Urteil des BPatG vom 09.01.2017

Stand der Technik, Anhörung, Fig, Daten

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
18 W (pat) 114/14
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2005 051 980.6-53
hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
9. Januar 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie die
Richter Kruppa, Dipl.-Ing. Altvater und den Richter Dr.-Ing. Flaschke
- 2 -
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 14. Dezember 2011 aufgehoben und das Patent auf der
Grundlage der folgenden Unterlagen erteilt:
- Patentansprüche 1 bis 8, eingegangen am 21. November 2016,
- Beschreibung, Seiten 1, 2 und 5 bis 7, eingegangen am
31. Januar 2006, Seiten 3, 4, 8 und 9, eingegangen am
2. Dezember 2016,
Seite 3a,
eingegangen
am
16. November 2007,
- Figuren 1, 2A, 2B und 3, eingegangen am 31. Januar 2006.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
G r ü n d e
I.
1.
Die am 31. Oktober 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter
Inanspruchnahme
der
US-amerikanischen
Priorität
10/979,632
vom
2. November 2004 eingereichte Patentanmeldung 10 2005 051 980.6 mit der
Bezeichnung
„System und Verfahren zur Netzwerkübertragung eines Informationsverarbei-
tungssystem-Images
- 3 -
wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 14. Dezember 2011 zurückgewiesen. Die Prüfungs-
stelle hat ihren Zurückweisungsbeschluss damit begründet, dass es dem Gegen-
stand des damals geltenden Patentanspruchs 7 an der für die Patentfähigkeit er-
forderlichen erfinderischen Tätigkeit mangele. Dabei wurde auf folgende Druck-
schriften verwiesen:
D1:
DE 103 52 811 A1 und
D2:
US 2004/0015536 A1.
Im Zurückweisungsbeschluss vertritt die Prüfungsstelle die Auffassung, dass der
Gegenstand des damals geltenden Patentanspruchs 7 im Vergleich zum ur-
sprünglichen Patentanspruch 9 keine wesentlichen Änderungen aufweise (vgl.
Abschnitt II., drittletzter und vorletzter Abs.). Die Durchführung einer Anhörung
wäre damit nicht sach
dienlich gewesen und hätte nur „zu einer unnötigen Verzö-
gerung eines einfach gelagerten Verfahrens“ geführt (vgl. Abschnitt V.).
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Die Anmelderin stellt sinngemäß den Antrag, zuletzt mit den Schriftsätzen vom
21. November 2016 und 1. Dezember 2016 (eingegangen am 2. Dezember 2016),
1. den Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und ein Patent auf der
Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:
-
Patentansprüche 1 bis 8, eingegangen am 21. November 2016,
-
Beschreibung, Seiten 1, 2 und 5 bis 7, eingegangen am
31. Januar 2006, Seiten 3, 4, 8 und 9, eingegangen am
2. Dezember 2016, Seite 3a, eingegangen am 16. November 2007,
-
Figuren 1, 2A, 2B und 3, eingegangen am 31. Januar 2006.
- 4 -
2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
Patentanspruch 1
M
„Ein System zur Herstellung von Informationsverarbeitungssystemen,
das System aufweisend:
Ma
a. einen Image-Analysator, der ein Image annimmt und eine Image-
Merkmalsdefinition erzeugt, wobei die Image-Merkmalsdefinition
eine Liste der Software-Charakteristiken und Anpassungs-Ein-
stellungen des Images aufweist;
Mb
b. einen Image-Rebuilder entfernt von und angekoppelt an den
Image-Analysator über ein Netzwerk, wobei der Image-Rebuilder
die Image-
Merkmalsdefinition auf eine Image-Komponentenbib-
liothek am Herstellungsort zum Wiederherstellen des Image an-
wendet;
Mc
c. ein Informationsverarbeitungssystem-Burn-Rack nahe dem Ima-
ge-Rebuilder, das das wiederhergestellte Image auf ein herge-
stelltes Informationsverarbeitungssystem kopiert; und
Md
d. wobei der Image-Analysator an einem Kundenort ist und das
Image am Kundenort analysiert und die Image-
Merkmalsdefini-
tion über ein Netzwerk zu einem Informationsverarbeitungssys-
tem-Herstellungsort überträgt
.“
- 5 -
Patentanspruch 4
N
„Verfahren zum Herstellen eines Informationsverarbeitungssystems
mit folgenden Schritten:
Na
a. Erzeugen eines Images an einem Kundenort, aufweisend ein Be-
triebssystem, mehrere Anwendungen und einzelne Informatio-
nen;
Nb
b. Analysieren des Images an einem Kundenort zum Erzeugen ei-
ner Image-Merkmalsdefinition, die das Betriebssystem, mehrere
Anwendungen und einzelne Informationen festlegt;
Nc
c. Übertragen der Image-Merkmalsdefinition über ein Netzwerk zu
einem Informationsverarbeitungssystem-Herstellungsort;
Nd
d. Wiederherstellung des Images aus der Image-Merkmalsdefinition
und einer Komponentenbibliothek am Herstellungsort aufweisend
das Betriebssystem und mehrere Anwendungen;
Ne
e. Kopieren des wiederhergestellten Images auf ein hergestelltes
Informationsverarbeitungssystem.
