Urteil des BPatG vom 01.02.2017

Teilung, Rechtsmittelfrist, Verfügung, Beschwerdefrist

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
18 W (pat) 67/14
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 11 2005 002 360.5-53
(hier: Wiedereinsetzung)
hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
1. Februar 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn, den Richter
Kruppa, die Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber und den Richter Dipl.-Ing.
Altvater
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beschlossen:
Der Antrag vom 7. Juli 2016 auf Wiedereinsetzung wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die vorliegende Patentanmeldung
durch Beschluss vom 25. Januar 2010 zurückgewiesen.
Die dagegen eingelegte Beschwerde hat der Senat durch Beschluss vom
18. Dezember 2015 zurückgewiesen. Die Beschwerdeentscheidung wurde der
Antragstellerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 29. März 2016 zuge-
stellt.
Mit am 2. Mai 2016 beim Bundespatentgericht eingegangenem Schriftsatz vom
29. April 2016 erklärte die Anmelderin die Teilung der Anmeldung.
Mit am 7. Juli 2016 per Fax beim Bundespatentgericht eingegangenem Schriftsatz
vom 7. Juli 2016 beantragte die Anmelderin
„gemäß § 123 PatG Wiedereinsetzung in die Frist zur Teilung gemäß
§ 39 P
atG“.
Zur Begründung macht sie geltend, eine an das Bundespatentgericht mit Schrift-
satz vom 29. April 2016 gerichtete Teilungserklärung sei von der erfahrenen, be-
sonders zuverlässigen und stichprobenartig kontrollierten Patentanwaltsfachange-
stellten der Bevollmächtigten der Antragstellerin aufgrund einer einmaligen Un-
achtsamkeit irrtümlicherweise in einen an das Deutsche Patent- und Markenamt
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adressierten Umschlag gelegt worden und deshalb erst am 2. Mai 2016 beim
Bundespatentgericht eingegangen.
Dem Wiedereinsetzungsantrag beigefügt sind das Schreiben der Teilungserklä-
rung vom 29. April 2016, eine Einreichbestätigung, eine eidesstattliche Versiche-
rung der Patentanwaltsangestellten vom 7. Juli 2016, Teilungsunterlagen und eine
Kopie der Eingabe an das Deutsche Patent- und Markenamt mit der Einzugser-
mächtigung für die Teilanmeldung.
Der die Antragstellerin vertretende Patentanwalt trägt vor, ihm sei das Versäumnis
der Frist zur Abgabe der Teilungserklärung erst durch einen Anruf des Richters
am Bundespatentgericht Herrn Müller am 10. Mai 2016 bekannt geworden.
Mit Schreiben vom 22. August 2016 hat der Senat die Antragstellerin darauf hinge-
wiesen, dass er den Wiedereinsetzungsantrag vom 7. Juli 2016 nach vorläufiger
Auffassung für nicht zulässig hält, da der Zeitraum, der zur Erklärung der Teilung
zur Verfügung stehe, keine Frist i. S. d. § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG darstelle.
Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 4. November 2016 die Auf-
fassung vertreten, die verspätete Erklärung der Teilung nach Ablauf der Be-
schwerdefrist solle als Versäumung einer Teilungsfrist angesehen werden. Der
Wiedereinsetzungsantrag sei daher zulässig. Für den Fall, dass sich der Senat der
Auffassung der Antragstellerin nicht anschließen sollte, beantragte die Antragstel-
lerin eine mündliche Anhörung.
Mit Schreiben vom 10. November 2016 hat der Senat Termin zur mündlichen Ver-
handlung auf den 27. Januar 2017 anberaumt und darauf hingewiesen, er halte
den Wiedereinsetzungsantrag auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im
Schriftsatz vom 4. November 2016 nach vorläufiger Auffassung für nicht zulässig.
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Nachdem die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. Januar 2017 mitgeteilt hat, sie
beabsichtige an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen und nehme den
Antrag auf mündliche Anhörung zurück, wurde der Verhandlungstermin vom
27. Januar 2017 aufgehoben.
II.
Der von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 7. Juli 2016 gestellte Antrag auf
Wiedereinsetzung „in die Frist zur Teilung“ ist unzulässig.
1.
Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 PatG kann ein Patentanmelder die Anmeldung
jederzeit teilen. Dies bedeutet, dass eine Teilung möglich ist, solange die Anmel-
dung noch besteht, insbesondere solange sie noch nicht zum Vollrecht erstarkt
oder zurückgewiesen worden ist. In beiden Fällen ist eine Teilung noch bis zu dem
Zeitpunkt möglich, an dem der entsprechende Beschluss noch nicht durch den
Ablauf der Beschwerdefrist, die mit der Zustellung der Entscheidung zu laufen
beginnt, bestandskräftig geworden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. März 2000
X ZB 36/98, GRUR 2000, 688
– Graustufenbild; Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl.,
§ 39 Rn. 23, m. w. N.).
