Urteil des BPatG vom 23.03.2015

Stand der Technik, Patentanspruch, Anzeige, Mathematisches Modell

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
20 W (pat) 26/13
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
23. März 2015
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2006 028 526.3
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) auf die mündliche Verhandlung
vom 23. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, die
Richterin Dorn sowie die Richter Dipl.-Ing. Albertshofer und Dipl.-Geophys.
Dr. Wollny
- 2 -
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt
– Prüfungsstelle für Klasse G 07 C – hat
die am 21.06.2006 eingegangene Patentanmeldung 10 2006 028 526.3 (Priorität
vom 24.06.2005; Akz.: US 11/166,748) mit der Bezeichnung
„Verfahren für eine Echtzeitbewertung einer Arbeitsbelastung eines Fahrers durch
eine Navigations- oder Telematikeinrichtung
durch Beschluss vom 10.11.2010 zurückgewiesen.
Der Zurückweisung lagen die mit der Eingabe vom 23.07.2009 eingereichten Pa-
tentansprüche 1 bis 7 gemäß Hauptantrag und die mit der Eingabe vom
22.10.2010 eingereichten Patentansprüche 1 bis 4 gemäß den Hilfsanträgen 1
und 2 und die Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 3 zu Grunde.
Die Prüfungsstelle führte zum Hauptantrag insbesondere aus, dass sich sämtliche
Verfahrensschritte des Patentanspruchs 1 in naheliegender Weise aus dem Stand
der Technik ergäben, wie er durch die Druckschriften US 2004 0 252 027 A1 (D1)
und DE 102 28 703 A1 (D2) bekannt geworden wäre. Der Anspruch 1 gemäß
Hauptantrag sei folglich mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar. Auch
den Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 erachtete sie als nicht patentfä-
hig.
- 3 -
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluss der Prüfungsstelle verwie-
sen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 08.03.2011 beim Deutschen Patent-
und Markenamt eingegangene Beschwerde.
Der Bevollmächtigte der Anmelderin beantragt in der mündlichen Verhandlung
vom 23.03.2015:
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 07 C des Deutschen Patent-
und Markenamts vom 10.11.2010 aufzuheben und das nachgesuchte Pa-
tent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche
Patentansprüche 1 bis 5 vom 8. März 2011, beim BPatG eingegangen am
selben Tag
Beschreibung
Beschreibungsseiten 1, 2 und 5 bis 16 vom Anmeldetag (21.06.2006)
Beschreibungsseiten 3 und 4 vom 23.07.2009, eingegangen beim DPMA
am selben Tag
Zeichnungen
Figurenblätter 1/3 bis 3/3 vom Anmeldetag (21.06.2006)
Patentansprüche 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung am
23.03.2015
Patentansprüche 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung am
23.03.2015
- 4 -
Patentansprüche 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung am
23.03.2015
Übrige Unterlagen jeweils wie Hauptantrag.
Hauptantrag
„1.
Verfahren für eine Echtzeitbewertung einer Arbeitsbelastung (DW) eines
Fahrers auf der Grundlage einer Interaktion des Fahrers mit einer Fahr-
zeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), das umfasst, dass
die Interaktion des Fahrers mit mehreren Knöpfen (105a-105n, 305a-305n)
an der Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), die
ausgebildet sind, um durch den Fahrer gedrückt zu werden, überwacht
wird, wobei jedem der Knöpfe (105a-105n, 305a-305n) ein Wert der Ar-
beitsbelastung (DW) des Fahrers zugeordnet ist; und
die Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers mit der Fahrzeugnavigations- oder
-telematikeinrichtung (100, 300) mittels eines oder mehreren mit den
Knöpfen (105a-105n, 305a-305n) gekoppelten Prozessoren der Fahrzeug-
navigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300) durch Addieren der
Werte der Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers von den Knöpfen (105a-
105n, 305a-305n), die gedrückt werden, über einem sich bewegenden
Zeitfenster abgeschätzt wird,
wobei die abgeschätzte Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers mit einem Fah-
rerarbeitsbelastungs-Sperrkriterium verglichen wird; und eine Anzeige an
der Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300) für eine
Zeitdauer der Anzeigensperrung deaktiviert wird, wenn die abgeschätzte
Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers das Fahrerarbeitsbelastungs-Sperrkrite-
rium erfüllt oder übersteigt.
- 5 -
„3.
Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), die zu einer
Echtzeitbewertung einer Arbeitsbelastung (DW) eines Fahrers auf der
Grundlage einer Interaktion des Fahrers fähig ist und umfasst:
mehrere Knöpfe (105a-105n, 305a-305n), die ausgebildet sind, um durch
den Fahrer gedrückt zu werden, wobei jedem der Knöpfe (105a-105n,
305a-305n) ein Wert der Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers zugeordnet ist;
und
einen oder mehrere Prozessoren, die mit den Knöpfen (105a-105n, 305a-
305n) gekoppelt sind, wobei der eine oder die mehreren Prozessoren aus-
gebildet sind, um durch Addieren der Werte der Arbeitsbelastung (DW) des
Fahrers von den Knöpfen (105a-105n, 305a-305n), die gedrückt werden,
über einem sich bewegenden Zeitfenster die Arbeitsbelastung (DW) des
Fahrers mit der Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300)
abzuschätzen,
wobei der eine oder die mehreren Prozessoren des Weiteren ausgebildet
sind, um für eine Zeitdauer der Anzeigensperrung eine Anzeige an der
Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300) zu deaktivieren,
wenn die abgeschätzte Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers ein Fahrerar-
beitsbelastungs-Sperrkriterium erfüllt oder übersteigt.
Hilfsantrag
„1.
Verfahren für eine Echtzeitbewertung einer Arbeitsbelastung (DW) eines
Fahrers auf der Grundlage einer Interaktion des Fahrers mit einer Fahr-
zeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), das umfasst, dass
die Interaktion des Fahrers mit mehreren Knöpfen (105a-105n, 305a-305n)
an der Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), die
ausgebildet sind, um durch den Fahrer gedrückt zu werden, überwacht
wird, wobei jedem der Knöpfe (105a-105n, 305a-305n) ein Wert der Ar-
beitsbelastung (DW) des Fahrers zugeordnet ist und sich die Werte der Ar-
- 6 -
beitsbelastung (DW) für wenigstens zwei der Knöpfe (105a-105n, 305a-
305n) voneinander unterscheiden; und
die Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers mit der Fahrzeugnavigations- oder
-telematikeinrichtung (100, 300) mittels eines oder mehreren mit den
Knöpfen (105a-105n, 305a-305n) gekoppelten Prozessoren der Fahrzeug-
navigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300) durch Addieren der
Werte der Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers von den Knöpfen (105a-
105n, 305a-305n), die gedrückt werden, über einem sich bewegenden
Zeitfenster abgeschätzt wird,
wobei die abgeschätzte Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers mit einem Fah-
rerarbeitsbelastungs-Sperrkriterium verglichen wird; und eine Anzeige an
der Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300) für eine
Zeitdauer der Anzeigensperrung deaktiviert wird, wenn die abgeschätzte
Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers das Fahrerarbeitsbelastungs-Sperrkrite-
rium erfüllt oder übersteigt.
„3.
Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), die zu einer
Echtzeitbewertung einer Arbeitsbelastung (DW) eines Fahrers auf der
Grundlage einer Interaktion des Fahrers fähig ist und umfasst:
mehrere Knöpfe (105a-105n, 305a-305n), die ausgebildet sind, um durch
den Fahrer gedrückt zu werden, wobei jedem der Knöpfe (105a-105n,
305a-305n) ein Wert der Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers zugeordnet ist
und sich die Werte der Arbeitsbelastung (DW) für wenigstens zwei der
Knöpfe (105a-105n, 305a-305n) voneinander unterscheiden; und
einen oder mehrere Prozessoren, die mit den Knöpfen (105a-105n, 305a-
305n) gekoppelt sind, wobei der eine oder die mehreren Prozessoren aus-
gebildet sind, um durch Addieren der Werte der Arbeitsbelastung (DW) des
Fahrers von den Knöpfen (105a-105n, 305a-305n), die gedrückt werden,
über einem sich bewegenden Zeitfenster die Arbeitsbelastung (DW) des
Fahrers mit der Fahrzeugnavigations- oder- telematikeinrichtung (100, 300)
abzuschätzen;
- 7 -
wobei der eine oder die mehreren Prozessoren des Weiteren ausgebildet
sind, um für eine Zeitdauer der Anzeigensperrung eine Anzeige an der
Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300) zu deaktivieren,
wenn die abgeschätzte Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers ein Fahrerar-
beitsbelastungs-Sperrkriterium erfüllt oder übersteigt.
Hilfsantrag
„1.
Verfahren für eine Echtzeitbewertung einer Arbeitsbelastung (DW) eines
Fahrers auf der Grundlage einer Interaktion des Fahrers mit einer Fahr-
zeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), das umfasst, dass
die Interaktion des Fahrers mit mehreren Knöpfen (105a-105n, 305a-305n)
an der Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), die
ausgebildet sind, um durch den Fahrer gedrückt zu werden, überwacht
wird, wobei jedem der Knöpfe (105a-105n, 305a-305n) ein Wert der Ar-
beitsbelastung (DW) des Fahrers zugeordnet ist, wobei der Wert der Ar-
beitsbelastung (DW) höher ist, wenn die Anzahl an verfügbaren Auswahl-
möglichkeiten größer ist, aus welchen der jeweilige Knopf (105a-105n;
305a-305n) eine bestimmte Auswahl bildet; und
die Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers mit der Fahrzeugnavigations- oder
-telematikeinrichtung (100, 300) mittels eines oder mehreren mit den
Knöpfen (105a-105n, 305a-305n) gekoppelten Prozessoren der Fahrzeug-
navigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300) durch Addieren der
Werte der Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers von den Knöpfen (105a-
105n, 305a-305n), die gedrückt werden, über einem sich bewegenden
Zeitfenster abgeschätzt wird,
wobei die abgeschätzte Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers mit einem Fah-
rerarbeitsbelastungs-Sperrkriterium verglichen wird; und eine Anzeige an
der Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300) für eine
Zeitdauer der Anzeigensperrung deaktiviert wird, wenn die abgeschätzte
- 8 -
Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers das Fahrerarbeitsbelastungs-Sperrkrite-
rium erfüllt oder übersteigt.
