Urteil des BPatG vom 22.09.2015

Patent, Fig, Stand der Technik, Bestrahlung

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
23 W (pat) 16/13
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
22. September 2015
B E S C H L U S S
In der Einspruchsbeschwerdesache
- 2 -
betreffend das Patent 10 2005 014 932
hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 22. September 2015 unter Mitwirkung des Rich-
ters Brandt als Vorsitzenden und der Richter Dr. Friedrich, Dr. Zebisch und
Dr. Himmelmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Auf die am 1. April 2005 unter Inanspruchnahme der Priorität JP 2004-158223
vom 27. Mai 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patent-
anmeldung hat die Prüfungsstelle für Klasse H01L das nachgesuchte Pa-
tent 10 2005 014 932 (Streitpatent) mit der Bezeichnung
„Halbleiterbauteil und
Verfahren zu seiner Herstellung“ erteilt und dabei insbesondere folgende Druck-
schriften berücksichtigt:
- 3 -
D1 EP 0 235 550 A1 und
D2 EP 0 024 657 A2.
Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 2. Dezember 2010.
Gegen das Patent hat die Einsprechende zu 1) mit Schriftsatz vom
28. Februar 2011, beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag über
Fax eingegangen, Einspruch erhoben und beantragt, das Streitpatent wegen
fehlender Neuheit (§ 3 PatG) und erfinderischer Tätigkeit (§ 4 PatG) in vollem
Umfang zu widerrufen. Dazu hat sie in diesem Schriftsatz neben der bereits aus
dem Prüfungsverfahren bekannten Druckschrift D1 auf die weiteren Druckschriften
E1 Josef Lutz: Freilaufdioden für schnell schaltende Leistungsbauelemente,
Verlag ISLE, 2000, ISBN 3-932633-44-X
E2 Nowak, W.-D. u. a.: Improved Switching Behaviour of Fast Power Diodes,
In: PCIM Europe, ApriI/May 1989, S. 98-102
E3 DE 198 51 461 A1
verwiesen und insbesondere ausgeführt, dass das Halbleiterbauteil des erteilten
Anspruchs 1 und das zugehörige Herstellungsverfahren des erteilten Anspruchs 3
durch die Druckschrift E1 neuheitsschädlich vorweggenommen und zudem durch
die Druckschriften E2 und D1 jeweils nahegelegt würden.
Mit Schriftsatz vom 2. März 2011, beim Deutschen Patent- und Markenamt am
selben Tag über Fax eingegangen, hat die Einsprechende zu 2) ebenfalls Ein-
spruch erhoben und beantragt, das Streitpatent wegen fehlender erfinderischer
Tätigkeit (§ 4 PatG) zu widerrufen. Als Beleg hat sie in ihrem Einspruchsschriftsatz
sowie in ihrer weiteren Eingabe vom 15. Februar 2013 neben der Druckschrift E1
auf die Druckschriften
- 4 -
E4 DE 38 23 795 C2
E5 Wondrak, Wolfgang und Boos Alfred: Helium Implantation for Lifetime
Control in Silicon Power Devices In: Proc. of ESSDERC 87, Bologna,
1987, S. 649-652
E6 EP 0 071 276 B1
E7 Vobecký, Jan u. a.: Optimization of Power Diode Characteristics by Means
of Ion Irradiation, In: IEEE TRANSACTIONS ON ELECTRON DEVICES
Vol. 43, No. 12, December 1996, S. 2283-2289
hingewiesen und dargelegt, dass das Halbleiterbauteil des erteilten Anspruchs 1
und das zugehörige Herstellungsverfahren des erteilten Anspruchs 3 durch die
Druckschrift E4 i. V. m. einer der Druckschriften E1, E5 oder E7 nahegelegt wür-
den.
Zudem wurde in der Anhörung vom 21. Februar 2013 von der Einsprechenden zu
1) noch folgende Druckschrift in das Verfahren eingeführt:
E8 DE 198 37 944 A1.
Die Patentinhaberin hat in ihren Eingaben vom 13. August 2012 und
4. Februar 2013 dem Vortrag der Einsprechenden widersprochen.
Nach Prüfung des als zulässig angesehenen Einspruchs hat die Patentabtei-
lung 33 des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung vom
21. Februar 2013, in der die Patentinhaberin das Patent in der erteilten Fassung
und mit den in der Eingabe vom 4. Februar 2013 eingereichten Unterlagen nach
Hilfsanträgen 1 bis 4 verteidigt hat, das Streitpatent widerrufen.
In der elektronischen Akte des DPMA finden sich drei in Details unterschiedliche
PDF-
Dateien mit der Bezeichnung „Beschluss Widerruf - Signiert“ und jeweils drei
zugehörige Signaturdateie
n „SIG-1“, „SIG-2“ und „SIG-3“.
- 5 -
Gegen diesen Beschluss, der Patentinhaberin am 18. März 2013 zugestellt, richtet
sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 15. April 2013, am selben Tag beim
Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, bzw. die präzisierte Fassung der
Beschwerde vom 16. April 2013, mit den nachgereichten Eingaben vom
13. August 2013 und 21. September 2015, in denen zusätzlich auf die Anlage
A
Anders, André (Ed.); Handbook of plasma immersion ion implantation and
deposition, John Wiley & Sons, 2000, S. 658-663, ISBN 0-471-24698-0
und einen Wikipedia-
Auszug zum Begriff „Halbwertsbreite“ verwiesen wird.
Mit Schriftsätzen vom 11. November 2013 und 14. September 2015 bzw.
16. September 2015 haben die Einsprechenden zu 1) bzw. 2) dem Vortrag der
Patentinhaberin widersprochen.
