Urteil des BPatG vom 27.07.2015

Stand der Technik, Patent, Neuheit, Energie

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
19 W (pat) 10/14
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
27. Juli 2015
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2008 062 655.4
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 27. Juli 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-
Phys. Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi und Dipl.-Ing. Matter
- 2 -
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse H 02 J des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 8. Januar 2014 aufgehoben und das Patent mit der
Nummer 10 2008 062 655 erteilt.
Bezeichnung: Energiespeichereinrichtung
Anmeldetag: 4. Dezember 2008
Der Patenterteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 19, überreicht in der mündlichen Verhand-
lung am 27. Juli 2015,
angepasste Beschreibung, Seite 1, überreicht in der mündlichen
Verhandlung am 27. Juli 2015,
übrige Beschreibung, Seiten 2 bis 18, vom Anmeldetag
4. Dezember 2008,
Zeichnungen, Figuren 1 bis 5, vom 20. April 2009.
G r ü n d e
I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt
– Prüfungsstelle für Klasse H 02 J – hat die
am 4. Dezember 2008 eingereichte Anmeldung mit Beschluss vom 8. Januar 2014
mit der Begründung zurückgewiesen, der Gegenstand des Anspruchs 1 nach
Haupt- und Hilfsantrag beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Gegen diesen, der Anmelderin am 15. Januar 2014 zugestellten Beschluss richtet
sich deren Beschwerde vom 14. Februar 2014, eingegangen beim Deutschen
- 3 -
Patent- und Markenamt am selben Tag. Sie hat in der mündlichen Verhandlung
am 27. Juli 2015 neue Unterlagen eingereicht und stellt den Antrag:
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 J des Deutschen
Patent-und Markenamts vom 8. Januar 2014 aufzuheben und das
nachgesuchte Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 19 und
angepasste Beschreibung, Seite 1, jeweils überreicht in der mündlichen
Verhandlung am 27. Juli 2015,
übrige Beschreibung, Seiten 2 bis 18, vom Anmeldetag
4. Dezember 2008,
Zeichnungen, Figuren 1 bis 5, vom 20. April 2009.
Der in der mündlichen Verhandlung am 27. Juli 2015 überreichte Anspruch 1 lau-
tet unter Einfügung einer Gliederung (Änderungen gegenüber Anspruch 1 vom
Anmeldetag gekennzeichnet):
M1
Energiespeichereinrichtung (10) umfassend
M1.1
eine Wandlereinheit (34) und
M1.2
einen mit der Wandlereinheit (34) zusammenwirkenden
Kondensatormodul (22), und
dadurch gekennzeichnet,
M1.3
dass ein Kondensatorzellen (24) des Kondensatormoduls
(22) aufnehmendes Gehäuse (40) vorgesehen ist,
dadurch gekennzeichnet,
M1.4
dass die Kondensatorzellen (24) ein Außengehäuse aufwei-
sen,
M1.3.1
dass das Gehäuse (40) eine die Kondensatorzellen (24)
und Außengehäuse aufnehmende Kondensatorkammer
(42) aufweist
- 4 -
M1.3.1.1
und dass die Kondensatorkammer (42) als Druckkammer
für einen über einem Umgebungsdruck liegenden Innen-
druck ausgebildet ist, deren Innendruck über einem Umge-
bungsdruck liegt.