„3.
Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), die zu einer
Echtzeitbewertung einer Arbeitsbelastung (DW) eines Fahrers auf der
Grundlage einer Interaktion des Fahrers fähig ist und umfasst:
mehrere Knöpfe (105a-105n, 305a-305n), die ausgebildet sind, um durch
den Fahrer gedrückt zu werden, wobei jedem der Knöpfe (105a-105n,
305a-305n) ein Wert der Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers zugeordnet ist,
wobei der Wert der Arbeitsbelastung (DW) höher ist, wenn die Anzahl an
verfügbaren Auswahlmöglichkeiten größer ist, aus welchen der jeweilige
Knopf (105a-105n; 305a-305n) eine bestimmte Auswahl bildet; und
einen oder mehrere Prozessoren, die mit den Knöpfen (105a-105n, 305a-
305n) gekoppelt sind, wobei der eine oder die mehreren Prozessoren aus-
gebildet sind, um durch Addieren der Werte der Arbeitsbelastung (DW) des
Fahrers von den Knöpfen (105a-105n, 305a-305n), die gedrückt werden,
über einem sich bewegenden Zeitfenster die Arbeitsbelastung (DW) des
Fahrers mit der Fahrzeugnavigations-oder-telematikeinrichtung (100, 300)
abzuschätzen,
wobei der eine oder die mehreren Prozessoren des Weiteren ausgebildet
sind, um für eine Zeitdauer der Anzeigensperrung eine Anzeige an der
Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300) zu deaktivieren,
wenn die abgeschätzte Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers ein Fahrerar-
beitsbelastungs-Sperrkriterium erfüllt oder übersteigt.
Hilfsantrag
„1.
Verfahren für eine Echtzeitbewertung einer Arbeitsbelastung (DW) eines
Fahrers auf der Grundlage einer Interaktion des Fahrers mit einer Fahr-
zeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), das umfasst, dass
- 9 -
die Interaktion des Fahrers mit mehreren Knöpfen (105a-105n, 305a-305n)
an der Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), die
ausgebildet sind, um durch den Fahrer gedrückt zu werden, überwacht
wird, wobei jedem der Knöpfe (105a-105n, 305a-305n) ein Wert der Ar-
beitsbelastung (DW) des Fahrers zugeordnet ist und sich die Werte der Ar-
beitsbelastung (DW) für wenigstens zwei der Knöpfe (105a-105n, 305a-
305n) voneinander unterscheiden, wobei der Wert der Arbeitsbelastung
(DW) höher ist, wenn die Anzahl an verfügbaren Auswahlmöglichkeiten
größer ist, aus welchen der jeweilige Knopf (105a-105n, 305a-305n) eine
bestimmte Auswahl bildet; und
die Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers mit der Fahrzeugnavigations- oder
-telematikeinrichtung (100, 300) mittels eines oder mehreren mit den
Knöpfen (105a-105n, 305a-305n) gekoppelten Prozessoren der Fahrzeug-
navigations- oder-telematikeinrichtung (100, 300) durch Addieren der Werte
der Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers von den Knöpfen (105a-105n,
305a-305n), die gedrückt werden, über einem sich bewegenden Zeitfenster
abgeschätzt wird,
wobei die abgeschätzte Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers mit einem Fah-
rerarbeitsbelastungs-Sperrkriterium verglichen wird; und eine Anzeige an
der Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300) für eine
Zeitdauer der Anzeigensperrung deaktiviert wird, wenn die abgeschätzte
Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers das Fahrerarbeitsbelastungs-Sperrkrite-
rium erfüllt oder übersteigt.
„3.
Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), die zu einer
Echtzeitbewertung einer Arbeitsbelastung (DW) eines Fahrers auf der
Grundlage einer Interaktion des Fahrers fähig ist und umfasst:
mehrere Knöpfe (105a-105n, 305a-305n), die ausgebildet sind, um durch
den Fahrer gedrückt zu werden, wobei jedem der Knöpfe (105a-105n,
305a-305n) ein Wert der Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers zugeordnet ist
und sich die Werte der Arbeitsbelastung (DW) für wenigstens zwei der
- 10 -
Knöpfe (105a-105n, 305a-305n) voneinander unterscheiden, wobei der
Wert der Arbeitsbelastung (DW) höher ist, wenn die Anzahl an verfügbaren
Auswahlmöglichkeiten größer ist, aus welchen der jeweilige Knopf (105a-
105n, 305a-305n) eine bestimmte Auswahl bildet; und
einen oder mehrere Prozessoren, die mit den Knöpfen (105a-105n, 305a-
305n) gekoppelt sind, wobei der eine oder die mehreren Prozessoren aus-
gebildet sind, um durch Addieren der Werte der Arbeitsbelastung (DW) des
Fahrers von den Knöpfen (105a-105n, 305a-305n), die gedrückt werden,
über einem sich bewegenden Zeitfenster die Arbeitsbelastung (DW) des
Fahrers mit der Fahrzeugnavigations-oder -telematikeinrichtung (100, 300)
abzuschätzen,
wobei der eine oder die mehreren Prozessoren des Weiteren ausgebildet
sind, um für eine Zeitdauer der Anzeigensperrung eine Anzeige an der
Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300) zu deaktivieren,
wenn die abgeschätzte Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers ein Fahrerar-
beitsbelastungs-Sperrkriterium erfüllt oder übersteigt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da der Gegenstand des Patentan-
spruchs 1 gemäß Hauptantrag und gemäß Hilfsantrag 2 jeweils mangels erfinderi-
scher Tätigkeit nicht patentfähig ist (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 4 PatG) und die Gegen-
stände der beiden Hilfsanträge 1 und 3 unzulässig erweitert sind (§ 21 Abs. 1 Nr. 4
PatG).
1.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag betrifft laut
Ursprungsunterlagen (S. 1, Absatz 1) im Allgemeinen eine Interaktion des Fahrers
mit einer Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung, und spezieller betrifft
- 11 -
die vorliegende Erfindung eine Echtzeitbewertung einer Arbeitsbelastung des Fah-
rers durch eine Navigations- oder Telematikeinrichtung.
Fahrzeuge umfassten viele Instrumente und Messeinrichtungen, die dem Fahrer
nützliche Informationen bereitstellten. Die wichtigsten Informationsanzeigen seien
vor dem Fahrer angeordnet, so dass er sie mit einem Blick sehen könne. Diese
Anzeigen umfassten einen Tachometer, eine Benzinmesseinrichtung, eine Tem-
peraturmesseinrichtung und/oder beliebige Warnleuchten. Andere Anzeigen wie
Radios und Uhren seien an der Seite zu der Mitte des Autos hin angeordnet. Das
Radio stelle für gewöhnlich nur eine einfache Anzeige bereit, um anzugeben, wel-
cher Sender laufe, ferner Druckknöpfe oder Regler, die Fahrer oder Mitfahrer ver-
wenden könnten, um den Sender zu ändern. Da sich die Elektronik in Fahrzeugen
weiterentwickele, würden diese Einrichtungen komplexer und wiesen viele Merk-
male und Funktionen auf, mit denen der Fahrer in Interaktion treten könne. Wäh-
rend eine schnelle Interaktion mit der Einrichtung sicher sein könne, könne dies
eine kontinuierliche oder übermäßige Verwendung nicht mehr sein, da die Auf-
merksamkeit des Fahrers von der Straße weggelenkt werde. Eine Alternative sei,
Merkmale und Funktionen an Einrichtungen, die bei übermäßiger Verwendung zu
anspruchsvoll seien, zu sperren. Keine Merkmale oder Funktionen an Einrichtun-
gen zu sperren, erhöhe das Risiko für den Fahrer, da er mit Informationen über-
lastet würde, was auch "Arbeitsbelastung des Fahrers" genannt werde (Ur-
sprungsunterlagen, S. 1, Absatz 2 bis S.2, Absatz 1).
Es gebe Patente und Veröffentlichungen, die Informationen über das Fahrzeug
oder die Fahrzeug-Umgebung interpretierten und die Arbeitsbelastung des Fah-
rers verwalten würden. Eine davon beschreibe ein mathematisches Modell zum
Vorhersagen der Arbeitsbelastung des Fahrers (DEMAND-Modell). Der Benutzer
gebe Informationen über das System und Aufgaben in das DEMAND-Modell-
Computerprogramm ein und schätze auf der Grundlage von vorherigen Experi-
menten, die mit Fahrern durchgeführt würden, Eigenschaften wie die Anzahl an
Blicken, die während einer gegebenen Aufgabe in dem Fahrzeug auftreten wür-
- 12 -
den, ab. Das Programm sei entworfen worden, um offline betrieben zu werden und
die Arbeitsbelastung des Fahrers für verschiedene Aufgaben abzuschätzen. Siehe
auch WO 02/33529 A2, WO 02/34571 A2 und WO 02/30700 A2 (Ursprungsunter-
lagen, S. 2, Absatz 2 bis S. 3, Absatz 1).
Die Patente und Veröffentlichungen offenbarten, dass ausgedehnte Kommunikati-
onen über einen Systembus liefen, damit zum Beispiel ein System den Arbeitsbe-
lastungszustand in dem Fahrzeug ableiten könne. Der Stand der Technik berück-
sichtige beim Berechnen der Arbeitsbelastung jedoch nicht die Details der direkten
Steuereingabe des Fahrers in die Navigations- oder Telematikeinrichtung (Ur-
sprungsunterlagen, S. 3, Absatz 2).
