Urteil des BPatG vom 15.06.2016

Stand der Technik, Chipkarte, Rückzahlung, Patent

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
18 W (pat) 163/14
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
15. Juni 2016
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 101 34 973.4-53
hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-
Ing. Wickborn sowie die Richter Kruppa, Dipl.-Phys. Dr. Schwengelbeck und
Dipl.-Ing. Altvater
- 2 -
beschlossen:
1.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2.
Der Antrag auf Zurückverweisung der Anmeldung an das
Deutsche Patent- und Markenamt wird zurückgewiesen.
3.
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die am 24. Juli 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patent-
anmeldung 101 34 973.4-53 wurde nach mehreren Prüfungsbescheiden und
Durchführung einer Anhörung durch die Prüfungsstelle für Klasse G06F mit
Beschluss vom 23. Dezember 2011 mit der Begründung zurückgewiesen, dass
der Gegenstand des damals geltenden Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik gemäß den Druckschriften
D6:
D7:
DE 197 50 692 A1
beruhe.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Mit Schriftsatz vom 13. April 2012 verteidigt die Anmelderin ihre Patentanmeldung
mit Ansprüchen 1 bis 8 nach Hauptantrag, mit Ansprüchen 1 bis 8 nach Hilfsan-
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trag 1 sowie mit Ansprüchen 1 bis 7 nach Hilfsantrag 2. Sie führt im Schriftsatz
vom 13. April 2012 sinngemäß aus, dass die jeweiligen neuen Anspruchsgegen-
stände ursprünglich offenbart und patentfähig seien.
Anspruch 1
Merkmalsgliederung und Kennzeichung von Änderungen gegenüber dem
ursprünglichen Anspruch 1:
M1
„Verfahren zum Speichern einer Datei eines Computer Betriebssys-
tems auf einer Chipkarte mit einem Chipkartendateisystem,
M1.1
wobei die Chipkarte ein Chipkartenbetriebssystem aufweist, und wo-
bei die Speicherung der Datei in mehreren Elementardateien eines
Chipkartendateisystems des Chipkartenbetriebssystems erfolgt, wo-
bei die Datei Header-Informationen und Nutzinformationen beinhal-
tet,
wobei das Verfahren die folgenden Schritte beinhaltet:
M2
- Anlegen einer Verzeichnisstruktur in dem Chipkartendateisystem
zur Aufnahme einer ersten Elementardatei (EF_DIR 4) zur Speiche-
rung einer Kennung der Datei und zur Speicherung der Header-In-
formationen, einer zweiten Elementardatei (EF_DIR 5) zur Speiche-
rung von einem oder mehreren Zeigern auf dritte Elementardateien
(EF_Data 6), wobei die dritten Elementardateien zur Speicherung der
Nutzinformationen dienen,
M3
- Zuordnung einer Kennung für die Datei in der Verzeichnisstruktur,
- 4 -
M4
- Speicherung der Kennung und der Header-Informationen in der ers-
ten Elementardatei, wobei die Kennung als Zeiger auf die eine oder
mehreren Zeiger der zweiten Elementardatei dient,
M5
- Speicherung von den ein oder mehreren Zeigern auf die dritten Ele-
mentardateien des Chipkartendateisystems in den zweiten Elemen-
tardateien in der Verzeichnisstruktur,
M6
- Speicherung der Datei Nutzinformationen in der oder den dritten
Elementardateien.
Anspruch 1
Hauptantrag auf unter Ersetzung des Merkmals M1 durch nachfolgendes Merkmal
M1* sowie unter Ersetzung des Merkmals M3 durch die nachfolgenden Merkmale
M3* und M3** (Änderungen gegenüber Anspruch 1 nach Hauptantrag hervorge-
hoben):
M1*
„Verfahren zum Speichern einer Datei eines Computer Betriebssys-
tems eines Computers auf einer Chipkarte,
[…]
M3*
- Zuordnung einer Kennung für die Datei in der Verzeichnisstruktur,
wobei die Kennung durch ein Computerprogramm des Computers
vergeben wird,
M3**
- Ermittlung der Zeiger durch das Computerprogramm des Compu-
ters,
[…]“
- 5 -
Anspruch 1
nach Hauptantrag auf unter Hinzufügung des folgenden Merkmals:
M7
„wobei die Verzeichnisstruktur eine Datei zur Beschreibung der Ver-
zeichnisstruktur beinhaltet und die Datei zur Beschreibung der Ver-
zeichnisstruktur ein Datenfeld zur Angabe, ob die Speicherung der
Dateien statisch oder dynamisch erfolgt, sowie ein oder mehrere der
folgenden Datenfelder aufweist:
- Datenfeld zur Festlegung des maximal zur Verfügung stehenden
Speichers,
- Datenfeld zur Angabe, wie viel Speicher durch Daten belegt ist,
- Datenfeld zur Festlegung der maximalen Anzahl von Dateien, die
gespeichert werden können,
- Datenfeld zur Angabe, wie viel Dateien sich auf der Chipkarte befin-
den,
- Datenfeld zur Festlegung der Größe einer Elementardatei,
- Datenfeld zur Beschreibung der Datenkonsistenz,
- Datenfeld für zukünftige Erweiterungen,
wobei im Falle der dynamischen Speicherung die Größe der Ele-
mentardateien zur Laufzeit entsprechend des von der Datei benötig-
ten Speicherplatzes vergrößert oder verkleinert wird.