Wegen des Wortlauts der auf den Anspruch 1 bzw. den Anspruch 4 rückbezoge-
nen Patentansprüche 2, 3 und 5 bis 8 wird auf die Akte verwiesen.
Die Beschwerdeführerin führt aus, dass die geltenden Ansprüche zulässig und im
Lichte des im Verfahren befindlichen Standes der Technik patentfähig seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
- 6 -
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des
angefochtenen Beschlusses und zur Erteilung des nachgesuchten Patents.
1.
Die Anmeldung betrifft ein System und ein Verfahren zur Herstellung von
Informationsverarbeitungssystemen. Gemäß Beschreibungseinleitung würden
Unternehmen oft mehrere Informationsverarbeitungssysteme mit einer festgeleg-
ten Softwarekonfiguration bestellen. Die Softwarekonfiguration umfasse im Allge-
meinen spezifizierte Betriebssysteme und Anwendungen sowie Anpassungs-
einstellungen wie etwa für Festplattenpartitionen, Netzwerk- und Anwendungs-
einstellungen, Nutzerprofile und Desktopeinstellungen. Die Unternehmen bereite-
ten ein Festplatten-Image mit der gewünschten Softwarekonfiguration vor und lie-
ferten das Image an den Hersteller des Informationsverarbeitungssystems, um es
auf die bestellten Informationsverarbeitungssysteme zu kopieren. Eine Schwierig-
keit dabei sei, dass die Images im Allgemeinen großformatig seien und daher be-
trächtliche Zeit benötigten, um sie mittels Netzwerkkommunikation zu übertragen.
Zum Beispiel habe das Image eines typischen Notebook-Informationsverarbei-
tungssystems mehrere Gigabytes an Information und benötige Stunden, um durch
Netzwerke an Übersee-Herstellungsorte übertragen zu werden (vgl. geltende Be-
schreibung, S. 1, Z. 9 - 12 u. Z. 29 bis S. 3, Z. 1).
objektive Aufgabe
Image der Festplatte eines Informationsverarbeitungssystems (d. h. das Festplat-
ten-Abbild), welches als Vorlage zur Herstellung von Informationsverarbeitungs-
systemen dienen soll, effizient vom Kunden zum Hersteller zu übertragen (vgl.
geltende Beschreibung, S. 3, Z. 19 - 21).
Fachmann
weist eine abgeschlossene Hochschulausbildung auf dem Gebiet der Informati-
onstechnik auf und besitzt Erfahrungen in der Erstellung und Verwendung von
- 7 -
Festplatten-Images bei der Konfiguration und Herstellung von Informationsverar-
beitungssystemen.
Anspruchs 1
System zur Herstellung von Informationsverarbeitungssystemen vorgesehen, wel-
ches einen Image-Analysator am Kundenort, einen Image-Rebuilder am Herstel-
lungsort und ein Informationsverarbeitungssystem-Burn-Rack aufweist. Der
Image-Analysator nimmt ein Image an, erzeugt eine Image-Merkmaldefinition und
überträgt dieses über ein Netzwerk zu dem Herstellungsort. Der Image-Rebuilder
wendet die Image-
Merkmalsdefinition auf eine Image-Komponentenbibliothek am
Herstellungsort zum Wiederherstellen des Image an. Das Burn-Rack kopiert das
wiederhergestellte Image auf ein hergestelltes Informationsverarbeitungssystem.
Die Aufgabe wird weiter durch die Merkmale des auf ein Verfahren gerichteten
Patentanspruchs 4
zum Herstellen des Informationsverarbeitungssystems beansprucht werden.