Die Patentinhaberin beantragt,
1. Hauptantrag
Den Beschluss der Patentabteilung 33 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 21. Februar 2013 (schriftlich begründet durch
Beschluss vom 13. März 2013) aufzuheben und das Patent Nr.
10 2005 014 932 im erteilten Umfang aufrecht zu erhalten;
2. Hilfsantrag I
a. Das Patent Nr. 10 2005 014 932
mit der Bezeichnung „Halbleiterbauteil und Verfahren zu seiner Her-
stellung“
dem Anmeldetag 1. April 2005 unter Inanspruchnahme der Priorität
JP 2004/158223 vom 27. Mai 2004
in beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten
nach Maßgabe folgender Unterlagen:
- 6 -
- Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag I, eingegangen am
13. August 2013;
- Beschreibungsseiten 2/14 bis 7/14 gemäß Patentschrift;
- 6 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 8 gemäß Patentschrift;
b. Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben;
3. Hilfsantrag II
a. Hilfsweise das unter 2a. genannte Patent zu erteilen auf der
Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag II, eingegangen am
13. August 2013;
- die unter 2a. genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen;
b. Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben;
4. Hilfsantrag III
a. Hilfsweise das unter 2a. genannte Patent zu erteilen auf der
Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag III, eingegangen am
13. August 2013;
- die unter 2a. genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen;
b. Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben;
5. Hilfsantrag IV
a. Hilfsweise das unter 2a. genannte Patent zu erteilen auf der
Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag IV, eingegangen am
13. August 2013;
- die unter 2a. genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen;
b. Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben;
- 7 -
6. Hilfsantrag V
a. Hilfsweise das unter 2a. genannte Patent zu erteilen auf der
Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag V, eingegangen am
13. August 2013;
- die unter 2a. genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen;
b. Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben;
7. Hilfsantrag VI
a. Hilfsweise das unter 2a. genannte Patent zu erteilen auf der
Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag VI, eingegangen am
13. August 2013;
- die unter 2a. genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen;
b. Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben;
8. Hilfsantrag VII
a. Hilfsweise das unter 2a. genannte Patent zu erteilen auf der
Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag VII, eingegangen am
21. September 2015;
- die unter 2a. genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen;
b. Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben.
Die Einsprechende zu 1) beantragt:
Die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Einsprechende zu 2) beantragt:
Die Beschwerde zurückzuweisen.
- 8 -
Der mit Gliederungspunkten versehene, ansonsten aber wörtlich wiedergegebene
erteilte Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:
Halbleiterbauteil, umfassend:
(a) eine Halbleiterschicht (22) eines ersten Leitfähigkeitstyps;
(b) eine wenigstens 12,6 µm und maximal 22 µm tiefe Diffusionsregion
(23), die aus einer Halbleiterregion des zweiten Leitfähigkeitstyps
gebildet ist, die selektiv an einer Oberflächenschicht der
Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps gebildet ist, mit
einer eine tiefste Position d1 aufweisenden p-n-Übergangsfläche
(31), die die Übergangsfläche zwischen der Diffusionsregion (23)
und der Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps ist;
(c) eine Kurzlebensdauer-Region (32), in der die Lebensdauer der
Ladungsträger kürzer ist als die Lebensdauer der Ladungsträger in
den anderen Regionen,
(d) indem ein Lebensdauerunterdrücker einbezogen ist, der gebildet ist
durch Bestrahlung mit He-Ionen oder anderen leichten Ionen,
(e) wobei die Bestrahlung so durchgeführt wird, dass die Position der
Spitze der Ionen in einen Bereich zwischen 80% und 120% der
Tiefe d1 der Diffusionsregion (23) fällt,
(f)
und die sich über die gesamte Halbleiterschicht (22) des ersten
Leitfähigkeitstyps und die Diffusionsregion (23) erstreckt
(g) von einer ersten Tiefenposition d2, die weniger tief ist als die tiefste
Position d1 der p-n-Übergangsfläche (31), bis zu einer zweiten
- 9 -
Tiefenposition d3, die tiefer ist als die tiefste Position d1 der p-n-
Übergangsfläche (31),
(h) wobei das Halbleiterbauteil eine pin-Diode ist.
Hilfsantrags I
nach Merkmal (d) das folgende Merkmal (d1) eingefügt wird:
(d1)
„aber ohne Elektronenbestrahlung,“.
Hilfsantrags II
nach Merkmal (h) das folgende Merkmal (h1) angefügt wird:
(h1)
„wobei die pin-Diode eine di/dt-Festigkeit von mindestens 4000
A/µs aufweist und eine Vorwärtsspannung zwischen 1,3 V und
1,425 V aufweist.“
Hilfsantrags III
nach Merkmal (f) das folgende Merkmal (f1) eingefügt wird:
(f1)
„und sich ausschließlich erstreckt“.
Hilfsantrags IV
nach Merkmal (g) das folgende Merkmal (g1) eingefügt wird:
(g1)
„wobei die Tiefe d1 der Diffusionsregion (23) gleich oder größer der
Bestrahlungshalbwertsbreite ist und“.
Hilfsantrags V
das Merkmal (f) durch das folgende Merkmal (f‘) ersetzt wird (die gegenüber dem
erteilten Merkmal (f) zusätzlichen Merkmale sind unterstrichen):
- 10 -
(f‘) „und die Kurzlebensdauer-Region (32) mit einer Breite in der
Größenordnung von 5 µm sowohl oberseitig als auch unterseitig
von der Position d1 gebildet ist und die Kurzlebensdauer-Region
(32) sich über die gesamte Halbleiterschicht (22) des ersten
Leitfähigkeitstyps und die Diffusionsregion (23) erst
reckt“.
