Urteil des BPatG vom 14.03.2016

Stand der Technik, Patentanspruch, Vergleich, Erfindung

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
19 W (pat) 4/15
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
14. März 2016
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 199 27 718.4
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 14. März 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter
Dipl.-Phys. Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi und Dipl.-Ing. Matter
- 2 -
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungs-
stelle für Klasse H 02 K des Deutschen Patent- und Markenamts vom
15. September 2014 aufgehoben und das Patent mit der Nummer
199 27 718 erteilt:
Bezeichnung:
Elektrische Servolenkungs-Anordnung
Anmeldetag:
17. Juni 1999
Unionspriorität:
29. Juni 1998
JP 11-12017
20. Januar 1999
Unterlagen
Patentansprüche 1 bis 3 überreicht in der mündlichen Ver-
handlung am 14. März 2016,
Beschreibung, Seiten 1 bis 22, überreicht in der mündlichen
Verhandlung am 14. März 2016,
28 Blatt Zeichnungen,
Figuren 1 bis 14 vom 9. Januar 2015,
Figur 15 überreicht in der mündlichen Verhandlung am
14. März 2016, Figuren 16 bis 32 vom 9. Januar 2015.
G r ü n d e
I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt
– Prüfungsstelle für Klasse H 02 K – hat
die am 17. Juni 1999 eingereichte, die Prioritäten der japanischen Anmeldungen
JP 10-182487 vom 29. Juni 1998 und JP 11-12017 vom 20. Januar 1999 bean-
- 3 -
spruchende Anmeldung durch Beschluss, verkündet am Ende der am
15. September 2014 durchgeführten Anhörung, zurückgewiesen. In der schriftli-
chen Begründung ist ausgeführt, die jeweiligen Gegenstände der Patentansprü-
che 1 und 2 könnten gegenüber dem Stand der Technik nicht als auf einer erfinde-
rischen Tätigkeit beruhend gelten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom
20. November 2014. Sie hat in der mündlichen Verhandlung neue Unterlagen ein-
gereicht und stellt den Antrag,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 K des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 15. September 2014 aufzuheben und das
nachgesuchte Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 3 und
Beschreibung, Seiten 1 bis 22, überreicht in der mündlichen Verhand-
lung am 14. März 2016,
28 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 14 und 16 bis 32 vom
9. Januar 2015, Figur 15 überreicht in der mündlichen Verhandlung am
14. März 2016.
Der geltende Anspruch 1 lautet (mit einer eingefügten Gliederung):
M1
Elektrische Servolenkungs-Anordnung zur Unterstützung der
Lenkkraft bei einem Fahrzeuglenkrad, mit einem Motor,
M1.1
der auf der Lenksäule innerhalb einer Fahrerkabine montiert ist,
wobei der Motor umfasst:
M2
ein Joch;
M3a
einen Magnetfeldabschnitt, der aus vier Polen
M4
gebildet durch Ferritpermanentmagneten
M3a
besteht,
M5
befestigt an der Innenwand des Jochs;
M6
eine Welle (4), welche frei drehbar innerhalb des Jochs
angeordnet ist;
M7
einen Anker (20), der an der Welle (4) befestigt ist,
- 4 -
M8
und der eine Schleifenwicklung (21) aufweist,
M9
die aufgebaut ist durch maschinelles Wickeln eines Drahtes
(19)
M10a
M11
die auf der äußeren Umfangsfläche eines Kerns (11) ausgebil-
det sind und sich in dessen Axialrichtung erstrecken;
M12
einen Kommutator (6), der eine Vielzahl von Segmenten (16)
mit Haken (34) umfasst, und an einem Endabschnitt der Welle
(4) befestigt ist; und
M13a vier Bürsten, welche mit der Oberfläche des Kommutators (6) in
Kontakt stehen
M14
und im geometrischen Zentrum der Pole vorgesehen sind, so
dass der Motor in beiden Richtungen drehbar ist,
M15
wobei der durch die Wicklung (21) fließende Strom durch Puls-
breitenmodulations-Ansteuerung gesteuert wird
M16
und der Draht (19) lackisolierter Runddraht ist.
