Urteil des BPatG vom 27.07.2015

Eugh, Papier, Gemeinde, Verkehr

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 524/14
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung Nr. 30 2011 062 392.9
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
27. Juli 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich und der
Richter Heimen und Schmid
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
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Gründe
I.
Die Wortfolge
Königsfelder Stern
ist am 8. Dezember 2011 als Wortmarke für folgende Waren zur Eintragung in
das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register angemeldet wor-
den:
Klasse 11:
Beleuchtungsgeräte; Lampen; Lampenschirme, insbesondere aus
Papier, Pappe und Plastik; Lampenschirmhalter; Lampenfassun-
gen; Zubehör für Lampen, nämlich Lampenaufhängevorrichtungen
Klasse 16:
Druckereierzeugnisse; Dekorationselemente aus Papier, insbe-
sondere Papiersterne
Klasse 28:
Christbaumschmuck; Papiersterne als Christbaumschmuck; Ad-
vents- und Weihnachtsdekoration soweit in Klasse 28 enthalten;
Spiele; Spielzeug.
Die mit einer Tarifbeschäftigten auf der Ebene des gehobenen Dienstes besetzte
Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die An-
meldung mit Beschluss vom 25. Juni 2013 zurückgewiesen. Zur Begründung hat
die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Wortfolge bezeichne ausschließ-
lich die Gestaltung und geografische Herkunft der beanspruchten Waren und sei
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daher gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
Zudem fehle dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß
Der Wortbestandteil „Königsfelder“ sei im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ge-
eignet, die geografische Herkunft der beanspruchten Waren aus dem Kurort Kö-
nigsfeld im Schwarzwald, dem Standort eines der Zentren der aus der Böhmi-
schen
Reformation
hervorgegangenen
Glaubensgemeinde
, anzugeben. Geografische Angaben seien im Interesse freier Verwendung
durch die Allgemeinheit grundsätzlich der Eintragung entzogen. Da die bean-
spruchten Waren auch in kleinen Wirtschaftseinheiten hergestellt werden könnten,
komme eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Aussage über die
geografische Herkunft und die Art oder Form der Waren jedenfalls künftig in Be-
tracht. Aufgrund des beschreibenden Zeichengehalts werde das Zeichen zudem
nicht als Herkunftshinweis aufgefasst, so dass ihm auch die erforderliche Unter-
scheidungskraft fehle.
Eine schutzunfähige geografische Herkunftsangabe könne nur angenommen wer-
den, wenn das angesprochene Publikum Kenntnis von der Herstellung der bean-
spruchten Waren an dem betreffenden Ort oder jedenfalls von hierauf gerichteten
Planungen habe. Vorliegend fehlten Anhaltspunkte dafür, dass einer der Orte, die
den Namen „Königsfeld“ führen, über Produktionsstätten für die Herstellung von
Sternen verfüge oder die Herstellung dieser Waren unmittelbar bevorstehe. Die
Herstellung von Weihnachtsschmuck beruhe typischerweise auf einer regionalen
Tradition, für die hier Anhaltspunkte fehlten. Die Anmelderin plane nicht die Pro-
duktion von Sternen in Königsfeld. Vorgesehen sei eine Sonderedi
tion „Königsfel-
der
Ste
rn“,
weil
Königsfeld
im
Schwarzwald
von
der
der Gesellschafterin der Anmelderin, gegründet worden sei.
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Auf die in diesem Zusammenhang ermittelten Unterlagen, die der Senat der An-
melderin mit Verfügung vom 10. Juni 2015 zu Kenntnis gegeben hat, hat die An-
melderin eingewendet, dem Publikum sei ein in Königsfeld bestehender Brauch,
Weihnachtssterne zu fertigen, nicht in nennenswertem Umfang bekannt.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 25. Juni 2013 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere gemäbs. 1, 64 Abs. 6 Satz
entgegen, denn das angemeldete Zeichen beschreibt die Beschaffenheit
Nachsind Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen,
welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung
der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geogra-
fischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der beanspruchten Waren oder zur Be-
zeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.
Der Zweck der mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c) Markenrichtlinie übereinstimmenden
Regelung debesteht vor allem darin, beschreibende
Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre
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Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehin-
derten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die bloße potentielle Beein-
trächtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl.
Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 337). Entscheidendes Kriterium für
den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur be-
schreibenden Verwendung (vgl. Rn. 25, 30,
32 - Chiemseef.
– DOUBLEMINT;
7
– Rheinpark-Center Neuss).
