Urteil des BPatG vom 06.07.2016

Stand der Technik, Start, Einbau, Bit

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
18 W (pat) 113/14
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
6. Juli 2016
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2004 049 454.1 - 53
hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing.
Wickborn sowie die Richter Kruppa, Dipl.-Ing. Altvater und Dr.-Ing. Flaschke
- 2 -
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 29. November 2011 aufgehoben und das Patent auf
der Grundlage der folgenden Unterlagen erteilt:
- Patentansprüche 1 bis 16, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
- Beschreibung Seiten 1 bis 3, 5 bis 15, eingegangen am
11. Oktober 2004, Seite 4, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung, Seite 4a, eingegangen am 22. November 2007,
Seite 4b, eingegangen am 12. Januar 2010,
- Figuren 1 bis 3, eingegangen am 11. Oktober 2004.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
G r ü n d e
I.
Die am 11. Oktober 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter Inan-
spruchnahme einer US-Priorität vom 10. Oktober 2003 eingereichte Patentanmel-
dung 10 2004 049 454.1 mit der Bezeichnung
„Verfahren zur Benutzung von Featuremarkern zur Bestimmung der
Kompatibilität zwischen Bios-Revisionen und installierter Hardware
bei der Flash-Aktualisierung
- 3 -
wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 29. November 2011 zurückgewiesen, da es dem Ge-
genstand des (damals geltenden) Patentanspruchs 1 im Hinblick auf die Druck-
schriften
D1
US 6 170 056 B1 und
D2
EP 0 419 004 B1
an der für die Patentfähigkeit erforderlichen erfinderischen Tätigkeit mangele.
Mit Ladungszusatz zur mündlichen Verhandlung vom 27. April 2016 hat der Senat
zudem auf folgende Druckschrift als möglicherweise relevanten Stand der Technik
hingewiesen:
D3
US 6 023 727 A
Gegen den vorstehend genannten Beschluss richtet sich die Beschwerde der An-
melderin.
Die Anmelderin beantragt,
1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 29. November 2011 aufzu-
heben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterla-
gen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 16, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
- Beschreibung Seiten 1 bis 3, 5 bis 15, eingegangen am
11. Oktober 2004, Seite 4, eingereicht in der mündlichen Ver-
- 4 -
handlung, Seite 4a, eingegangen am 22. November 2007,
Seite 4b, eingegangen am 12. Januar 2010,
- Figuren 1 bis 3, eingegangen am 11. Oktober 2004,
2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
Patentanspruch 1
„Ein Informationsverarbeitungssystem, aufweisend eine oder mehrere Zen-
tralverarbeitungseinheiten, zusammenarbeitend mit einem Hauptspeicher,
wobei das Informationsverarbeitungssystem weiterhin aufweist:
a. das gegenwärtige BIOS, zusammenarbeitend mit einer oder mehreren
Zentralverarbeitungseinheiten, wobei das gegenwärtige BIOS einen
oder mehrere Einbau-Fähigkeits-Marker und einen oder mehrere aktu-
elle Start-Fähigkeits-Marker aufweist;
b. wobei, wenn das gegenwärtige BIOS mit einem Ersatz-BIOS aktualisiert
wird, das eine ältere BIOS-Version als das gegenwärtige BIOS ist, die
Ersatz-Einbau-Fähigkeits-Marker des Ersatz-BIOS verglichen werden
