Hinweis der Markenstelle
auf die zunächst unvollständige und daher zu wiederholende Veröffentlichung der
angegriffenen Marke vom 13. September 2010 hat die Widersprechende am
13. Oktober 2010 mitgeteilt, dass sich der Widerspruch auch auf die Dienstleis-
tungen „Geldgeschäfte“ erstreckt.
Die Widerspruchsmarke, die im Wege der Gesellschaftsübernahme mittlerweile für
die
H
… AG
eingetragen
ist,
ge-
nießt Schutz für die Dienstleistungen der Klasse 36
Insurance.
Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
Beschlüssen vom 18. Juli 2012 und vom 30. Januar 2014 die Gefahr von Ver-
wechslungen im Sinn des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bejaht und die angegriffene
Marke auf den Widerspruch hin vollständig gelöscht.
Zwischen den sich gegenüberstehenden Dienstleistungen der Klasse 36 bestehe
in Bezug auf „Versicherungswesen“ Identität und im Übrigen bezüglich der weite-
ren Dienstleistungen „Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen“ der ange-
griffenen Marke Ähnlichkeit zu den Versicherungsdienstleistungen der Wider-
spruchsmarke. Da sich die Versicherungsunternehmen zunehmend zu Allfinanz-
dienstleistern entwickelten und Vermögensanlagen neben Versicherungen häufig
in Immobilien erfolgten, würden diese Dienstleistungen oft gemeinsam angeboten.
- 4 -
Der angesichts durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke
und teilweiser Dienstleistungsidentität bzw. Ähnlichkeit der Dienstleistungen zu
fordernde deutliche Abstand zur älteren Marke werde von der jüngeren Marke
nicht eingehalten. In klanglicher Hinsicht seien die Vergleichsmarken hochgradig
ähnlich. Denn sie würden sich akustisch lediglich durch den Vokal der zweiten
Silbe unterscheiden und seien ansonsten hinsichtlich des Silbenaufbaus und der
Silbenanzahl weitgehend identisch, so dass eine Verwechslung nicht ausge-
schlossen werden könne. Anders als die Markeninhaberin meint, handele es sich
bei dem Wort „Artes“ als lateinischer Pluralform von „Ars“ nicht um einen Begriff
mit ohne weiteres erfassbarem Sinngehalt, der die Merkfähigkeit der angegriffene
Marke so deutlich erhöhe, dass eine Verwechslungsgefahr auszuschließen sei.
Die angesprochenen Verkehrskreise würden eine Marke im Allgemeinen keiner
analysierenden Betrachtung unterziehen. Der Bedeutungsgehalt der lateinischen
Mehrzahlform von „Ars“ dränge sich im Zusammenhang mit den Dienstleistungen
der angegriffenen Marke, die in keinem Zusammenhang mit Kunst oder Kunstob-
jekten stünden, nicht auf.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke.
Die Ausführungen der Markenstelle zur klanglichen Verwechslungsgefahr und zu
der Frage, ob die angegriffene Marke für die angesprochenen Verkehrskreise ei-
nen eindeutigen Begriffsgehalt aufweise, überzeugten nicht und basierten zudem
allein
auf Vermutungen. Das Wort „ARTES“ habe mit dem Hinweis auf den Be-
reich der Kunst und Kultur einen sachlichen Inhalt, der die Unterscheidung zu dem
reinen Phantasiebegriff „ARTAS“ erleichtere. Diesen Bedeutungsgehalt der jünge-
ren Marke erkenne auch der angesprochene Durchschnittsverbraucher, da der
Begriff „ars“ bzw. „artes“ nicht nur aus der lateinischen Sprache bekannt sei, son-
dern die entsprechenden Begriffe „art“ bzw. „“arts“ auch zum geläufigen Grund-
wortschatz der englischen Sprache gehörten. Anders als bei der von der Marken-
stelle für vergleichbar gehaltenen Fallkonstellation der für verwechselbar gehalte-
- 5 -
nen Vergleichszeichen „Atos“ und „Artus“ wichen die Vokale „a“ und „e“ bei
ARTAS und ARTES nach den allgemeinen Aussprache- und Betonungsregeln
deutlicher voneinander ab. Zudem dürften allgemeine Phonetikregeln und Erfah-
rungssätze zum Klangwert verschiedener Laute nicht schematisch zur Begrün-
dung der Verwechslungsgefahr herangezogen werden, vielmehr sei eine sorgfäl-
tige Prüfung des Einzelfalls erforderlich.
Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 vom 18. Juli 2012
und vom 30. Januar 2014 aufzuheben und den Widerspruch aus
der international registrierten Marke IR 964 097 zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Aus Sicht der Widersprechenden ist Verwechslungsgefahr gegeben. Denn bei den
sich gegenüberstehenden hochgradig ähnlichen und identischen Dienstleistungen
und angesichts durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke
halte die angegriffene Marke den zu fordernden sehr deutlichen Abstand zur Wi-
derspruchsmarke nicht ein. Bei den überwiegenden Übereinstimmungen der Mar-
ken sei die einzige Abweichung im vorletzten Buchstaben „A“ bzw. „E“ für das
Klangbild der Zeichen nicht ausschlaggebend und könne bei der mündlichen Wie-
dergabe leicht überhört werden bzw. falle im schriftbildlichen Vergleich angesichts
der Position an dem weniger stark wahrgenommenen Wortende nicht auf.
Der angeblich unterschiedliche Begriffsgehalt der Vergleichsbezeichnungen führe
nicht zu einem Wegfall der Verwechslungsgefahr. Nur ein kleiner Teil der ange-
sprochenen allgemeinen Verkehrskreise sei überhaupt in der Lage, in der Be-
zeichnung „ARTES“ die Pluralform des lateinischen Wortes „art“ mit der Bedeu-
- 6 -
tung von „Kunst“ zu erkennen. Selbst wenn von einem derartigen Verständnis
ausgegangen würde, reiche dies nicht aus, um die bestehende hochgradige
klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeit der Marken auszugleichen. Denn eine
sogenannte Neutralisierung der Ähnlichkeit in einer Hinsicht durch eine Unähn-
lichkeit beispielsweise in begrifflicher Hinsicht, komme nur dann in Betracht, wenn
zumindest eines der zu vergleichenden Zeichen für die maßgeblichen Verkehrs-
kreise eine so eindeutige und bestimmte Bedeutung habe, dass das Publikum
diese ohne weiteres erfassen könne. Zudem werde der abweichende Sinngehalt
aufgrund der hohen klanglichen Ähnlichkeit bei der Wiedergabe der Zeichen über-
haupt nicht wahrgenommen, was die Möglichkeit einer Neutralisierung ebenso
ausschließe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Mar-
kenstelle für Klasse 36 sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren
Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegrif-
fenen Marke ist nicht begründet. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin
besteht zwischen den Vergleichsmarken eine Verwechslungsgefahr nach § 9
Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle zu
Recht die Löschung der Marke angeordnet hat, § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG. Die
Beschwerde war daher zurückzuweisen.
1.
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach stän-
diger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bun-
desgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzel-
falls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 32 - BARBARA
BECKER; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 - Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64
- 7 -
Rn. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 - pjur/pure; GRUR 2013,
833 Rn. 30 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2016, 382 Rn. 19 - BioGourmet). Von
maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit
der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/oder Dienstleistungen), die Identi-
tät oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus
folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind
zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wech-
selwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR
2008, 343 Rn. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 -
Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 - pjur/pure; siehe auch Strö-
bele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus
können sich für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren ent-
scheidungserheblich auswirken, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall
angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerk-
samkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise
bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.
2.
Nach diesen Grundsätzen besteht zwischen der angegriffenen Wortmarke
„ARTES“ und der älteren Widerspruchsmarke „ARTAS“ eine Verwechslungsgefahr
gemäß §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
a.