Der geltende Patentanspruch 2 unterscheidet sich vom geltenden Patentan-
spruch 1 lediglich in der Anzahl der Schlitze gemäß Merkmal M10b:
M10b
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat mit dem geänderten Pa-
tentbegehren Erfolg.
1.
Die Anmeldung betrifft eine elektrische Servolenkungs-Anordnung zur Un-
terstützung der Lenkkraft bei einem Fahrzeuglenkrad mit einem Motor.
In der Beschreibungseinleitung wird der zunehmende Ersatz hydraulischer Ser-
volenkungs-Anordnungen auch bei schweren Fahrzeugen durch Gleichstrommo-
- 5 -
tor-Servolenkungsanordnungen mit dem Ziel einer Verbrauchs- und Abgasredu-
zierung genannt. Ausgehend von einem bei relativ leichten Fahrzeugen verwen-
deten zweipoligen Gleichstrommotor mit Schleifenwicklung und einem niedrigen
Betriebsgeräusch müsse bei schweren Fahrzeugen zur Erhöhung des Drehmo-
ments die Anzahl der Pole auf mindestens vier vergrößert werden, da anderenfalls
der Elektromotor zu groß würde. Nachteile eines solchen Vierpolmotors mit Schlei-
fenwicklung seien im Vergleich zum Zweipolmotor erhöhte Vibrationen und Ge-
räusche und
– jedenfalls bei einer ungeraden Anzahl von Schlitzen des Ankers –
erhöhte Drehmomentwelligkeit und verstärktes Bürstenfeuer (vgl. Beschreibung
vom 14. März 2016, i
m Weiteren: „Beschreibung“, Seite 2, letzter Absatz bis
Seite 6, Absatz 2).
Als Aufgabe ist daher angegeben, diese Probleme zu lösen und eine elektrische
Servolenkungs-Anordnung mit einem Motor zu schaffen, welcher mit einem ver-
ringerten Betriebsgeräusch arbeitet (Beschreibung, Seite 6, Absatz 3).
Diese Aufgabe werde mit den Servolenkungs-Anordnungen gemäß den Ansprü-
chen 1 bzw. 2 gelöst.
2.
Vor diesem Hintergrund legt der Senat seiner Entscheidung als Fachmann
einen Diplomingenieur der Elektrotechnik zugrunde, der über eine mehrjährige
Berufserfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von elektrischen Antriebssyste-
men im Kraftfahrzeug verfügt.
3.
Die vorgenommenen Änderungen an der Anmeldung sind zulässig (§ 38
Satz 1 PatG).
Die geltenden Ansprüche 1 und 2 finden ihre Offenbarung jeweils an folgenden
Stellen der ursprünglichen Unterlagen:
M1
Figur 20: Elektrische Servolenkungs-Anordnung mit durch die
Steuereinheit 13 betriebenem Elektromotor 18 zur Unterstüt-
zung der Lenkkraft bei dem Fahrzeuglenkrad 12; Anspruch 1
M1.1
Figur 20: Elektromotor 18 auf der Lenksäule im Vergleich zum
Stand der Technik gemäß Figur 13 mit Elektromotor 100 auf
- 6 -
Gestell 40 im Motorraum; Seite 18, Absatz
3 („auf der Lenk-
säule montiert
ist […] auf der Säule innerhalb der Fahrerzelle
bzw. Automobilzelle
montiert werden kann“); Seite 21, Absatz 1
(„auf der Lenksäule montiert ist“); danach ist die „Fahrerkabine“
zwar nicht wörtlich offenbart, nach Überzeugung des Senats ist
die offenbarte