Hilfsantrags VI
nach Merkmal (h) das folgende Merkmal (h2) angefügt wird:
(h2)
„wobei die Diffusionsregion (23) eine Schutzringregion (24, 25)
enthält, die um einen aktiven Bereich, in dem im Betrieb als
Halbleiterbauteil ein Strom fließt, herumgelegt ist und mit ihren
tiefsten Abschnitten in die Kurzlebensdauer-Region (32) hin
einragt.“
Hilfsantrags VII
VI, indem das Merk
mal (f) durch das folgende Merkmal (f‘‘) ersetzt wird (die
gegenüber dem erteilten Merkmal (f) zusätzlichen Merkmale sind unterstrichen):
(f
‘‘) „und die sich parallel zu einer Unterseite der Übergangsfläche
zwischen der Diffusionsregion (23) und der Halbleiterschicht (22)
des ersten Leitfähigkeitstyps über die gesamte Halbleiterschicht
(22) des ersten Leitfähigkeitstyps und die Diffusionsregion (23)
erstreckt“
und indem nach Merkmal (h2) das folgende Merkmal (h3) angefügt wird:
(h3)
„wobei die erste Tiefenposition d2 beabstandet ist von einer
Oberseite der Diffusionsregion (23) und einer Oberseite der
Schutzringregion (24, 25)“.
- 11 -
Hinsichtlich der abhängigen Ansprüche und des nebengeordneten Verfahrensan-
spruchs des jeweiligen Antrags sowie der weiteren Einzelheiten wird auf die Pa-
tentschrift und den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig.
Sie erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom
22. September 2015 aber als unbegründet, da sowohl das Halbleiterbauteil des
erteilten Anspruchs 1 als auch das der jeweiligen Ansprüche 1 der Hilfsanträge I
bis VII gegenüber der Druckschrift E1 i. V. m. der Druckschrift E8 nicht auf einer
erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns beruht (§ 4 PatG), weshalb
das Patent zu widerrufen war (§§ 59 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG). Der Beschluss
der Patentabteilung 33 des Deutschen Patent- und Markenamtes hält somit einer
Überprüfung stand.
Der Senat legt die Hilfsanträge II bis VII der Patentinhaberin dahingehend aus,
dass diese in den genannten Hilfsanträgen
– wie auch in ihrem Hilfsantrag I – be-
antragt, das Streitpatent jeweils „in beschränktem Umfang aufrechtzuerhalten“.
Die Patentinhaberin hat in ihrem Hilfsantrag I b
eantragt, das Patent „in be-
schränktem Umfang aufrechtzuerhalten“, wohingegen sie in ihren Hilfsanträgen II
bis VII jeweils beantragt
hat, das „Patent zu erteilen“. Im Einspruchsbeschwerde-
verfahren kann jedoch, wie § 21 und § 61 PatG bestimmen, nur darüber entschie-
den werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Patent aufrechtzuer-
halten ist oder ob dieses widerrufen wird. Eine Entscheidung, ein Patent zu ertei-
len, ist im Einspruchsbeschwerdeverfahren somit gar nicht möglich.
Die oben genannte Auslegung ergibt sich aus dem Vorbringen der Patentinhaberin
in ihrem Schriftsatz vom 13. August 2013, eingegangen am selben Tag, in dem
- 12 -
die Patentinhaberin auf Seite 14 vorträgt, dass der unabhängige Vorrichtungsan-
spruch 1 gem
äß Hilfsantrag II „auf Anspruch 1 in der erteilten Fassung, spezifiziert
jedoch zusätzlich“ durch eine weitere Angabe, basiere. Damit bringt die Patentin-
haberin zum Ausdruck, dass es ihr im Hilfsantrag II um eine „Spezifikation“ des
erteilten Streitpatents geht, sie also insoweit die beschränkte Aufrechterhaltung
des Streitpatents beantragt. Entsprechendes gilt für die Hilfsanträge III bis VI
(Schriftsatz vom 13. August 2013, Seiten 16 bis 20) und den Hilfsantrag VII
(Schriftsatz vom 21. September 2015, eingegangen am selben Tag, Seite 8).
Die Auslegung der Hilfsanträge II bis VII der Patentinhaberin durch den Senat ver-
stößt nicht gegen den in § 308 Abs.
1 ZPO niedergelegten Grundsatz „ne ultra
petita“, wonach das BPatG vom gestellten Antrag nicht abweichen und nur diesem
entsprechen oder ihn zurückweisen, nicht aber mehr, weniger oder ein aliud zu-
sprechen kann (siehe dazu Schulte, PatG, 9. Auflage, Einl Rdn. 7). Der genannte
Grundsatz hindert nämlich den Senat nicht daran, die von der Patentinhaberin ge-
stellten Anträge auszulegen, weil für die Bestimmung des Antrags nicht nur des-
sen Wortlaut maßgebend, sondern sein Inhalt durch Auslegung auf der Grundlage
des Vorbringens der Patentinhaberin zu ermitteln ist (BGH NJW 1994, 788, 790,
II.3.a)
– Unterhaltsaufwand für Kind als Schaden; BGH NJW-RR 1997, 1000,
1001, 4.
– Fünf- und Zehnjahreslaufzeitklauseln in Versicherungsverträgen (Deut-
scher Herold); BAG NZA 1993, 561, 562, II.2.b)
– Mitbestimmung des Betriebsrats
bei Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen sowie bei An-
hebung der Gehälter von AT-Angestellten; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage,
§ 308 ZPO Rdn. 2).
1.
