Urteil des BPatG vom 17.03.2016

Steuer, Fig, Stand der Technik, Patentanspruch

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
20 W (pat) 1/11
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
17. März 2016
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2007 006 830
- 2 -
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 29. Februar 2016 unter Mitwirkung des Vorsit-
zenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Mayer, der Richterin Dorn, der Richter
Dipl.-Ing. Albertshofer und Dipl.-Phys. Bieringer
beschlossen:
Der Beschluss der Patentabteilung 31 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 14. Juli 2010 wird aufgehoben und das Patent
10 2007 006 830 widerrufen.
G r ü n d e
I.
Das am 7. Februar 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) unter
der Nr. 10 2007 006 830 angemeldete und am 13. August 2008 erteilte Patent mit
der Bezeichnung „Steuer- und/oder Datenübertragungsmodul“ wurde am
8. Januar 2009 veröffentlicht.
Gegen dieses Patent hat die W
… GmbH & Co. KG am
8. April 2009 Einspruch erhoben. Die Patentabteilung 31 des DPMA hat das Pa-
tent daraufhin mit am Ende der mündlichen Anhörung am 14. Juli 2010 verkünde-
tem Beschluss in vollem Umfang aufrechterhalten. Zur Begründung hat sie aus-
geführt, die Gegenstände der erteilten Patentansprüche 1 bis 23 gälten als neu
und beruhten auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 18. November 2010 eingelegte Be-
schwerde der Einsprechenden. Sie hält den Anspruchsgegenstand für nicht pa-
tentfähig.
- 3 -
Der Bevollmächtigte der Einsprechenden beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 31 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 14. Juli 2010 aufzuheben und das Patent
10 2007 006 830 zu widerrufen.
Der Bevollmächtigte der Patentinhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hilfsweise beantragt er,
die Sache zur weiteren Behandlung an das Deutsche Patent- und
Markenamt zurückzuverweisen.
Weiter hilfsweise,
das
Patent
auf
der
Grundlage
der
mit
Schriftsatz
vom
24. Februar 2016 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 43 in der dort auf-
geführten Reihenfolge aufrechtzuerhalten.
Beschreibung und Zeichnungen jeweils wie Patentschrift,
Weiter hilfsweise,
das Patent auf der Grundlage der mit Schriftsatz vom
24. Februar 2016 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 43 in der dort
aufgeführten Reihenfolge aufrechtzuerhalten mit der Maßgabe,
dass die nebengeordneten Ansprüche, die sich auf das Steuer-
und/oder Datenübertragungsmodul beziehen, und die hierauf
rückbezogenen Ansprüche gestrichen sind.
- 4 -
Für den Fall, dass das Patent widerrufen wird, regt der Bevollmächtigte der Pa-
tentinhaberin die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu folgender Rechtsfrage an:
„Soweit basierend auf der Formulierung „wobei die Anzahl von E/A-Modu-
len vorgesehen ist, um das Datenübertragungsmodul (300) aufzunehmen“
gemäß letztem Merkmal des erteilten Anspruchs 1 bzw. gemäß dem vor-
letzten Merkmal des erteilten Anspruchs 14 die Entscheidung des BGH
Winkelmesseinrichtung zum Tragen kommt, da obige Formulierung bzw.
Merkmal bisher nicht Gegenstand einer unzulässigen Erweiterung als Wi-
derrufsgrund im Verfahren eingeführt war und gemäß BGH-Entscheidung
Aluminium-Trihydroxid die Beschwerdeinstanz an den Gegenstand des bis-
herigen Verfahrens gebunden ist und ohne Zustimmung des Patentinhabers
neue Widerrufsgründe nicht aufzugreifen und hierauf die Entscheidung zu
stützen ist (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 59 Rn. 196, S. 1178).
Die Patentinhaberin hält den jeweiligen Anspruchsgegenstand des Hauptantrags
und aller 86 Hilfsanträge für patentfähig.
Das erteilte Patent umfasst insgesamt 23 Patentansprüche, wobei Patentanspruch
1 mit eingefügten Gliederungszeichen wie folgt lautet:
„M1a Steuer- und Datenübertragungssystem umfassend,
M1b eine Anzahl von benachbart aneinandergereihten E/A-Modulen
(100...107),
M1c wobei jedes E/A-Modul wenigstens einen E/A-Signalkanal um-
fasst
M1d sowie wenigstens einen ersten Signalanschluss zum Verbinden
des E/A-Signalkanals mit einem Datenbus
M1e und wenigstens einen zweiten Signalanschluss zum Verbinden
eines Busteilnehmers mit dem E/A-Signalkanal, und
- 5 -
M1f
wobei das System ein Steuer- und/oder Datenübertragungsmo-
dul (300) umfasst,
M1g wobei das Steuer- und/oder Datenübertragungsmodul eine Steu-
erelektronik zum gezielten Ansteuern der Anzahl von E/A-Modu-
len umfasst
M1h und mit der Anzahl von E/A-Modulen mechanisch miteinander
verbunden ist und
M1i
eine lösbare Einheit mit diesen bildet und
M1j
wobei die Anzahl von E/A-Modulen vorgesehen ist, um das
Daten
übertragungsmodul (300) aufzunehmen.“
Der nebengeordnete Patentanspruch 14 in der erteilten Fassung hat mit einge-
fügten Gliederungszeichen folgenden Wortlaut:
„ M14 Steuer- und/oder Datenübertragungsmodul zur Ansteuerung von
E/A-Modulen für ein Steuer- und Datenübertragungssystem,
M14c bei welchem jedes E/A-Modul wenigstens einen E/A-Signalkanal
umfasst
M14d sowie einen ersten Signalanschluss zum Verbinden des E/A-Sig-
nalkanals mit einem Datenbus
M14e und zweiten Signalanschluss zum Verbinden eines Busteilneh-
mers mit dem E/A-Signalkanal
M14o und jedes E/A-Modul ferner eine erste Verbindungseinrichtung
aufweist, wobei das Steuer- und/oder Datenübertragungsmodul
gekennzeichnet ist durch
M14p eine Anzahl von komplementär zu den ersten Verbindungsein-
richtungen ausgebildeten zweiten Verbindungseinrichtungen,
M14q die zum lösbaren mechanischen Verbinden des Steuer- und/oder
Datenübertragungsmoduls mit einer entsprechenden Anzahl von
benachbart aneinandergereihten E/A-Modulen am Gehäuse des
- 6 -
Steuer- und/oder Datenübertragungsmoduls in einer Reihe an-
geordnet sind,
M14r wobei das Steuer- und/oder Datenübertragungsmodul durch die
Anzahl der aneinandergereihten E/A-Module aufnehmbar ist, und
M14s eine in dem Gehäuse beherbergte Steuerelektronik zum geziel-
ten Ansteuern von mit dem Steuer- und/oder Datenübertragungs-
modul verbundenen E/A-
Modulen.“
Wegen weiterer Einzelheiten und des Wortlauts der erteilten Unteransprüche und
der jeweiligen Anspruchssätze gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 86 wird auf die Akte
verwiesen.