„Fahrerzelle“ jedoch damit gleichzusetzen
M2
Anspruch 1
M3a
Anspruch 1
(„mehrpoligen Magnetfeldabschnitt, bestehend aus
mindestens vier Polen); Seite 15, Absatz 2
(„vier magnetische
Pole“); Seite 10, Absatz 4 („Vierpolmotor“); Figuren 7 und 23
M4
Seite 12, vorletzter Absatz (
„vier Permanentmagnete 2, die aus
Ferrit bestehen“); Seite 17, Absätze 2 und 3
M5
Anspruch 1
M6
Anspruch 1
M7
Anspruch 1
M8
Anspruch 1; Seite 8, viertletzter Absatz (
„vier Pole, eine Schlei-
fenwicklung, vier Bürsten und 22 Schlitze“); Seite 10, Absatz 4
(„Vierpolmotor mit Schleifenwicklung, 26 Schlitzen und vier
Bürsten“)
M9
Seite 16, letzter Absatz (
„maschinelles Wickeln der Verdrah-
tung
“)
M10a Seite 15, Absatz
2 („zweiundzwanzig Schlitzen“)
M10b Seite 10, Absatz
4 („26 Schlitzen“)
M11
Anspruch 1
M12
Anspruch 1 und Seite 14, Absatz
3: („Haken 34“) und insbeson-
dere Figuren 1 und 2, in denen zu erkennen ist, dass die Haken
34 zu den Segmenten 16 des Kommutators 6 gehören
M13a Anspruch 1; Seite 8, viertletzter Absatz (
„vier Bürsten“);
Seite 10, Absatz
4 („vier Bürsten“)
M14
Seiten
17, 18, seitenübergreifenden Satz („In einem normalen
Motor wird diese Verschiebung des magnetischen Zentrums
kompensiert durch Verschieben der Bürsten aus dem geometri-
schen Zentrum der magnetischen Pole in die zur Drehrichtung
des Ankers entgegengesetzte Richtung […] Da jedoch dieser
Elektromotor in beide Richtungen dreht, ist es nicht möglich
- 7 -
Verschiebungen des magnetischen Zentrums durch Verschie-
bung der Bürsten in die zur Drehrichtung des Ankers entgegen-
gesetzte Richtung zu kompensieren, um eine gute Flußvertei-
lung zu erhalten.“); d. h. dass bei dem erfindungsgemäßen
Motor die Bürsten nicht aus dem geometrischen Zentrum der
magnetischen Pole verschoben sind
M15
Seite 7, Absatz 3; Seite 15, Absatz 4; Seite 18, letzter Absatz;
Seite 25, Absatz 3; Anspruch 7
M16
Seite 7, vorletzter Absatz; Seite 16, letzter Absatz; Seite 25, Ab-
satz 4; Anspruch 8
Der geltende Patentanspruch 3 entspricht inhaltlich dem ursprünglichen Patentan-
spruch 5.
4.
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 sind neu (§ 3 PatG).
Die Druckschriften EP 0 831 012 A2 (= E1) und DE 195 01 750 A1 (= E8) zeigen
jeweils eine elektrische Servolenkungs-Anordnung, bei der der zugehörige Elek-
tromotor in besonderer Weise für seinen Einsatzzweck ausgebildet ist.
4.1
Bei dem aus der Druckschrift E1 bekannten Zweipol-Gleichstrom-Elektro-
motor ist der Abstand zwischen den Bürsten und den Schaltern der ansteuernden
Pulsbreitenmodulations-Schaltung durch konstruktive Maßnahmen sehr gering
gehalten, so dass die Zuleitungswiderstände verkleinert sind, sich in der Folge we-
niger erwärmen, sowie ein geringeres elektrischen Rauschen verursachen (vgl.
Druckschrift E1, Spalte 1, Zeilen 12 bis 45).
