Urteil des BPatG vom 13.01.2016

Fahrzeug, Bremse, Stand der Technik, Anteil

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
19 W (pat) 32/13
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
13. Januar 2016
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2010 049 745.2
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter
Dipl.-Ing. J. Müller und Dipl.-Ing. Matter
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
- 2 -
G r ü n d e
I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt
– Prüfungsstelle für Klasse B 60 L – hat die
am
3. November 2010
eingereichte
Anmeldung
am
Ende
der
am
9. November 2012 durchgeführten Anhörung zurückgewiesen. In der schriftlichen
Begründung vom 13. Dezember 2012 ist ausgeführt, die Gegenstände der jeweili-
gen Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 beruhten nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 4 PatG).
Die Erfindung trägt die Bezeichnung
„Verfahren zum Steuern eines Fahrzeugs und Fahrzeug“.
Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen den Beschluss über die Zu-
rückweisung der Anmeldung. Sie beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 L des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 9. November 2012 aufzuheben und das
nachgesuchte Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 12, mit der Änderung gemäß Niederschrift über
die Anhörung vom 9. November 2012, und
Beschreibung, Seiten 4 bis 13, gemäß Hauptantrag vom 19. März 2012,
Figuren 1 bis 2 vom Anmeldetag 3. November 2010,
hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 3 und
Beschreibung,
Seiten 1
bis 10,
gemäß
2. Hilfsantrag
vom
7. Dezember 2015,
Figuren 1 bis 2 vom Anmeldetag 3. November 2010.
- 3 -
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet unter Einfügung einer
Gliederung:
Verfahren zum Steuern eines Fahrzeugs,
a
wobei das Fahrzeug
a
1
einen Bremsmotor als Antriebsmotor aufweist, insbeson-
dere also
a
1.1
einen auf eine Welle,
a
1.1.1
insbesondere Antriebswelle des Fahrzeugs,
a
1.2
wirkenden Elektromotor
a
2.1
und eine auf eine Welle,
a
2.1.1
insbesondere Antriebswelle des Fahrzeugs,
a
2.2
wirkende Bremse,
b
wobei der Bremsmotor
b
1
aus einem Energiespeicher des Fahrzeugs
b
2
über einen rückspeisefähigen
b
2.1
Wechselrichter
b
2.2
oder Umrichter
versorgbar ist,
c
wobei das Fahrzeug
c
1
ein erstes Eingabemittel aufweist zur Eingabe eines Be-
schleunigungswertes und
c
2
ein zweites Eingabemittel zur Eingabe eines Bremsbe-
schleunigungswertes,
d
wobei bei Nicht-Betätigung des ersten Eingabemittels ein Anteil
der maximal rückspeisbaren Leistung rückgespeist wird, insbe-
sondere
d
1.1
wobei bei Nicht-Betätigung des ersten Eingabemittels ein
Anteil der vom Motor über den
d
1.1.1
Wechselrichter beziehungsweise
d
1.1.2
Umrichter
d
1.2
an den Energiespeicher maximal rückspeisbaren Leistung
rückgespeist wird,
e
wobei die mittels der Eingabemittel eingegebenen Werte als Soll-
wertvorgabe einer Regelungseinheit zugeführt werden,
- 4 -
e
1
wobei bei Betätigung des ersten Eingabemittels das Fahr-
zeug auf einen entsprechend eingegebenen Beschleuni-
gungswert hin geregelt wird,
e
2
und wobei bei Betätigung des zweiten Eingabemittels das
Fahrzeug auf einen entsprechend eingegebenen Bremsbe-
schleunigungswert hin geregelt wird, wobei
e
1.1
als Beschleunigungswert das motorische Antriebs-
drehmoment des Bremsmotors verwendet wird und
e
2.1
als Bremsbeschleunigungswert die Summe
e
2.1.1
aus dem Bremsdrehmoment der Bremse des
Bremsmotors und
e
2.1.2
aus dem wirksamen Bremsmoment des gene-
ratorisch arbeitenden Bremsmotors verwendet
wird.
Der geltende Patentanspruch 10 gemäß Hauptantrag lautet unter Einfügung einer
Gliederung:
Fahrzeug,
A
insbesondere zur Durchführung eines Verfahrens nach mindes-
tens einem der vorangegangenen Ansprüche, mit
B
einer Steuer- und/oder Regeleinrichtung zur Beeinflussung der
Beschleunigung des Fahrzeugs,
a
wobei das Fahrzeug
a
1
einen Bremsmotor als Antriebsmotor aufweist, insbeson-
dere also
a
1.1
einen auf eine Welle,
a
1.1.1
insbesondere Antriebswelle des Fahrzeugs,
a
1.2
wirkenden Elektromotor
a
2.1
und eine auf eine Welle,
a
2.1.1
insbesondere Antriebswelle des Fahrzeugs,
a
2.2
wirkende Bremse,
b
wobei der Bremsmotor
b
1
aus einem Energiespeicher des Fahrzeugs
b
2
über einen rückspeisefähigen
- 5 -
b
2.1
Wechselrichter
b
2.2
oder Umrichter
versorgbar ist,
c
wobei das Fahrzeug
c
1
ein erstes Eingabemittel aufweist zur Eingabe eines Be-
schleunigungswertes und
c
2
ein zweites Eingabemittel zur Eingabe eines Bremsbe-
schleunigungswertes,
d
wobei bei Nicht-Betätigung des ersten Eingabemittels ein Anteil
der maximal rückspeisbaren Leistung rückspeisbar ist, insbeson-
dere wobei
d
1.1
bei Nicht-Betätigung des ersten Eingabemittels ein Anteil
der vom Motor über den
d
1.1.1
Wechselrichter beziehungsweise
d
1.1.2
Umrichter
d
1.2
an den Energiespeicher maximal rückspeisbaren Leistung
rückspeisbar ist,
f
wobei das erste Eingabemittel ein am Fahrzeug drehbar angeord-
netes Teil,
f
1
insbesondere Gashebel oder Hülse, ist und
g
dass das zweite Eingabemittel ein am Fahrzeug drehbar angeord-
netes Teil,
g
1
insbesondere Bremshebel, ist,
h
wobei die Drehachsen für das erste und zweite Eingabemittel nicht
parallel zueinander angeordnet sind,
h
1
insbesondere senkrecht zueinander angeordnet sind.