II.
Die gemäß § 73 Abs. 1 PatG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der
Einsprechenden hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochte-
nen Beschlusses und zum Widerruf des Streitpatents. Der Gegenstand des Pa-
tents ist weder in der erteilten Fassung noch in einer der hilfsweise beantragten
Fassungen nach § 3 bzw. § 4 PatG patentfähig.
1.
Der Einspruch ist zulässig. Die Zulässigkeit wurde im Übrigen vom Bevoll-
mächtigten der Patentinhaberin auch nicht bestritten.
2.
Das Streitpatent betrifft ein „Steuer- und/oder Datenübertragungsmodul“
(vgl. Titel), welches auf benachbart aneinander gereihte E/A-Module (Reihen-
klemmen) aufgesteckt werden könne. Das Anwendungsgebiet betreffe insbeson-
dere den Bereich der Automatisierungstechnik ([0001]).
Die technische Lehre des Streitpatents gehe davon aus, dass Kleinststeuermodule
oder Logikmodule bekannt seien, mit denen in der Automatisierungstechnik mit
- 7 -
nur einer Komponente eine große Anzahl an Applikationen im unteren Leistungs-
bereich realisiert werden könnte ([0003]). Diese Logikmodule seien in nahezu ein-
heitlichen Gehäusen verfügbar, die an den Feldverteiler angepasst würden.
Es sei daher ein Nachteil des Standes der Technik, dass Steuer- und Logikmodule
nur für eine feste Anzahl von Ein- und Ausgängen verfügbar seien. Ein weiterer
Nachteil sei, dass das gesamte Steuer- und Logikmodul ausgetauscht werden
müsse, sollte ein Relais defekt sein ([0007]).
Aus dem Stand der Technik seien weiterhin E/A-Module mit verschiedenen Eigen-
schaften bekannt, wie Reihenklemmen mit einsteckbarer Elektronik, ein Bussys-
tem nach Art von Reihenklemmen auf einer Tragschiene, sowie modular erweiter-
bare Controller ([0008] bis [0018]).
Daher solle die Erfindung die Aufgabe lösen, ein System zu schaffen, bei dem
eine Vielzahl von Anschlüssen eines kleinen Steuer- und/oder Datenübertra-
gungsmoduls als Ein- oder Ausgänge individuell nutzbar sein solle, einem jeweili-
gen Ein- oder Ausgang individuell eine E/A-Elektronik zuweisbar sowie eine de-
fekte E/A-Elektronik schnell und einfach austauschbar wäre ([0019] bis [0021]).
3.
Als Fachmann ist ein Entwicklungsingenieur der Fachrichtung Elektrotech-
nik mit einem Hochschul- oder Fachhochschulabschluss und mehrjähriger
Erfahrung in der Entwicklung von industriellen Automatisierungsanlagen anzuse-
hen, der sich von einem Konstrukteur hinsichtlich mechanischer Anordnungen
beraten lässt.
4.
Zum Verständnis der Patentansprüche 1 und 14
4.1
Das im Patentanspruch 1 beanspruchte Steuer- und Datenübertragungs-
system (Merkmal M1a) besteht aus zwei Hauptkomponenten:
1. aus nebeneinander angeordneten Reihenklemmen (E/A-Module; M1b),
von denen jede wenigstens einen E/A-Signalkanal aufweist (M1c), min-
- 8 -
destens auf der Eingangsseite elektrisch mit einer Datenbusleitung (M1d)
und auf der Ausgangsseite mit einem Busteilnehmer (M1e) mittel- oder
unmittelbar verbindbar ist (oder umgekehrt),
2. ein Steuer- und/oder Datenübertragungsmodul mit einer Steuerelektronik
zum gezielten Ansteuern der E/A-Module (M1g) und den mechanischen
Eigenschaften gemäß den Merkmalen M1h und M1i zur Verbindung mit
der 1. Hauptkomponente,
wobei die E/A-Module (Reihenklemmen) geeignet sein sollen, das Datenübertra-
gungsmodul aufzunehmen (M1j), d.h. die 1. Hauptkomponente kann die 2. Haupt-
komponente aufnehmen.
Die Merkmale M1b bis M1e spezifizieren die E/A-Module, die in bestimmter (wähl-
barer) Anzahl nebeneinander angeordnet sind und nach fachmännischem Ver-
ständnis Reihenklemmen bilden. Sie sollen geeignet sein, Busteilnehmer und ei-
nen Datenbus mittel- oder unmittelbar anzuschließen. Für den Fachmann ergibt
sich aus der Beschreibung ([0039] und [0040]), dass es sich bei den E/A-Modulen
insbesondere um an sich bekannte von der Firma P
… GmbH & Co. in
B
…, vertriebene Reihenklemmen handeln kann.
Der Fachmann versteht die Bezeichnung
„Steuer- und/oder Datenübertragungs-
modul
“ (M1f) dahingehend, dass es sich um ein „Modul“ handelt, welches durch
die Eigenschaften der Merkmale M1g bis M1i spezifiziert wird. Das von den Par-
teien diskutierte Verständnis, wonach alternativ auch ein Steuermodul mit einer
Steuerungsfunktionalität oder ein Datenmodul mit einer Datenübertragungsfunkti-
onalität beansprucht sein könnte, kann der Senat dem Streitpatent nicht entneh-
men.