In der elektronischen Akte des DPMA existieren drei mit „Beschluss Wider-
ruf -
Signiert“ bezeichnete PDF-Dateien, die jeweils, ebenso wie die Dokumentan-
zeige in den Signaturdateien, zwei Beschlusstexte enthalten, so dass eine präzise
Bestimmung der Urschrift nicht möglich ist. Da aber der Tenor und die Gründe der
mehrfach vorhandenen Beschlusstexte in den beiden PDF-Dateien übereinstim-
men, ist der Inhalt der Entscheidung, die mit den qualifizierten Signaturen verse-
- 13 -
hen werden sollte, zumindest bestimmbar (vgl. BPatG BlPMZ 2014, 355, 356 -
Anordnung zur Erfassung von Berührungen auf einer Trägerplatte), weshalb der
Senat keine Veranlassung sieht, das Verfahren nach § 79 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 PatG
an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
2.
Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von Amts wegen in jedem
Verfahrensstadium, auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen (vgl. Schulte, PatG,
9. Auflage, § 59 Rdn. 51 und 150 bis 152; BGH GRUR 1972, 592
– „Sortiergerät“),
da nur das Vorliegen eines zulässigen Einspruchs die weitere sachliche Überprü-
fung eines erteilten Patents erlaubt.
Vorliegend sind die form- und fristgerecht erhobenen Einsprüche beider Einspre-
chenden zulässig, weil zu dem geltend gemachten Einspruchsgrund der mangeln-
den Patentfähigkeit aufgrund fehlender Neuheit bzw. erfinderischer Tätigkeit (§ 21
Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. § 3 PatG bzw. § 4 PatG ) jeweils substantiiert Stellung
genommen wurde. So haben die Einsprechenden zu 1) und 2) jeweils im Einzel-
nen angegeben, wo welche Merkmale des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1
in den einzelnen Druckschriften offenbart seien, und wie sich der Gegenstand des
Anspruchs 1 durch Zusammenschau der Druckschriften ihrer Meinung nach er-
gebe. Auch zu den Unteransprüchen wurde substantiiert Stellung genommen und
angegeben, wo in den genannten Druckschriften die in diesen Ansprüchen bean-
spruchten Merkmale offenbart seien, oder wie sie sich ergäben. Insgesamt sind
somit die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen aufgeführt
(§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG). Die Patentabteilung 33 des Deutschen Patent- und
Markenamts und auch die Patentinhaberin wurden demnach in die Lage versetzt,
ohne eigene Nachforschungen festzustellen, ob die behaupteten Einspruchs-
gründe vorliegen (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leitsatz 2, 251, liSp, Abs. 1 -
Epoxidation; Schulte, PatG, 9. Auflage, § 59 Rdn. 83 bis 89).
- 14 -
3.
Das Streitpatent betrifft eine pin-Diode, d. h. eine pn-Halbleiterdiode, bei der
zwischen der p- und der n
+
-dotierten Halbleiterschicht zusätzlich eine schwach n-
dotierte Halbleiterschicht angeordnet ist, mit einer hohen Festigkeit gegen eine durch
einen Spannungsstoß verursachte und auf das Halbleitermodul treffende Span-
nungsstoßwelle sowie das zugehörige Herstellungsverfahren.
Solche pin-Dioden werden u. a. in Kraftfahrzeug-Leistungsmodulen verwendet.
Beispielsweise wird für ein Modul mit einer Nennspannung von 1200 V eine pin-
Diode mit einer Durchbruchspannung von mindestens 1600 V eingesetzt, wobei
aus Sicherheitsgründen eine die Nennspannung deutlich übersteigende
Durchbruchspannung gefordert wird, damit die pin-Diode eine die Nennspannung
ggf. übersteigende äußere Spannung schadlos übersteht. Darüber hinaus müssen
für diesen Verwendungszweck eingesetzte pin-Dioden auch einen niedrigen
Spannungsabfall in Durchlassrichtung, also eine niedrige Vorwärtsspannung VF
haben. So wird für eine Diode bei einer Modul-Nennspannung von 1200 V für die
Vorwärtsspannung VF ein Wert in der Größenordnung von höchstens 1,2 V bis
1,5 V verlangt.
Jedoch weist im Fall einer von einem Spannungsstoß bewirkten und beim Modul
während seines Betriebs eingehenden Stoßwelle diese eine steil abfallende
Flanke (zeitliche Stromänderung di/dt) auf, wodurch die Diode in unerwünschter
Weise beschädigt oder zerstört werden kann,
.
Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die
Aufgabe zugrunde, ein Halbleiterbauteil zu schaffen, das eine di/dt-Festigkeit hat,
die ausreichend und in solchem Maß hoch ist, dass das Bauteil einer abrupten
und steilen Spannungsstoßwelle widerstehen kann und eine niedrige
Vorwärtsspannung VF hat. Ein weiteres Ziel besteht darin, ein Verfahren zum
Herstellen des Halbleiterbauteils anzugeben, mit dessen Hilfe ein Halbleiterbauteil
mit einer ausreichend hohen di/dt-Festigkeit (um das Bauteil widerstandsfähig
- 15 -
gegenüber einer solchen Stoßwelle zu machen) und mit einer niedrigen
Vorwärtsspannung VF hergestellt werden kann, .
Hinsichtlich des Gegenstands wird diese Aufgabe gemäß Hauptantrag durch das
Halbleiterbauteil des erteilten Anspruchs 1 gelöst bzw. durch das Halbleiterbauteil
der jeweiligen Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen I bis VII.
Die Lösungen gemäß dem jeweiligen selbständigen Verfahrensanspruch des
Hauptantrags bzw. der Hilfsanträge I bis VII sind auf das Herstellungsverfahren
des Halbleiterbauteils nach dem jeweiligen Anspruch 1 gerichtet und umfassen
lediglich die als Verfahren formulierten Merkmale der jeweiligen Ansprüche 1.