Der Patentanspruch 1 gemäß dem hilfsweise verfolgten 2. Hilfsantrag vom
7. Dezember 2015 lautet unter Beibehaltung der Gliederung:
Verfahren zum Steuern eines Fahrzeugs,
a
wobei das Fahrzeug
a
1
einen Bremsmotor als Antriebsmotor aufweist, also
a
1.1.1
einen auf eine Antriebswelle des Fahrzeugs
a
1.2
wirkenden Elektromotor
- 6 -
a
2.1
und eine auf eine
a
2.1.1
Antriebswelle des Fahrzeugs
a‘
2.2
wirkende elektromagnetisch betätigbare Federdruck-
bremse,
b
wobei der Bremsmotor
b
1
aus einem Energiespeicher des Fahrzeugs
b
2
über einen rückspeisefähigen
b
2.1
Wechselrichter
versorgbar ist,
c
wobei das Fahrzeug
c
1
ein erstes Eingabemittel aufweist zur Eingabe eines Be-
schleunigungswertes und
c
2
ein zweites Eingabemittel zur Eingabe eines Bremsbe-
schleunigungswertes,
d
wobei bei Nicht-Betätigung des ersten Eingabemittels ein Anteil
der maximal rückspeisbaren Leistung rückgespeist wird,
d
1.1
wobei bei Nicht-Betätigung des ersten Eingabemittels ein
Anteil der vom Motor über den
d
1.1.1
Wechselrichter
d
1.2
an den Energiespeicher maximal rückspeisbaren Leistung
rückgespeist wird,
e
wobei die mittels der Eingabemittel eingegebenen Werte als Soll-
wertvorgabe einer Regelungseinheit zugeführt werden,
e
1
die bei Betätigung des ersten Eingabemittels das Fahrzeug
auf einen entsprechend eingegebenen Beschleunigungs-
wert hin geregelt wird,
e
2
und die bei Betätigung des zweiten Eingabemittels das
Fahrzeug auf einen entsprechend eingegebenen Bremsbe-
schleunigungswert hin geregelt wird,
e
1.1
wobei als Beschleunigungswert das motorische An-
triebsdrehmoment des Bremsmotors verwendet wird
und
e
2.1
als Bremsbeschleunigungswert die Summe
e
2.1.1
aus dem Bremsdrehmoment der Bremse des
Bremsmotors und
- 7 -
e
2.1.2
aus dem wirksamen Bremsmoment des gene-
ratorisch arbeitenden Bremsmotors verwendet
wird,
i
wobei die Regelungseinheit den den Elektromotor des Fahrzeugs
speisenden Wechselrichter ansteuert und
i
1
die Ansteuersignale für die Leistungshalbleiter des Wech-
selrichters liefert,
j
wobei die Bremse eine mechanisch wirkende elektromagnetisch
betätigbare Federdruckbremse ist (= a
‘2.2),
k
wobei bei Betätigung des zweiten Eingabemittels ein dem hierbei
eingegebenen Wert zugeordneter Anteil der maximal rückspeisba-
ren Leistung rückgespeist wird,
k
1
wobei bei vom Wert Null aus zunehmenden Wert der Anteil
vom bei Nicht-Betätigung des ersten und zweiten Eingabe-
mittels vorliegenden Anteil ausgehend entsprechend an-
steigt,
k
1.1
insbesondere proportional,
l
wobei die den Wechselrichter ansteuernde Regelungseinheit in
Drehmomentregelung arbeitet,
l
1
also die Motorspannung derart stellt, dass der Motor auf
den vorgegebenen Drehmomentwert,
l
1.1
also bei generatorischem Betrieb Bremsdrehmo-
mentwert,
hin geregelt wird,
l
2
wobei erfasste Motorstromwerte der Regeleinheit als lst-
werte zugeführt werden,
m
wobei bei Überschreiten eines kritischen Eingabewertes (B2) des
zweiten Eingabemittels die mechanische Bremse ausgelöst wird,
k
2
wobei der Anteil dadurch bewirkbar ist, dass bei der Rück-
speisung die Regelungseinheit auf einen entsprechenden
k
2.1
Bremsbeschleunigungswert oder
k
2.2
Bremsdrehmomentwert
des Elektromotors hin regelt,
n
1
wobei das erste Eingabemittel ein am Fahrzeug translatorisch ver-
schiebbar angeordnetes Teil ist und
- 8 -
n
2
wobei das zweite Eingabemittel ein am Fahrzeug translatorisch
verschiebbar angeordnetes Teil ist,
o
wobei ein jeweiliges Eingabemittel ein Rückstellfederelement zum
Rückstellen auf einen verschwindenden Eingabewert, der dem
Nicht-Betätigen des jeweiligen Eingabemittels entspricht, aufweist,
n
3
wobei erstes und zweites Eingabemittel einstückig als Schieber
ausgeführt sind,
n
3.1
also ein von einer Nullstellung, also dem Nicht-Betätigungs-
wert, ausgehend
n
3.1.1
ansteigender Eingabewert dem Eingabewert des ers-
ten Eingabemittels und
n
3.1.2
ein von der Nullstellung in der anderen Richtung an-
steigender Wert dem Eingabewert des zweiten Ein-
gabemittels entspricht.