Es werden die Begriffe „Modul (300)“, „Datenübertragungsmodul (300)“,
„Steuer- und Datenübertragungsmodul“ bzw. „Steuer- und/oder Datenübertra-
gungsmodul (300)“ in der Beschreibung, insbesondere Absatz [0043] im Zusam-
menhang mit Figur 2 synonym benutzt. Es handelt sich demnach um eine einzige
A
usführungsform: „Steuer- und Datenübertragungsmodul“.
- 9 -
Nach Überzeugung des Senats kann der Fachmann der
„Steuerelektronik zum
gezielten Ansteuern der Anzahl von E/A-
Modulen“ (Merkmal M1g) nur die Eigen-
schaft zuordnen, dass die Steuerelektronik in der Lage sein soll, die E/A-Module
separat anzusteuern. Das Steuer- und Datenübertragungsmodul muss also ein
Signal selektiv für bestimmte E/A-Module ausgegeben/empfangen können. Das
kann (muss aber nicht) eine Buslogik betreffen. Es kann sich aber auch um eine
festverdrahtete Funktionalität handeln, wie z. B. elektronisch schaltbare Einzel-
drähte (z. B. acht vom Bz. 342 geschaltete Leitungen für acht E/A-Module, vgl.
Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 2). Insbesondere erkennt der Fachmann in der
beanspruchten Steuerelektronik weder das ausschließliche Erfordernis eines
Busmasters noch einer Adressierung in einem Bussystem. Der Senat kann sich
der abweichenden Auslegung dieses Merkmals durch das DPMA im angefochte-
nen Beschluss (S. 12, vorletzter Absatz) sowie durch die Beschwerdekammer des
Europäischen Patentamts in dem im parallelen Verfahren T 1723/13 ergangenen
Beschluss vom 30. Januar 2015 (S. 19, Abs. 2), die ohne weitere Begründung
erfolgt ist, nicht anschließen. Denn auch die Beschreibung und Zeichnungen ent-
halten keine weiteren Hinweise auf das „gezielte“ Ansteuern der Anzahl von E/A-
Modulen. Da auch ein Bussystem kein Bestandteil des anspruchsgemäßen Steu-
er- und Datenübertragungssystems ist, kann der Patentschrift auch keine Be-
schränkung auf eine Adressierung durch ein Bussystem entnommen werden.
Die
Merkmale „mit der Anzahl von E/A-Modulen mechanisch miteinander verbun-
den ist und eine lösbare Einheit mit diesen
bildet“ (M1h, M1i) bedeuten aus fach-
männischer Sicht, dass das Steuer- und Datenübertragungsmodul als Baueinheit
so ausgestaltet sein soll, dass es eine lösbare mechanische Verbindung mit der
Anzahl von E/A-Modulen eingehen kann, was insbesondere als (auch elektrische)
Steckverbindung - zu einem Reihenklemmblock als Ganzes oder zu jedem einzel-
nen E/A-Modul - ausgeführt sein kann.
Das
Merkmal M1j („wobei die Anzahl von E/A-Modulen vorgesehen ist, um das
D
atenübertragungsmodul aufzunehmen“) versteht der Fachmann dahingehend,
- 10 -
dass die E/A-Module in ihrer Reihenanordnung mechanisch geeignet ausgeführt
sein müssen, um eine mechanische Verbindung mit dem Steuer- und Datenüber-
tragungsmodul einzugehen, ohne dass dieses selbst tragend auf einer Trag-
schiene aufgesteckt ist. Somit können die aneinandergereihten E/A-Module das
Steuer- und Datenübertragungsmodul umschließen oder auch nur teilweise um-
greifen, was auch als Aufstecken ausgeführt sein kann (Fig. 2 i. V. m. [0053], Z. 9
bis 12; [0043], Z. 49 bis 51).
4.2
Das mit Patentanspruch 14 beanspruchte
„Steuer- und/oder Datenübertra-
gungsmodul
“ wird durch die die E/A-Module betreffenden Merkmale M14c, M14d,
M14e, M14o und M14r nicht beschränkt. Diese Merkmale jedes E/A-Moduls kön-
nen das beanspruchte Steuer- und Datenübertragungsmodul nicht ausgestalten
und somit keine beschränkende Wirkung entfalten. Wie zum Verständnis des ent-
sprechenden Merkmals im Patentanspruch 1 ausgeführt, handelt es sich für den
Fachmann um eine einzige Ausführungsform des Steuer- und Datenübertra-
gungsmoduls, das mechanische Verbindungsvorrichtungen (Merkmal M14p) und
ein Gehäuse (M14q) mit einer Steuerelektronik zum gezielten Ansteuern (M14s)
von einzelnen externen Reihenklemmen aufweisen muss, sowie zum Aufstecken
auf diese geeignet ist.
5.
Stand der Technik
5.1
Die Druckschrift DE 44 38 806 C1 (= D2) betrifft eine modulare Steuerungs-
anlage mit Busleiter (Titel). Diese bekannte Steuerungsanlage weist mehrere An-
schlussscheiben 24 bis 27 auf, von denen mehrere benachbarte Anschlussschei-
ben 27 zur Übertragung von Daten und Steuersignalen ausgebildet sind (Fig. 1
i. V. m. Fig. 3). Auf die benachbart angeordneten Anschlussscheiben ist ein Elek-
tronikmodul 2 mit Gehäuse und Führungsstegen 18 bzw. 19 aufsteckbar, das mit
Rasthaken 17 von den Anschlussscheiben aufgenommen wird (Fig. 1 und Fig. 2
i. V. m. Sp. 10, Z. 39 bis 56).
- 11 -
Die Anschlussscheiben 27 weisen Anschlüsse 8 und 11 auf, die leitend miteinan-
der verbunden sind (Fig. 7, Bz. 46 i. V. m. Sp. 16, Z. 19 bis 43). An die Anschlüsse
8 sind Feldgeräte, insbesondere Aktoren und Sensoren anschließbar. Das Ge-
häuse mit dem Elektronikmodul weist korrespondierende Ausnehmungen 28 bzw.
29 auf, durch die die Anschlüsse 11 gesteckt werden (Sp. 12, Z. 47 bis 66).