Im Prüfungsverfahren wurden als Stand der Technik die folgenden druck-
schriftlichen Entgegenhaltungen genannt:
E1:
KUTHER, T.: „DC/DC-Wandler mit integrierten Supercaps für
Hybridautos", Automotive Electronics Engineering Report,
Sept. 2008, 1. Jg., S. 16, URL: http://www.elektronikpraxis.vo-
gel.de/ fileserver/vogelonline/issues/ep/2008/1712.pdf
E2:
DE 10 2007 046 578 A
E3:
WO 2007/066372 A2
E4:
DE 101 31 430 A1
E5:
DE 195 10 493 A1
E6:
KUTHER, T.: DC/DC-Wandler mit integrierten Supercaps für
Hybridautos, Automotive Electronics Engineering Report,
Sept. 2008, 1. Jg., S. 16, rechts oben (gedruckte Version der
E1)
E7:
Alcoa AFL: DC/DC-Wandler mit integrierten Supercaps,
15.09.2008, Hanser automotive electronics+systems, URL:
http://www.hanser-automotive.de/aktuell/article/acoa-afl-dcdc-
wander-mit-integrierten-supercaps.html
E8:
IGEL et al.: „Start-Stopp und Rekuperation DC/DC-Wandler mit
integrierten
Doppelschichtkondensatoren",
ATZelektronik,
Mai 2008, 3. Jahrgang
E9:
DE 10 2005 007 607 A1
- 5 -
Der Senat hat zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung mit Hinweis vom
10. Juli 2015 noch die folgende Schrift in das Verfahren eingeführt:
E10:
US 2001/0033473 A1
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Auf-
hebung des angefochtenen Beschlusses und zur Patenterteilung gemäß dem in
der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag.
1.
Die Anmeldung geht aus von einer Energiespeichereinrichtung umfassend
eine Wandlereinheit (speziell: DC/DC-Wandlereinheit) und ein mit der Wand-
lereinheit zusammenwirkendes Kondensatormodul (geltende Beschreibung (i. W.
Beschreibung), Seite 1, Zeilen 8 bis 10 und Seite 12, Zeile 1).
Solche Energiespeichereinrichtungen für Bordnetze in Kraftfahrzeuge seien zwar
bekannt, jedoch sei die tatsächliche Integration in das Kraftfahrzeug nicht gelöst
(Beschreibung, Seite 1, Zeilen 12 bis 14).
Daher bestünde die Aufgabe darin, eine solche Energiespeichereinrichtung so zu
verbessern, dass sie als reales Gerät in einem Kraftfahrzeug einsetzbar sei und
eine erhöhte Benutzungsdauer sowie eine höhere Temperaturbeständigkeit auf-
weise (Beschreibung, Seite 1, Absatz 3).
Die in dem Kondensatormodul eingesetzten elektrochemischen Doppelschicht-
kondensatorzellen hätten die Eigenschaft, dass sie mit zunehmenden Entla-
dezyklen und Alter einen internen Gasdruck aufbauten. Daher sei das Außenge-
häuse von solchen elektrochemischen Doppelschichtkondensatorzellen mit einer
Sollbruchstelle versehen, die bei 15 bis ca. 17 Bar breche. Im Falle des Bruchs
- 6 -
sollten die Kondensatorzellen nicht mehr weiterbenutzt werden (Beschreibung,
Seite 2, Zeilen 6 bis 17). Jedoch sei an den elektrischen Eigenschaften zunächst
nicht festzustellen, dass das Außengehäuse der Doppelschichtkondensatorzelle
geplatzt sei, vielmehr dauere es einige Zeit, bis sich entweder ein Kurzschluss
oder ein Leerlauf in der Kondensatorzelle ausbilde (Beschreibung, Seite 2, Zei-
len 19 bis 22).
Erfindungsgemäß seien die Kondensatorzellen in einer als Druckkammer ausge-
bildeten Kondensatorkammer angeordnet und die Druckkammer weise einen In-
nendruck auf, der über dem Umgebungsdruck liege. Dadurch erfolge das Aufplat-
zen des Außengehäuses der Kondensatorzellen später. Somit könnten die Kon-
densatorzellen mehr Entladezyklen aushalten und auch länger benutzt werden
(Beschreibung, Seite 1, letzter Absatz; Seite 3, Zeilen 2 bis 6). Zudem bestünde
die Möglichkeit, die Doppelschichtkondensatorzellen für eine höhere Temperatur
und somit schnelleres Be- und Entladen zu spezifizieren (Beschreibung, Seite 3,
Zeilen 8 bis 13).