mit den aktuellen Start-Fähigkeits-Markern des gegenwärtigen BIOS,
um zu bestimmen, ob das Ersatz-BIOS anstelle des genannten gegen-
wärtigen BIOS verwendet werden kann;
c. wobei der eine oder die mehreren Start-Fähigkeits-Marker des gegen-
wärtigen BIOS während des Systemstarts durch eine POST-Prozedur
(Power-On-Self-Test) aktualisiert werden,
wobei jeder der genannten Marker einen Wert bildet; und
d. eine Flash-Aktualisierungs-Applikation, die bestimmt, ob eine Flash-
Aktualisierung des gegenwärtigen BIOS auf das Ersatz-BIOS durchführ-
bar ist und die Flash-Aktualisierung des gegenwärtigen BIOS auf das
- 5 -
Ersatz-BIOS blockiert, wenn ein Bit-Wert für die Ersatz-Einbau-Fähig-
keits-Marker des Ersatz-BIOS kleiner ist als ein Bit-Wert für die gegen-
wärtigen Start-Fähigkeits-Marker des gegen
wärtigen BIOS.“
Patentanspruch 8
natsseitig hervorgehobenen Änderung in der Merkmalsgruppe d:
„[…]
d. eine Flash-Aktualisierungs-Applikation, die bestimmt, ob eine Flash-
Aktualisierung des gegenwärtigen BIOS auf das Ersatz-BIOS durch-
führbar ist und die Flash-Aktualisierung des gegenwärtigen BIOS auf
das Ersatz-BIOS blockiert, wenn ein Bit-Wert für die Ersatz-Einbau-
größer
gegenwärtigen Start-Fähigkeits-
Marker des gegenwärtigen BIOS.“
Patentanspruch 9
„Ein Verfahren zur Aktualisierung eines BIOS, umfassend:
a. Vorhandensein eines gegenwärtigen BIOS, das in einem Informations-
verarbeitungssystem, aufweisend eine oder mehrere Zentralverarbei-
tungseinheiten, welche mit einem Hauptspeicher zusammenarbeiten,
mit der einen oder den mehreren Zentralverarbeitungseinheiten zusam-
menarbeitet,
wobei das gegenwärtige BIOS einen oder mehrere Einbau-Fähigkeits-
Marker und einen oder mehrere aktuelle Start-Fähigkeits-Marker auf-
weist, wobei der eine oder die mehreren Start-Fähigkeits-Marker des
gegenwärtigen BIOS während des Systemstarts durch eine POST-Pro-
zedur (Power-On-Self-Test) aktualisiert werden;
- 6 -
b. Bereitstellen eines Ersatz-BIOS, aufweisend eine oder mehrere Ersatz-
Einbau-Fähigkeits-Marker und einen oder mehrere Ersatz-Start-Fähig-
keits-Marker, wobei das Ersatz-BIOS eine ältere BIOS Version als das
gegenwärtige BIOS ist;
wobei jeder der genannten Marker einen Wert bildet; und
c. Vergleichen der Ersatz-Einbau-Fähigkeits-Marker des Ersatz-BIOS mit
den aktuellen Start-Fähigkeits-Markern des gegenwärtigen BIOS mittels
einer Flash-Aktualisierungs-Applikation, die bestimmt, ob eine Flash-
Aktualisierung des gegenwärtigen BIOS auf das Ersatz-BIOS erlaubt ist;
und
d. Blockieren der Flash-Aktualisierung des gegenwärtigen BIOS auf das
Ersatz-BIOS, wenn ein Bit-Wert für die Ersatz-Einbau-Fähigkeits-Marker
des Ersatz-BIOS kleiner ist als ein Bit-Wert für die gegenwärtigen Start-
Fähigkeits-Marker d
es gegenwärtigen BIOS.“
Patentanspruch 16
senatsseitig hervorgehobenen Änderung in der Merkmalsgruppe d:
„[…]
d. Blockieren der Flash-Aktualisierung des gegenwärtigen BIOS auf das
Ersatz-BIOS, wenn ein Bit-Wert für die Ersatz-Einbau-Fähigkeits-Marker
größer
Fähigkeits-
Marker des gegenwärtigen BIOS.“
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 7 und 10 bis 15 wird auf die Akte
verwiesen.
Die Beschwerdeführerin führt aus, dass die geltenden Ansprüche zulässig und im
Lichte des im Verfahren befindlichen Standes der Technik patentfähig seien.