Das Halbleiterbauteil des erteilten Anspruchs 1 geht von einer pin-Diode aus, wie
sie in Fig. 7 des Streitpatents dargestellt ist, in die als wesentliches Merkmal der
streitpatentgemäßen Lösung eine Kurzlebensdauer-Region (32), wie in Fig. 1
gezeigt, eingebracht wird. Dabei geben die Merkmale (a), (b) und (h) den
grundlegenden Schichtaufbau der pin-Diode an, wohingegen die Merkmale (c) bis
(g) die Ausgestaltung der Kurzlebensdauer-Region betreffen. Diese zeichnet sich
dadurch aus, dass in ihr die Lebensdauer der Ladungsträger kürzer ist als die
Lebensdauer der Ladungsträger in den anderen Regionen, und zwar indem durch
Bestrahlung mit He-Ionen oder anderen leichten Ionen in dieser Region ein sog.
Lebensdauerunterdrücker gebildet ist. Dazu wird die Bestrahlung so durchgeführt,
dass die Position der Spitze der Ionen in einen Bereich zwischen 80% und 120%
der Tiefe d1 der Diffusionsregion (23) fällt, und dass sie sich über die gesamte
Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps und die Diffusionsregion (23)
erstreckt von einer ersten Tiefenposition d2, die weniger tief ist als die tiefste
Position d1 der p-n-Übergangsfläche (31), bis zu einer zweiten Tiefenposition d3,
die tiefer ist als die tiefste Position d1 der p-n-Übergangsfläche (31),
- 16 -
In den jeweiligen Ansprüchen 1 der Hilfsanträge wird die Struktur der pin-Diode
und die Ausgestaltung der Kurzlebensdauer-Region (32) dahingehend präzisiert,
dass
I. deren Herstellung ohne Elektronenbestrahlung erfolgt (Hilfsantrag I),
II. die pin-Diode eine vorgegebene di/dt-Festigkeit und Vorwärtsspannung
aufweist, (Hilfsantrag II),
III. sich die Kurzlebensdauer-Region (32) ausschließlich innerhalb der
Tiefenpositionen d2 bis d3 erstreckt (Hilfsantrag III),
IV. die Tiefe d1 der Diffusionsregion (23) gleich oder größer der
Bestrahlungshalbwertsbreite ist (Hilfsantrag IV),
V. die Kurzlebensdauer-Region (32) mit einer Breite in der Größenordnung
von 5 µm sowohl oberseitig als auch unterseitig von der Position d1
gebildet ist (Hilfsantrag V),
VI. die Diffusionsregion (23) eine Schutzringregion (24, 25) enthält, die um
einen aktiven Bereich, in dem im Betrieb als Halbleiterbauteil ein Strom
fließt, herumgelegt ist und mit ihren tiefsten Abschnitten in die
Kurzlebensdauer-Region (32) hereinragt (Hilfsantrag VI, vgl. Fig. 1),
VII.
a) die Kurzlebensdauer-Region (32) sich parallel zu einer Unterseite der
Übergangsfläche
zwischen
der
Diffusionsregion
(23)
und
der
Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps über die gesamte
Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps und die Diffusionsregion
(23) erstreckt,
b) die Diffusionsregion (23) eine Schutzringregion (24, 25) enthält, die um
einen aktiven Bereich, in dem im Betrieb als Halbleiterbauteil ein Strom
fließt, herumgelegt ist und mit ihren tiefsten Abschnitten in die
Kurzlebensdauer-Region (32) hineinragt, und
c) die erste Tiefenposition d2 beabstandet ist von einer Oberseite der
Diffusionsregion (23) und einer Oberseite der Schutzringregion (24, 25)
(Hilfsantrag VII).
- 17 -
Mit diesen Maßnahmen wird eine Diode erhalten, die ohne wesentliche Erhöhung
der Vorwärtsspannung VF eine ausreichend hohe di/dt-Festigkeit gegen eine
Stoßwelle mit einem hohen di/dt- Wert aufweist, .
Dabei wird der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die Zusatzmerkmale in den
Hilfsanträgen III, IV, V und VII insbesondere dahingehend präzisiert, dass sich die
Kurzlebensdauer-Region ober- und unterhalb des pn-Übergangs befindet, aber
möglichst nicht bis zur Halbleiteroberseite erstreckt, und in den Hilfsanträgen VI
und VII (obige Merkmale a) und b)) wird insbesondere konkretisiert, dass die
Kurzlebensdauer-Region möglichst parallel zur Halbleiteroberfläche verläuft.
Wie in Abs. [0060] weiter ausgeführt, eignen sich das Bauteil und das Verfahren
des Streitpatents sowohl für pin-Dioden, die für einen Umsetzer verwendet
werden, als auch für pin-Dioden, die als Freilaufdiode für einen Inverter eingesetzt
werden.
4.
Das Halbleiterbauteil des mit Hauptantrag verteidigten erteilten Anspruchs 1
beruht ebenso wie auch das jeweilige Bauteil der Ansprüche 1 nach den Hilfsan-
trägen I bis VII auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns bezüglich der
Lehre von Druckschrift E1 i. V. m. der Lehre der E8, so dass es nicht patentfähig
ist.
Bei dieser Sachlage kann die Erörterung der Zulässigkeit der Ansprüche des
Hauptantrags und der Hilfsanträge dahingestellt bleiben (vgl. BGH GRUR 1991,
120, 121, II.1
– „Elastische Bandage“).
Der Fachmann ist hier als ein berufserfahrener Physiker oder Ingenieur der Elekt-
rotechnik mit Hochschulabschluss und mit Erfahrung in der Halbleitertechnik sowie
Kenntnissen des Aufbaus und der Herstellung von Leistungshalbleiterbauteilen zu
definieren, der mit der Entwicklung solcher Halbleiterbauteile befasst ist.