Die Anmeldung beschäftigt sich weiterhin mit der konstruktiven Ausgestaltung des
Gehäuses und der Herstellung bzw. dem gasdichten Verschluss der zweiteiligen
Gehäusekonstruktion (Ansprüche 5 bis 15). Zudem wird ein Sorptionsmaterial in
der Kondensatorkammer untergebracht, um austretende Substanzen zu ad- bzw.
absorbieren (Beschreibung, Seite 7, Zeilen 5 bis 9).
2.
Als Fachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur (FH) der Elektrotech-
nik mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von Energiespeicherein-
richtungen mit Kondensatoren, speziell mit elektrochemischen Doppelschichtkon-
densatoren.
3.
Die Gegenstände der geltenden Ansprüche erweitern den Gegenstand der
Anmeldung nicht (§ 38 PatG).
- 7 -
Die Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 1 vom 27. Juli 2015 sind wie folgt
ursprünglich offenbart:
:
Beschreibung, Seite 2, Zeilen 14, 19; Seite 3,
Zeilen 2 bis 6 und Zeilen 8 bis 12
M1.3.1:
ursprünglicher Anspruch 1 und Beschreibung,
Seite 3, Zeilen 2 bis 6
ursprünglicher Anspruch 1 und Beschreibung,
Seite 3, Zeilen 2 bis 4 und Zeilen 15 bis 17
Die Unteransprüche 2 bis 19 sind identisch mit den entsprechenden ursprüngli-
chen Ansprüchen.
4
Das Merkmal M1.3.1.1 des Gegenstands des Anspruchs 1 bedarf der Aus-
legung. Der Fachmann versteht es so, dass der Innendruck in der Kondensator-
kammer jedenfalls während des normalen, d. h. störungsfreien, Betriebs der be-
anspruchten Energiespeichereinrichtung über dem Umgebungsdruck von typisch
ca. 1 Bar liegt. Eine Kondensatorkammer, die nur kurzzeitig im Störungsfall, z. B.
nach Aufplatzen einer ihrer Kondensatorzellen, einen erhöhten Innendruck auf-
weist, weist nach dem Verständnis des Fachmanns das Merkmal M1.3.1.1 nicht
auf.
5.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gilt als neu (§ 3 PatG).
a) Entgegenhaltung E8
Die Entgegenhaltungen E1, E6, E7 und E8 betreffen alle die gleiche Vorrichtung,
nämlich ein sogenanntes „Energy Conversion Module“ der Beschwerdeführerin.
Die Entgegenhaltung E8 liefert die ausführlichste Beschreibung dieses Moduls.
- 8 -
Bezüglich der Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 1 ist aus der Entgegen-
haltung E8 bekannt (nicht Zutreffendes gekennzeichnet, Bezeichnungen in Klam-
mern aus der E8):
M1
Energiespeichereinrichtung (ECM) umfassend
(vgl. Seite 63, linke Spalte, letzter Absatz: „
“)
M1.1
eine Wandlereinheit (DC/DC-Wandler, Buck-Boost-Wandler)
und
(vgl. den 1 kW, 2 Phasen Buck-Boost-Wandler in dem
Bild 4 auf Seite 65)
M1.2
einen mit der Wandlereinheit (Buck-Boost-Wandler) zusam-
menwirkenden Kondensatormodul (ULTRACAP), und
(vgl. das ULTRACAP-Modul in Bild 4, Seite 65, das mit
dem ebenfalls dort dargestellten Buck-Boost-Wandler
zusammenarbeitet)
M1.3
ein Kondensatorzellen des Kondensatormoduls (ULTRA-
CAP) aufnehmendes Gehäuse,
(vgl. die 16 Kondensatorzellen in dem Gehäuse in Bild
1 auf Seite 63)
wobei,
M1.4
die Kondensatorzellen ein Außengehäuse aufweisen,
(vgl. in dem Bild 1 auf der Seite 63 die vier sichtbaren,
in der ersten Reihe angeordneten Kondensatorzellen,
die ersichtlich jeweils ein Außengehäuse (in blauer Far-
be mit weißer Beschriftung) aufweisen)
- 9 -
M1.3.1
das Gehäuse eine die Kondensatorzellen und Außenge-
häuse aufnehmende Kondensatorkammer aufweist,
(vgl. den linken Gehäuseteil in Bild 1, Seite 63, in dem
ersichtlich die 16 Kondensatorzellen mit ihren jeweiligen
Außengehäusen aufgenommen sind)
M1.3.1.1 und dass die Kondensatorkammer als Druckkammer ausge-
bildet ist, deren Innendruck über einem Umgebungsdruck
liegt.