Der geltende Patentanspruch 3 gemäß dem hilfsweise verfolgten 2. Hilfsantrag
vom 7. Dezember 2015 lautet unter Fortführung der Gliederung:
Fahrzeug,
A
insbesondere zur Durchführung eines Verfahrens nach mindes-
tens einem der vorangegangenen Ansprüche, mit
B
einer Steuer- und/oder Regeleinrichtung zur Beeinflussung der
Beschleunigung des Fahrzeugs,
a
wobei das Fahrzeug
a
1
einen Bremsmotor als Antriebsmotor aufweist, also
a
1.1.1
einen auf eine Antriebswelle des Fahrzeugs
a
1.2
wirkenden Elektromotor
a
2.1
und eine auf eine
a
2.1.1
Antriebswelle des Fahrzeugs
a‘
2.2
wirkende elektromagnetisch betätigbare Federdruck-
bremse,
b
wobei der Bremsmotor
b
1
aus einem Energiespeicher des Fahrzeugs
b
2
über einen rückspeisefähigen
b
2.1
Wechselrichter
- 9 -
versorgbar ist,
c
wobei das Fahrzeug
c
1
ein erstes Eingabemittel aufweist zur Eingabe eines Be-
schleunigungswertes und
c
2
ein zweites Eingabemittel zur Eingabe eines Bremsbe-
schleunigungswertes,
d
1.1
wobei bei Nicht-Betätigung des ersten Eingabemittels ein Anteil
der vom Motor über den
d
1.1.1
Wechselrichter
d
1.2
an den Energiespeicher maximal rückspeisbaren Leistung rück-
speisbar ist,
n
1
wobei das erste Eingabemittel ein am Fahrzeug translatorisch ver-
schiebbar angeordnetes Teil ist und
n
2
wobei das zweite Eingabemittel ein am Fahrzeug translatorisch
verschiebbar angeordnetes Teil ist,
o
wobei ein jeweiliges Eingabemittel ein Rückstellfederelement zum
Rückstellen auf einen verschwindenden Eingabewert, der dem
Nicht-Betätigen des jeweiligen Eingabemittels entspricht, aufweist,
n
3
wobei erstes und zweites Eingabemittel einstückig als Schieber
ausgeführt sind,
n
3.1
also ein von einer Nullstellung, also dem Nicht-Betätigungs-
wert, ausgehend
n
3.1.1
ansteigender Eingabewert dem Eingabewert des ers-
ten Eingabemittels und
n
3.1.2
ein von der Nullstellung in der anderen Richtung an-
steigender Wert dem Eingabewert des zweiten Ein-
gabemittels
entspricht.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
- 10 -
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da der Ge-
genstand der Anmeldung in keiner der beantragten Fassungen patentfähig ist.
1.
Die Erfindung betrifft laut Beschreibungseinleitung ein Verfahren zum Steu-
ern eines Fahrzeugs und ein Fahrzeug, wobei die Erfindung von Fahrzeugen, wie
Automobilen ausgeht, die einen Gashebel, beispielsweise Gaspedal, und einen
Bremshebel, beispielsweise Bremspedal, aufweisen. Beide Hebel seien vorzugs-
weise drehbar am Fahrzeug angeordnet (Seite 1, Zeilen 5 bis 9 der ursprünglichen
Unterlagen).
Die Anmelderin gibt an, es sei Aufgabe der Erfindung, eine Eingabe von Sollwer-
ten für das Fahrzeug zu vereinfachen (Seite 1, Zeilen 12 bis 13 der ursprünglichen
Unterlagen).
2.
Vor diesem Hintergrund legt der Senat seiner Entscheidung als Fachmann
einen Diplomingenieur (FH) oder Techniker der Elektrotechnik oder Maschinenbau
mit Schwerpunkt elektrische Antriebe zugrunde.
3.
Der Senat geht von folgendem fachmännischen Verständnis des angemel-
deten Gegenstandes aus:
3.1
Die Beschreibungseinleitung deutet zwar durch die Verwendung der For-
mulie
rung „Gashebel, beispielsweise Gaspedal“ auf Fahrzeuge mit einem Ver-
brennungsmotor hin, anhand der weiteren Beschreibung und der in den Patent-
ansprüchen genannten Merkmale erkennt der Fachmann jedoch, dass die Anmel-
dung ausschließlich auf ein Verfahren zum Steuern eines Elektro-Fahrzeugs und
auf ein Elektro-Fahrzeug zielt.