- 7 -
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Denn das zweifelsfrei gewerb-
lich anwendbare Informationsverarbeitungssystem gemäß Patentanspruch 1 ist im
Lichte der im Verfahren befindlichen Druckschriften neu und beruht auf einer er-
finderischen Tätigkeit. Dies gilt in gleicher Weise für das Informationsverarbei-
tungssystem gemäß Patentanspruch 8 und die Verfahren zur Aktualisierung eines
BIOS gemäß Patentanspruch 9 und 16. Auch die weiteren Kriterien zur Patenter-
teilung sind erfüllt (§§ 1 bis 5, § 34 PatG).
1.
Die vorliegende Anmeldung betrifft die Kontrolle der Fähigkeit zum Zu-
rückändern eines BIOS in Informationsverarbeitungssystemen, wenn neue
Features auf dem Informationsverarbeitungssystem vorhanden sind.
Die Anmeldung geht davon aus, dass die meisten Computersysteme ein
elementares Eingabe/Ausgabesystem beinhalten (Basic Input/Output Sys-
tem, im A
llgemeinen bezeichnet als „BIOS“), welches eine Schnittstelle zwi-
schen dem Betriebssystemkern und der darunter liegenden Hardware zur
Verfügung stelle. Das BIOS sei die Firmware für Personal Computer
(
„PC's“), welche für dessen Initialisierung verantwortlich sei, wenn er erst-
mals eingeschaltet oder zurückgesetzt werde. Die Hauptaufgabe des BIOS
sei das Laden und der Beginn der Ausführung des Betriebssystems, wel-
ches normalerweise auf der Computerfestplatte gespeichert sei. Das BIOS
stelle ebenso eine Schnittstelle niedriger Ebene zu peripheren Geräten des
Computersystems bereit. Das BIOS werde in einem nichtflüchtigen Spei-
cher, welcher aktualisiert (upgedatet) werden könne, oder in einem Nur-
Lese-Speicher (Read Only Memory) gespeichert. Während das BIOS für
die Prüfung des Systems zur Startzeit verantwortlich sei, unterstütze eine
- 8 -
jeweilige Version des BIOS nicht notwendigerweise alle Hardwarefähigkei-
ten, welche dem System später hinzugefügt würden. Die Fähigkeit das
BIOS zu programmieren und damit zu erweitern, verhindere das Veralten
von BIOS-Bausteinen, wenn neue Hardware-Feature installiert würden. Bei
Problemen mit einem aktualisierten BIOS sei bislang üblich, das BIOS auf
eine ältere BIOS-Revision zurück zu ändern. Dies führe aber zu Inkompati-
bilitäten mit neueren (Hardware-)Features, falls diese auf dem Computer-
system installiert wurden. Das Unterdrücken aller Zurückänderungen ver-
hindere dagegen auch Zurückänderungen zum früheren BIOS, selbst wenn
keine neuen (Hardware-)Features installiert seien (vgl. geltende Beschrei-
bung, S. 1, Z. 10 bis S. 4, Z. 9).
In der geltenden Beschreibung ist sinngemäß als Aufgabe angegeben, eine
Lösung bereitzustellen, mit der bestimmt werden kann, ob eine BIOS-Zu-
rückänderung auf einem Computersystem erlaubt werden soll (vgl. geltende
Beschreibung, S. 4, Z. 9-11).
Der zuständige Fachmann weist eine Hochschulausbildung auf dem Gebiet
der Elektrotechnik oder Informationstechnik auf und verfügt über mehrjäh-
rige Erfahrung auf dem Gebiet des Aktualisierens der Firmware von Com-
putersystemen.
Die Aufgabe wird gelöst durch die Merkmale der geltenden unabhängigen
Ansprüche 1, 8, 9 und 16.
2.
Einige der in den Patentansprüchen verwendeten Begriffe bedürfen der
Auslegung.