2.
Einige Merkmale des Anspruchs 1 bedürfen der Erläuterung.
Die Anmeldung betrifft ein System sowie ein Verfahren zum Herstellen eines In-
formationsverarbeitungssystems. Als Informationsverarbeitungssystem kann ein
Computersystem mit einer kundenspezifischen Software und Hardware angese-
hen werden, das in einer größeren Stückzahl gefertigt wird (vgl. geltende Be-
Merkmal M
das Image einer Festplatte mit der gewünschten Softwarekonfiguration vor (vgl.
Beschreibung, S. 2, zw. Abs.). Das am Kundenort erstellte Image wird einem
Image-Analysator übergeben, welcher sich gleichfalls am Kundenort befindet (vgl.
Beschreibung, S. 4, Z. 20 - 24, S. 8, Z. 30 - S. 9, Z. 2). Der Image-Analysator er-
zeugt aus dem Image mit beispielsweise einer Größe von mehreren Gigabytes
eine Image-Merkmalsdefinition mit einer Größe von wenigen Kilobytes (vgl. Be-
- 8 -
Merkmal Ma
eine XML-
Datei, die in der Beschreibung auch als „DNA“, d. h. als Bauplan des
Images, bezeichnet wird (vgl. Beschreibung, S. 8, Z. 27 - 30). Die Image-Merk-
maldefinition legt u. a. das zu verwendende Betriebssystem und die Festplatten-
Partitionen fest (vgl. Beschreibung, S. 4, Z. 8 - 14). Die Image-Merkmaldefinition
wird über ein Netzwerk zum Herstellungsort übertragen (vgl. Beschreibung, S. 4,
Merkmal Md
der aus der Image-Merkmalsdefinition mit Hilfe einer am Herstellungsort vorhan-
Merkmal Mb
nach wird das ursprüngliche Image reproduziert. Dieses wird als geklontes Image
bezeichnet (vgl. Beschreibung, Brückenabsatz S. 4/5). Das wiederhergestellte
Image wird anschließend in einem Burn-Rack auf die Hardware des bestellten In-
Merkmal Mc
3.
Die Patentansprüche 1 bis 8 sowie die Änderungen in der Beschreibung
sind zulässig (§ 38 PatG).
Die Merkmale der unabhängigen Ansprüche 1 und 4 sind durch die ursprünglichen
Patentansprüche 1, 9 und 12 in Verbindung mit den Zeilen 14 bis 24 auf der
Seite 4 sowie den Zeilen 30 auf der Seite 8 bis Zeile 2 auf Seite 9 der deutschen
Übersetzung der Anmeldeunterlagen als zur Erfindung zugehörend offenbart, wel-
che diesen Patentansprüchen sowie Seite 4, Zeilen 1 bis 9 und Seite 7, Zeilen 25
bis 28 der in englischer Sprache eingereichten Anmeldeunterlagen entsprechen.
Die abhängigen Ansprüche 2, 3 und 5 bis 8 basieren auf den ursprünglichen An-
sprüchen 5, 6 und 14 bis 17 unter Anpassung der Rückbezüge.
In der Beschreibung wurden redaktionelle Änderungen im Rahmen der ursprüngli-
chen Offenbarung vorgenommen. Zudem wurde der im Prüfungsverfahren ermit-
telte Stand der Technik gewürdigt.
- 9 -
4.
Die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 4 sind gegen-
über dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu (§ 3 PatG).