- 18 -
4.1.
Die den nächstkommenden Stand der Technik bildende Druckschrift E1 ist
eine als Buch vorveröffentlichte Dissertation mit dem Titel „Freilaufdioden für
schnell schaltende Leistungsbauelemente“, die sich insbesondere mit Dioden vom
pin-Typ befasst, Anhand der Figuren 1, 5 und 35 wird de-
ren Dotierprofil und prinzipieller Aufbau mit der p- Anoden- bzw. Emit-
terzone unterhalb der Anodenmetallisierung, der daran anschließenden, schwach
n-dotierten Mittelzone und der darunter befindlichen hochdotierten n
+
-Außenzone
erläutert. Wie zudem in Fig. 5 und der zugehörigen Beschreibung im dritten Ab-
satz der Seite 10 beschrieben ist, werden in einem einzigen Maskenschritt p-do-
tierte Guard-Ringe gemeinsam mit der p-Anodenzone hergestellt, die folglich, wie
auch Fig. 5 entnehmbar, dieselbe Eindringtiefe haben, deren Wert typischerweise
bei 20 µm liegt
, aber in einem weiten Bereich variiert werden kann
Damit offenbart die Druckschrift E1 mit den Worten des erteilten Anspruchs 1 ein
Halbleiterbauteil, umfassend:
(a) eine Halbleiterschicht
eines ersten Leitfähigkeits-
typs;
(b) eine wenigstens 12,6 µm und maximal 22 µm tiefe Diffusionsregion
, die aus einer Halbleiterregion des
zweiten Leitfähigkeitstyps gebildet ist, die selektiv an einer Oberflächenschicht
der Halbleiterschicht
des ersten Leitfähigkeitstyps gebildet ist,
mit einer eine tiefste Position d1 aufweisenden p-n-Übergangsfläche, die die
Übergangsfläche zwischen der Diffusionsregion und der
Halbleiterschicht
des ersten Leitfähigkeitstyps ist;
(h) wobei das Halbleiterbauteil eine pin-Diode ist.
- 19 -
In den Kapiteln 2.5, 3.4 und 4.3 (insbesondere 4.3.4) geht die Druckschrift E1 auf
die Möglichkeit ein, mittels der Bestrahlung mit Heliumkernen in einer definierten
Eindringtiefe der pin-Diode ein Profil von Rekombinationszentren zu erzeugen, mit
dem sich die elektrischen Eigenschaften solcher Halbleiterbauteile durch die loka-
lisierte Verringerung der Ladungsträgerlebensdauer optimieren lassen. In Kap. 2.5
werden dazu qualitative Rechnungen durchgeführt, die auf Seite 22 unter Punkt 5
dahingehend zusammengefasst werden, dass die Trägerlebensdauer am pn-
Übergang niedriger sein soll als im daran angrenzenden Bereich. Dies wird im
ersten Satz des Kapitels 3.4 noch einmal durch folgende Aussage hervorgehoben:
,
wobei in diesem Kapitel auf Seite 31, zweiter bis vierter Absatz, auf experimentelle
Arbeiten anderer Autoren betreffend die Protonen- und Heliumbestrahlung von
Halbleiterbauelementen eingegangen wird, die alle zu dem Schluss gekommen
seien, dass die Zone hoher Rekombinationszentrendichte, d. h. die Zone niedriger
Ladungsträgerlebensdauer, wie in Bild 21d dargestellt, in der Nähe des pn-Über-
gangs anzuordnen sei. Da in dieser Figur 21d das Maximum der Rekombinations-
zentren und damit auch das Maximum der Helium-Ionen genau mit dem pn-Über-
gang zusammenfällt, versteht der Fachmann die das Bild 21d beschreibende
Formulierung
so, dass damit insbesondere der
Fall umfasst ist, dass das Maximum direkt auf dem pn-Übergang liegt, denn diese
Ausgestaltung wird ja in Bild 21d gerade mit der Formulierung
beschrieben.
Die so erzeugten Bauelemente werden in E1 als Controlled Axial Lifetime (CAL)
Dioden bezeichnet und beginnend mit Kap. 6 ausführlich beschrieben, wobei die
Bestrahlung gemäß den Erläuterungen in Kap. 6.1 an pin-Dioden entsprechend
den Figuren 5 und 35 durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang wird auch
erläutert, dass die Bestrahlung nach der Metallisierung der Halbleiterscheibe er-
folgt (vgl. auch den in Tabelle II auf Seite 46 dargestellten Herstellungsprozess
einer Planar-pin-Diode) und dass über die Energie der He
++
-Ionen die Eindring-
- 20 -
tiefe und damit die Lage der Rekombinationszentren in Tiefenrichtung gesteuert
wird und über die Dosis der Bestrahlung die Rekombinationszentrendichte, wobei
als dritter Parameter außerdem die Grundlebensdauer im Volumenmaterial durch
Elektronenbestrahlung ggf. in Kombination mit einer Schwermetalldiffusion einge-
stellt werden kann. Gemäß Tabelle II auf Seite 46 sind Schwermetalldiffusion,
He
++
-Implantation und Elektronenbestrahlung jeweils optionale Verfahrensschritte,
die folglich auch weggelassen werden können. In der Zusammenfassung auf
Seite 105, vorletzter Absatz, wird als eines der Ergebnisse hervorgehoben, dass
mit der CAL-Technologie schnelle Dioden mit gegenüber bisherigen Technologien
der Trägerlebensdauereinstellung verbesserten Gesamteigenschaften erreicht
würden, und dass der günstigste Kompromiss zwischen Schalteigenschaften und
Durchlassspannung erreicht werde, wenn die Zone hoher Rekombinationszen-
trendichte nahe am pn-Übergang bzw. im p-Emitter selbst angeordnet werde. Un-
ter Berücksichtigung der Ausführungen zu Fig. 21d lehrt die Druckschrift E1 den
Fachmann folglich, die He
++
-Implantation so einzustellen, dass ihr Maximum ge-
nau am pn-Übergang zwischen Emitter und Mittelzone oder oberhalb davon, d. h.
innerhalb des p-Emitters, liegt, vgl. auch Seite 59, erster und dritter Absatz i. V. m.