- 6 -
Ansprüche 6
„Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 5 mit einer
Formatierung einer Chipkarte mit den folgenden Schritten:
- Speicherung eines ersten Codes in einer Verzeichnisstruktur der Chip-
karte vor Beginn der Formatierung,
- Durchführung der Formatierung,
- Speicherung eines dritten Codes in der Verzeichnisstruktur, wenn die
For
matierung vollständig durchgeführt ist.“
Zu den Ansprüchen 2 bis 5 sowie 7 und 8 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 wird
auf die Akte verwiesen.
Anspruch 5
rückbezogen und ansonsten wortgleich zu den jeweiligen Ansprüchen 6 nach
Hauptantrag bzw. Hilfsantrag 1.
Zu den Ansprüchen 2 bis 4 sowie 6 und 7 nach Hilfsantrag 2 wird ebenfalls auf die
Akte verwiesen.
Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 13. April 2012 beantragt, ein Patent auf
Basis des neu eingereichten Hauptantrags zu erteilen, hilfsweise auf Basis von
Hilfsantrag 1, weiter hilfsweise auf Basis von Hilfsantrag 2.
Die Anmelderin hat weiterhin mit Schriftsatz vom 13. April 2012 für den Fall, dass
keiner dieser Anträge gewährt werden sollte, die Zurückverweisung der Anmel-
dung an die erste Instanz beantragt.
- 7 -
Zudem hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 13. April 2012 beantragt, die Be-
schwerdegebühr zurückzuzahlen.
Äußerst hilfsweise hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 13. April 2012 für den
Fall der Nichtgewährung der Anträge die Durchführung einer mündlichen Ver-
handlung beantragt.
Mit Ladungszusatz zur mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2016 ist die Anmel-
derin u. a. darauf hingewiesen worden, dass sich mit den geltenden Anspruchss-
ätzen gemäß Haupt- und Hilfsanträgen 1 und 2 jeweils Merkmalskombinationen
ergeben dürften, die über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fas-
sung hinausgehen.
Mit Schreiben vom 23. Mai 2016 hat die Anmelderin die Nichtteilnahme an der
mündlichen Verhandlung angekündigt und Antrag auf Entscheidung nach Akten-
lage gestellt. Entsprechend ihrer Ankündigung ist die Anmelderin zur mündlichen
Verhandlung nicht erschienen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die Gegenstände
der jeweiligen Ansprüche 6 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 sowie der Ge-
genstand des Anspruchs 5 gemäß Hilfsantrag 2 wurden gegenüber dem Inhalt der
Anmeldung in der ursprünglichen Fassung unzulässig erweitert (§ 38 Satz 1
PatG). Die Frage der Patentfähigkeit der Ansprüche nach Hauptantrag und Hilfs-
anträgen 1 und 2 im Hinblick auf die §§ 1 bis 5 PatG kann somit dahinstehen (vgl.
BGH, Urteil vom 18. September 1990
– X ZR 29/89, GRUR 1991, 120, 121 li. Sp.
Abs. 3
– Elastische Bandage).
- 8 -
1.
zum Speichern von Dateien auf einer Chipkarte. Gemäß geltender Beschrei-
bungseinleitung sind aus dem Stand der Technik verschiedene Kommunikati-
onsprotokolle und Interfaces für die Kommunikation zwischen Chipkarten und
Computern bekannt. Ein gemeinsamer Nachteil der aus dem Stand der Tech-
nik bekannten Schnittstellen und Kommunikationsprotokollen für die Kom-
munikation zwischen einem Computer und einer Chipkarte sei, dass eine
Computer-Datei, insbesondere auch die mit der Datei verbundene Header-
Information, nicht auf einer Chipkarte abspeicherbar sei (vgl. geltende Be-
schreibung, S. 1, vorle. Abs. und S. 3, vorle. Abs.).
Der Anmeldung liegt gemäß geltender Beschreibung (S. 3a le. Abs.) die Auf-
gabe zugrunde, ein verbessertes Chipkartensystem und Verfahren zur Spei-
cherung von Dateien auf einer Chipkarte zu schaffen.