Demgemäß sei es erwünscht, d.h. die Aufgabe, ein Verfahren und System für eine
Echtzeitbewertung der Arbeitsbelastung des Fahrers durch eine Navigations- oder
Telematikeinrichtung bereitzustellen. Es sei des Weiteren erwünscht, einige
Merkmale und Funktionen der Navigations- oder Telematikeinrichtung zu sperren,
wenn die Arbeitsbelastung des Fahrers übermäßig werde (Ursprungsunterlagen,
S. 3, Absatz 3).
2.
Diplom-Mechatroniker mit Hochschulabschluss und langjähriger Erfahrung auf
dem Gebiet der Kfz-Fahrer-Kommunikation und -Interaktion.
Dieser Fachmann legt die Begrifflichkeiten im Anspruchssatz wie folgt aus:
Als Fahrzeugtelematikeinrichtung sind alle Geräte in einem Kraftfahrzeug anzuse-
hen, mit denen der Fahrer interagieren kann, und die als Folge dieser Interaktion
eine vorgegebene Funktion ausführen, z. B. durch Ausgabe einer für den Fahrer
sichtbaren oder hörbaren Information. Diese Interaktion erfolgt mit Hilfe von Be-
dienungselementen, Knöpfe genannt.
- 13 -
Unter einem Knopf zur Bedienung der Fahrzeugnavigations- oder
–telematikein-
richtung versteht der Fachmann im Sinne der Anmeldung nicht nur ein Hardware-
Bedienelement sondern auch ein Software-Bedienelement (Soft-Button), also all-
gemein eine Schaltfläche oder ein Tastenfeld, mit dessen Betätigung eine den
Fahrer eines Kraftfahrzeugs in Anspruch nehmende Aktion verbunden ist und eine
Gerätefunktion ausgelöst wird.
Je nach Komplexität der Interaktionen mit einem oder mehreren Knöpfen und der
zeitlichen Abfolge dieser Interaktionen
– beispielsweise wenn eine Mehrfachan-
wahl kurz hintereinander erfolgt
– wird der Fahrer in einer bestimmten Form vom
Führen des Kraftfahrzeugs abgelenkt und damit anderweitig
– und je nach Auf-
wand auch unterschiedlich stark
– belastet. Diese zusätzlich zum Führen des
Kraftfahrzeugs auftretende, mit der Betätigung der Knöpfe zusammenhängende
Belastung des Fahrers wird anspruchsgemäß als Arbeitsbelastung bezeichnet.
Diese Arbeitsbelastung muss sich also immer auch auf ein bestimmtes Zeitinter-
vall (= Zeitfenster) beziehen, innerhalb dessen die Interaktionen des Fahrers statt-
finden und überwacht werden.
Im Hinblick auf die unterschiedliche Komplexität der einzelnen Interaktionen des
Fahrers wird anspruchsgemäß jedem Knopf der Fahrzeugnavigations- oder
-telematikeinrichtung ein eigener Wert der Arbeitsbelastung zugeordnet. Die Ar-
beitsbelastung des Fahrers ergibt sich dann anspruchsgemäß als Summenwert
durch Addieren der den einzelnen Knöpfen zugeordneten Werte der Arbeitsbe-
lastung innerhalb eines Zeitintervalls (= Zeitfensters).
Um die Interaktionen des Fahrers innerhalb eines Zeitintervalls zu überwachen,
muss der Beginn des Zeitintervalls immer wieder neu festgelegt werden, was an-
spruchsgemäß als „sich bewegendes Zeitfenster“ bezeichnet wird. In den Ur-
sprungsunterlagen ist nicht näher ausgeführt, ob es sich um zeitlich unmittelbar
aneinander anschließende Zeitintervalle handelt, oder ob auch überlappende
Zeitintervalle möglich sind.