Fig. 42 auf Seite 53 (x-xj =
–2 µm bedeutet, dass sich das Maximum der He++-
Implantation 2 µm oberhalb des pn-Übergangs, der in 20 µm Tiefe angeordnet ist,
befindet, d.h. in 18 µm Tiefe), sowie Fig. 21d auf Seite 30. Wie in Figur 21d eben-
falls offenbart, kann das Tiefenprofil der Dotierung so ausgebildet sein, dass das
Maximum der Dotierung mit der Lage des pn-Übergangs zusammenfällt und stark
lokalisiert ist, wobei die Halbwertsbreite dieses Profils deutlich kleiner als die Tiefe
des p-Emitters ist, und keine Dotierung im Oberflächenbereich des p-Emitters er-
folgt.
Somit umfasst die in Druckschrift E1 offenbarte pin-Diode neben den Merkmalen
(a), (b) und (h) auch die Merkmale (c) bis (e) und (g) des Anspruchs 1, d. h. mit
dessen Worten
- 21 -
(c)
eine Kurzlebensdauer-Region
, in der die
Lebensdauer der Ladungsträger kürzer ist als die Lebensdauer der La-
dungsträger in den anderen Regionen
(d)
indem ein Lebensdauerunterdrücker einbezogen ist, der gebildet ist durch
Bestrahlung mit He-Ionen oder anderen leichten Ionen
,
(e)
wobei die Bestrahlung so durchgeführt wird, dass die Position der Spitze
der Ionen in einen Bereich zwischen 80% und 120% der Tiefe d1 der Diffu-
sionsregion fällt
,
(g)
von einer ersten Tiefenposition d2, die weniger tief ist als die tiefste Position
d1 der p-n-Übergangsfläche, bis zu einer zweiten Tiefenposition d3, die
tiefer ist als die tiefste Position d1 der p-n-Übergangsfläche
Das verbleibende Merkmal (f), wonach sich die Kurzlebensdauer-Region über die
gesamte Halbleiterschicht des ersten Leitfähigkeitstyps
und die Diffusi-
onsregion erstrecktergibt sich für den Fachmann in naheliegender
Weise aufgrund seiner durch die Druckschrift E8 belegten Fachkenntnisse. Denn
er weiß, dass die Schutzringregion der in E1 verwendeten pin-Diode
von grundlegender Bedeutung
für eine hohe Durchbruchspannung der Diode ist, da der Randbereich wegen der
dort auftretenden Feldstärken den kritischsten Bereich der Diode darstellt, und
dass die in der E1 nach der Metallisierung und Passivierung der Diode erfolgende
Heliumbestrahlung zu einem ungleichmäßigen Helium-Dotierprofil gerade im
Randbereich und damit im Schutzringbereich der Diode führt und zudem die Pas-
sivierung schädigen kann,
- 22 -
. Aufgrund dieser ihm bekannten Nachteile
wird der Fachmann die Lehre der E1 in naheliegender Weise entsprechend den
Ausführungen in der E8 abändern und die Heliumbestrahlung wie dort erläutert vor
der Metallisierung und Passivierung der pin-Diode durchführen, so dass die ge-
samte anodenseitige Oberfläche des Halbleiterbauteils gleichmäßig bestrahlt wird,
und die Kurzlebensdauerregion annähernd parallel zur Halbleiteroberfläche ver-
läuft und sich über die gesamte Halbleiterschicht des ersten Leitfähigkeitstyps
und die Diffusionsregion erstreckt,
Das Halbleiterbauteil des erteilten Anspruchs 1 wird dem Fachmann somit durch
die Druckschrift E1 i. V. m. der Druckschrift E8 nahegelegt.
4.2.
Druckschrift E1 legt dem Fachmann das Zusatzmerkmal des Anspruchs 1
nach Hilfsantrag I, wonach die Kurzlebensdauer-Region ohne Elektronenbestrah-
lung gebildet wird, ebenfalls nahe, denn gemäß der Tabelle II auf Seite 46 der E1
sind die drei Verfahrensschritte Schwermetalldiffusion, He
++
-Implantation und
Elektronenbestrahlung jeweils optionale Verfahrensschritte. Diese einzelnen
Schritte können folglich auch weggelassen werden, weswegen der Fachmann der
E1 auch die Anregung entnimmt, die pin-Diode lediglich einem He
++
-Implantati-
onsschritt aber keiner Elektronenbestrahlung auszusetzen.
4.3.