Als zuständiger Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur der Fachrich-
tung Informationstechnik anzusehen, der über eine mehrjährige Erfahrung auf
dem Gebiet der Speicherverwaltung und Dateispeicherung bei Chipkarten
aufweist.
Die Aufgabe soll gelöst werden durch die Merkmale der auf ein Verfahren zum
Speichern einer Datei eines Computer-Betriebssystems auf einer Chipkarte
gerichteten Ansprüche 1 nach Hauptantrag bzw. nach Hilfsanträgen 1 und 2.
2.
Ansprüche 6
Anspruch 5
dem Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung, die den Gegen-
stand der Anmeldung unzulässig erweitern (§ 38 Satz 1 PatG).
- 9 -
Die in der geltenden Fassung jeweils als Unteransprüche formulierten Ansprü-
che 6 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 weisen ebenso wie Unteran-
spruch 5 nach Hilfsantrag 2 die Merkmale des ursprünglichen unabhängigen
Nebenan
spruchs 7 auf, in welchem das Merkmal der „Speicherung eines
ersten Codes in einer Verzeichnisstruktur der Chipkarte vor Beginn der
Formatierung“ lediglich im Zusammenhang mit der „Durchführung der Forma-
tierung“ und der „Speicherung eines dritten Codes in der Verzeichnisstruktur,
wenn die Forma
tierung vollständig durchgeführt worden ist“ offenbart ist.
Durch die in den geltenden Unteransprüchen 6 nach Haupt- und Hilfsantrag 1
sowie die im geltenden Unteranspruch 5 nach Hilfsantrag 2 aufgeführten
Rückbezüge auf die jeweiligen Ansprüche 1 nach Hauptantrag bzw. Hilfs-
anträgen 1 und 2 ergeben sich jedoch Kombinationen des vorstehend genann-
ten Merkmals der „Speicherung eines ersten Codes in einer Verzeich-
nisstruktur der Chipkarte vor Beginn der Formatierung“ aus dem ursprüng-
lichen Nebenanspruch 7 mit den Merk
malen eines „Verfahrens zum Speichern
einer Datei eines Computer Betriebs
systems“, welches das „Anlegen einer
Verzeichnisst
ruktur“ mit den Merkmalen M1, M1.1 und M2 bzw. M1* der
jeweiligen Ansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen 1 und 2 umfasst. Diese
nunmehr beanspruchte Kombination von Merkmalen ist weder in den ur-
sprünglich eingereichten, voneinander unabhängigen Ansprüchen 1 und 7
noch in den anderen ursprünglich eingereichten Ansprüchen offenbart. Die
sich durch den Rückbezug auf die jeweiligen Ansprüche 1 nach Haupt- und
Hilfsanträgen ergebende neu beanspruchte Merkmalskombination ist auch
nicht in der ursprünglichen Beschreibung bzw. den ursprünglich eingereichten
Figuren offenbart. Der Fachmann kann den Beschreibungsunterlagen lediglich
entnehmen, dass das Anlegen einer Verzeichnisstruktur im Zusammenhang
mit der Speicherung eines ersten Codes in der vorstehend genannten
Verzeichnisstruktur vor Beginn der Formatierung in einem speziellen
Datenfeld stattfindet, welches zur Beschreibung einer Datenkonsistenz dient,
wobei das Datenfeld hier in einer Elementardatei „EF_CHIPDATA 2“ des
Dateisystems der Chipkarte angeordnet ist, welche zudem eine Beschreibung
- 10 -
der Verzeichnisstruktur enthält (vgl. ursprüngliche Beschreibung, insbes. S. 5
le. Abs. bis S. 7 dritter Abs. i. V. m. S. 7 vierter Abs. und S. 8 fünfter Abs.
sowie Fig. 1 und 2).
Dass eine „Speicherung des ersten Codes in einer Verzeichnisstruktur“ in
Kombination mit dem „Anlegen einer Verzeichnisstruktur“ gemäß den jeweils
geltenden Ansprüchen 6 bzw. 5 mit entsprechenden Rückbezügen auf die An-
sprüche 1 nach Haupt- bzw. Hilfsanträgen geschehen kann, wobei die in den
jeweiligen Unteransprüchen 6 bzw. 5 nach Haupt- bzw. Hilfsanträgen genannte
Verzeichnisstruktur aufgrund des wiederholt vorangestellten unbestimmten Ar-
tikels nicht mit der Verzeichnisstruktur übereinstimmen muss, die in den jewei-
ligen Ansprüchen 1 aufgeführt wird, ist damit weder in den ursprünglich einge-
reichten Ansprüchen noch in den ursprünglich eingereichten Beschreibungs-
unterlagen mitsamt zugehörigen Figuren offenbart.
3.