Bei der Widerspruchsmarke ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft
auszugehen, Anhaltspunkte für eine Stärkung oder Schwächung der Kennzeich-
nungskraft sind weder vorgetragen noch ansonsten erkennbar.
b.
Ausgehend von den im Register eingetragenen, jeweils in der Klasse 36
klassifizierten Dienstleistungen liegt in Bezug auf die beiderseits beanspruchten
Versicherungsdienstleistungen Identität vor.
Hinsichtlich der weiteren Dienstleistungen des „Finanzwesen; Geldgeschäfte“ und
„Immobilienwesen“ der angegriffenen Marke und der „Versicherungsdienstleistun-
- 8 -
gen“ der Widerspruchsmarke besteht hochgradige bzw. in Bezug auf den Bereich
des
„Immobilienwesen“ eine jedenfalls durchschnittliche Ähnlichkeit.
c.
Den bei dieser Ausgangslage teilweise strengen und teilweise in Bezug auf
die durchschnittlich ähnlichen Dienstleistungen „Immobilienwesen“ der angegriffe-
nen Marke mittleren Anforderungen an den Markenabstand, wird die jüngere
Marke nicht gerecht. Denn ein ausreichender Zeichenabstand ist nach Auffassung
des Senats auch bei einem angesichts der finanziellen Auswirkungen der Versi-
cherungs- und Finanzdienstleistungen erhöhten Aufmerksamkeitsgrad der ange-
sprochenen allgemeinen Verbraucher jedenfalls in schriftbildlicher Hinsicht nicht
eingehalten.
Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit
im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil
Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher
und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zei-
chenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahr-
nehmungsbereiche. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den durch
die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere
ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen
sind. Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durch-
schnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und
nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (so zuletzt BGH in GRUR 2016,
283 Rn. 37
– BioGourmet m. w. N.).
Bei dem schriftbildlichen Vergleich der sich gegenüberstehenden Marken sind
neben den registrierten Markenformen auch alle anderen verkehrsüblichen
Schreibweisen zu berücksichtigen (stRspr: siehe dazu Ströbele/Hacker, MarkenG,
11. Aufl., § 9 Rn. 220 und 282 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).
Demzufolge sind die Vergleichszeichen auch in der Schreibweise mit großem An-
fangsbuchstaben und nachfolgender Kleinschreibung zu vergleichen. Damit ste-
hen sich mit „Artes“ und „Artas“ angesichts der Übereinstimmung in vier von fünf
- 9 -
Buchstaben, insbesondere auch in den für die Umrisscharakteristik maßgeblichen
Buchstaben am Wortanfang und im Schlussbuchstaben, hochgradig ähnliche Zei-
chen gegenüber. Die einzig abweichenden Buchstabe
n „e“ bzw. „a“ befinden sich
an der vorletzten Buchstabenstelle und weisen zudem eine ähnliche (rundliche)
Umrisscharakteristik auf. Abweichende auffälligere Ober- oder Unterlängen fehlen.
Trotz der Kürze der Vergleichsbezeichnungen reicht dieser geringfügige Unter-
schied nicht aus, um einen ausreichenden Zeichenabstand herzustellen. Dies gilt
umso mehr, als die Vergleichszeichen im Verkehr nicht gleichzeitig nebeneinander
aufzutreten pflegen, sondern ein Vergleich aufgrund eines undeutlichen Erinne-
rungsbildes erfolgt (vgl. u. a. EuGH GRUR Int 1999, 734 Nr. 26 Lloyd; BGH GRUR
2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 2003, 1047 - Kellogg`s/Kelly`s).