Die Fähigkeits-Marker (Einbau-Fähigkeits-Marker, Start-Fähigkeits-Marker,
Ersatz-Einbau-Fähigkeits-Marker; in der Beschreibung auch als BIOS-Fä-
- 9 -
higkeits/Feature-Marker bezeichnet) dienen dazu, Fähigkeiten eines BIOS
zu definieren bzw. zu identifizieren (vgl. geltende Beschreibung, S. 9,
1. Abs). Die Marker können jeweils als Zahlen- bzw. Bit-Werte verstanden
werden (vgl. S. 5, 2. Abs.).
Einbau-Fähigkeits-Marker (vgl. Anspruch 1, Merkmal a) werden erzeugt,
wenn eine BIOS-Revision freigegeben wird. Die Marker identifizieren, wel-
che Hardware-Eigenschaften eines Computersystems (
„Features“) durch
diese BIOS-Version unterstützt werden (vgl. S. 9, Z. 10-12 und 24-26).
Start-Fähigkeits-Marker (vgl. Anspruch 1, Merkmale a bis d) werden nach
dem Einschalten durch den Selbsttest des Systems (POST) erzeugt (vgl.
S. 10, Z. 1-3 i. V. m. Z. 19-23). Es handelt sich dabei um eine Beschreibung
der aktuellen Konfiguration des Systems (vgl. S. 10, Z. 4-6 und 19-23), d. h.
um eine Beschreibung der vom gegenwärtigen BIOS unterstützten Fähig-
keiten bzw.
„Features“, die von der aktuellen Hardware-Konfiguration des
Systems genutzt werden.
Die Ersatz-Einbau-Fähigkeits-Marker (vgl. Anspruch 1, Merkmale b und d)
bezeichnen die Fähigkeiten einer
„Ersatz-BIOS-Version“ (vgl. S. 10, Z. 11-
14), wobei es sich
beim „Ersatz-BIOS“ gemäß der unabhängigen Ansprü-
che um eine ältere BIOS-Version als das gegenwärtige (d. h. das aktuell in-
stallierte) BIOS handelt.
3.
Die Ansprüche 1 bis 16 sowie die Änderungen in der Beschreibung sind
zulässig (§ 38 PatG).
Die unabhängigen Ansprüche wurden um klarstellende und erläuternde
Merkmale ergänzt.
- 10 -
Anspruch 1 basiert auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 und 2
sowie den Anmeldeunterlagen, Seite 10, Zeilen 1 bis 4 und Zeile 26 bis
Seite 11, Zeile 9 in Verbindung mit dem zweiten Absatz auf Seite 13 und
dem dritten Absatz auf Seite 14.
Anspruch 8 entspricht Anspruch 1 mit Ausnahme einer geänderten Merk-
malsgruppe d, welche der Fachmann den vorstehend zu Anspruch 1 ge-
nannten Textstellen in Verbindung mit Seite 11, Zeilen 12 bis 16 entnimmt
(BGH, Urteil X ZR 50/91 vom 21. September 1993, Mitt. 1996, 204,
Abs. 3. a)
– Spielfahrbahn).
Anspruch 9 basiert auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 13 und
21 sowie auf Seite 4, vierter Absatz und den vorstehend zu Anspruch 1 ge-
nannten Stellen der Anmeldeunterlagen.
Anspruch 16 entspricht Anspruch 9 mit Ausnahme einer geänderten Merk-
malsgruppe d, welche der Fachmann entsprechend der Änderung in An-
spruch 8 den Anmeldeunterlagen auf Seite 11, Zeilen 12 bis 16 in Verbin-
dung mit den zu Anspruch 1 genannten Textstellen entnimmt.
Die Unteransprüche 2 bis 7 und 10 bis 15 basieren auf den ursprünglichen
Ansprüchen 3 bis 7 und 11 sowie den Ansprüchen 19 und 22 bis 26 unter
Anpassung der Rückbezüge und einer redaktionellen Änderung im ur-
sprünglichen Anspruch 11.