M1*, M3* und M3** der jeweiligen Ansprüche 1 nach Hauptantrag bzw. Hilfs-
anträgen 1 und 2, die Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 1
beinhalten, ursprünglich offenbart sind. Es kann ebenfalls dahingestellt bleiben,
ob die Gegenstände der Ansprüche 7 und 8 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 so-
wie die Gegenstände der Ansprüche 6 und 7 nach Hilfsantrag 2 mit den indi-
rekten Rückbezügen auf die jeweiligen Ansprüche 1 ursprünglich offenbart
sind.
4.
dem nicht zulässigen Anspruch 5 nach Hilfsantrag 2 sind auch die weiteren
Ansprüche der Haupt- und Hilfsanträge nicht schutzfähig, da auf diese Ansprü-
che kein eigenständiges Schutzbegehren gerichtet war (BGH, Beschluss vom
27. Juni 2007
– X ZB 6/05; GRUR 2007, 862 Abs. III 3a) aa) – Informations-
übermittlungsverfahren II).
- 11 -
5.
III.
Eine Zurückverweisung der Anmeldung an das Deutsche Patent- und Markenamt
gemäß Antrag im Schriftsatz vom 13. April 2012 kommt nicht in Betracht, da kein
zulässiger Anspruchssatz vorliegt und die Sache damit bereits entscheidungsreif
war (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 9. Auflage, § 79 Rn. 17, 18).
IV.
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach
§ 80 Abs. 3 PatG ist zurückzuweisen, weil ein Billigkeitsgrund hierfür nicht besteht.
Die Beschwerdegebühr ist gemäß § 80 Abs. 3 PatG zurückzuzahlen, wenn dies
der Billigkeit entspricht. Maßgebend dafür sind alle Umstände des Falles (vgl.
Benkard/Schäfers, PatG, 11. Aufl., § 80 Rn. 22). Die Billigkeit kann demnach eine
Rückzahlung erfordern, wenn sich die Zurückweisung der Anmeldung als eine
unangemessene Sachbehandlung darstellt, die sich beispielsweise aus zumindest
einem schwerwiegenden Verfahrensfehler durch das Deutsche Patent- und Mar-
kenamt oder aus einer anderweitig unsachgemäßen Behandlung der Sache zu
Lasten eines Beteiligten ergibt,und zum anderen, dass aus der Sicht eines ver-
ständigen Beschwerdeführers gerade dieser Verfahrensfehler oder diese unsach-
gemäße Sachbehandlung Anlass für die Einlegung der Beschwerde war (vgl.
Schulte/Püschel, PatG, 9. Auflage, § 73 Rn. 123 ff., insb. Rn. 132, 137, 148;
Busse/Engels, PatG, 7. Aufl., § 80 Rn. 83 ff., insb. Rn. 93; Benkard/Schäfers,
a. a. O; BPatGE 2, 69, 77; 49, 154, 160 ff.). Eine Ursächlichkeit zwischen Verfah-
rensverstoß und Beschwerdeeinlegung liegt vor, wenn der Erlass einer anderen,
nicht zur Beschwerdeeinlegung zwingenden Entscheidung ohne den Fehler je-
- 12 -
denfalls nicht ausgeschlossen werden kann. Die Rückzahlung der Beschwerdege-
bühr scheidet aber aus, wenn ein verständiger Beschwerdeführer die Beschwerde
auch bei ordnungsgemäßer Sachbehandlung eingelegt hätte.
Die Prüfungsstelle hat in ihrem Beschluss vom 23. Dezember 2011 keine Gründe
genannt, zu denen die Anmelderin noch keine Stellung nehmen konnte, so dass
diesbezüglich das rechtliche Gehör gewahrt worden ist. Eine von der Anmelderin
im Prüfungsverfahren beantragte Anhörung wurde im Übrigen am 4. März 2011
durchgeführt. Die von der Anmelderin im Schriftsatz vom 13. April 2012 beanstan-
dete Fehleinschätzung der Prüfungsstelle hinsichtlich der Relevanz der mit mehre-
ren Bescheiden ins Prüfungsverfahren eingeführten sieben Druckschriften zum
Stand der Technik rechtfertigt die beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr
ebenfalls nicht (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 9. Auflage, § 73, Rn 137).
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder sonstige erhebliche Verfahrensmän-
gel, die eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen könnten, sind da-
mit nicht erkennbar. Somit liegt kein Billigkeitsgrund für eine Rückzahlung der Be-
schwerdegebühr nach § 80 Abs. 3 PatG vor, so dass der hierauf zielende Antrag
der Beschwerdeführerin zurückzuweisen war.
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V.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung
des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorg-
nis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertre-
ten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist,
bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt
worden sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Wickborn
Kruppa
Dr. Schwengelbeck
Dipl.-Ing. Altvater
Hu