(vgl. S. 67, linke Spalte, vorletzter Absatz: „
“; ein Gehäuse, welches die Anforderungen
der Schutzart IP 6K7 erfüllt, ist nicht zwingend gasdicht
ausgeführt und stellt daher auch keine „Druckkammer“
dar; von einem Innendruck über Umgebungsdruck ist in
der E8 nicht die Rede; wegen der fehlenden Gasdicht-
heit kann sich im normalen Betrieb auch durch starke
Temperaturgradienten kein Überdruck im Gehäuse auf-
bauen; selbst wenn dies der Fall wäre, wäre das Merk-
mal M1.3.1.1 gemäß der im Abschnitt 4 dieses Be-
schlusses dargelegten Auslegung nicht aus der E8 be-
kannt)
Damit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 aus der Entgegenhaltung E8 nicht be-
kannt. Dies gilt ebenso für die inhaltsgleichen Entgegenhaltungen E1, E6 und E7.
b) Entgegenhaltung E2
Bezüglich der Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 1 ist aus der Entgegen-
haltung E2 bekannt (nicht Zutreffendes gekennzeichnet, Bezugszeichen aus der
Entgegenhaltung E2):
- 10 -
M1
Energiespeichereinrichtung umfassend
(vgl. Anspruch 1: „“)
M1.1
eine Wandlereinheit und
M1.2
teils
einen mit der Wandlereinheit zusammenwirkenden Kon-
densatormodul (1, 5, 5‘), und
(vgl. das Modulgehäuse 1 und die Doppelschicht-
kondensatoren 5, 5‘ in der einzigen Figur)
M1.3
ein Kondensatorzellen (5, 5‘) des Kondensatormoduls (1,
5, 5‘) aufnehmendes Gehäuse (1),
(vgl. das Modulgehäuse 1 und die Doppelschicht-
kondensatoren 5, 5‘ in der einzigen Figur und Ab-
satz [0017])
wobei,
M1.4
dass die Kondensatorzellen ein Außengehäuse aufwei-
sen,
(offensichtlich weisen
die Kondensatorzellen 5, 5‘
kein eigenes Außengehäuse auf, da in Ab-
satz [0014] davon die Rede ist, dass eine schlei-
chende Druckentwicklung zum Aufplatzen des
Modulgehäuses führen kann, d. h. Elektrolyt-
dämpfe treten aus den einzelnen Kondensator-
zellen 5 ungehindert von einem Außengehäuse
aus und sammeln sich im Modulgehäuse)
M1.3.1
teils
das Gehäuse (1) eine die Kondensatorzellen (5, 5‘) und
Außengehäuse aufnehmende Kondensatorkammer auf-
weist,
(vgl. das Modulgehäuse 1 und die Doppelschicht-
kondensatore
n 5, 5‘ in der einzigen Figur)
M1.3.1.1
teils
und die Kondensatorkammer als Druckkammer ausgebil-
det ist, deren Innendruck über einem Umgebungsdruck
liegt.