a)
Zum Anspruch 1
D1
Merkmal M
erstellt der Kunde zunächst ein als bezeichnetesFestplatten-Abbild und
schickt dieses zusammen mit Angaben zur gewünschten Hardwarekonfiguration
an den Hersteller (vgl. Abs. [0014]). Am Herstellungsort nimmt eine
die Bestellung entgegen (vgl. Abs. [0014] i. V. m. Fig. 1 u. Patentan-
sprüche 1, 8). In einem nächsten Produktionsschritt analysiert eine als Image-
Analysator zu verstehende das Image, um dessen Integrität
und Kompatibilität zu prüfen (vgl. Fig. 2 u. Abs. [0015], [0017] u. [0020], Anspruch
18). Anschließend erzeugt die Analysemaschine eine n
sowie Skripte für die Herstellung (vgl. Abs. [0007], [0018] u. [0021], Schritt 64 in
Fig. 2). Die Produktionskonfiguration kann als Image-
Merkmalsdefinition verstan-
den werden (vgl. Fig. 1 i. V. m. Abs. [0014], [0018] u. Patentanspruch 1). Dabei
liest der Fachmann mit, dass die Produktionskonfiguration eine Liste der Software-
Charakteristiken und Anpassungs-Einstellungen des Images aufweist (vgl. hierzu
Merkmal Ma
wünschte Image mit Hilfe eines auf die jeweilige Hardware ko-
piert, ohne dabei einen Image-Rebuilder und ein wiederhergestelltes Image zu
teilweise
Prinzipiell unterscheidet sich das System zur Herstellung von Informationsverar-
beitungssystemen gemäß der Lehre von Druckschrift D1 vom beanspruchten
System darin, dass der Kunde das Image zunächst zum Herstellungsort schickt,
bevor es entsprechend weiterverarbeitet wird. Der Image-Analysator befindet sich
demnach nicht am Kundenort, sondern am Herstellungsort (Merkmal Md fehlt).
Das Merkmal Mb, welches einen Image-Rebuilder beansprucht, der sich am Her-
stellungsort befindet und das Image mittels einer Komponentenbibliothek wieder-
- 10 -
herstellt, ist der Druckschrift ebenfalls nicht zu entnehmen. Der Gegenstand des
Anspruchs 1 ist daher neu gegenüber der Lehre der Druckschrift D1.
D2
ver zu mehreren Zielsystemen (vgl. Fig. 2). Im Vergleich zum klassischem Über-
tragungsverfahren (dargestellt in Figur 1), wonach das angeforderte Image als
Ganzes an das jeweilige Zielsystem übertragen wird, lehrt Druckschrift D2 eine
paketweise Übertragung der jeweiligen Images an die einzelnen Zielsysteme. Da-
bei wird der Umstand ausgenutzt, dass die von den verschiedenen Zielsystemen
angeforderten Images einen Großteil gleicher Daten aufweisen. Diese unter-
schiedlichen Images verfügen somit über gemeinsame und spezifische Daten (vgl.
Abs. [0005], [0026], [0027]). Um die verfügbare Bandbreite des Netzwerkes effi-
zient zu nutzen, erzeugt der Server einen Datenstrom, der die gemeinsamen Da-
ten und die spezifischen Daten aller anfordernden Zielsysteme enthält (vgl. Fig. 5
i. V. m. Abs. [0044]). Das jeweilige Zielsystem erkennt anhand seiner spezifischen
Metadaten, welche Daten des Datenstroms zu seinem angeforderten Image gehö-
ren und rekonstruiert das erforderliche Image (vgl. Abs. [0051]). Dies bedeutet
nichts anderes, als dass auch hier das Image am Zielort wiederhergestellt wird,
ohne jedoch eine Komponentenbibliothek am Herstellungsort vorzusehen (vgl.
teilweise Merkmale Mb
System gemäß Druckschrift D2 auch einen Image-Analysator zu. Dieser ist im
Server lokalisiert und dafür zuständig, die Images anzunehmen und den Daten-
strom zu steuern (vgl. Fig. 2). Die spezifischen Daten des Images sind für den
Merkmal Ma
D2 offenbart jedoch kein System zum Herstellen eines Informationsverarbeitungs-
systems, sondern bezieht sich auf bereits in Betrieb befindliche Computersysteme
(Merkmal M fehlt). Insbesondere wird keine Image-Komponentenbibliothek am
Herstellungsort offenbart (Merkmal Md fehlt). Ferner offenbart dieses Dokument
auch kein Burn-Rack, das ein wiederhergestelltes Image auf ein hergestelltes In-
formationsverarbeitungssystem kopiert (Merkmal Mc fehlt). Der Gegenstand des
Anspruchs 1 ist daher auch neu gegenüber der Lehre von Druckschrift D2.
- 11 -
b)
Zum Anspruch 4
Wie vorstehend bereits zum Gegenstand gemäß Anspruch 1 dargelegt, beschreibt
D1
formationsverarbeitungssystems, bei dem am Kundenort eine Image-Merkmalsde-
finition erzeugt und über ein Netzwerk zum Herstellungsort übertragen wird. Damit
sind den Schriften auch die hierzu notwendigen Verfahrensschritte nicht zu ent-
nehmen (Merkmale Nb und Nc fehlen). Auch eine Wiederherstellung des Images
mittels einer Komponentenbibliothek ist den im Verfahren befindlichen Druck-
schriften nicht zu entnehmen (Merkmal Nd fehlt). Damit ist auch das Verfahren
gemäß Anspruch 4 neu gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der
Technik.
