Urteil des BPatG vom 11.01.2016

Unterscheidungskraft, Eugh, Zubehör, Begriff

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 22/13
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2009 053 304.0
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
11. Januar 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin
Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der
Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 6. Dezember 2010 und vom 28. Januar 2013 aufgehoben.
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G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
MaxiBridge
ist am 8. September 2009 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für folgende Waren ange-
meldet worden:
Klasse 9: Elektrische Steckverbinder, deren Teile und deren Zu-
behör, soweit in Klasse 9 enthalten;
Klasse 17: Kunststoffisolierteile für Steckverbinder.
Markenstelle für Klasse 9 des DPMA die unter der Nummer 30 2009 053 304.0
geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Der angemeldeten Bezeichnung stehe das Schutzhindernis der fehlenden Unter-
scheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Bei der erkennbar aus
den englischen Wörtern „Maxi“ im Sinn von „der Größte“ und „bridge“ in der Be-
deutung von „Brücke“, „Verbindung“, „Brückenschaltung“ zusammengefügten An-
gabe „MaxiBridge“ handele es sich um die Bezeichnung einer „großen Brü-
cke(nschaltung)“. Die englische Sprache sei im Bereich der Elektrotechnik, zu
dem die beanspruchten Waren zählten, Fachsprache, so dass diese rein sachliche
Information ohne weiteres Nachdenken für die angesprochenen Fachleute und
interessierten Laien verständlich sei. Damit habe die Bezeichnung in Bezug auf
„elektrische Steckverbinder“ lediglich den sachlichen Gehalt, dass diese dazu ein-
gesetzt werden könnten,
„Brücken“ oder „Verbindungen“ auf dem Gebiet der
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Elektrotechnik zu realisieren, die physisch
„groß“ oder „sehr lang“ seien. „Brü-
ckenschaltungen
“ seien auch auf dem Gebiet der Hochspannungstechnik üblich.
Die dafür geeigneten Steckverbindungen für einen Messkreis in Brückenschaltun-
gen müssten mit Blick auf die Stromtragfähigkeit und die Isolierung gegen Span-
nungsdurchschläge entsprechend dimensioniert sein. Für solche Steckverbinder
und die dazu gehörenden, ebenso angemeldeten
„Teile und deren Zubehör, so-
weit in Klasse 9 enthalten“ sowie „Kunststoffisolierteile“ bestehe ein enger be-
schreibender Bezug zur angemeldeten Bezeichnung, zumal eine gewisse begriffli-
che Unschärfe und Interpretationsbedürftigkeit als unschädlich anzusehen sei.
Ebenso wenig spiele es für die Schutzfähigkeit eine Rolle, ob die Bezeichnung
neu oder nicht üblich sei. Denn der angesprochene Verkehr sei daran gewöhnt,
ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm
– häufig ohne
Rücksicht auf grammatikalische Richtigkeit oder korrekten Sprachstil
– sachbezo-
gene Informationen lediglich in einprägsamer Form vermittelt würden.
Die Frage, ob auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliege,
könne dahingestellt bleiben, da bereits die fehlende Unterscheidungskraft i. S. d.
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG der Eintragung entgegenstehe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Auffassung nach
fehlt dem Anmeldezeichen nicht jegliche Unterscheidungskraft. Die beanspruchten
Waren würden in erster Linie von Fachverbrauchern in Anspruch genommen, die
in besonderem Maße aufmerksam seien und vor allem auch einen Überblick über
das auf dem Markt befindliche Angebot der für einen konkreten Zweck bestimmten
Steckverbinder hätten. Den jeweiligen Begriffsbestandteilen
„Maxi“ und „Bridge“
käme auf dem Gebiet der Elektrotechnik und insbesondere für den Bereich der
Steckverbindungstechnik schon keine beschreibende Bedeutung zu. Erst recht sei
dem Gesamtbegriff
„MaxiBridge“ auf dem maßgeblichen technischen Bereich kein
beschreibender Inhalt zu entnehmen. Die Bezeichnung werde, wie eine Internet-
recherche zeige, nur von der Anmelderin verwendet, die darüber hinaus eine
ganze Reihe spezieller Steckverbinder unter der Bezei
chnung „Bridge“ mit zusätz-
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lich vorangestellten Begriffen wie „Nano-“/„Micro-“/„Mini-“ verwende. Sie vertreibe
unter dem Anmeldezeichen
„Steckverbinder“ in großem Umfang und erziele damit
hohe Umsätze. Den Waren komme in den einschlägigen Abnehmerkreisen eine
hohe Wertschätzung zu. Damit sei auch belegt, dass diese Fachkreise aus
(Schaltungs-)Entwicklern oder Konstrukteuren der Bezeichnung MaxiBridge einen
klaren Hinweis auf die Herkunft der so bezeichneten Waren entnähmen. Dem
Phantasiebegriff
„MaxiBridge“ stehe auch nicht das Eintragungshindernis des § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
Die Anmelderin verweist auf zahlreiche Voreintragungen der angemeldeten Be-
zeichnung im Ausland und meint, dass jedenfalls die Eintragung in den USA als
starker Hinweis auf die Schutzfähigkeit des Zeichens zu werten sei.