Die Druckschrift E1 offenbart
– ausgedrückt in den Worten der geltenden Ansprü-
che 1 und 2
– eine
M1
elektrische Servolenkungs-Anordnung (1) zur Unterstützung
der Lenkkraft bei einem Fahrzeuglenkrad, mit einem Motor
(2),
(vgl. Anspruch 9
: “
”; Figuren 1 und 4)
- 8 -
wobei der Motor (2) umfasst:
M2
ein Joch (6);
(vgl. Spalte
2, Zeile 43: „” und Figur 1,
Bezugszeichen 6)
M3a
teils
einen Magnetfeldabschnitt (5), der aus vier
Polen […] be-
steht
(vgl. Spalte 2, Zeile 43 bis
49: „
”; daraus entnimmt der Fachmann,
dass der felderzeugende Magnetfeldabschnitt 5 aus zwei
Polen besteht)
M4
teils
gebildet durch Ferritpermanentmagneten
(vgl. Spalte 2, Zeile 43 bis
49: „“)
M5
befestigt an der Innenwand des Jochs (6);
(vgl. in der Figur 1 die Anordnung der Permanentmagne-
ten des Magnetfeldabschnitts 5 an der Innenseite des
Jochs 6)
M6
eine Welle (12), welche frei drehbar innerhalb des Jochs (6)
angeordnet ist;
(vgl. in der Figur 1 die Welle 12)
M7
einen Anker (7), der an der Welle (12) befestigt ist,
(vgl. in der Figur 1 den Anker 7)
M8
teils
und der eine Schleifenwicklung aufweist,
(der Fachmann liest mit, dass der Anker 7 eine Wicklung
aufweist; welcher Art diese Wicklung ist, wird in der
Druckschrift E1 nicht ausgeführt)
M10a
teils
in zweiundzwanzig Schlitzen,
M10b
teils
in sechsundzwanzig Schlitzen,
(der Fachmann liest mit, dass die Wicklung in Schlitzen
des Ankers verläuft)
M11
die auf der äußeren Umfangsfläche eines Kerns ausgebildet
sind und sich in dessen Axialrichtung erstrecken;
(diese Angaben für die Ankerwicklung liest der Fachmann
ebenfalls mit)
- 9 -
M12
teils
einen Kommutator (8), der eine Vielzahl von Segmenten mit
Haken umfasst, und an einem Endabschnitt der Welle (12)
befestigt ist; und
(vgl. in der Figur 1 den Kommutator 8 am linken Ende der
Welle 12 mit seinen mehreren Segmenten)
M13a
teils
vier Bürsten (9), welche mit der Oberfläche des Kommutators
(8) in Kontakt stehen
(vgl. in den Figuren 1 bis 4 die beiden Bürsten 9)
M14
teils
und im geometrischen Zentrum der Pole vorgesehen sind, so
dass der Motor in beiden Richtungen drehbar ist,
(vgl. Spalte 3, Zeilen 39 bis
42: „“ und
Spalte 4, Zeilen 25 bis
29: „
“; d. h.
der Motor ist in beiden Richtungen drehbar; die Bürsten
liegen jedoch gemäß Figur 2 nicht im geometrischen Zen-
trum der Pole, weil sie einen Winkel von 90° statt 180° zu-
einander aufweisen)
M15
wobei der durch die Wicklung fließende Strom durch Puls-
breitenmodulations-Ansteuerung gesteuert wird
(vgl. Anspruch
9: „
“)
Soweit stimmt der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 mit der aus der Druck-
schrift E1 bekannten Servolenkungsanordnung überein.
Außer den fehlenden Teilen der Merkmale M3a (nicht vier, sondern zwei Pole), M4
(Ferrit nicht genannt), M8 (Schleifenwicklung nicht genannt), M10a/M10b (keine
Angabe der Anzahl der Schlitze), M12 (Haken der Kommutatorsegmente nicht
genannt), M13a (nicht vier, sondern zwei Bürsten) und M14 (Bürsten nicht im geo-
metrischen Zentrum der Pole) verbleiben die folgenden Merkmale als Unter-
schiede:
M1.1
der auf der Lenksäule innerhalb einer Fahrerkabine montiert
ist
- 10 -
(gemäß Spalte 4, Zeilen 8 bis 11 der Druckschrift E1 ist
der Elektromotor 2 nicht auf der Lenksäule in der Fahrer-
kabine, sondern auf dem Lenkmechanismus montiert,
welcher sich fachüblich außerhalb der Fahrerkabine befin-
det)
M9
die aufgebaut ist durch maschinelles Wickeln eines Drahtes
(19)
(die Druckschrift E1 schweigt zum Wicklungsverfahren)
M16
der Draht lackisolierter Runddraht ist
(auch hierzu ist aus der Druckschrift E1 nichts bekannt)
Danach sind die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 aus der Druckschrift E1
nicht bekannt.
4.2
Bei dem aus der Druckschrift E8 bekannten Vierpol-Gleichstrom-Elektromo-
tor ist die Anzahl der Nuten (= Schlitze) ganzzahlig durch die Polzahl teilbar und
die die Pole ausbildenden axial aufeinanderfolgenden bogenförmigen Magnetseg-
mente sind jeweils um einen bestimmten Bruchteil einer Nutteilung versetzt ange-
ordnet. Diese Maßnahme dient der Reduzierung der für den Fahrer während des
Servolenkungsbetriebs im Kraftfahrzeug wahrnehmbaren Rastungen des Perma-
nentmagnetmotors.