5.
Die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 4 ergeben sich
für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindli-
chen Stand der Technik und beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Wie vorstehend ausgeführt, ist keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften
ein System zum Herstellen eines Informationsverarbeitungssystems zu entneh-
men, das entsprechend Merkmal Ma in Verbindung mit Merkmal Md gemäß An-
spruch 1 einen Image-Analysator am Kundenort aufweist, welcher aus einem
Herstellungsort aufweist, welcher die Image-Merkmalsdefinition auf eine Kompo-
nentenbibliothek zum Wiederherstellen des Images anwendet (Merkmal Mb). Auch
die hierzu im nebengeordneten Anspruch 4 beanspruchten Verfahrensschritte
(Merkmale Nb, Nc, Nd) werden im genannten Stand der Technik nicht beschrie-
ben.
D1
sich
– ebenso wie die vorliegende Anmeldung – mit einem System bzw. Verfahren
zur Herstellung von Informationsverarbeitungssystemen. Ausgehend von dieser
- 12 -
Schrift ergibt sich für den Fachmann keine Veranlassung, das Übertragungsver-
fahren des Images entsprechend zu ändern oder zu ergänzen. So erhält er aus
dieser Schrift keinen Hinweis, dass die Datenmenge des Images vor dem Versand
zum Hersteller verringert werden sollte. Selbst wenn der Fachmann aus Druck-
D2
Image-Merkmalsdefinition und weitere Komponenten entnehmen und auf das aus
Druckschrift D1 bekannte System anwenden würde, so käme er dennoch nicht
zum vorliegenden Anmeldungsgegenstand. Denn das System gemäß Druckschrift
D2 nutzt lediglich die Gemeinsamkeiten mehrerer vorgegebener Images aus, um
Mehrfach-Übertragungen zu verhindern. Jedoch müssen alle Teile der jeweiligen
Images zumindest einmal über das Netzwerk zum jeweiligen Zielort übertragen
werden, wobei eine Verringerung des zu übertragenden Datenvolumens nur dann
auftritt, wenn mehrere Images zur gleichen Zeit übermittelt werden müssen. Eine
Wiederherstellung des Images mit Hilfe einer bereits bestehenden Komponenten-
bibliothek wird nicht durchgeführt.
Damit führt weder eine gemeinsame Betrachtung der Lehren der Druckschriften
sen des Fachmanns in naheliegender Weise zu den Gegenständen der geltenden
Ansprüche 1 und 4.
Es ist daher anzuerkennen, dass die Gegenstände der Ansprüche 1 und 4 auf ei-
ner erfinderischen Tätigkeit beruhen und patentfähig sind.
6.
Die abhängigen Ansprüche 2, 3 und 5 bis 8 betreffen über das Selbst-
verständliche hinausgehende Ausgestaltungen der Gegenstände der Ansprüche 1
und 4 und sind daher ebenfalls patentfähig.
- 13 -
7.
Da die vorgelegten geltenden Unterlagen auch den weiteren Voraussetzun-
gen zur Patenterteilung (§§ 1, 2, 5, 34 PatG) genügen, war auf die Beschwerde
der Anmelderin der Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse
G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und ein Patent zu
erteilen.
8.
Der Beschluss konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da dem Antrag
des Anmelders vollumfänglich stattgegeben wurde.
III.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 80 Abs. 3 PatG war anzuordnen.
Nach dieser Vorschrift kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet
werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies kommt insbesondere bei Verfah-
rensfehlern oder unsachgemäßer Sachbehandlung in Betracht (vgl. Schulte/Pü-
schel, PatG, 9. Aufl., § 80 Rdn. 111 - 113 und § 73 Rdn. 131 ff.; Busse/Engels,
PatG, 8. Aufl., § 80 Rdn. 92 ff.).
D1
worden waren, führte die Prüfungsstelle aus, dass es den Gegenständen der un-
abhängigen Ansprüche an der für die Patentfähigkeit erforderlichen erfinderischen
Tätigkeit mangele. Die Anmelderin hatte zuletzt mit Schriftsatz vom 19. April 2010
ausführlich Stellung genommen und einen geänderten Anspruchssatz vorgelegt.