Weiter erkennt der Fachmann, dass die objektive Aufgabe nicht allein darin liegen
kann, die Eingabe von (Beschleunigungs- und Brems-) Sollwerten zu verbessern.
Vielmehr besteht die objektive Aufgabe offensichtlich auch darin, die Bedienung
und das Fahrverhalten eines Elektro-Fahrzeugs an die Bedienung und das Fahr-
verhalten eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor anzugleichen, also auch bei
- 11 -
kompletter Umstellung des Antriebskonzepts die Sollwerte unverändert eingeben
zu können.
3.2
Unter dem im Merkmal a
1
genannten Begriff
„Bremsmotor“, der als An-
triebsmotor des Fahrzeugs eingesetzt werden soll, versteht der Fachmann in
Übereinstimmung mit der ursprünglichen Beschreibung (Seite 2, Zeilen 29 bis 34),
einen gängigen elektrischen Antriebsmotor, dessen Welle aus Sicherheitsgründen
mit einer mechanischen Bremse versehen ist. Die gängigste Bauart solcher Si-
cherheitsbremsen ist die elektromagnetische, ruhestrombetätigte Federdruck-
bremse. Fließt durch die Betätigungsspule der Bremse kein Strom, drücken Fe-
dern die Bremsbeläge in die Bremsstellung. Fließt hingegen durch die Betäti-
gungsspule der Bremse ein Strom, baut sich ein Magnetfeld auf, das dafür sorgt,
dass sich die Bremse gegen die Kraft der Federn öffnet. Der Fachmann spricht
allerdings nicht davon, dass die Bremse geöffnet wird, vielmehr wird die Bremse
„gelüftet“.
Solche Bremsen werden üblicherweise nicht als Betriebsbremsen eingesetzt. In
der Regel dient diese Art von Bremsen vielmehr als Sicherheits- und Haltebremse,
d. h. sie fallen ein, wenn die Spannungsversorgung des Antriebs abgeschaltet wird
und/oder um das Wegrollen des Fahrzeugs zu verhindern, nachdem es bereits
zum Stillstand gebracht worden ist.
Bei Elektro-Fahrzeugen wird wegen des damit verbundenen Verschleißes ohnehin
vermieden, mechanisch zu bremsen, da ja die Möglichkeit besteht, mit dem An-
trieb selbst generatorisch zu bremsen, d. h. Energie in die Fahrzeugbatterie zu-
rückzuspeisen oder über ohmsche Widerstände in Wärme umzuwandeln.
In der Beschreibung ist als Alternative zu einer ruhestrombetätigten Federdruck-
bremse eine solche angegeben, die arbeitsstrombetätigt betrieben werden soll
(Seite 3, Zeilen 4 bis 11).
Der Anmeldung ist für beide Varianten nicht zu entnehmen, welche Maßnahmen
ergriffen werden, wenn die Spannung, beispielsweise durch Entladung der Batte-
rie, zusammenbricht. Im Falle einer ruhestrombetätigten Federdruckbremse be-
steht die Gefahr des Blockierens des Antriebs durch die dann einfallende Bremse,
bei einer arbeitsstrombetätigten Federdruckbremse könnte das Fahrzeug nicht
mehr mechanisch gebremst werden. Da der Fachmann sich dieser Problematik
- 12 -
bewusst ist, ergreift er geeignete Maßnahmen, um einen sicheren Betrieb zu ge-
währleisten.
Jedenfalls wird gemäß der grafischen Darstellung in der Figur 2 der Anmeldung
das mechanische Bremsmoment der Bremse nicht, wie bei einer Sicherheits-
bremse üblich, schlagartig bei Wegfall der Betriebsspannung aufgebracht, son-
dern in Abhängigkeit von der Drehstellung des Bremshebels.
3.3
Der Fachmann unterstellt, auch wenn dies dem Wortlaut der Patentansprü-
che nicht unmittelbar zu entnehmen ist, dass die in Merkmal a
2.1
genannten Welle
dieselbe ist, wie die zuvor in Merkmal a
1.1
definierte, da zu beiden Merkmalen
übereinstimmend die Antriebswelle des Fahrzeugs als bevorzugte Ausführung
genannt ist.
3.4
Die Regelung der Beschleunigung sowie der Bremsbeschleunigung, also
der Verzögerung gemäß Merkmalsgruppe e, ist weder in den Patentansprüchen
noch an anderer Stelle der Unterlagen im Einzelnen beschrieben. Insbesondere ist
für das Bremsdrehmoment der Bremse des Bremsmotors (Merkmal e
2.1.1
) nicht
angegeben, dass, geschweige denn wie, das mechanische aufgebrachte Brems-
moment erfasst würde, während zugleich das generatorische Bremsmoment wirkt.
Der entsprechend ausgebildete und einschlägig erfahrene Fachmann ist jedoch in
der Lage, die erwünschte Wirkung bei einem Elektroantrieb, auch unter Einbezie-
hung einer Federdruckbremse bei entsprechender Betätigung des Gas- bzw.
Bremspedals oder anderer, entsprechend wirkender Eingabemittel, herbeizufüh-
ren.