- 11 -
(vgl. Absatz [0013]: „
“; Absatz [0014]: „
“; im „Normalbetrieb“ liegt der In-
nendruck der Kondensatorkammer auf dem Um-
gebungsdruck; lediglich zeitweise, nämlich dann,
wenn die einzelnen gehäuselosen Kondensator-
zellen stärker ausgasen, kann der Innendruck in
der Kondensatorkammer über dem Umgebungs-
druck liegen, damit ist der zweite Merkmalsteil aus
der E2 nicht bekannt, vgl. die Ausführungen in
Abschnitt 4 dieses Beschlusses zur Auslegung
des Merkmals M1.3.1.1)
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit aus der Entgegenhaltung E2 nicht be-
kannt.
c) Entgegenhaltung E9
Bezüglich der Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 1 ist aus der Entgegen-
haltung E9 bekannt (nicht Zutreffendes gekennzeichnet, Bezugszeichen aus der
Entgegenhaltung E9):
M1
Energiespeichereinrichtung umfassend
(vgl. Anspruch 1 und Figur 1: das Kondensator-
modul 1 speichert elektrische Energie und stellt
damit eine Energiespeichereinrichtung dar)
M1.1
eine Wandlereinheit und
M1.2
teils
einen mit der Wandlereinheit zusammenwirkenden Kon-
densatormodul (1), und
- 12 -
(vgl. das Kondensatormodul 1 in der Figur 1)
M1.3
ein Kondensatorzellen (3) des Kondensatormoduls (1)
aufnehmendes Gehäuse (2),
(vgl. in der Figur 1 das Modulgehäuse 2, in wel-
chem sechs Kondensatorzellen 3 angeordnet
sind)
wobei,
M1.4
die Kondensatorzellen (3) ein Außengehäuse (4) aufwei-
sen,
(vgl. in der Figur 1 und Absatz [0015] das jeweilige
Außengehäuse 4 der Kondensatorzellen 3)
M1.3.1
dass das Gehäuse (2) eine die Kondensatorzellen (3)
und Außengehäuse (4) aufnehmende Kondensatorkam-
mer aufweist,
(vgl. in den Figuren 1 bis 3 den Raumbereich, der
die Kondensatorzellen 3 mit ihrem jeweiligen Au-
ßengehäuse 4 aufnimmt)
M1.3.1.1
und dass die Kondensatorkammer als Druckkammer
ausgebildet ist, deren Innendruck über einem Umge-
bungsdruck liegt.
(die in der E9 gezeigte Kondensatorkammer ist
gerade nicht als (gasdichte) Druckkammer ausge-
bildet, sondern es ist ein Druckdurchlassfilter 7
vorgesehen, durch den die aus den Kondensator-
zellen austretenden Gase entweichen können, vgl.
Absatz [0028])
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit aus der Entgegenhaltung E9 nicht be-
kannt.