Namentlich an der Freihaltung von Angaben, die zur Bezeichnung der geografi-
schen Herkunft der Waren, für die die Eintragung der Marke beantragt wird, die-
nen können, besteht ein Allgemeininteresse, das insbesondere darauf beruht,
dass diese Angaben nicht nur die Qualität und andere Eigenschaften der betroffe-
nen Waren oder Dienstleistungen anzeigen, sondern auch die Vorlieben der Ver-
braucher in anderer Weise beeinflussen können, etwa dadurch, dass sie eine Ver-
bindung zwischen den Waren und einem Ort herstellen, der positiv besetzte Vor-
stellungen hervorrufen kann (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 26
– Chiemsee;
BPatG GRUR 2006, 509 Rn. 19
– PORTLAND). Solche Vorstellungen können
sich auf einen besonderen Flair oder eine Tradition stützen, die das Publikum ei-
ner Ortsangabe zuordnet (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 420). Die Eig-
nung, im Verkehr zur Bezeichnung der geografischen Herkunft der beanspruchten
Waren oder Dienstleistungen zu dienen, fehlt einer Angabe nur dann, wenn aus-
zuschließen ist, dass die betroffenen Waren oder Dienstleistungen mit der betref-
fenden Ortsangabe vernünftigerweise in Verbindung gebracht werden können (vgl.
EUGH GRUR 1999, 723 Rn. 31, 43
– Chiemsee; BPatG GRUR 2006, 509 Rn. 19
– PORTLAND; Beschluss vom 14. November 2012 - 26 W (pat) 7/12 – Otranto,
PAVIS PROMA; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 424).
Die angemeldete Wortfolge „Königsfelder Stern“ besteht nach diesem Maßstab
ausschließlich aus Angaben, die
– insbesondere in Bezug auf Weihnachtssterne –
die Art der beanspruchten Waren und ihre geografische Herkunft beschreiben
können. Die Mitbewerber der Anmelder haben deshalb im konkreten Warenzu-
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sammenhang, soweit vorliegend beansprucht, ein berechtigtes Interesse an deren
ungehinderter Verwendung.
Das Zeichen ist als Verknüpfung der im Bereich Weihnachtsschmuck generischen
Angabe
„Stern“ mit dem vorangestellten adjektivischen Wortbestandteil
„Königsfelder“ sprachüblich gebildet (vgl. u. a. „Nürnberger Christbaumschmuck“;
„Dresdner
Christbau
msterne“;
BPatG,
Beschl.
v.
10. Juni 2010,
30 W (pat) 58/08 - Heringsdorfer Jod Sole, PAVIS PROMA) und geht in der Ge-
samtheit nicht über die Bedeutung ihrer Einzelbestandteile hinaus (vgl. EuGH
GRUR 2006, 229 Rn. 29
– BioID).
Der Zeichenbestand
teil „Königsfelder“ kann im vorliegenden Zusammenhang na-
mentlich auf die Gemeinde Königsfeld im Schwarzwald verweisen. Die bei Villin-
gen-Schwenningen gelegene Gemeinde, die ca. 5800 Einwohner hat (Stand:
2011), ist im Jahr 1806 als süddeutsches Zentrum der aus der Böhmisch-Mäh-
rischen
Brüder
Unität
hervorgegangenen
Glaubensgemeinde
„H…
…“ gegründet worden. Auf die anwendungsorientierte Pädagogik der
Glaubensgemeinde geht der Brauch zurück, in den örtlichen Schulen
dreidimensionale Weihnachtssterne zu fertigen (vgl. Anlage 3 zur Verfügung des
Senats vom 10. Juni 2015). Der dreidimensionale Weihnachtsstern hat sich
dadurch zu einem Wahrzeichen der Gemeinde entwickelt (vgl. Anlage 4 der
genannten Verfügung). Von einer lediglich punktuellen oder ausschließlich
privaten Übung kann entgegen der Anmelderin bei dieser Sachlage keine Rede
sein.
Schon aufgrund dieser örtlichen Tradition und Reputation auf dem Gebiet der Er-
stellung von Weihnachtssternen, die auch das Vorhandensein entsprechender
handwerklicher Erfahrung wie auch von Nachfrage nach derartigen Produkten er-
warten lässt, kann die Eignung zur beschreibenden Verwendung insoweit nicht
ausgeschlossen werden, umso weniger als die Konzeption oder Herstellung von
Sternen regelmäßig nicht an spezifische Standortvoraussetzungen gebunden ist.
Hierfür spricht zudem, dass der Ausdruck mit den häufig anzutreffenden Namens-
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bestandteilen „Königs-“ und „-feld“ eine typische Ortsbezeichnung darstellt und
deswegen regelmäßig als geografische Angabe verstanden wird, selbst wenn die
Verkehrskreise über keine weiteren Kenntnisse über den Ort verfügen sollten (vgl.