3.5
Der Fachmann stellt stillschweigend die Angabe in Merkmal d, dass bei
Nicht-Betätigung des ersten Eingabemittels ein Anteil der maximal rückspeisbaren
Leistung rückgespeist wird, unter den Vorbehalt, dass die Batterie zu dem betref-
fenden Zeitpunkt tatsächlich aufnahmefähig ist.
Damit zusammenhängend versteht er die Merkmale, dass
e
2.1
als Bremsbeschleunigungswert die Summe
e
2.1.1
aus dem Bremsdrehmoment der Bremse des Bremsmo-
tors und
- 13 -
e
2.1.2
aus dem wirksamen Bremsmoment des generatorisch ar-
beitenden Bremsmotors verwendet wird,
derart, dass je nach Betriebssituation beide Anteile der Bremsbeschleunigung
zwischen 0 und 100 % zu der gesamten momentanen Bremsbeschleunigung bei-
tragen können. Er ist sich weiter bewusst, dass deshalb der im Ausführungsbei-
spiel genannten Drehwinkel B2 des Bremshebels, bei dem die mechanische
Bremse wirksam werden muss, keine absoluter Wert sein kann, sondern vom
momentan möglichen Batterieladestrom abhängt.
4.1
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht nicht auf
einer erfinderischen Tätigkeit und ist deshalb nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 PatG
i. V. m. § 4 PatG):
Die Entgegenhaltung DE 195 00 589 A1 (= D3) offenbart
– ausgedrückt in Worten
des Patentanspruchs 1
– ein
Verfahren zum Steuern eines Fahrzeugs,
a
wobei das Fahrzeug
a
1
einen Bremsmotor als Antriebsmotor aufweist (Spalte 1,
Zeilen 63 bis 68),
a
2
und eine auf eine Welle wirkende Bremse (elektromagne-
tisch gelüftete Federdruckbremse),
b
wobei der Bremsmotor
b
1
aus einem Energiespeicher des Fahrzeugs (Spalte 2,
Zeile 64: elektrische Batterie)
b
2
über einen rückspeisefähigen
b
2.1
Wechselrichter
b
2.2
oder Umrichter
versorgbar ist (Spalte 2, Zeilen 58 bis 64).
In der Entgegenhaltung D3 ist zwar nicht beschrieben, wie das Fahrzeug gesteuert
wird, es ist jedoch selbstverständlich, dass dieses sowohl Eingabemittel zum Be-
schleunigen als auch zum Bremsen aufweisen muss. Üblich sind dabei, abhängig
- 14 -
von den Fähigkeiten des Fahrers, Bedienhebel in der Art eines oder zweier Joy-
sticks. Somit liest der Fachmann selbstverständlich mit, dass
c
das Fahrzeug
c
1
ein erstes Eingabemittel aufweist zur Eingabe eines Be-
schleunigungswertes sowie
c
2
ein zweites Eingabemittel zur Eingabe eines Bremsbe-
schleunigungswertes.
Schon aus Sicherheitsgründen darf ein Fahrzeug, insbesondere ein in der Entge-
genhaltung D3 ausgestalteter Rollstuhl, für den Fall, dass kein Eingabemittel betä-
tigt ist, sich nicht weiterbewegen (Totmann-Schaltung). Abgesehen davon ist es
bei
elektrisch
angetriebenen
Fahrzeugen
laut
der
Entgegenhaltung
DE 10 2007 035 424 A1 (= D4), Absatz 0011, letzte drei Zeilen der linken Spalte,
üblich, das Verhalten von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren nachzubilden,
die bauartbedingt ein sogenanntes Schleppmoment aufwiesen und zu diesem
Zweck beim Freigeben des Gaspedals eine geringe Bremsverzögerung zur Reku-
peration, also zur Rückspeisung, einzustellen. In der Entgegenhaltung D4 wird,
ausgehend von diesem dort als bekannt vorausgesetzten Stand der Technik, die
Sollwerteingabe mittels des Fahrpedals
– im Sinne der Anmeldung des ersten
Eingabemittels
– ausgestaltet, so beispielsweise in dem Ausführungsbeispiel ge-
mäß Figur 1B, nach dem die pedalkraftfreie Position ausdrücklich ein Verzögern
vorgibt.
Aufgrund der in der Fachwelt stillschweigend bestehenden Übereinkunft, dass bei
Elektrofahrzeugen, ebenso wie bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, die Nicht-
betätigung des Gaspedals oder eines gleichwirkenden Eingabemittels eine Brems-
beschleunigung bzw. Verzögerung zur Folge haben soll, liest der Fachmann diese
Einstellung mangels davon abweichender Angaben bei dem Rollstuhl gemäß
Entgegenhaltung D3 mit, so dass das Merkmal d, wonach
bei Nicht-Betätigung des ersten Eingabemittels ein Anteil der maximal
rückspeisbaren Leistung rückgespeist wird,
keine Besonderheit darstellt, sondern den Regelfall wiedergibt.
- 15 -
Die Merkmalsgruppe e ist ebenfalls dem selbstverständlichen Handeln des Fach-
manns zuzuordnen, da jedes Fahrzeug, unabhängig davon, welchen Antrieb es
hat, bei Betätigung des Gaspedals beschleunigt und bei Betätigung des Bremspe-
dals verzögert. Die Beschleunigung- und Verzögerungssollwerte setzt der Fach-
mann, wie oben zugunsten der Anmelderin unterstellt, in geeigneter Weise in
Größen für den Antriebsmotor und/oder die vorhandene(n) Bremse(n) um.