Die Teilung ist gegenüber der Stelle zu erklären, bei der sich die Anmeldung be-
findet (vgl. Schulte/Moufang, a .a. O., § 39 Rn. 25; Busse/Keukenschrijver, PatG,
8. Aufl., § 39 Rn. 14, m. w. N.).
Dies ist das Deutsche Patent- und Markenamt, solange dieses noch keine ab-
schließende Entscheidung über die Anmeldung getroffen hat. Ist ein Zurückwei-
sungs- oder Erteilungsbeschluss (§§ 48, 49 Abs. 1 PatG) ergangen, so bleibt das
Deutsche Patent- und Markenamt zunächst Adressat einer Teilungserklärung, bis
die Beschwerde dem Bundespatentgericht vorgelegt wird (vgl. BPatG, Beschluss
vom 7. Dezember 2010
– 21 W (pat) 10/09, GRUR 2011, 949). Das Deutsche
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Patent- und Markenamt ist ferner für die Entgegennahme einer Teilungserklärung
zuständig, wenn das Verfahren durch einen in der Beschwerdeinstanz gemäß
§ 79 Abs. 3 PatG ergangenen, rechtskräftigen Beschluss dorthin zurückverwiesen
worden ist.
Dagegen ist eine Teilungserklärung an das Bundespatentgericht zu richten, so-
lange das Verfahren dort anhängig ist, d. h. ab Vorlage der beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt eingelegten Beschwerde an das Bundespatentgericht bis zur
Beendigung des Beschwerdeverfahrens, längstens bis zum Ablauf der Rechtsbe-
schwerdefrist (vgl. BPatG, Beschluss vom 6. Februar 1975, 18 W (pat) 64/74,
BPatGE 17, 33; BPatG, Beschluss vom 17. November 2005, 10 W (pat) 1/03).
2.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die am
29. April 2016 angeblich beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene
Teilungserklärung nicht wirksam, da die Teilungserklärung an das zuständige
Bundespatentgericht zu richten gewesen wäre. Die am 2. Mai 2016 beim Bundes-
patentgericht eingegangene Teilungserklärung ist erst nach Ablauf der Rechts-
mittelfrist und damit verspätet erfolgt. Dies sieht offenbar auch die Antragstellerin
so, wie sich aus ihrem Wiedereinsetzungsantrag ergibt.
Die am 2. Mai 2016 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Tei-
lungserklärung ist verspätet erfolgt, nachdem die Rechtsmittelfrist mit dem am
29. März 2016 per Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluss des Bundespa-
tentgerichts vom 18. Dezember 2015 am 29. April 2016 abgelaufen war.
Der von der Antragstellerin behauptete Eingang der Teilungserklärung beim Deut-
schen Patent- und Markenamt am 29. April 2016 war nicht geeignet, eine wirk-
same Teilungserklärung zu begründen. Abgesehen davon, dass sich auf dem am
2. Mai 2016 beim Bundespatentgericht eingegangen und an das Bundespatentge-
richt adressierten Schriftsatz vom 29. April 2016 kein entsprechender Eingangs-
vermerk des Deutschen Patent- und Markenamts befindet, war das Verfahren am
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29. April 2016 wegen der noch laufenden Rechtsmittelfrist beim Bundespatent-
gericht anhängig. Eine am 29. April 2016 gegenüber dem Deutschen Patent- und
Markenamt abgegebene Teilungserklärung war daher nicht wirksam.
3.
Der von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 7. Juli 2016 gestellte Wie-
dereinsetzungsantrag ist unzulässig.
Nach § 123 PatG ist auf Antrag wieder in den vorigen Stand einzusetzen, wer
ohne Verschulden verhindert war, dem Patentgericht gegenüber eine Frist einzu-
halten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur
Folge hat. Eine Frist ist aber im vorliegenden Fall nicht versäumt worden.
Eine Frist ist ein Zeitraum, dessen Beginn und Ende bestimmt oder genau be-
stimmbar ist und innerhalb dessen Verfahrenshandlungen vorgenommen oder
Leistungen erbracht werden müssen (vgl. Benkard/Schäfers, PatG, 11. Aufl.,
§ 123 Rn. 3).
Demgegenüber kann eine Anmelderin nach § 39 Abs. 1 Satz 1 PatG die Anmel-
dung jederzeit teilen. Der Zeitraum in dem eine Teilungserklärung für eine Anmel-
dung abgegeben werden kann, wird begrenzt durch den Beginn und die rechts-
kräftige Erledigung der Anmeldung (vgl. Schulte/Moufang, a. a. O., § 39 Rn. 22 f.).
Die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 1 PatG sieht damit keine bestimmte Frist
– also einen bestimmten oder genau bestimmbaren Zeitraum – vor, sondern stellt
einer Anmelderin lediglich eine an den Rahmen eines bestimmten Verfahrensab-
schnitts gebundene verfahrensrechtliche Möglichkeit zur Verfügung. Kann eine
Verfahrenshandlung nur in einem bestimmten Verfahrensstadium erfolgen und
wird die rechtzeitige Vornahme versäumt, dann handelt es sich nicht um die Ver-
säumung einer Frist (vgl. Busse/Keukenschrijver, a. a. O., § 39 Rn. 6).
Der Zeitraum, der zur Erklärung der Teilung zur Verfügung steht, stellt daher keine
Frist i. S. d. § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG dar (so auch BPatG, Beschluss vom
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6. April 2006,
10 W (pat) 59/05;
BPatG,
Beschluss
vom
22. Mai 2006,
14 W (pat) 43/00. Wenn eine Verfahrenshandlung, wie sie die Teilung darstellt,
nur in einem bestimmten Verfahrensstadium erfolgen kann und die rechtzeitige
Vornahme versäumt wird, handelt es sich nicht um die Versäumung einer Frist
(vgl. Busse/Engels, a. a. O., § 123 Rn. 26).
Da eine Frist nicht versäumt worden ist, kann eine Wiedereinsetzung nicht ge-
währt werden.
Wickborn
Kruppa
Dr. Otten-Dünnweber
Altvater
Hu