d) Entgegenhaltung E10
- 13 -
Bezüglich der Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 1 ist aus der vom Senat
ermittelten Entgegenhaltung E10 bekannt (nicht Zutreffendes gekennzeichnet, Be-
zugszeichen aus der Entgegenhaltung E10):
M1
Energiespeichereinrichtung umfassend
(der im Anspruch 6 genannte Kondensator ist
– wie
jeder Kondensator
– geeignet, Energie zu spei-
chern)
M1.1
eine Wandlereinheit und
(im Absatz [0004] ist zwar im Zusammenhang mit
der Verwendung des beanspruchten Kondensators
von einer „
“ die Rede, es ist jedoch
keine Wandlereinheit als Teil einer Energiespei-
chereinheit gezeigt)
M1.2
teils
einen mit der Wandlereinheit zusammenwirkenden Kon-
densatormodul, und
(der im Anspruch 6 genannte Kondensator stellt ein
Kondensatormodul dar, weil er mehrere Konden-
satorzellen enthält: „
)
M1.3
ein Kondensatorzellen (2) des Kondensatormoduls auf-
nehmendes Gehäuse (1),
(vgl. in der Figur 1 das Gehäuse 1, in dem gemäß
Anspruch 6 mehrere Kondensatorzellen 2 angeord-
net sind)
wobei,
M1.4
die Kondensatorzellen ein Außengehäuse aufweisen,
(die Kondensatorzellen 2 weisen kein Außenge-
häuse auf, sondern befinden sich ohne eigenes Ge-
häuse in dem Gehäuse 1, so dass flüssiges Per
flu-
- 14 -
orcarbon (PFC) in sie eindringen kann, vgl. die Ab-
sätze [0016] und [0022])
M1.3.1
teils
das Gehäuse (1) eine die Kondensatorzellen (2) und Au-
ßengehäuse (4) aufnehmende Kondensatorkammer auf-
weist,
(vgl. in der Figur 1 den gesamten Bereich in dem
Gehäuse 1, der als Kondensatorkammer dient)
M1.3.1.1
und die Kondensatorkammer als Druckkammer ausgebil-
det ist, deren Innendruck über einem Umgebungsdruck
liegt.
(die in der Figur 1 gezeigte Kondensatorkammer ist
als (gasdichte) Druckkammer ausgebildet, deren
absoluter Druck gemäß Anspruch 6 zwischen
120 kPa und 300 kPa liegt, d. h. zwischen 0,2 Bar
und 2 Bar über dem Umgebungsdruck (dieser be-
trägt typisch 1 Bar = 100 kPa))
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit aus der Entgegenhaltung E10 nicht
bekannt.
e) Die Entgegenhaltung E3 zeigt eine geringere Merkmalsübereinstimmung mit
dem Gegenstand des Anspruchs 1 als die Entgegenhaltungen E8, E2, E9 bzw.
E10.
f) Die Entgegenhaltungen E4 und E5 beschäftigen sich mit Verfahren zum Ver-
schweißen von Werkstücken aus Kunststoff. Anspruchsgemäße Energiespeicher-
einrichtungen sind nicht genannt.
6.
Die im Anspruch 1 angegebene Energiespeichereinrichtung beruht auch auf
einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
- 15 -
a) Aus der Entgegenhaltung E8 ist
– wie zur Neuheit dargelegt – das Merkmal
M1.3.1.1, d. h. die Ausbildung der Kondensatorkammer als Druckkammer, deren
Innendruck über einem Umgebungsdruck liegt, nicht bekannt.
Es gehört zum Grundwissen des Fachmanns, dass Energiespeichereinrichtungen
mit Doppelschichtkondensatoren bei Einsatz in der Nähe von Menschen, z. B. in
Kraftfahrzeugen, mit einem Gehäuse geschützt werden müssen, um Gefährdun-
gen auszuschließen (vgl. z. B. Entgegenhaltung E2, Absätze [0002] bis [0004],
[0007], [0009]; Entgegenhaltung E9, Absätze [0013] und [0014]). Denn solche
Doppelschichtkondensatorzellen können durch entsprechende Belastung und Al-
terung aufplatzen oder aufreißen. Dabei können giftige Elektrolyte aus den Kon-
densatorzellen austreten, verdampfen, brennen und/oder explodieren (vgl. z. B.
Entgegenhaltung E2, Absätze [0002], [0003]; Entgegenhaltung E9, Absatz [0014]).