Innerhalb des Gehäuses (Elektronikmodul 2) sind Funktionsleiterplatten 40 vorge-
sehen, die durch korrespondierende Vorsprünge mit den Anschlussdomen 11 der
Anschlussscheiben 27 elektrisch verbunden werden. Das Elektronikmodul 2 stellt
eine Verbindung der einzelnen parallelen Anschlüsse 11 über die jeweiligen Funk-
tionsleiterplatten zum seriellen Busleiter 13 her (Sp. 3, Z. 40 bis 51).
- 12 -
5.2
auf einer Tragschiene benachbart aneinander gereiht sind (Fig. 1 i. V. m. S. 5,
le. Abs.). Die bekannten Reihenklemmen weisen zumindest zwei Signalan-
schlüsse auf, die auch zum Anschließen von Busteilnehmern und einem Datenbus
für die Automation von Gebäuden oder Maschinen geeignet sind (S. 1, Abs. 2).
Zwischen den Signalanschlüssen kann ein Elektronikmodul 4 eingesteckt werden,
das ein Baustein unterschiedlicher Bauart sein kann, beispielsweise Relais, Opto-
koppler, Logikbaustein oder steckbare Leiteranordnung (zum Durchleiten der Sig-
nale) (S. 5 letzter Abs. i. V. m. Fig. 1). Das in die Reihenklemme eingesteckte be-
kannte Elektronikmodul 4 kann mittels eines Kipphebelelements 40 von der Rei-
henklemme gelöst werden (Anspr. 9 i. V. m. Fig. 3). Diese bekannten Reihen-
klemmen weisen Brückenschächte 13 bis 16 mit Führungsstegen 35 auf, die zum
Aufnehmen von Einzelbrücken 36 oder teilungslosen Brücken 37 vorgesehen sind
(Anspr. 12 i. V. m. Fig. 1).
6.
Zum Hauptantrag
- 13 -
6.1
Die jeweiligen Gegenstände des Patentanspruchs 1 und 14 gemäß Haupt-
antrag sind mangels Neuheit (§ 3 PatG) nicht patentfähig.
Mit den Worten des Patentanspruchs 1 ist aus der DE 44 38 806 C1 (= D2) be-
kannt:
M1a Steuer- und Datenübertragungssystem (Fig. 1 i. V. m. Sp. 8, Z. 49 bis
51; „
“ umfassend,
M1b eine Anzahl von benachbart aneinandergereihten E/A-Modulen (Fig. 1
i. V. m. Fig. 3 und Fig. 7 und Sp. 16, Z. 19 bis 43. Figur 7 zeigt eine
Signalleiterscheibe 27, die der Fachmann als anspruchsgemäßes E/A-
Modul versteht. Figur 3 zeigt mehrere benachbarte Signalleiterschei-
ben 27, die aneinander gereiht sind.),
M1c wobei jedes E/A-Modul wenigstens einen E/A-Signalkanal umfasst
(Fig. 7, Bz. 46 i. V. m. Sp. 11, Z. 12 bis 16: Jede Signalleiterscheibe
27 weist einen Signalkanal zwischen den Signalleitersteckanschlüssen
8 und 11 auf.)
M1d sowie wenigstens einen ersten Signalanschluss (Bz. 11 in Fig. 7) zum
Verbinden des E/A-Signalkanals mit einem Datenbus (Fig. 7: Der Sig-
nalleitersteckanschluss 11 kann über die Platine 40 mit dem Busleiter
13 verbunden werden, ist also zum Verbinden mit einem Datenbus
geeignet.)
M1e und wenigstens einen zweiten Signalanschluss (Bz. 8 in Fig. 7) zum
Verbinden eines Busteilnehmers (Fig. 3 bzw. Sp. 16, Z. 31 bis 38. Aus
Figur 3 erkennt der Fachmann, dass an die Klemmen 8 Senso-
ren/Aktoren/Initiatoren angeschlossen werden.) mit dem E/A-Signal-
kanal (Sp. 16, Z. 35: „“; Fig. 7)
und
M1f
wobei das System ein Steuer- und Datenübertragungsmodul umfasst
(Elektronikmodul 2 mit Platinen 40),
- 14 -
M1g wobei das Steuer- und Datenübertragungsmodul eine Steuerelektronik
(Platinen 40) zum gezielten Ansteuern der Anzahl von E/A-Modulen
umfasst (jede Signalleiterscheibe ist mit einem Platinenstecker ver-
bunden, der in den Signalleiteranschluss 11 gesteckt wird; der Fach-
mann erkennt eindeutig, dass jede Signalleiterscheibe separat einzeln
angesteuert werden kann.)
M1h und mit der Anzahl von E/A-Modulen mechanisch miteinander verbun-
den ist (Fig. 2 i. V. m. Anspr. 26; Formelemente 28 verrasten mit den
Rasthaken 17 an jeder Scheibe) und
M1i
eine lösbare Einheit mit diesen bildet (Anspr. 1, Sp. 20, Z. 32:
; Signalleiterscheiben 27
und Elektronikmodul 2 bilden auch eine Einheit, da das Elektronikmo-
dul mit allen Signalleiterscheiben 27 mechanisch verbunden ist; Fig. 2
i. V. m. Anspr. 26; Formelemente 28 verrasten mit den Rasthaken 17
an jeder Scheibe),
M1j
wobei die Anzahl von E/A-Modulen vorgesehen ist, um das Daten-
übertragungsmodul aufzunehmen (Fig. 1; das Elektronikmodul 2 ist in
den Ausnehmungen der aneinander gereihten Signalleiterscheiben
aufgenommen).
Somit sind die Merkmale M1a bis M1j für sich und in ihrer Gesamtheit aus der D2
bekannt. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist daher nicht neu.
Die obigen Ausführungen treffen somit auch auf den Gegenstand von Patentan-
spruch 14 zu, bei dem, wie oben ausgeführt, die Merkmale betreffend die E/A-Mo-
dule keine beschränkende Wirkung entfalten und somit unberücksichtigt bleiben
können. Die das Steuer- und Datenübertragungsmodul betreffenden spezifischen
Merkmale M14p, M14q sowie das Gehäuse gemäß Merkmal M14s sind ebenfalls
aus der D2 bekannt (vgl. Fig. 1 und Fig. 2 i. V. m. Ausführungen in Ziffer 5.1).