Somit ergibt sich das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag unter
Berücksichtigung des Wissens und Könnens des Fachmanns in naheliegender
Weise aus der Kenntnis der Entgegenhaltung D3.
Solange die Bremsbeschleunigung des Fahrzeugs ausschließlich durch generato-
rischen Betrieb des elektrischen Antriebs aufgebracht werden kann, also die me-
chanische Bremse nicht eingesetzt werden muss, bleibt im Übrigen ohne Bedeu-
tung, ob dieser mit einer auf seine Antriebswelle wirkenden mechanischen Bremse
ausgestattet ist, es sich also um einen Bremsmotor im Sinne der Anmeldung han-
delt, oder ob das Fahrzeug, wie beispielsweise in der Entgegenhaltung
DE 41 24 496 A1 (= D1) beschrieben, statt dessen herkömmliche, hydraulisch
betätigte Radbremsen hat. Auch in dieser Druckschrift ist die Nachbildung des
Schleppmoments durch generatorischen Betrieb eines elektrischen Antriebs an-
gesprochen, also die Rückspeisung bei Nicht-Betätigung des Gaspedals (Spalte 3,
Zeile 65 bis Spalte 4, Zeile 12).
4.2
Der Gegenstand des Patentanspruchs 10 nach Hauptantrag beruht nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit und ist deshalb nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1
PatG i. V. m. § 4 PatG):
Der nebengeordnete Patentanspruch 10, der fakultativ auf die vorangestellten
Verfahrensansprüche rückbezogen ist, nennt über den Patentanspruch 1 hinaus
lediglich in Merkmal B die selbstverständliche Steuer- und/oder Regeleinrichtung
sowie in den Merkmalen f und g die drehbare Anordnung der Eingabemittel, die
dem Fachmann von üblichen Gas- und Bremspedalen vertraut ist und darüber
hinaus das Negativmerkmal h, wonach die Drehachsen nicht parallel zueinander
angeordnet sein sollen.
- 16 -
Es kann dahingestellt bleiben, ob Negativmerkmale dazu geeignet sind, eine Er-
findung in ihrer ganzen Breite so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein
Fachmann sie ausführen kann, da dem Fachmann Zweiräder bekannt sind, deren
Eingabemittel für die Beschleunigung als Drehhülse und deren Eingabemittel für
die Verzögerung als Handhebel ausgestaltet sind. Die Drehachsen stehen dabei
im Sinne der Anmeldung senkrecht zueinander. Abgesehen davon sind in der
Entgegenhaltung DE 10 2007 035 424 A1 (= D4) außer dieser Variante (Absatz
0016) noch eine Vielzahl weiterer erwähnt, außer in Absatz 0016 noch in den Ab-
sätzen 0017 und 0021.
Die Anordnung der Drehachsen ist somit offensichtlich ins Belieben des Fach-
manns gestellt. Die Orientierung der Drehachsen trägt nach Überzeugung des
Senats zudem weder zur Lösung der von der Anmelderin genannten Aufgaben-
stellung bei, die Eingabe von Sollwerten für das Fahrzeug zu vereinfachen, noch
hat sie Einfluss auf die Lösung der Aufgabe, die Bedienung und das Fahrverhalten
eines Elektro-Fahrzeugs an die Bedienung und das Fahrverhalten eines Fahr-
zeugs mit Verbrennungsmotor anzugleichen.
Somit ergibt sich das Fahrzeug gemäß Patentanspruch 10 nach Hauptantrag un-
ter Berücksichtigung des Wissens und Könnens des Fachmanns in naheliegender
Weise aus der Kenntnis der Entgegenhaltung D3.
5.1
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag beruht nicht auf
einer erfinderischen Tätigkeit und ist deshalb nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 PatG
i. V. m. § 4 PatG):
5.1.1 Aus der Entgegenhaltung DE 195 00 589 A1 (= D3) sind auch die folgen-
den gegenüber dem Hauptantrag zusätzlich genannten Merkmale des Gegen-
standes des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag bekannt:
a
1.1.1
der Elektromotor wirkt auf eine Antriebswelle des Fahrzeugs
(Spalte 1, Zeilen 65 bis 66),
a
2.2
die Bremse ist eine auf eine Antriebswelle wirkende elektromag-
netisch betätigbare Federdruckbremse (Spalte 5, Zeilen 17 bis
25),
- 17 -
j
wobei die Bremse eine mechanisch wirkende elektromagnetisch
betätigbare
Federdruckbremse ist (= Merkmal a‘
2.2
).
5.1.2 Hinsichtlich der weiter in der Merkmalsgruppe a und in den Merkmalsgrup-
pen b, c, d sowie e genannten Maßnahmen geht der Patentanspruch 1 gemäß
Hilfsantrag nicht über den Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hinaus, sodass
auf die betreffenden obigen Ausführungen verwiesen wird.