Hilfsweise wurde die Durchführung einer Anhörung beantragt. Darauf erfolgte am
14. Dezember 2011 die Zurückweisung der Patentanmeldung wegen fehlender
erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 7 gegenüber den
Druckschriften D1 und D2. Die Prüfungsstelle argumentierte, dass der Patentan-
spruch 7 im Vergleich zum ursprünglichen Patentanspruch 9 keine wesentlichen
- 14 -
Änderungen aufweise (vgl. Abschnitt II., vorletzter Abs.). Die Durchführung einer
Anhörung wäre damit nicht sach
dienlich gewesen und hätte nur „zu einer unnöti-
gen Verzögerung eines einfach gelagerten Verfahrens“ geführt (vgl. Abschnitt V.).
Im Beschluss liegt ein Verfahrensfehler vor, weil die Verweigerung einer Anhörung
im vorliegenden Fall den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt hat.
Entgegen der Sichtweise der Prüfungsstelle hat die Anmelderin in Erwiderung des
zweiten Prüfungsbescheids den damals geltenden, nebengeordneten Anspruch 7
enger gefasst. Das Merkmal, dass das Analysieren des Images zum Erzeugen der
Image-Merkmalsdefinition (ausschließlich) am Kundenort stattfindet, geht aus dem
ursprünglichen Verfahrensanspruch 9 nicht hervor und ergibt sich auch nicht aus
einer Auslegung der früheren Merkmalsfassung anhand der Beschreibung (vgl.
Beschluss der Prüfungsstelle, S. 3, 1. Abs.). Auch wenn der ursprüngliche An-
spruch ein Erzeugen der Merkmalsdefinition beim Kunden mit umfasst, wird im
Unterschied dazu mit der Einschränkung auf die Durchführung am Kundenort
nunmehr ausgeschlossen, dass die vollständigen Imagedaten über ein Netzwerk
übertragen werden müssen.
Aus der konträren Bewertung der Druckschrift D2 durch die Prüfungsstelle und die
Anmelderin geht zudem hervor, dass entscheidungserhebliche Sachfragen noch
nicht abschließend geklärt waren. Insbesondere bei der Frage, was unter einer
Wiederherstellung des Images zu verstehen ist, gab es offenbar noch Diskussi-
onsbedarf. Aufgrund der offensichtlich erheblichen Differenzen beim Verständnis
des Offenbarungsgehalts von Druckschrift D2 wäre die Durchführung einer Anhö-
rung auf jeden Fall sachdienlich gewesen. Demnach hätte die Prüfungsstelle bei
ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung die von der Anmelderin
beantragte Anhörung durchführen müssen, um die unterschiedlichen Ansichten im
gegenseitigen direkten Austausch von Argumenten zu diskutieren. Über den dies-
bezüglichen Antrag der Anmelderin hat sich die Prüfungsstelle hinweggesetzt. Im
Zurückweisungsbeschluss vertritt die Prüfungsstelle die Auffassung, dass die
Durchführung einer Anhörung nicht sachgerecht war, da
dies „zu einer unnötigen
Verzögerung eines einfach gelagerten Verfahrens“ geführt hätte. Diese Ansicht
- 15 -
der Prüfungsstelle reicht für die Ablehnung einer Anhörung aber im vorliegenden
Fall nicht aus. Denn durch die Änderung des nebengeordneten Anspruchs 7 hat
sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt geändert (vgl. Schulte a. a. O. § 46,
Rdn. 14 d), § 73 Rdn. 142, 154, Busse/Keukenschrijver, § 80 Rdn. 100, 104). So-
nach hätte der beantragten Anhörung stattgegeben werden müssen.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Prüfungsstelle nur mosaikartig mit der
Lehre der Druckschriften D1 und D2 auseinandergesetzt hat (Schulte a. a. O. § 13
Rdn. 143). Weder in einem der beiden Prüfungsbescheiden noch im Zurückwei-
sungsbeschluss wurde ausgeführt, warum für den Fachmann eine Veranlassung
bestand, die beiden Quellen gemeinsam zu betrachten. Denn gibt es für den
Fachmann hierfür keine Veranlassung, ist die beanspruchte Lehre nicht nahelie-
gend und für die Anmeldung kann ein Patent erteilt werden, wenn auch die übri-
gen Voraussetzungen für eine Patenterteilung erfüllt sind.
- 16 -
IV.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht der am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Wickborn
Kruppa
Altvater
Dr. Flaschke
Hu