BPatG, Beschl. v. 25. September 2012
– 33 W (pat) 62/10 –, Kronenburg, PAVIS
PROMA). Wie auch die von der Anmelderin vorgesehene Sonderedition unter Be-
zug auf den von ihrer Gesellschafterin gegründeten Ort Königsfeld zeigt, schließt
die geringe Bekanntheit des Ortes die Eignung als geografische Angabe unter den
gegebenen Umständen nicht aus. Maßgeblich ist insofern in erster Linie der ob-
jektiv beschreibende Charakter der betreffenden Angabe. Einer überregionaler
Bekanntheit der Ortsangabe bedarf es dafür nicht zwingend (vgl. BGH GRUR
2003, 882, 883
– Lichtenstein; BPatG, Beschl. v. 27.11.2014 - 30 W (pat) 549/13 -,
Kanzlei Hamburg Gänsemarkt, PAVIS PROMA, vgl. auch BPatG, a. a. O., He-
ringsdorfer Jod Sole). Auch die Einmaligkeit eines Ortsnamens ist nicht Voraus-
setzung für die Annahme, dass die Bezeichnung als geografische Herkunftsan-
gabe Verwendung finden kann (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 15 - Lichtenstein).
Neben seiner Eignung als Hinweis auf den Ort der Konzeption und/oder der Her-
stellung der Waren ist de
r Zeichenbestandteil „Königsfelder“ im Übrigen auch ein-
setzbar, um im Blick auf die Tradition der Gemeinde auf dem Gebiet der Fertigung
von Sternen positiv besetzte Vorstellungen im Publikum hervorzurufen. Für die
insofern regelmäßig notwendige Kenntnis des konkreten historischen Zusammen-
hangs kann bereits das Verständnis eines kleinen, regional begrenzten Teils der
angesprochenen Verkehrskreise ausreichen. Das gilt insbesondere für Angaben,
die auf die Präsentation von Waren vorrangig in einer bestimmten Region zuge-
schnitten sind. In solchen Fällen reicht es aus, wenn die in Frage stehende geo-
grafische Angabe und Umstände, die die Vorlieben der Verbraucher positiv beein-
flussen können, regional bekannt ist (vgl. BPatG, a. a. O., Kronenburg; Strö-
bele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 428, 485). Ohne dass es hierüber einer ab-
schließenden Entscheidung bedarf, wird ein derartiger Fall hier gegeben sein, da
insbesondere die beanspruchte Weihnachtsdekoration vielfach als Handwerks-
ware u. a. auf Weihnachts- oder Kunsthandwerksmärkten angeboten wird und da-
durch über einen starken regionalen Bezug verfügen kann. In einem derartigen
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Sachzusammenhang liegt eine geografische Referenz auf eine ortsnahe Tradition
im konkreten Warenkontext nicht fern.
Die angemeldete Wortverbindung kann zur Angabe der geografischen Herkunft im
Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG in Verbindung mit einer Aussage über Art der
beanspruchten Waren der Klassen 11, 16, 28 dienen, soweit sie mit Leuchtkör-
pern ausgestattete oder als Spielzeug einsetzbare
– z. B. als Mobile – „Sterne“
enthalten können,
nämlich für „Beleuchtungsgeräte; Lampen; Lampenschirme,
insbesondere aus Papier, Pappe und Plastik; Dekorationselemente aus Papier,
insbesondere Papiersterne; Christbaumschmuck; Papiersterne als Christbaum-
schmuck; Advents- und Weihnachtsdekoration soweit in Klasse 28 enthalten;
Spiele; S
pielzeug“. Bezüglich der weiteren Waren „Druckereierzeugnisse“ und
„Lampenschirmhalter; Lampenfassungen; Zubehör für Lampen, nämlich Lampen-
auf
hängevorrichtungen“ ist die Wortfolge als Inhaltsangabe einer Druckschrift ge-
eignet bzw. weist zu den beanspruchten typischen Hilfswaren einen engen be-
schreibenden Bezug auf (siehe dazu in Bezug auf § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG BGH
GRUR 2012, 272 Rn. 14
– Rheinpark-Center Neuss).
Da die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit zur Beschreibung von Merk-
malen der beanspruchten Waren dienen kann und durch das Publikum auch in
dieser Bedeutung verstanden wird, spricht einiges dafür, dass der Verkehr sie
auch nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen wird und ihr ferner das
Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
entgegensteht. Da es hierauf letztlich nicht ankommt, kann dies aber dahingestellt
bleiben.
Die Beschwerde der Anmelderin bleibt daher ohne Erfolg.
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Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbe-
schwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.
Metternich
Heimen
Schmid
Bb