Auch die Entgegenhaltung E8 adressiert auf der Seite 67, linke Spalte, zweiter
Absatz, diese Probleme bei Einsatz einer solchen Energiespeichereinrichtung in
einem Kraftfahrzeug:
.“
Aus der Entgegenhaltung E8 sind somit aufwändige elektronische Einrichtungen
zur Überwachung der Eigenschaften und des Zustands der Energiespeicherein-
- 16 -
richtung, insbesondere zur Erkennung des Lebensdauerendes, bekannt. Auch die
Ausgasung der Zellen am Ende der Lebensdauer ist erwähnt. Darüber hinaus sind
jedoch keine konstruktiven Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensdauer der
Doppelschichtkondensatorzellen genannt. Dem Fachmann ist bekannt, dass ge-
rade bei dem in der Entgegenhaltung E8 in Rede stehenden Kraftfahrzeugbereich
sehr hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und die Lebensdauer der
Energiespeichereinrichtung gestellt werden und dass daher ein frühzeitiger Ausfall
von systemrelevanten Komponenten nicht akzeptabel ist.
Ihm stellt sich daher ausgehend von der aus der Entgegenhaltung E8 bekannten
Energiespeichereinrichtung die Aufgabe, das Aufplatzen der elektrochemischen
Doppelschichtkondensatorzellen, das nach einiger Zeit zum Ausfall der Energie-
speichereinrichtung führt, zu verhindern oder zumindest zeitlich deutlich zu verzö-
gern.
Das aus der Entgegenhaltung E8 nicht bekannte Merkmal M1.3.1.1 ist dem
Fachmann zwar als solches aus der Entgegenhaltung E10 bekannt, die ihm zeigt,
dass durch die Ausführung einer Kondensatorkammer (1, 1a, 1b) als gasdichte
Druckkammer mit einem erhöhten Innendruck eine die Kondensatorzellen schädi-
gende Teilentladung erst bei einer höheren Spannung einsetzt und daher die
Energiespeichereinrichtung kleiner ausgeführt werden kann (vgl. Absätze [0027],
[0031] bis [0036]).
Es ist jedoch bereits fraglich, ob der Fachmann den in der Entgegenhaltung E10
gezeigten Aufbau der Kondensatorkammer zur Lösung der sich ihm aus der Ent-
gegenhaltung E8 stellenden Aufgabe in Betracht ziehen würde. Denn das Verhin-
dern des Aufplatzens einzelner, ein Außengehäuse aufweisenden, Kondensator-
zellen durch das Vorsehen eines erhöhten Drucks in der Kondensatorkammer ist
aus der Entgegenhaltung E10 nicht bekannt und ergibt sich für den Fachmann
auch nicht in naheliegender Weise aus der Kombination der Entgegenhaltung E8
mit der Entgegenhaltung E10.
- 17 -
Die Entgegenhaltung E10 zeigt herkömmliche Wickelkondensatoren, die als of-
fene Schichtstruktur ohne Außengehäuse in einer mit flüssigem Perfluorcarbon
(PFC) gefüllten Kondensatorkammer angeordnet sind. Diese Anordnung ermög-
licht das Eindringen des PFCs in das Dielektrikum der Kondensatorzellen und
führt so zu einer Erhöhung der Teilentladungsspannung (vgl. Absätze [0021],
[0022]). Durch den erhöhten Innendruck in der Kondensatorkammer, der auf alle
offenen Kondensatorzellen einwirkt, ergibt sich eine weitere Erhöhung der Tei-
lentladungsspannung (vgl. Absatz [0031]). Von dem Problem des Aufplatzens ein-
zelner Kondensatorzellen ist somit in der Entgegenhaltung E10 nicht die Rede.
Selbst wenn der Fachmann die Lehre der Entgegenhaltung E10 auf die aus der
Entgegenhaltung E8 bekannte Energiespeichereinrichtung anwenden würde, er-
gäbe sich für ihn der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht in naheliegender Weise.
Denn dann würde er zwar möglicherweise die Kondensatorkammer als Druckkam-
mer ausführen, jedoch die aus der Entgegenhaltung E10 bekannten offenen Kon-
densatorzellen ohne Außengehäuse beibehalten. Damit blieben als Unterschied
zum Gegenstand des Anspruchs 1 das Merkmal M1.4 und teilweise das Merkmal
M1.3.1.