Die Druckschrift E8 offenbart
– ausgedrückt in den Worten der geltenden Ansprü-
che 1 und 2
– eine
M1
elektrische Servolenkungs-Anordnung zur Unterstützung der
Lenkkraft bei einem Fahrzeuglenkrad, mit einem Motor (1)
(vgl. Anspruch
1: „
“; Ansprüche 6 und 7)
wobei der Motor (1) umfasst:
M2
ein Joch (11; 41);
(vgl. Spalte
2, Zeile 20: „“; Spalte 3, Zei-
len
7, 8: „“; Figuren 1 und 5)
- 11 -
M3a
einen Magnetfeldabschnitt, der aus vier Polen (43, 45, 47,
49) besteht,
(vgl. Spalte 3, Zeile
8: „“;
Fig. 5; Ansprüche 6 und 7)
M4
teils
gebildet durch Ferritpermanentmagneten
(vgl. Spalte 3, Zeile
10: „
“)
M5
befestigt an der Innenwand des Jochs (41);
(vgl. in der Figur 5 die Befestigung der Permanentmag-
nete 53, 55, 57 und 61 an der Innenwand des Jochs 41;
Ansprüche 1, 6 und 7)
M6
eine Welle (13), welche frei drehbar innerhalb des Jochs (11;
41) angeordnet ist;
(vgl. in den Figuren 1, 2 und 5 die Rotorwelle 13)
M7
einen Anker (15), der an der Welle (13) befestigt ist,
(vgl. in den Figuren 1 und 2 den Anker 15)
M8
teils
und der eine Schleifenwicklung aufweist,
(vgl. Spalte 2, Zeilen 22 bis
26: „
“; da-
bei liest der Fachmann mit, dass sich in den Schlit-
zen/Nuten 19 die Ankerwicklungen befinden; über die Art
der Wicklung finden sich in der Druckschrift E8 keine An-
gaben)
M10a
teils
in zweiundzwanzig Schlitzen,
M10b
teils
in sechsundzwanzig Schlitzen,
(vgl. Ansprüche
1, 6 und 7: Anzahl von Nuten …, die
durch die Polzahl ganzzahlig teilbar ist)
M11
die auf der äußeren Umfangsfläche eines Kerns ausgebildet
sind und sich in dessen Axialrichtung erstrecken;
(vgl. Spalte 2, Zeilen 22 bis
26: „
- 12 -
“; da-
bei liest der Fachmann mit, dass sich in den Schlit-
zen/Nuten 19 die Ankerwicklungen befinden, die sich da-
mit ebenfalls in Axialrichtung erstrecken)
M12
teils
einen Kommutator (21), der eine Vielzahl von Segmenten mit
Haken umfasst, und an einem Endabschnitt der Welle (13)
befestigt ist; und
(vgl. in der Figur 1 den Kommutator 21, der an dem linken
Ende der Rotorwelle 13 befestigt ist und mehrere Seg-
mente aufweist)
M13a
vier Bürsten, welche mit der Oberfläche des Kommutators
(21) in Kontakt stehen
(vgl. in der Figur 1 den 2-poligen Motor mit den beiden
Bürsten 25, 27 und in der Figur 5 den 4-poligen Motor;
dabei liest der Fachmann mit, dass der 4-polige Motor
über 4 Bürsten verfügt)
M14
und im geometrischen Zentrum der Pole vorgesehen sind, so
dass der Motor in beiden Richtungen drehbar ist,
(da der aus der Druckschrift E8 bekannte Motor in beiden
Richtungen arbeiten kann (vgl. Spalte 1, Zeilen 47, 48,
dort ist als Nachteil des Stands der Technik die fehlende
Möglichkeit eines in beide Richtungen drehenden Motors
genannt), liest der Fachmann mit, dass die Bürsten im ge-
ometrischen Zentrum der Pole liegen).