- 15 -
Der Auffassung der Patentinhaberin, dass die Steuerungsanlage der D2 (wie übri-
gens auch die der Druckschrift DE 44 38 804 C1 (E2)) eine Steuerelektronik im
Feldbusanschlußmodul 4 und nicht im Elektronikmodul 2 aufweise, kann sich der
Senat nicht anschließen, da bei der aus der D2 bekannten Vorrichtung das Feld-
busanschlußmodul 4 eine Bussteuerung aufweisen muss, jedoch eine derartige
4.1
der Beschreibung der Patentschrift kein Hinweis hierauf zu entnehmen ist.
6.2
Mit den Patentansprüchen 1 und 14 fallen auch die abhängigen Patent-
ansprüche 2 bis 13 und 15 bis 23, da ein Patent nur wie beantragt Bestand haben
kann (BGH, Beschluss vom 26. September 1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120
7.
Zu den Hilfsanträgen 1 bis 86
In den Hilfsanträgen 44 bis 86 wird auf die nebengeordneten Patentansprüche
betreffend das Steuer- und Datenübertragungsmodul und davon abhängige Un-
teransprüche verzichtet, d. h. die Patentansprüche 1 der Hilfsanträge 44 bis 86
sind identisch mit den Patentansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 bis 43.
Die Hilfsanträge 1 bis 43 betreffen die erteilten Patentansprüche 1 und 14 des
Hauptantrags, ergänzt um weitere Merkmalsgruppen, die teils aus den erteilten
Unteransprüchen und teils aus der Beschreibung entnommen sind. Zum Wortlaut
der Hilfsanträge 1 bis 43 wird auf die Gerichtsakte (Blatt 875 bis 1170) verwiesen.
7.1
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist mangels
Neuheit (§ 3 PatG) nicht patentfähig.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 beschränkt den erteilten Patentan-
spruch 1 um die kennzeichnenden Merkmale der erteilten Unteransprüche 2 und 3
(Gliederungszeichen eingefügt):
- 16 -
U2
„, wobei jedes E/A-Modul ferner eine erste Verbindungseinrichtung
(130) aufweist, und das Steuer- und/oder Datenübertragungsmodul
eine Anzahl von komplementär zu den ersten Verbindungseinrichtun-
gen ausgebildeten zweiten Verbindungseinrichtungen (330) aufweist,
die zum lösbaren mechanischen Verbinden des Steuer- und/oder Da-
tenübertragungsmoduls (300) mit einer entsprechenden Anzahl von be-
nachbart aneinandergereihten E/A-Modulen (100 ... 107) am Gehäuse
des Steuer- und/oder Datenübertragungsmoduls (300) in einer Reihe
angeordnet sind, und wobei“
U3
„das Steuer- und/oder Datenübertragungsmodul ferner eine entspre-
chende Anzahl von dritten, der Steuerelektronik zugeordneten Sig-
nalanschlüsse aufweist, wobei die Anzahl der dritten Signalanschlüsse
und die Anzahl der zweiten Verbindungseinrichtungen derart zueinan-
der angeordnet sind, dass beim Verbinden des Steuer- und/oder Da-
tenübertragungsmoduls mit der Anzahl von E/A-Modulen sich jeweils
ein dritter Signalanschluss mit jeweils einem ersten Signalanschluss
oder sich jeweils ein dritter Signalanschluss mit jeweils einem zweiten
Signalanschluss paart.
Beide Merkmalskomplexe sind aus der DE 44 38 806 C1 (D2) bekannt. Die be-
kannten Anschlussscheiben 27 weisen Formelemente als Rasthaken 17 (entspr.
erste Verbindungseinrichtungen) auf, die korrespondierende Ausnehmungen 28
(entspr. korrespondierende zweite Verbindungseinrichtungen) des Gehäuses des
Elektronikmoduls 2 durchdringen und mit diesen zusammenwirken (Anspr. 26
i. V. m. Fig. 2). Weiterhin kontaktieren die bekannten Funktionsleiterplatten mit
den Signalanschlüssen 11 beim Aufstecken des Elektronikmoduls auf die An-
schlussscheiben (Sp. 11, Z. 16 bis 22, entsprechend dem Merkmal U3 in der ers-
ten Oder-Variante).
7.2
sieben Merkmalsgruppen in unterschiedlichen Kombinationen aufgenommen (vgl.
- 17 -
Eingaben
des
Bevollmächtigten
der
Patentinhaberin
vom
17.
und
24. Februar 2016), d. h. der jeweilige Patentanspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 43
weist die Merkmale M1a bis M1g des erteilten Patentanspruchs 1 des Hauptan-
trags auf und wird um die Merkmalsgruppen H
1
, H
2
, H
2A
, H
2B
, H
2C
, H
3
, H
4
und H
5
bzw. Kombinationen dieser Merkmalsgruppen ergänzt, wobei die Merkmalsgrup-
pen folgendermaßen lauten:
H
1
umfasst die kennzeichnenden Merkmale der erteilten Unteransprüche 2
und 3, vgl. Hilfsantrag 1, siehe Ziffer 7.1
H
2
„, wobei die E/A-Module eine jeweils zwischen dem ersten und zweiten
Signalanschluss angeordnete E/A-
Elektronik (110 ... 117) umfassen.“
Das Merkmal H
2
entspricht dem kennzeichnenden Merkmal des erteil-
ten Unteranspruchs 10. Der Fachmann versteht darunter, dass eine
E/A-Elektronik im Signalkanal eines jeden E/A-Moduls angeordnet sein
soll, wobei die Beschreibung beispielhaft Relais, Optokoppler, PLCs
oder einfache Signaldurchleitungen nennt ([0032]).
H
2A
nach dem Merkmal H
2
eingefügt:
„,mit welcher die E/A-Module jeweils
in
dividuell bestückbar sind.“ Der Fachmann versteht das Merkmal H
2A
dahingehend, dass die E/A-Elektronik gemäß Merkmal H
2
in jedem E/A-
Modul eine unterschiedliche Funktionalität aufweisen kann.