Damit ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 vom 27. Juli 2015 für den
Fachmann nicht in naheliegender Weise aus der Kombination der Entgegenhal-
tung E8 mit der Entgegenhaltung E10.
Auch die übrigen Entgegenhaltungen können dem Fachmann keine Anregung ge-
ben, ausgehend von der aus der Entgegenhaltung E8 bekannten Energiespei-
chereinrichtung die Kondensatorkammer als Druckkammer auszubilden, deren
Innendruck über einem Umgebungsdruck liegt. Die Entgegenhaltung E2 sieht ein
Füllmittel in der Umgebung der Doppelschichtkondensatoren vor, um austretende
Elektrolyt-Dämpfe durch Adsorption und/oder Absorption zu binden (vgl. dort die
Ansprüche 1, 3 und 5). Bei der Entgegenhaltung E9 ist in dem Gehäuse der Kon-
densatorkammer ein Druckdurchlassfilter eingesetzt, um den sich in der Konden-
satorkammer aufbauenden Druck sicher abbauen zu können (vgl. dort Absatz
[0028]).
- 18 -
Nach alledem ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 für den Fachmann
nicht in naheliegender Weise aus der Entgegenhaltung E8 in Kombination mit ei-
ner oder mehreren der übrigen Entgegenhaltungen.
b) Auch ausgehend von der Entgegenhaltung E2 ergibt sich der Gegenstand des
Anspruchs 1 für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der
Technik.
Aus der Entgegenhaltung E2 sind
– wie zur Neuheit dargelegt – die Merkmale
M1.1 und M1.2
rest
(Wandlereinheit), M1.4 (Kondensatorzellen weisen ein Außen-
gehäuse auf) sowie Teile des Merkmals M1.3.1.1 (Innendruck der Kondensator-
kammer über Umgebungsdruck) nicht bekannt. Die Kombination des Kondensa-
tormoduls mit einer Wandlereinheit (M1.1 und M1.2
rest
) mag sich bei der in der
Entgegenhaltung E2 genannten Anwendung in Kraftfahrzeugen (vgl. dort Absatz
[0017]) für den Fachmann noch in naheliegender Weise ergeben. Die Entgegen-
haltung E2 beschäftigt sich mit dem Vorsehen eines Füllmaterials in der Konden-
satorkammer, um einen Druckanstieg in ihr im Schadensfall zu begrenzen (vgl.
Absatz [0021]). Eine gewollte Erhöhung des Innendrucks im Normalbetrieb gemäß
dem Merkmal M1.3.1.1 würde diesem Ziel zuwiderlaufen, denn dann würde sich
im Störungsfall der Überdruck des Normalbetriebs und der durch den Störungsfall
entstehende Überdruck addieren und das Modulgehäuse schneller aufplatzen.
c) Auch ausgehend von den weiter abliegenden Schriften E9 oder E10 ergibt sich
der Gegenstand des Anspruchs 1 für den Fachmann nicht in naheliegender Weise
aus dem Stand der Technik.
7.
Die Unteransprüche, die Beschreibung und die Zeichnungen erfüllen die an
sie zu stellenden Anforderungen.
8.
Das Patent war daher in der aus dem Tenor ersichtlichen Fassung zu ertei-
len.
- 19 -
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsbeschwerde
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde
nicht zugelassen, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden
Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1.
Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2.
Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung
des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorg-
nis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3.
Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4.
Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich
oder stillschweigend zugestimmt hat.
5.
Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen,
bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt
worden sind.
6.
Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§
102
Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizier-
ten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in
die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3
Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs.
2a
,
Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Ver-
ordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespa-
tentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internet-
seite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kom-
- 20 -
munikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch
die
Einzelheiten
zu
den
Betriebsvoraussetzungen
bekanntgegeben
(§ 3
BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102
Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt
Kirschneck
Arnoldi
Matter
Hu