Außer den fehlenden Teilen der Merkmale M4 (Ferrit nicht genannt), M8 (Schlei-
fenwicklung nicht genannt), M10a/M10b (Anzahl der Schlitze) und M12 (Haken der
Kommutatorsegmente nicht genannt) verbleiben die folgenden Merkmale als Un-
terschiede:
M1.1
der auf der Lenksäule innerhalb einer Fahrerkabine montiert
ist
(die Druckschrift E8 schweigt zum Montageort des Elek-
tromotors)
- 13 -
M9
die aufgebaut ist durch maschinelles Wickeln eines Drahtes
(die Druckschrift E8 schweigt zum Wicklungsverfahren)
M15
wobei der durch die Wicklung fließende Strom durch Puls-
breitenmodulations-Ansteuerung gesteuert wird und
(die Druckschrift E8 schweigt zur Steuerung des Motor-
stroms)
M16
der Draht lackisolierter Runddraht ist
(auch hierzu ist aus der Druckschrift E8 nichts bekannt)
Danach sind die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 aus der Druckschrift E8
nicht bekannt.
4.3
Die Druckschrift CH 180 169 A (= E3) beschäftigt sich mit elektrodynami-
schen Maschinen mit Trommelanker. Sie schlägt vor, dass das Verhältnis der An-
kernutenzahl zur Anzahl der Polpaare und das Verhältnis des virtuellen Polbogens
zur Polteilung einer bestimmten Beziehung genügen, damit trotz geschlossenem
Anker eine funkenfreie Kommutierung erzielt wird (Seite 2, linke Spalte, Absatz 1).
Die Druckschrift E3 offenbart
– ausgedrückt in den Worten der geltenden Ansprü-
che 1 und 2
– einen
M1
teils
elektrische Servolenkungs-Anordnung zur Unterstützung der
Lenkkraft bei einem Fahrzeuglenkrad, mit einem Motor
(vgl. Seite 2, linke Spalte, Absätze 3 und 4
: „
)
wobei der Motor umfasst:
M2
ein Joch (f);
(vgl. in den Figuren 4 und 5 das Joch mit dem Bezugszei-
chen f)
M3a
einen Magnetfeldabschnitt (d), der aus vier Polen
[…] be-
steht,
(vgl. in Figur 4 die Polschuhteile mit dem Bezugszeichen d
und die auf der Seite 2 genannten Beispielmotoren A.1,
A.2, A.3 und A.6, die jeweils 4 Pole aufweisen)
M5
befestigt an der Innenwand des Jochs (f);
- 14 -
(vgl. die Figuren 4 und 5)
M6
eine Welle, welche frei drehbar innerhalb des Jochs (f) ange-
ordnet ist;
(vgl. die Figuren 2 und 3, sowie Seite 1, rechte Spalte,
letz
ter Absatz: „“)
M7
einen Anker, der an der Welle befestigt ist,
(vgl. Anspruch
1: „“)
M8
teils
und der eine Schleifenwicklung aufweist,
(vgl. Seite 6, linke Spalte, Absatz
3: „“ und
Absatz
4 „“; eine Schleifenwicklung ist
hieraus nicht zu entnehmen)
M10a
in zweiundzwanzig Schlitzen,
(vgl. Seite 2, linke Spalte, Motor A.
2: „… “)
M10b
in sechsundzwanzig Schlitzen,
(vgl. Seite 2, linke Spalte, Motor A.1
: „… “)
M11
die auf der äußeren Umfangsfläche eines Kerns ausgebildet
sind und sich in dessen Axialrichtung erstrecken;
(vgl. Figur 3)
M12
teils
einen Kommutator (21), der eine Vielzahl von Segmenten mit
Haken umfasst, und an einem Endabschnitt der Welle (13)
befestigt ist; und
(vgl. Anspruch 1)
M13a
vier Bürsten, welche mit der Oberfläche des Kommutators
(21) in Kontakt stehen
(der Fachmann liest mit, dass die aus der Druckschrift E3
bekannten 4-poligen Gleichstrommaschinen regelmäßig
vier Bürsten aufweisen)
M14
und im geometrischen Zentrum der Pole vorgesehen sind, so
dass der Motor in beiden Richtungen drehbar ist,
(es ist aus der Druckschrift E3 nicht zu entnehmen, dass
die dort gezeigten Elektromotoren über eine Bürstenver-
schiebung verfügen, um Ankerrückwirkung bzw. Bürsten-
feuer zu reduzieren; die Druckschrift E3 lehrt vielmehr ein
bestimmtes Verhältnis von Nutenzahl zur Anzahl der Pol-
paare, um eine funkenfreie Kommutierung zu erreichen,
- 15 -
vgl. Seite 2, Absatz 1; insofern ist davon auszugehen,
dass die Motoren der Druckschrift E3 keine Bürstenver-
schiebung aufweisen und somit in beiden Richtungen
drehbar sind).