H
2B
„,programmierbare“ [Steuerelektronik zum gezielten Ansteuern der An-
zahl von E/A-Modulen umfasst und mit der Anzahl von E/A-Modulen
mechanisch miteinander verbunden ist und eine lösbare Einheit mit die-
sen bildet und wobei die Anzahl von E/A-Modulen vorgesehen ist, um
das Datenübertragungsmodul (300) aufzunehmen] „, wobei die E/A-
Module eine jeweils zwischen dem ersten und zweiten Signalanschluss
angeordnete E/A-Elektronik (110 ... 117) umfassen, mit welcher die
E/A-Module jeweils individuell bestückbar sind, und über ein Programm
- 18 -
an der programmierbaren Steuerelektronik einstellbar ist, dass die indi-
viduell mit einer E/A-Elektronik bestückten E/A-Module von der Steuer-
elektronik benutzbar sind.“
H
2C
„, wobei die E/A-Module eine jeweils zwischen dem ersten und zweiten
Signalanschluss angeordnete E/A-Elektronik (110 ... 117) umfassen,
deren Verbindung zu dem jeweiligen E/A-Modul lösbar ist, so dass eine
E/A-Elektronik auch ohne Austausch eines E/A-Moduls austauschbar
ist.“
Die Merkmalsgruppen H
2A
, H
2B
und H
2C
sind aus der Zusammenschau der
Absätze [0019], [0028], [0032] und [0049] der Streitpatentschrift entnommen.
H
3
eingefügt in das Merkmal M1g: „in einem Gehäuse beherbergte“ [Steu-
erelektronik] sowie
das Merkmal M1j ersetzt durch: „wobei die Anzahl
von E/A-Modulen vorgesehen ist, um das Gehäuse des Datenüber-
tragungsmoduls (300) tragend aufzunehmen“. Der Fachmann versteht
darunter, dass sich die Steuerelektronik innerhalb des Gehäuses des
Steuer- und Datenübertragungsmoduls befinden soll und die E/A-
Module so ausgestaltet sein sollen, dass sie das Gehäuse als Ganzes
(im Sinne von aufgesteckt) tragen können. Eine Dimensionierung der
Höhe, Breite, Länge oder Form des Gehäuses ist damit nicht verbun-
den.
H
4
„und wobei das Steuer- und/oder Datenübertragungsmodul eine Aus-
wurfeinrichtung zum manuellen Lösen der Verbindung zwischen dem
Steuer- und/oder Datenübertragungsmodul und der Anzahl von E/A-
Modulen aufweist.“ Der Fachmann versteht hierbei, dass die Auswurf-
einrichtung Teil des Steuer- und Datenübertragungsmoduls sein soll
und auf ein Werkzeug, wie Schraubenzieher o. ä. zum leichten Lösen
der Verbindung verzichtet werden kann.
- 19 -
H
5
[jedes E/A-
Modul ferner eine durch] „Schlitze oder Brückenschächte be-
reitgestellte“ [erste Verbindungseinrichtung (130) aufweist], und „als
Stege“ [ausgebildeten zweiten Verbindungseinrichtungen] sowie nach
dem Merkmal H
4
eingefügt: „, mit welcher durch manuelle Betätigung
eines Schwenkhebels die Stege aus den Brückenschächten wieder
heraus bewegt werden können, so dass die Verbindung jederzeit wie-
der lösbar ist und wobei die Stege zu in den Brückenschächten ange-
ordneten, als die ersten oder zweiten Signalanschlüsse ausgebildeten
Steckkontakten komplementäre steckbare, als die dritten Signalan-
schlüsse ausgebildete Kontaktanschlüsse aufweisen.“ Die Auswurfein-
richtung des Merkmals H
4
ist hier als Schwenkhebel präzisiert, der die
lösbare Verbindung zwischen E/A-Modulen und Steuer- und Daten-
übertragungsmodul durch Hebelwirkung lösen soll.
In der folgenden Matrix sind die Hilfsanträge 1 bis 43 mit den zugehörigen Kombi-
nationen (Permutationen) dieser Merkmalsgruppen zusammengestellt (dabei ge-
ben die runden Klammern an, dass die Merkmalsgruppe auch in einer weiteren
Merkmalsgruppe enthalten ist, z. B. H
2
in H
2C
oder H
2A
in H
2B
):
Merkmal
Hilfsantrag
H
1
H
2
H
2A
H
2B
H
2C
H
3
H
4
H
5
1
x
2
x
3
x
x
4
X
5
X
x
6
(x)
(x)
x
7
(x)
x
8
x
X
9
x
X
x
10
x
(x)
(x)
x
- 20 -
Merkmal
Hilfsantrag
H
1
H
2
H
2A
H
2B
H
2C
H
3
H
4
H
5
11
x
(x)
x
x
12
x
x
13
x
x
x
14
(x)
(x)
x
*
15
(x)
x
x
16
x
x
x
17
x
x
x
x
18
x
(x)
(x)
x
x
19
x
(x)
x
x
x
20
x
21
x
x
x
22
x
x
x
23
x
X
x
x
24
x
(x)
(x)
x
x
25
x
(x)
x
x
x
26
x
x
x
27
x
x
x
x
28
(x)
(x)
x
x
x
29
(x)
x
x
x
30
x
x
x
x
31
x
x
x
x
x
32
x
(x)
(x)
x
x
x
33
x
(x)
x
x
x
x
34
x
x
x
35
x
x
x
x**
36
x
x
x
x
x**
37
x
x
x
x
x**
38
x
(x)
(x)
x
x
x**
39
x
(x)
x
x
x
x**
40
x
x
x
x**
41
x
x
x
x
x**
- 21 -
Merkmal
Hilfsantrag
H
1
H
2
H
2A
H
2B
H
2C
H
3
H
4
H
5
42
(x)
(x)
x
x
x
x**
43
(x)
x
x
x
x**
*Das Merkmal H
3
wurde nicht vollständig in den Hilfsantrag 14 aufgenommen
(Gehäuse fehlt). Es handelt sich wohl um einen offensichtlichen Fehler, der auf
das Verständnis des Patentanspruchs keine Auswirkungen hat.