5.1.3 Im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag sind über den Patentanspruch 1
gemäß Hauptantrag hinaus folgende Merkmale genannt:
i
wobei die Regelungseinheit den den Elektromotor des Fahrzeugs
speisenden Wechselrichter ansteuert und
i
1
die Ansteuersignale für die Leistungshalbleiter des Wech-
selrichters liefert,
k
wobei bei Betätigung des zweiten Eingabemittels ein dem hierbei
eingegebenen Wert zugeordneter Anteil der maximal rückspeisba-
ren Leistung rückgespeist wird,
k
1
wobei bei vom Wert Null aus zunehmenden Wert, der An-
teil, vom bei Nicht-Betätigung des ersten und zweiten Ein-
gabemittels vorliegenden Anteil ausgehend, entsprechend
ansteigt,
k
1.1
insbesondere proportional,
k
2
wobei der Anteil dadurch bewirkbar ist, dass bei der Rück-
speisung die Regelungseinheit auf einen entsprechenden
k
2.1
Bremsbeschleunigungswert oder
k
2.2
Bremsdrehmomentwert
des Elektromotors hin regelt,
l
wobei die den Wechselrichter ansteuernde Regelungseinheit in
Drehmomentregelung arbeitet,
l
1
also die Motorspannung derart stellt, dass der Motor auf
den vorgegebenen Drehmomentwert,
l
1.1
also bei generatorischem Betrieb Bremsdrehmo-
mentwert,
hin geregelt wird,
- 18 -
l
2
wobei erfasste Motorstromwerte der Regeleinheit als lst-
werte zugeführt werden,
m
wobei bei Überschreiten eines kritischen Eingabewertes (B2) des
zweiten Eingabemittels die mechanische Bremse ausgelöst wird,
n
1
wobei das erste Eingabemittel ein am Fahrzeug translatorisch ver-
schiebbar angeordnetes Teil ist und
n
2
wobei das zweite Eingabemittel ein am Fahrzeug translatorisch
verschiebbar angeordnetes Teil ist,
o
wobei ein jeweiliges Eingabemittel ein Rückstellfederelement zum
Rückstellen auf einen verschwindenden Eingabewert, der dem
Nicht-Betätigen des jeweiligen Eingabemittels entspricht, aufweist,
n
3
wobei erstes und zweites Eingabemittel einstückig als Schieber
ausgeführt sind,
n
3.1
also ein von einer Nullstellung, also dem Nicht-Betätigungs-
wert, ausgehend
n
3.1.1
ansteigender Eingabewert dem Eingabewert des ers-
ten Eingabemittels und
n
3.1.2
ein von der Nullstellung in der anderen Richtung an-
steigender Wert dem Eingabewert des zweiten Ein-
gabemittels
entspricht.
5.1.4 Offensichtlich rechnet auch die Anmelderin die Angaben in den Merkmals-
gruppen i, k sowie l, die ausschließlich den elektrischen Betrieb des Elektromotors
betreffen, dem Wissen und Können des Fachmanns zu, da lediglich übliche Bau-
gruppen und erwünschte Wirkungen genannt sind. Auch der Senat hat keinen
Anlass dies anders zu bewerten. Eine von der Regelung des elektrischen Teils
unabhängige Regelung der auf die Antriebswelle des Fahrzeugs wirkenden elek-
tromagnetisch betätigbaren Federdruckbremse oder eine gemeinsame Regelung
beider Komponenten ist nicht beansprucht und auch nicht beschrieben.
5.1.5 Für die Regelung des Elektromotors ist dabei offenbar nicht von Belang,
wie die mechanische Bremse ausgeführt ist. Vielmehr soll offenbar gemäß der
Angabe in Merkmal m die mechanisch wirkende Bremse erst dann zur Wirkung
kommen, wenn das Soll-Bremsdrehmoment nicht mehr durch das Bremsdrehmo-
- 19 -
ment des als Generator arbeitenden Fahrzeugantriebs aufgebracht werden kann.
Diese Überlegung ist jedoch bereits durch die Entgegenhaltung DE 41 24 496 A1
(= D1) vorweggenommen, nach der das durch Betätigung eines Bremspedals 1
angeforderte Bremsdrehmoment B
V
so weit wie möglich durch den generatori-
schen Betrieb des Antriebsmotors 12 bereitgestellt werden soll. Reicht dieser ge-
neratorische Anteil (B
E
) nicht aus, wird zusätzlich eine hydraulische Bremse aus-
gelöst. (Spalte 7, Zeilen 9 bis 34; Figur 6, Schritt 67).
Somit hatte der Fachmann ein Vorbild für ein praxistaugliches Verfahren zum
Steuern eines Fahrzeugs, das einen rückspeisefähigen elektrischen Antriebsmotor
und eine mechanische Bremse aufweist, auf das er bei der konkreten Auslegung
des Antriebs und der Bremsen des Fahrzeugs gemäß Entgegenhaltung
DE 195 00 589 A1 (= D3) zurückgreifen konnte. Demnach wird bei Betätigung des
Eingabemittels für eine Bremsbeschleunigung zunächst das generatorische
Bremsvermögen des elektrischen Antriebs ausgeschöpft und, wie durch Merkmal
m beansprucht,
bei Überschreiten eines kritischen Eingabewertes des zweiten Einga-
bemittels, die mechanische Bremse ausgelöst.