- 14 -
3.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag kann wie folgt gegliedert werden:
1.1
Verfahren für eine Echtzeitbewertung einer Arbeitsbelastung (DW) eines
Fahrers auf der Grundlage einer Interaktion des Fahrers mit einer Fahr-
zeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), das umfasst, dass
1.2
die Interaktion des Fahrers mit mehreren Knöpfen (105a-105n, 305a-305n)
an der Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300), die
ausgebildet sind, um durch den Fahrer gedrückt zu werden, überwacht
wird, wobei
1.3
jedem der Knöpfe (105a-105n, 305a-305n) ein Wert der Arbeitsbelastung
(DW) des Fahrers zugeordnet ist; und
1.4
die Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers mit der Fahrzeugnavigations- oder
-telematikeinrichtung (100, 300) mittels eines oder mehreren mit den
Knöpfen (105a-105n, 305a-305n) gekoppelten Prozessoren der Fahrzeug-
navigations- oder -telematikeinrichtung (100, 300) durch Addieren der
Werte der Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers von den Knöpfen (105a-
105n, 305a-305n), die gedrückt werden,
1.5
über einem sich bewegenden Zeitfenster abgeschätzt wird, wobei
1.6
die abgeschätzte Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers mit einem Fahrerar-
beitsbelastungs-Sperrkriterium verglichen wird; und
1.7
eine Anzeige an der Fahrzeugnavigations- oder -telematikeinrichtung (100,
300) für eine Zeitdauer der Anzeigensperrung deaktiviert wird, wenn die
abgeschätzte Arbeitsbelastung (DW) des Fahrers das Fahrerarbeitsbelas-
Aus der Druckschrift US 2004 0252027 A1 (D1) ist dem Fachmann ein Verfahren
bekannt, das Interaktionen eines Fahrers mit einer
– ein- oder mehrteiligen –
Fahrzeugeinrichtung überwacht, wobei zu dieser Einrichtung auch eine Fahrzeug-
navigations- und/oder Fahrzeugtelematikeinrichtung gehören kann (Absatz [0013]:
- 15 -
„A system is adapted to assess information related to a vehicle's operation and
information-related to other possible distractions to a driver and to provide an out-
put for use in decision making, regarding further increasing the cognitive load of a
driver. The output is based upon a number of conditions relating to the vehicle op-
eration, the operating environment, and the activity of the operator and other oc-
cupants. ….” i.V.m. Absatz [0021]: “Driver activity 214 not directly related to driving
may be monitored
. … Other activities that are easily monitored include adjusting
the radio
, … obtaining navigation information … .” (Unterstreichungen hinzuge-
1.1
Um die Arbeitsbelastung des Fahrers zu bestimmen und zu überwachen, be-
schreibt die Druckschrift D1 eine umfassendere Herangehensweise als die An-
meldung, und zwar indem sie sowohl umgebungsspezifische als auch fahrerspezi-
fische Parameter berücksichtigt. Sie beschreibt somit einen im direkten Vergleich
umfangreicheren Überbau, als die lediglich auf die Berücksichtigung der Betäti-
gung von Knöpfen abzielende Anmeldung. Mit dem Verfahren der Druckschrift D1
ist somit auch eine Überwachung der Interaktionen des Fahrers umfasst (Absatz
[0059]:
„task“; Fig. 2: „driver activity 214“), z. B. in Form des Drückens von mehre-
ren Knöpfen durch den Fahrer an einer Fahrzeugtelematikeinrichtung (vgl. insbe-
sondere Absatz [0021], Bedienung eines Radios („adjusting“) mittels verschiede-
ner Bedienelemente, um z.B. Sender, Lautstärke, Klang, Speicher-Programmie-
1.2
Aus der Druckschrift D1 ergibt sich für den Fachmann, dass jedem der Knöpfe ein
1.3
satz [0059] ist ausgeführt, dass z. B. das Einstellen eines Senders beim Radio
15.4 % der Aufmerksamkeit des Fahrers in Anspruch nimmt. Dem Fachmann ist
es auch aus der alltäglichen Lebenserfahrung geläufig, dass ein Fahrer durch das
Einprogrammieren eines neuen Senders
in ein „radio“, die Lautstärkeregelung
oder das Drücken des Sendersuchlaufs in unterschiedlicher Weise in Anspruch
genommen wird und dies
– neben dem eigentlichen Fahren – unterschiedliche
- 16 -
Auswirkungen auf seine Arbeitsbelastung hat. Im Stand der Technik und auch in
der Anmeldung selbst ist ausgeführt, dass die Arbeitsbelastung für die einzelnen
Interaktionen des Fahrers experimentell ermittelt werden kann (D1: [0059], urspr.
Unterl. S. 8, Abs. 2).
Bei dem bekannten Verfahren wird in Übereinstimmung mit dem Anspruchsge-
genstand die Arbeitsbelastung des Fahrers
(„driver activity 214“) mit der Fahr-
zeugtelematikeinrichtung abgeschätzt mittels eines mit den Knöpfen gekoppelten
Prozessors 206 der Fahrzeugtelematikeinrichtung durch Addieren der den ge-
drückten Knöpfen jeweils zugeordneten Werte der Arbeitsbelastung des Fahrers
(Fig. 2 i. V. m. [0017], [0018]; [0059]
: „The total cognitive load is the weighted sum
1.4
Für den Fachmann ergibt sich auf Grund seiner Fachkenntnis, dass beim be-
kannten Verfahren die Arbeitsbelastung des Fahrers über einem sich bewegenden
1.5
geführt, Momentaufnahmen („snapshots“) zu bevorzugen, worauf auch die Anmel-
derin hingewiesen hat, jedoch wird dort ausdrücklich auch betont, dass die Ver-
wendung von Zeitfenstern / Zeitintervallen
(„time sequences“) ebenfalls eine Im-
plementierungsmöglichkeit darstellt und als solche auch geschätzt wird (Absatz
[0039]: „appreciated“). Damit erhält der Fachmann aus der Druckschrift D1 die
Anregung, bei der Beobachtung einer mit einer zeitlichen Entwicklung verbunde-
nen Arbeitsbelastung eines Fahrers sinnvollerweise auch einen gewissen Zeit-
raum überstreichende Zeitfenster vorzusehen und entsprechend angepasst zu
nutzen
(Absatz [0039], insbesondere: „…sensor snapshots are considered, not
time sequences.