**Das Merkmal H
5
wurde nicht vollständig in die Hilfsanträge 35 bis 43, aufge-
nommen (Stege, Schlitze und Brückenschächte fehlen teilweise). Es handelt sich
wohl um einen offensichtlichen Fehler.
7.3
Die jeweiligen Steuer- und Datenübertragungssysteme der Patentan-
sprüche 1 der Hilfsanträge 2 bis 86 sind mangels Beruhens auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit (§ 4 PatG) nicht patentfähig.
Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Steuer- und Datenübertragungssystems
sind im vorliegenden Fall für den Fachmann die aus der DE 296 11 543 U1 (D3)
bekannten Reihenklemmen, auf die auch die Patentbeschreibung verweist (vgl.
Abs. [0010]). Derartige Reihenklemmen (= E/A-Module) existieren bereits in viel-
fältigen Ausführungen bei Kunden (im Feld), was die Bevollmächtigte der Patent-
inhaberin in der mündlichen Verhandlung bestätigte.
Diese aus der D3 bekannten Reihenklemmen sind in Übereinstimmung mit den
Anspruchsgegenständen benachbart aneinander gereiht und weisen mindestens
zwei Signalanschlüsse mit dazwischenliegendem Signalkanal auf (entspr. Merk-
male M1b bis M1e). Der Fachmann erkennt, dass diese bekannten Signalan-
schlüsse geeignet sind, einen Datenbus sowie Busteilnehmer (Aktoren und Sen-
soren, vgl. D3: S. 1, drittletzte Zeile) anzuschließen. Die bekannten E/A-Module
weisen jeweils ein Elektronikmodul 4 auf (entspr. Merkmalsgruppe H
2
), welches
unterschiedlicher Bauart - wie Relais, Optokoppler, Logik-Baustein - sein kann
- 22 -
(entspr. Merkmalsgruppe H
2A
, H
2B
teilw.
)(Fig. 1 i. V. m. S. 5, le. Abs.). Das bekannte
Elektronikmodul 4 kann mittels eines Kipphebelelements 40 ausgetauscht werden,
ohne die Reihenklemme von der Tragschiene zu lösen (entspr. Merkmalsgruppe
H
2C
)(Fig. 1 i. V. m. Anspr. 9). Die bekannten Reihenklemmen weisen in weiterer
Übereinstimmung mit dem Anspruchsgegenstand Brückenschächte auf (entspr.
Merkmalsgruppe H
5 teilw.
), in die Verbindungsstege eingesteckt werden können
(Fig. 2 u. 6 i. V. m. Anspr. 12). Mechanisch und elektrisch unterscheiden sich die
Reihenklemmen der D3 nicht von den E/A-Modulen des Ausführungsbeispiels in
der Streitpatentschrift, die vom Wortlaut der Patentansprüche umfasst sind; die
Gegenüberstellung der jeweiligen Figuren 1 macht dies deutlich:
Bei diesen aus der D3 bekannten E/A-Modulen stellt sich dem Fachmann in der
Praxis das Problem, dass jeweils ein erheblicher Verkabelungsaufwand besteht,
um diese E/A-Module einzeln anzusteuern. Dieses Problem stellt sich auch in der
DE 44 38 806 C1 (D2) (vgl. Sp. 1, Abs. 3 und 4).
- 23 -
Dort wird das Problem durch ein Elektronikmodul 2 zur Ansteuerung von Reihen-
klemmen (E/A-Module) gelöst, das auf diese lösbar aufsteck- und somit anschließ-
bar ist (Rasthaken 17 und Ausnehmungen 28 im Gehäuse des Elektronikmoduls).
Da der Fachmann die aus der D3 bekannten und beim Kunden bereits eingesetz-
ten benachbart angeordneten E/A-Module aus Kostengründen nicht mehr verän-
dern bzw. austauschen kann, ist es für ihn naheliegend, das aus der D2 bekannte
aufsteckbare Elektronikmodul 2 mit Ansteuerung für E/A-Module an seine Bedürf-
nisse, also an die bereits im Einsatz befindlichen E/A-Module anzupassen, was
der Bevollmächtige der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung im Zu-
sammenhang mit dem Gegenstand von Patentanspruch 14 des Hauptantrags be-
stätigte.
Die Anspruchsgegenstände, die die Merkmalsgruppen H
2
, H
2A
und H
2C
enthalten
(betreffend nur eine Ausgestaltung der E/A-Module), sind dem Fachmann somit
nahegelegt, da diese Merkmalsgruppen aus der D3 bekannt sind.
Die Aufnahme der Merkmalsgruppe H
2B
kann eine erfinderische Tätigkeit nicht
begründen, da einerseits - soweit die Ausgestaltung der E/A-Module betroffen ist -
diese Ausgestaltung aus der D3 bekannt ist, und es andererseits im Bereich des
fachmännischen Handelns liegt, insbesondere im Umfeld programmgesteuerter
Automatisierungstechnik, eine Steuerelektronik programmierbar zu gestalten. Nä-
here Angaben zur Umsetzung dieser „Aufgabe“ in der Steuerelektronik sind weder
den Patentansprüchen (insbesondere Anspr. 7, 15) noch der Patentbeschreibung
(insbesondere [0027], [0033], [0045], [0049] bis [0051]) zu entnehmen.
Das Aufnehmen der Merkmalsgruppe H
3
in den Patentanspruch 1 des Hauptan-
trags (vgl. Hilfsantrag 2) kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen, da die
D2 ein Gehäuse zeigt, in dem sich die dortige Steuerelektronik befindet.
- 24 -
Das Aufnehmen der Merkmalsgruppe H
4
in den Patentanspruch 1 des Hauptan-
trags (vgl. Hilfsantrag 20) kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Das
aus der D3 bekannte Elektronikmodul 4 kann mit einem Auswurfhebel (
) gelöst werden (Anspr. 9; siehe auch Ziffer 5.2). Dies auch für ein
weiteres Modul mit Steuerelektronik vorzusehen, das ebenfalls an die E/A-Module
aufgesteckt wird, betrifft lediglich ein Mittel der Wahl, das der Fachmann bei Be-
darf vorsehen wird, wenn der spezifische Einbauraum ein Greifen mit den Fingern
oder die Benutzung eines separaten Werkszeugs unkomfortabel macht. Dies be-
trifft auch die konkrete Ausgestaltung als Schwenkhebel.