Der Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 6. Dezember 2010 und vom
28. Januar 2013 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Mar-
kenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwie-
sen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens MaxiBridge als Marke stehen in
Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 9 und 17 keine Schutzhinder-
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nisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. Deshalb waren die an-
gefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
1.
Dem Anmeldezeichen kann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgespro-
chen werden.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zei-
chen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Her-
kunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt
darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen
zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10
– HOT; GRUR 2013, 731
Rn. 11
– Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 –
Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10
– TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 –
Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18
– FUSSBALL WM 2006).
Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des
zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht,
die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl.
EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60
– Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 –
Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die
Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies
alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkun-
gen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und an-
gemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Be-
reich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411
Rn. 24
– Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR
2004, 428 Rn. 30 f.
– Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006)
zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143,
1144 Rn. 15
– Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune
Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22
– test; EuGH, MarkenR 2010, 439 Rn. 41 - 57 –
Flugbörse).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der
Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen
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lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet
(vgl. BGH 2006, 850, Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006;
Rn. 86 - Postkantoor) oder sonst gebräuchliche Wörter der deutschen oder einer
bekannten Fremdsprache, die - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwen-
dung in der Werbung
– stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel
verstanden werden (vgl. BGH a. a. O.
– Link economy; GRUR 2009, 778 Rn. 11 –
Willkommen im Leben; GRUR 2010, 640 Rn. 13
– hey!). Darüber hinaus fehlt die
Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände
beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen,
mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt
hergestellt wird (BGH a. a. O.
– FUSSBALL WM 2006).
Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend nicht festgestellt werden, dass das
Anmeldezeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 9 und 17
einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt aufweist, noch
handelt es sich um eine Angabe, durch die ein hinreichend enger beschreibender
Bezug zu den Waren hergestellt werden kann.
Das angemeldete Zeichen ist durch die Binnengroßschreibung ohne weiteres er-
kennbar aus den Bestan
dteilen „Maxi“ und Bridge“ zusammengesetzt. Bei dem
englischen Wortbestandteil
„Bridge“ handelt es sich zwar, anders als die Anmelde-
rin meint, durchaus um die naheliegende und entsprechend verwendete englische
Bezeichnung bzw. Übersetzung für ein Bauelement, das im Zusammenhang mit
Steckverbindern oder deren Zubehör als
„Brücke“ bzw. „Verbindung“ oder „Quer-
verbinder
“ bezeichnet wird.
Anders verhält es sich mit dem
dem Fachbegriff „Bridge“ vorangestellten Wortbe-
standteil „Maxi“. Es handelt sich dabei um ein Kurzwort, dem schon für sich gese-
hen mit Blick auf die angemeldeten Waren kein ohne weiteres fassbarer, eindeuti-
ger und sinngebender Bedeutungsgehalt zukommt und das auch in Verbindung
mit „Bridge“ keine sachbezogene sinnvolle Aussage ergibt. Das englische bzw.
deutsche Kurzwort „Maxi“ findet sich als Kurzform für das Adjektiv „maximum“
(das größte, längste)
in Abkürzungslexika mit der Bedeutung von „übermäßig“
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(lang, groß, hoch
– je nach Zusammenhang) bzw. „lang“, vor allem bezogen auf
die Länge eines Kleidungsstücks (vgl. u. a. Alfred H. Sokol, Handbuch der Abkür-
zungen, ALKOS VERLAG. Seite 95). Bezogen auf die beanspruchten Waren
„Elektrische Steckverbinder, deren Teile und deren Zubehör; Kunststoffisolierteile
für Steckverbinder“ könnte „Maxi“ wörtlich verstanden dementsprechend die Wa-
ren als „übermäßig lang, groß oder hoch“ beschreiben und damit auf Eigenschaf-
ten des Produkts hinsichtlich ihrer Größe oder Leistungsfähigkeit Bezug nehmen.