… however, it will be appreciated that time sequences may be
used.
“).
Aus der Druckschrift D1 erhält der Fachmann auch den Hinweis, die abgeschätzte
Arbeitsbelastung des Fahrers mit einem Fahrerarbeitsbelastungs-Sperrkriterium
1.6
- 17 -
hervorrufende Funktion zu deaktivieren, wenn die abgeschätzte Arbeitsbelastung
des Fahrers das Fahrerarbeitsbelastungs-Sperrkriterium erfüllt oder übersteigt
1.7
teilw
). Denn der Fahrer wird bei dem bekannten Verfahren bei festge-
stellter erhöhter Arbeitsbelastung während des Fahrens
– ggf. als Folge eines mit
einer entsprechenden Einheit durchgeführten numerischen oder logischen Ver-
gleichs mit Vorgabewerten (z.
B. Schwellwert) (Absatz [0028]: „maneuver“ und
„non-maneuver“, was im Sinne der Anmeldung als „belastet“ und „weniger-bis-
nicht-
belastet“ gelesen werden kann) – von einer Fahrzeugtelematikeinrichtung
nur mehr datenreduziert „belastet“, was sich z. B. im ursachengesteuerten Herun-
terregeln der Lautstärke eines Radios manifestiert (Absatz [0034]:
“The entertain-
ment system 226 may be programmed … to automatically reduce the volume level
… to lower … the level of distractions to the driver in a situation classified as
maneuver
“; Absatz [0035]: „… the classifier 200 itself may determine what events
to block or delay through a direct interface with the devices or by intervening rela-
tionship between the device and its
output transducer.“ Unterstreichungen hinzu-
gefügt).
Der Fachmann wird in diesem Zusammenhang auch an eine Deaktivierung der
1.7
Rest
), um so
z. B. bei einem Soft-Button weitere Interaktionen des Fahrers für eine Zeitdauer zu
verhindern. Ein komplettes Ausschalten der Anzeige, wie der Vertreter der Anmel-
derin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ist im Patentanspruch 1 nicht
gefordert.
Somit ergibt sich für den Fachmann das Verfahren des Anspruchs 1 auf Grund
seines Fachwissens aus dem Stand der Technik, wie er aus der Druckschrift D1
bekannt geworden ist. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag
weist folglich nicht die erforderliche erfinderische Tätigkeit auf und ist daher auch
nicht patentfähig.
- 18 -
Bei dieser Sachlage konnte dahinstehen, ob der beanspruchte Gegenstand des
Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag als zulässig anzusehen ist.
4.
Hilfsantrag 1
derungen im Vergleich zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag fett):
1.1-1.3
1.3-1 und sich die Werte der Arbeitsbelastung (DW) für wenigstens zwei der
Knöpfe (105a-105n, 305a-305n) voneinander unterscheiden;
Hilfsantrag 2
derungen im Vergleich zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag fett):
1.1-1.3
1.3-2 wobei der Wert der Arbeitsbelastung (DW) höher ist, wenn die Anzahl
an verfügbaren Auswahlmöglichkeiten größer ist, aus welchen der je-
weilige Knopf (105a-105n; 305a-305n) eine bestimmte Auswahl bildet;
und
Hilfsantrag 3
derungen im Vergleich zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag fett):
1.3-1, 1.3-2,
a)
mit dem beansprucht wird, dass sich die Werte für die Arbeitsbelastung für we-
- 19 -
nigstens zwei der Knöpfe voneinander unterscheiden. Dies ist den Ursprungsun-
terlagen weder wörtlich noch sinngemäß zu entnehmen.
Die von der Anmelderin als Offenbarung hierfür angeführten Figuren 1 und 3 so-
wie die Beschreibungsseiten 13, Zeile 27, bis 14, Zeile 1 der ursprünglichen Un-
terlagen können jedenfalls zur Begründung nicht herangezogen werden:
Die Figuren 1 und 3 zeigen lediglich die durch
nummerierten „Knöpfe“ „KNOPF 1“
bis „KNOPF N“ und diesen zugeordnete Parameter „DW 1“ bis „DW N“, wobei den
Figuren selbst außer durch deren namentliche Bezeichnung keinerlei Aussage zur
weiteren Unterscheidung dieser Parameter voneinander entnehmbar ist. Die Be-
zeichnung der Parameter ist, wie in der Programmiertechnik üblich, als Variable
innerhalb einer Datenverarbeitungsprozedur zu verstehen und wird z. B. entspre-
chend herstellerseitig oder von anderen autorisierten Stellen vorgegeben. In den
zitierten Beschreibungsseiten ist zudem lediglich angeführt, dass bei einer Ausfüh-
rungsform jedem Knopf der Arbeitsbelastungswert auf der Grundlage von experi-
mentellen Daten oder Daten von Arbeitsbelastungsvorhersagemodellen im Voraus
zugeordnet werden könne, nicht jedoch, dass sich zwingend wenigstens zwei die-
ser Knöpfe hierbei in ihren Arbeitsbelastungswerten zu unterscheiden hätten.