Das Zusatzmerkmal des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag II, wonach die pin-
Diode eine di/dt-Festigkeit von mindestens 4000 A/µs und eine Vorwärtsspannung
zwischen 1,3 V und 1,425 V aufweist, ergibt sich für den Fachmann ebenfalls in
naheliegender Weise aus der E1, denn es kann keine erfinderische Tätigkeit be-
gründen, ausgehend von der Lehre der E1 He
++
-dotierte pin-Dioden mit solchen
elektrischen Eigenschaften bereitzustellen, da diese Parameter im üblichen Be-
reich liegen. So hat ein Teil der in der E1 beschriebenen CAL-Dioden gemäß der
Figur 56 auf Seite 64 ebenfalls di/dt-Festigkeiten oberhalb von 4000 A/µs, und
hinsichtlich der eingestellten Vorwärtsspannung bzw. Durchlassspannung ist so-
- 23 -
wohl auf den ersten Absatz der Seite 48 von E1 zu verweisen, wonach die Dioden
eine Durchlassspannung von 1,4 bis 1,5 V (bei 75 A) aufweisen und somit inner-
halb des geforderten Bereichs liegen, als auch auf die Figur 61b (Seite 67) hinzu-
weisen, in der die Strom-Spannungskennlinie einer CAL-Diode gezeigt ist, aus der
sich ebenfalls eine Vorwärtsspannung im Bereich von 1,3 bis 1,425 V ergibt, da es
das Streitpatent offen lässt, bei welcher Stromstärke die Vorwärtsspannung be-
stimmt wird.
4.4.
Nach dem Zusatzmerkmal des Hilfsantrags III soll sich die Kurzlebens-
dauer-Region ausschließlich innerhalb der Tiefenpositionen d2 und d3 erstrecken.
Dieses Merkmal entnimmt der Fachmann jedoch der Fig. 21d von Druckschrift E1,
die ebenso wie die Fig. 1 des Streitpatents zeigt, dass die Kurzlebensdauer-Re-
gion nur innerhalb dieses engen Bereichs ober- und unterhalb des pn-Übergangs
angeordnet ist.
Damit ergibt sich auch das Bauteil des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag III in nahelie-
gender Weise aus der E1 in Kombination mit der E8.
4.5.
Das Zusatzmerkmal des Hilfsantrags IV, wonach die Tiefe d1 der
Diffusionsregion gleich oder größer der Bestrahlungshalbwertsbreite ist, entnimmt
der Fachmann ebenfalls der E1, .
Folglich beruht auch das Halbleiterbauteil des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag IV
nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4.6.
Das Zusatzmerkmal des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag V, wonach die
Kurzlebensdauer-Region mit einer Breite in der Größenordnung von 5 µm sowohl
oberseitig als auch unterseitig von der Position d1 gebildet ist, wird dem Fach-
mann aus obigen Gründen ebenfalls nahegelegt,
, insbesondere da der Begriff Größenordnung typischer-
weise den Faktor 10 umfasst, und folglich die Breite der Kurzlebensdauer-Region
nach der Lehre des Hilfsantrags V auch 20 µm oder mehr betragen kann.
- 24 -
4.7.
Gemäß Hilfsantrag VI enthält die Diffusionsregion eine Schutzringregion,
die um einen aktiven Bereich, in dem im Betrieb als Halbleiterbauteil ein Strom
fließt, herumgelegt ist und mit ihren tiefsten Abschnitten in die Kurzlebensdauer-
Region hereinragt. Wie zu Hauptantrag ausgeführt, entnimmt der Fachmann diese
Zusatzmerkmale der E1 und der E8. So weisen die mit Helium dotierten pin-Dio-
den der E1 ebenfalls Schutzringregionen auf, vgl. Fig. 5 und S. 51, erster Absatz.
Da die Schutzringregionen die gleiche Eindringtiefe wie der p-Emitter haben
,
und die Schutzringregion nach der Lehre der E8 parallel zur Halbleiteroberfläche
verläuft müssen auch sie in die Kurzlebensdauer-Region
hereinragen. Daher wird auch das Bauteil des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag VI
dem Fachmann durch die Druckschriften E1 und E8 nahegelegt.
4.8.
In Hilfsantrag VII ist der Anspruch 1 des Hilfsantrags VI dadurch präzisiert,
dass zum einen die Kurzlebensdauer-Region sich parallel zu einer Unterseite der
Übergangsfläche zwischen der Diffusionsregion und der Halbleiterschicht des
ersten Leitfähigkeitstyps über die gesamte Halbleiterschicht des ersten Leitfähig-
keitstyps und die Diffusionsregion erstreckt, und dass zum anderen die erste Tie-
fenposition d2 beabstandet ist von einer Oberseite der Diffusionsregion und einer
Oberseite der Schutzringregion.
Wie zuvor dargelegt, entnimmt der Fachmann auch diese Merkmale der Druck-
schrift E1, vgl. deren Fig. 21d, und der E8, vgl. deren Anspruch 5, so dass die
Aufnahme dieser Merkmale keine erfinderische Tätigkeit begründen kann.
5.
Mit dem Anspruch 1 fallen wegen der Antragsbindung auch die übrigen An-
sprüche, vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863, Tz. 22
– Informationsübermittlungsver-
fahren II.
- 25 -
6.
Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss steht den am Verfahren Beteiligten
– vorbehaltlich des
Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Be-
schwer
Rechtsbeschwerde
beschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfolgen-
den Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich
1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Aus-
übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen
Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrück-
lich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergan-
gen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfah-
rens verletzt worden sind, oder
6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
innerhalb eines Monats
schlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133
Karlsruhe, einzureichen oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Poststelle des BGH, www.bundesgerichtshof.de/erv.html. Das elektronische Do-
kument ist mit einer prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur nach dem
- 26 -
Signaturgesetz oder mit einer prüfbaren fortgeschrittenen elektronischen Signatur
zu versehen. Die Eignungsvoraussetzungen für eine Prüfung und für die Formate
des elektronischen Dokuments werden auf der Internetseite des Bundesgerichts-
hofs www.bundesgerichtshof.de/erv.html bekannt gegeben.
Brandt
Dr. Friedrich
Dr. Zebisch
Dr. Himmelmann
prö