Außer den fehlenden Teilen der Merkmale M1 (elektrische Servolenkungsanord-
nung), M8 (Schleifenwicklung nicht genannt) und M12 (Haken der Kommutator-
segmente nicht genannt) verbleiben die folgenden Merkmale als Unterschiede:
M1.1
der auf der Lenksäule innerhalb einer Fahrerkabine montiert
ist
(die Druckschrift E3 beschäftigt sich nicht mit Motoren für
Servolenkungen)
M4
gebildet durch Ferritpermanentmagneten
(bei der Druckschrift E3 sind die Statorpole mit Elek-
tromagneten bestückt)
M9
die aufgebaut ist durch maschinelles Wickeln eines Drahtes
(die Druckschrift E8 schweigt zum Wicklungsverfahren)
M15
wobei der durch die Wicklung fließende Strom durch Puls-
breitenmodulations-Ansteuerung gesteuert wird und
(die Druckschrift E3 schweigt zur Steuerung des Motor-
stroms)
M16
der Draht lackisolierter Runddraht ist
(aus der Druckschrift E3 ist hierzu nichts bekannt)
Danach sind die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 aus der Druckschrift E3
nicht bekannt.
Die übrigen im Prüfungsverfahren noch genannten Druckschriften liegen weiter
vom Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 ab.
5.
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 beruhen auch auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit (§ 4 PatG).
- 16 -
5.1
Ausgehend von der elektrischen Servolenkungs-Anordnung nach der
Druckschrift E1 sieht es der Senat zwar als nahegelegt an,
-
für die Permanentmagnete gemäß dem Rest des Merkmals M4 Fer-
rite einzusetzen (vgl. z. B. Druckschrift US 4 437 028 A (= E6),
Spalte 2, Zeile 60),
-
die Ankerwicklung gemäß dem Rest des Merkmals M8 als Schlei-
fenwicklung auszuführen (einfache Auswahl aus den beiden fach-
üblichen Varianten Schleifen- und Wellenwicklung),
-
den Draht der Wicklung gemäß dem Merkmal M9 maschinell zu wi-
ckeln (fachübliches Vorgehen),
-
gemäß dem Rest von Merkmal M12 an den Kommutatorsegmenten
Haken vorzusehen (fachmännische Maßnahme zur Erzielung einer
größeren Verbindungsfläche für die anzuschweißenden Drähte),
-
die Bürsten nach dem Rest von Merkmal M14 im geometrischen
Zentrum vorzusehen, sowie
-
für den Draht nach Merkmal M16 lackisolierten Runddraht zu ver-
wenden (fachübliche Drahtvariante für Ankerwicklungen).
Der Senat sieht jedoch für den Fachmann keine Veranlassung, ausgehend von
der aus der Druckschrift E1 bekannten Servolenkungs-Anordnung mit einem
zweipoligen Gleichstrommotor auf eine vierpolige Anordnung (Rest von Merkmal
M3a) mit vier Bürsten (Rest von Merkmal M13a) zu wechseln. Eine solche Ände-
rung wird der Fachmann bereits deshalb nicht in Betracht ziehen, weil gemäß den
Figuren 2 und 3 mit zugehöriger Beschreibung die beiden Bürsten 9 des zweipoli-
gen Motors eng nebeneinander in einem Winkel von 90° platziert werden, um so
Platz für die Schaltelemente 18 zu schaffen. Bei einem vierpoligen Motor mit vier
Bürsten wäre diese Möglichkeit nicht vorhanden.
Zudem sieht der Senat für den Fachmann keine Veranlassung, 22 oder 26 Schlit-
ze für die Ankerwicklungen vorzusehen (Rest der Merkmale M10a bzw. M10b).