Auch an anderen Orten der Ursprungsunterlagen sind für diese starre Festlegung
keine Hinweise zu entnehmen, so dass das Merkmal 1.3-1 nicht durch die Ur-
sprungsunterlagen gestützt wird.
1.3-1
ursprünglich eingereichten Unterlagen vor. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1
ist folglich unzulässig und daher nicht gewährbar.
Hilfsantrag 3
hält, teilt dieser das Schicksal des Hilfsantrags 1.
- 20 -
b)
mit dem beansprucht wird, dass der Wert der Arbeitsbelastung höher ist, wenn die
Anzahl an verfügbaren Auswahlmöglichkeiten größer ist, aus welchen der jewei-
lige Knopf eine bestimmte Auswahl bildet.
Die von der Anmelderin als Offenbarung für dieses Merkmal angeführte Beschrei-
bungsseite 8 lehrt ab Zeile 17, dass es dem Fachmann aus der experimentellen
Psychologie bekannt ist, dass in einer Auswahlsituation die Reaktionszeit eine
Funktion der Anzahl an Knöpfen, aus denen ausgewählt werden kann, darstellt
und sich mit dieser erhöht. Bei der vorliegenden Erfindung würde insbesondere
ein Knopf, der aus einer Anzahl von fünf Knöpfen zur Wahl stehe, einen größeren
Arbeitsbelastungswert aufweisen, als wenn nur zwischen zwei Knöpfen gewählt
werden könne.
Dieses seitens der Anmelderin selbst als Fachwissen angeführte, aber auch be-
reits aus der allgemeinen Lebenserfahrung bekannte Wissen (vgl. auch Ausfüh-
rungen zum Hauptantrag), nämlich, dass je mehr Auswahlmöglichkeiten einem
Nutzer zur Verfügung stehen, auch mehr Aufmerksamkeit seitens eines Nutzers
eingefordert wird und sich somit auch dessen Belastung erhöht, befähigt den
Fachmann problemlos diese anspruchsgemäße Zuordnung vorzunehmen. Hierfür
1.3-2
finderische Tätigkeit begründen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist daher nicht patentfähig.
Bei dieser Sachlage konnte dahinstehen, ob der Patentanspruch 1 gemäß Hilfs-
antrag 2 als zulässig anzusehen ist.
5.
Einzelnen auch die übrigen Patentansprüche der jeweiligen Antragsfassungen
nicht gewährbar, da ein Patent nur so erteilt werden kann, wie es beantragt ist
- 21 -
(BGH, Beschluss vom 26. September 1996
– X ZB 18/95, GRUR 1997, 120
m.w.N. - elektrisches Speicherheizgerät).
6.
sungsbeschluss der Prüfungsstelle vom 10.11.2010 aufzuheben und in Folge ein
Patent auf Basis eines der von ihr gestellten Anträge zu erteilen, nicht stattgege-
ben werden.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Beschluss des Beschwerdesenats steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten
die Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Absatz 2, § 100 Absatz 1, § 101 Absatz 1 des Patentgesetzes).
Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird,
dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes
kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg ab-
gelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er
nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschrif-
ten über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist
(§ 100 Absatz 3 des Patentgesetzes).
Die Rechtsbeschwerde ist beim Bundesgerichtshof einzulegen (§ 100 Absatz 1 des Patentgeset-
zes). Sitz des Bundesgerichtshofes ist Karlsruhe (§ 123 GVG).
- 22 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bun-
desgerichtshof schriftlich einzulegen (§ 102 Absatz 1 des Patentgesetzes). Die Postanschrift lautet:
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe.
Sie kann auch als elektronisches Dokument eingereicht werden (§ 125a Absatz 2 des Patentge-
setzes in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesge-
richtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2130)). In
diesem Fall muss die Einreichung durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die
elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes erfolgen (§ 2 Absatz 2 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass der Beschluss auf einer Verletzung
des Rechts beruht (§ 101 Absatz 2 des Patentgesetzes). Die Rechtsbeschwerde ist zu begründen.
Die Frist für die Begründung beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung der Rechtsbe-
schwerde und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden (§ 102 Absatz 3 des Pa-
tentgesetzes). Die Begründung muss enthalten:
1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhe-
bung beantragt wird;
2.
die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm;
3.
insoweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das
Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben
(§ 102 Absatz 4 des Patentgesetzes).
Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen beim Bundesgerichtshof zu-
gelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 102 Absatz 5 des Patentgeset-
zes).
Dr. Mayer
Dorn
Albertshofer
Dr. Wollny
Hu