Die vom Senat durchgeführte Internetrecherche hat ergeben, dass der Begriff
„maximum“ im Zusammenhang mit Steckverbindungen beispielsweise zur Be-
zeichnung der „maximum operating temperature“, des „Maximums an mechani-
scher Festigkeit“, des „Maximums an Verbindungswiderstand“ und im Zusammen-
hang mit technischen Daten einen Sinn ergibt und entsprechend verwendet wird.
Im Unterschied dazu ist das Kurzwort oder die Abkürzung
„Maxi“ aber inhaltlich
nicht hinreichend eindeutig fassbar und deshalb gegenwärtig im Zusammenhang
mit den beanspruchten Produkten elektrischer Steckverbinder nicht gebräuchlich.
Für die Schutzfähigkeit der Gesamtmarke ist entscheidend, ob der Gesamtwort-
kombination „MaxiBridge“ eine beschreibende Sachaussage zukommt (vgl. EuGH
GRUR 2004, 680
– BIOMILD; BGH GRUR 2012, 270 Rn. 16 – Link economy). Bei
einer Lesart, bei dem die Wortbestandteile aufeinander bezogen werden, ergibt
sich das Verständnis einer „Maxi(mum) Brücke“ also einer „übermäßig lan-
gen/großen Brücke“ im Sinn einer „übermäßig langen/großen (Quer)Verbindung“.
In dem konkreten Warensegment spielt die konkrete Größe eines Steckverbinders
durchaus eine Rolle, diese wird üblicherweise aber konkret und genau beziffert.
Steckverbinder selbst werden gewöhnlich nicht mit ihrer physischen Größe be-
zeichnet oder damit beschrieben. Bei der Baugröße eines Steckverbinders kommt
es regelmäßig auf eine möglichst kleine, d. h.
„minimale Baugröße“ an. Der umge-
kehrte Hinweis auf die besondere Baugröße der elektrischen Bauelemente erweist
sich eher insofern als negativ, als dann auch ein entsprechendes Platzvolumen
zum Verbauen des großen Elements vorhanden sein muss. Insofern ist es eher
fernliegend, dass die hier angesprochenen Fachkreise der Elektriker, Konstruk-
teure und Monteure im einschlägigen Produktbereich der
„Steckverbinder“ und
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„deren Bestandteile oder dessen Zubehör“ sowie der „Kunststoffisolierteile für
Steckverbinder
“ mit dem Begriff der „MaxiBridge“ eine sachliche Angabe in Bezug
auf die
„übermäßige“ Baugröße der Brücke verbinden.
Auch hat der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass
dem Begriff „Maxi“, wie dem
viel
fach verwendeten Begriff „max.“, im übertragenen Sinn ein Hinweis auf eine
„großartige Leistung“ zu entnehmen ist. Es ist schon nicht festzustellen, dass
„maxi“ generell werblich üblich in diesem Sinn verwendet und dementsprechend
verstanden wird, noch finden sich auf dem einschlägigen Warensegment entspre-
chende Hinweise
auf eine „große/großartige Dimensionierung“ oder eine entspre-
chende Verwendung des Kurzworts
„Maxi“ im Sinn großartiger Eigenschaften.
Soweit das Kurzwort
„Maxi“ nach entsprechender Recherche im einschlägigen
Produktbereich verwendet wird, bleibt der Sinngehalt
von „Maxi“ regelmäßig so
vage und diffus, dass auch bei der Verwendung in Verbindung mit weiteren kon-
kretisierenden Bestandteilen wie beispiels
weise in „Maxi Universaladapter Kit“,
„Maxi Fuse Serie Steckverbinder“ sich keine eindeutige ausschließlich produktori-
entierte Information ergibt. So verhält es sich auch bei der Wortzusammenstellung
„MaxiBridge“ bei der zu vage und diffus bleibt, welche sachlich sinnvolle Bedeu-
tung der Bezeichnung insgesamt zukommt.
Damit kommt nach Auffassung des Senats aber der angemeldeten Bezeichnung
keine sich aufdrängende ohne weiteres ersichtliche sinnvolle beschreibende Be-
deutung für die so gekennzeichneten Waren zu, so dass letztlich nicht jede Unter-
scheidungskraft verneint werden kann.
Im Hinblick auf die fehlende Eignung der Wortfolge „MaxiBridge“ zur unmittelbaren
Beschreibung der beanspruchten Waren unterliegt das Zeichen auch keinem Frei-
haltebedürfnis nach
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Nach alledem waren die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Knoll
Kriener
Dr. Nielsen
Hu