Zwar sind aus der Druckschrift E3
– wie dargelegt – Motoren mit solchen Schlitz-
zahlen bekannt, der Fachmann hat jedoch keine Motivation, die diesbezüglich in
der Druckschrift E3 genannten Anlassmotoren für Dieselmaschinen in Betracht zu
- 17 -
ziehen, um die Schlitzzahl des Servolenkungs-Motors der Druckschrift E1 fest-
zulegen.
Weiterhin sieht der Senat für den Fachmann keine Veranlassung, den aus der
Druckschrift E1 bekannten Motor von dem Lenkmechanismus im Motorraum zu
entfernen und ihn stattdessen auf der Lenksäule in der Fahrerkabine zu montie-
ren. Im Gegenteil wird der Fachmann von einer solchen Maßnahme abgehalten,
denn die Druckschrift E1 beschreibt den Montageort auf dem Lenkmechanismus
als vorteilhaft für den Wärmetransport von dem Motor zu dem Lenkgehäuse (vgl.
Druckschrift E1, Spalte 4, Zeilen 8 bis 15).
5.2
Für die aus der Druckschrift E8 bekannte Servolenkungs-Anordnung gelten
bezüglich der Merkmale
-
M4 (Ferrite)
-
M8 (Schleifenwicklung)
-
M9 (maschinelles Wickeln)
-
M12 (Haken an den Kommutatorsegmente) sowie
-
M16 (lackisolierter Runddraht)
die vorstehenden Ausführungen zu der Servolenkungs-Anordnung gemäß der
Druckschrift E1 sinngemäß, d. h. diese Merkmale ergeben sich für den Fachmann
in naheliegender Weise.
Ob eine Pulsbreitenmodulations-Ansteuerung des aus der Druckschrift E8 be-
kannten Elektromotors (Merkmal M15) im Griffbereich des Fachmanns liegt, kann
dahinstehen, denn jedenfalls sieht der Senat für den Fachmann keine Veranlas-
sung,
-
gemäß Merkmal M1.1 den Motor auf der Lenksäule innerhalb der
Fahrerkabine zu montieren, denn die Druckschrift E8 beschäftigt
sich mit der Minimierung der vom Motor hervorgerufenen und für
den Fahrer spürbaren Rastungen; diese werden für den Fahrer of-
fensichtlich umso spürbarer, je geringer der Abstand zwischen Mo-
tor und Lenkrad ist,
- 18 -
-
und gemäß den Merkmalen M10a bzw. M10b eine Schlitzzahl von
22 bzw. 26 zu wählen, denn die Druckschrift E8 fordert, dass die
Schlitzzahl durch die Polzahl ganzzahlig teilbar ist (vgl. Ansprüche
1, 6 und 7), d. h. bei dem in der Figur 5 der Druckschrift E8 ge-
zeigten 4-poligen Motor ergeben sich Schlitzzahlen von 12, 16, 20,
24, 28, etc., damit sind die Schlitzzahlen 22 und 26 explizit ausge-
schlossen; insofern wird der Fachmann diese an sich aus der
Druckschrift E3 bekannten Schlitzzahlen nicht in Erwägung ziehen.
5.3
Von den aus der Druckschrift E3 bekannten Motoren (Anlassmotor für
Dieselmaschinen, Universalmotor für Bohrzwecke, Motor für Signalzwecke, Kom-
pressormotor) geht der Fachmann bei der Gestaltung einer Servolenkungs-Anord-
nung nicht aus, denn die Druckschrift E3 beschäftigt sich nicht mit einer solchen
Anordnung.
Somit war der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 2 dem Fachmann aus dem
Stand der Technik nicht nahegelegt, er beruht daher auf erfinderischer Tätigkeit.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechts-
Rechtsbeschwerde
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde
nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgen-
den Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
- 19 -
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102
Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizier-
ten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in
die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3
Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Ver-
ordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespa-
tentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internet-
seite des Bundesgerichtshofes bezeichneten Kom-
munikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch
die
Einzelheiten
zu
den
Betriebsvoraussetzungen
bekanntgegeben
(§ 3
BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102
Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt
Kirschneck
RiBPatG Arnoldi ist urlaubsbe-
dingt abwesend und deshalb an
der Beifügung der Unterschrift
gehindert
Matter
Kleinschmidt
Hu