Die Aufnahme der Merkmalsgruppe H
5
in den Patentanspruch 1 des Hauptantrags
kann ebenfalls keine erfinderische Tätigkeit begründen. Die aus der D3 bekannten
E/A-Module weisen Brückenschlitze mit Federklemmen auf, die Stege aufnehmen
können (Fig. 2 und 3, Bz. 13 und 18). Ebenso ist aus der D2 bekannt, das Ge-
häuse des Elektronikmoduls 2 mit korrespondierenden Formelementen zu verse-
hen, die in die Rasthaken 17 der Anschlussscheiben 27 eingreifen. Der Fachmann
wird - wie oben ausgeführt - das aus der D2 bekannte Elektronikmodul 2 an die
geometrischen Verhältnisse der bekannten E/A-Module gemäß der D3 anpassen,
um das Elektronikmodul aufsteckbar mit der Anzahl der E/A-Module zu kontaktie-
ren.
Die Hilfsanträge, die eine der Merkmalsgruppen H
1
, H
2
, H
2A
, H
2B
, H
2C
, H
3
, H
4
oder
H
5
enthalten, sind daher nicht patentfähig. Auch eine beliebige, durch Permutation
einzelner Merkmalsgruppen entstandene Kombination von Merkmalskomplexen,
wie in den Hilfsanträgen 3 bis 19 und 21 bis 43, kann die notwendige erfinderische
Tätigkeit nicht begründen, da einerseits die einzelnen Merkmalsgruppen aus den
Druckschriften D2 und D3 bekannt bzw. für den Fachmann auf Grund seiner
Fachkenntnisse nahegelegt sind, und andererseits eine synergistische Wirkung
zwischen den einzelnen Merkmalsgruppen nicht erkennbar ist. Im Übrigen wurde
hierzu vom Bevollmächtigten der Patentinhaberin auch nichts vorgetragen, da er
jede der eingereichten Kombinationen von Anspruchssätzen (entstanden aus
- 25 -
Kombinationen der H
1
, H
2
, H
2A
, H
2B
, H
2C
, H
3
, H
4
und H
5
) pauschal für sich gesehen
als erfinderisch ansieht (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom
29. Februar 2016).
Die jeweiligen Patentansprüche 1 der Hilfsanträge 2 bis 43 sind daher mangels
erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Patentansprüche 1 einzelner Hilfs-
anträge auch mangels Neuheit gegenüber der D2 nicht patentfähig sind.
7.4
Mit den Patentansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 bis 43 fallen auch die weite-
ren unabhängigen Patentansprüche und die hiervon abhängigen Patentansprü-
che, da ein Patent nur wie beantragt Bestand haben kann (BGH, Beschluss vom
26. September 1996
– X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 m. w. N. - elektrisches Spei-
cherheizgerät). Die Hilfsanträge 44 bis 86 teilen das Schicksal der Hilfsanträge 1
7.5
Ferner kann dahingestellt bleiben, ob die Gegenstände der Merkmalsgrup-
pen H
2A
, H
2B
, H
2C
, H
3
, H
4
und H
5
und jede der beanspruchten Kombinationen über
den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich beim Deutschen Patent- und Mar-
kenamt eingereichten Fassung hinausgehen.
8.
Die vom Bevollmächtigten der Patentinhaberin hilfsweise beantragte Zu-
rückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3
PatG kam nicht in Betracht, da der Senat abschließend entscheiden konnte.
9.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlass. Die Rechts-
frage, zu der die Rechtsbeschwerde nach Ansicht des Bevollmächtigten der Pa-
tentinhaberin zugelassen werden sollte, lässt sich dahingehend zusammenfassen,
ob der Senat eine unzulässige Erweiterung, die bisher nicht im Verfahren als Wi-
derrufsgrund eingeführt worden ist, im Hinblick auf die BGH-Entscheidungen Alu-
- 26 -
minium-Trihydroxid und Winkelmesseinrichtung ohne Zustimmung der Patentin-
haberin aufgreifen darf und das Merkmal mit der unzulässigen Erweiterung bei der
Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit unberücksichtigt lassen kann. Un-
abhängig davon, ob es sich hierbei um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Be-
deutung handelt, war über diese Frage vorliegend nicht zu entscheiden, so dass
eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG nicht in Be-
tracht kam. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitli-
chen Rechtsprechung erfordert vorliegend nicht eine Entscheidung des Bundesge-
richtshofs (§ 100 Abs. 2 Nr. 2 PatG).
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Beschluss des Beschwerdesenats steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten
die Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Absatz 2, § 100 Absatz 1, § 101 Absatz 1 des Patentgesetzes).
Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird,
dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes
kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg ab-
gelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er
nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die
Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist
(§ 100 Absatz 3 des Patentgesetzes).
Die Rechtsbeschwerde ist beim Bundesgerichtshof einzulegen (§ 100 Absatz 1 des Patentgeset-
zes). Sitz des Bundesgerichtshofes ist Karlsruhe (§ 123 GVG).
- 27 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bun-
desgerichtshof schriftlich einzulegen (§ 102 Absatz 1 des Patentgesetzes). Die Postanschrift lautet:
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe.
Sie kann auch als elektronisches Dokument eingereicht werden (§ 125a Absatz 2 des Patentge-
setzes in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesge-
richtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2130)). In
diesem Fall muss die Einreichung durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die
elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes erfolgen (§ 2 Absatz 2 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass der Beschluss auf einer Verletzung
des Rechts beruht (§ 101 Absatz 2 des Patentgesetzes). Die Rechtsbeschwerde ist zu begründen.
Die Frist für die Begründung beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung der Rechtsbe-
schwerde und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden (§ 102 Absatz 3 des Pa-
tentgesetzes). Die Begründung muss enthalten:
1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhe-
bung beantragt wird;
2.
die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm;
3.
insoweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das
Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben
(§ 102 Absatz 4 des Patentgesetzes).
Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen beim Bundesgerichtshof zu-
gelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 102 Absatz 5 des
Patentgesetzes).
Dr. Mayer
Dorn
Albertshofer
Bieringer
Hu