5.1.6 Die mit Merkmal o beanspruchten Rückfederelemente, durch die die beiden
Eingabemittel jeweils in ihre Nicht-Betätigt-Stellung rückstellbar sind, sind dem
Fachmann sowohl von Gas- und Bremspedalen bei zweispurigen Kraftfahrzeugen
als auch von Gasdrehgriffen und Bremshebeln bei einspurigen Kraftfahrzeugen
vertraut.
5.1.7 Schließlich ist aus der Entgegenhaltung DE 10 2007 035 424 A1 (= D4),
übereinstimmend mit der Formulierung des ursprünglichen Patentanspruchs 15,
bekannt, das erste und zweite Eingabemittel in Form eines einzigen Fahrpedals
auszuführen, also im Verständnis der Anmelderin einstückig auszuführen, also ein
von einer Nullstellung, also dem Nicht-Betätigungswert, ausgehend ansteigender
Eingabewert dem Eingabewert des ersten Eingabemittels und ein von der Null-
stellung in der anderen Richtung ansteigender Wert dem Eingabewert des zweiten
Eingabemittels entspricht (vgl. Figur 1C i. V. m. Absatz 0030).
- 20 -
Die identische Funktionalität ist gemäß Absatz 0021 derselben Druckschrift auch
mit einem Joystick erzielbar.
Davon unterscheidet sich die Merkmalsgruppe n des Patentanspruchs 1 gemäß
Hilfsantrag
lediglich dadurch, dass das Eingabemittel ein „translatorisch ver-
schiebbar angeordnetes Teil
“ ist, das die Anmelderin auch als „Schieber“ bezeich-
net.
Es kann dahingestellt bleiben, ob durch diese Ausführung die Eingabe von Soll-
werten für ein Fahrzeug gegenüber den bekannten Lösungen vereinfacht wird,
oder die Bedienung und das Fahrverhalten eines Elektro-Fahrzeugs an die Bedie-
nung und das Fahrverhalten eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor angeglichen
wird.
Ebenso kann weiter dahin gestellt bleiben, ob der Fachmann die Merkmals-
gruppe n in der geltenden Fassung den ursprünglichen Unterlagen unmittelbar
und eindeutig als zur Erfindung gehörend entnehmen konnte.
Jedenfalls handelt es sich nach Überzeugung des Senats bei dem Austausch ei-
nes Pedals mit einem mittigen Drehpunkt gemäß Figur 1C oder des entsprechen-
den Joysticks gemäß Absatz 0021 der Entgegenhaltung D4 durch einen Schieber
um keine erfinderische Tätigkeit, sondern um eine glatt äquivalente Maßnahme.
Im Übrigen steht der Fachmann bei einem Rollstuhl, der in der Entgegenhaltung
DE 195 00 589 A1 (= D3), Spalte 1, Zeilen 6 bis 7, als bevorzugtes Anwendungs-
beispiel genannt ist, grundsätzlich immer vor der Aufgabe, die Bedienelemente
des Antriebs so zu gestalten, dass die spezifischen Möglichkeiten des jeweiligen
Fahrers berücksichtigt sind. Hierzu zieht der Fachmann alle zur Verfügung ste-
henden technischen Alternativen in Betracht. Sollte der Fahrer zum Beispiel derart
körperlich eingeschränkt sein, dass er mit seiner Hand nur noch eine translatori-
sche Bewegung ausführen kann, ergibt sich eine Ausgestaltung des Eingabemit-
tels als Schieber von selbst.
5.2
Der Gegenstand des Patentanspruchs 3 nach Hilfsantrag beruht nicht auf
einer erfinderischen Tätigkeit und ist deshalb nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 PatG
i. V. m. § 4 PatG):
- 21 -
Im Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag sind weniger Sachmerkmale genannt als
im Patentanspruch 1 desselben Antrags, so dass durch die vorstehenden Ausfüh-
rungen auch begründet ist, dass und weshalb sich das Fahrzeug gemäß Pa-
tentanspruch 3 nach Hilfsantrag für den Fachmann in naheliegender Weise aus
dem Stand der Technik ergibt.
5.3
Der Einwand der Anmelderin, der Umstand, dass drei Entgegenhaltungen
und zusätzlich das Fachwissen bemüht werden müssten, um gegenüber dem Pa-
tentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag die fehlende Patentfähigkeit zu begründen, sei
als Indiz für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit zu werten, konnte zu
keine anderen Beurteilung des Sachverhalts führen, da es sich bei
der Ausführung der mechanischen Bremse als elektromagnetisch
betätigbare Federdruckbremse,
der Nutzung des Antriebsmotors zum Bremsen des Fahrzeugs und
der Gestaltung der Eingabemittel als Schieber,
um Maßnahmen handelt, die sich nicht gegenseitig bedingen. Durch die Zusam-
menfassung der zu diesen drei Sachgruppen jeweils genannten Maßnahmen sind
keine über die Summe der einzelnen Wirkungen hinausgehenden kombinatori-
schen Effekte gegeben. Die Anmelderin hat solches im Übrigen auch nicht geltend
gemacht.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsbeschwerde
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde
nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgen-
den Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
- 22 -
2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102
Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizier-
ten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in
die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3
Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Ver-
ordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespa-
tentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internet-
seite
des
Bundesgerichtshofes
bezeichneten
Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind
auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3
BGH/BPatGERVV).
- 23 -
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102
Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt
Kirschneck
J. Müller
Matter
Hu