Auch in klanglicher Hinsicht weisen die Vergleichsbezeichnungen „ARTES“ und
„ARTAS“ einen Ähnlichkeitsgrad auf, der für die Bejahung einer Verwechslungs-
gefahr zumindest im Bereich identischer Dienstleistungen spricht. Die Vergleichs-
wörter stimmen nämlich in der überwiegenden Anzahl der maßgeblichen Beurtei-
lungskriterien, wie Wortlänge, Silbengliederung, Sprechrhythmus und Konsonan-
tengerüst überein. Trotz der Kürze der Bezeichnung reicht der Unterschied in nur
einem Vokallaut nicht aus, um den insbesondere im Bereich identischer Ver-
gleichsdienstleistungen strengen Anforderungen an den Markenabstand gerecht
zu werden, zumal auch die untersch
iedlichen Vokallaute „e“ und „a“ anders als
etwa der helle Vokallaut „i“ gegenüber den dunklen Vokallauten „e“ und „a“ nicht
markant voneinander abweichen bzw. jedenfalls den klanglichen Gesamteindruck
der Vergleichsbezeichnungen nicht markant unterschiedlich beeinflussen. Ange-
sichts der Bejahung der schriftbildlichen Verwechslungsgefahr kann die Entschei-
dung über die Frage der klanglichen Verwechslungsgefahr letztendlich als nicht
entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
Anhaltspunkte, wonach sich die festgestellten Übereinstimmungen durch einen
abweichenden Begriffsgehalt der Zeichen so reduzieren, dass eine Verwechs-
- 10 -
lungsgefahr zu verneinen ist, fehlen vorliegend. Soweit die Inhaberin der ange-
griffenen Marke die Auffassung vertritt, dass der Begr
iff „Artes“ die lateinische Be-
zeichnung für „Kunst“ ist bzw. an den englischen zum Grundwortschatz zählenden
Begriff „art“ oder „arts“ erinnert und daher vom Durchschnittsverbraucher mit den
Bereichen Kunst und Kultur in Verbindung gebracht wird, kann dem nicht gefolgt
werden. Relevanten Teilen der inländischen Verkehrskreise wird diese Verbindung
nicht bekannt sein und sie werden
in der Bezeichnung „ARTES“ ein reines Phan-
tasiezeichen erkennen. Selbst wenn aber der Argumentation der Inhaberin der
angegriffenen Marke gefolgt wird, wonach die Bezeichnung mit den Bereichen
Kunst und Kultur in Verbindung gebracht wird, wäre dies kein Umstand, welcher
der Verwechslungsgefahr in relevanter Weise entgegenwirken könnte. Unabding-
bare Voraussetzung für eine relevante Reduzierung der Verwechslungsgefahr
durch einen abweichenden Sinngehalt ist nämlich, dass der Sinngehalt vom Ver-
kehr auch bei flüchtiger Wahrnehmung sofort erfasst wird und sein Verständnis
keinen weiteren Denkvorgang erfordert (stRspr: z. B. BGH GRUR 2000, 605 com-
tes/ComTel; GRUR 1992, 130, 132 - Bally/BALL, siehe dazu auch Ströbele/Ha-
cker, MarkenG, 11. Aufl., § 9 Rn. 291 m. w. N.). Davon kann bei der Bezeichnung
„ARTES“ offensichtlich nicht ausgegangen werden. Selbst wenn von einem weiten
Verständnis des lateinischen Wortes „Artes“ ausgegangen wird, handelt es sich
bei der Bezeichnung nicht um einen derart geläufigen Begriff, dass sich die Erin-
nerung an dessen Bedeutung auch dann aufdrängt, wenn er dem Publikum als
abstraktes Kennzeichnungsmittel für bestimmte Waren und Dienstleistungen iso-
liert und schlagwortartig entgegentritt. Schließlich kann sich ein abweichender
Sinngehalt auch nur dann verwechslungsmindernd auswirken, wenn nicht die
Gefahr besteht, dass die Vergleichszeichen füreinander gelesen werden, also der
Unterschied überhaupt nicht wahrgenommen wird. Auch diese Möglichkeit kann
nach Auffassung des Senats letztlich aber nicht ausgeschlossen werden.
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke war somit zurückzuwei-
sen.
- 11 -
3.
Zur Auferlegung von Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1
Satz 1 MarkenG besteht bei der vorliegenden Sachlage keine Veranlassung.
III.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbeschwer-
de nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 12 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.
Knoll
Kriener
Dr. Nielsen
Hu