Die Änderungen in der geltenden Beschreibung betreffen die Würdigung
des Standes der Technik.
4.
Die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1, 8, 9 und 16 sind
gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu, denn aus
- 11 -
keiner der Druckschriften D1, D2 oder D3 sind sämtliche Merkmale der ge-
nannten Ansprüche bekannt (§ 3 PatG).
a) Zum Anspruch 1
Druckschrift D3, die hinsichtlich des Anspruchsgegenstands den nächst-
liegenden Stand der Technik darstellt, ist ein Informationsverarbeitungs-
system („reprogrammable network communication device“; vgl. Fig. 1,
Abstract) zu entnehmen, das eine Zentralverarbeitungseinheit
(„Micro-
processor“, vgl. Fig. 3, 4; Sp. 17, Z. 1-7), zusammenarbeitend mit einem
einlei-
tende Merkmale
Dieses Informationsverarbeitungssystem enthält eine gegenwärtige
Firmware, die übliche Funktionen eines BIOS umfasst (vgl. Sp. 7, Z. 56-
63 und Fig. 7 mit Beschreibung, insbes. Sp. 8, Z. 62-64). Dabei weist die
gegenwärtige Firmware Konfigurations-Informationen auf, welche die
Fähigkeiten des aus Software und Hardware bestehenden Systems be-
schreiben (vgl. Fig. 13 und Sp. 17, Z. 8-51) und somit einen Start-Fähig-
keits-Marker darstellen
(„NIF-block“; vgl. Fig. 13 mit Beschreibung,
Sp. 17, Z. 8-51, bes. Z. 39-51 i. V. m. Sp. 16, Z. 63 bis Sp. 17, Z. 7).
Zwischen Einbau- und Start-Fähigkeits-Markern wird hierbei nicht unter-
teilweise Merkmalsgruppe a
tualisieren einer gegenwärtig installierte Software bzw. Firmware mit ei-
ner Ersatz-Version vor (vgl. Sp. 1, Z. 10-15), wobei diese Firmware-Ver-
sion ebenfalls Fähigkeits-Marker aufweist
(„new firmware image NIF
block“, vgl. Sp. 18, Z. 1-6). Diese Fähigkeits-Marker der Ersatz-Firm-
ware werden mit den Fähigkeits-Markern der aktuell installierten Firm-
ware-Version verglichen (Sp. 2, Z. 22-26, Sp. 18, Z. 1-6), um zu be-
stimmen, ob die Ersatz-Firmware verwendet werden kann (vgl. Sp. 2,
Z. 22-26; Sp. 18, Z. 41-50). Ein Hinweis auf ein Zurückändern auf eine
teilweise Merkmalsgruppe b
- 12 -
eine Flash-Aktualisierungs-Applikation entnehmbar, die bestimmt, ob
eine Flash-Aktualisierung der gegenwärtigen Firmware auf die Ersatz-
Firmware durchführbar ist (vgl. Sp. 2, Z. 22-26; Sp. 18, Z. 41-50). An-
dernfalls wird ein Aktualisieren verhindert (vgl. Sp. 18, Z. 35-40), ohne
dass explizit Regeln für das Auswerten der Fähigkeits-Marker angege-
teilweise Merkmalsgruppe d
Das Druckschrift D3 entnehmbare Verfahren unterscheidet sich folglich
vom Gegenstand des Anspruchs 1 unter anderem darin, dass kein Er-
setzen der aktuell installierten BIOS-Version durch eine ältere BIOS-
Version betrachtet wird (Merkmal b) und die Information über die aktuell
genutzten BIOS-Funktionen nicht bei jedem Systemstart durch den
Selbsttest des Systems (POST) aktualisiert wird (Merkmalsgruppe c
fehlt).
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu gegenüber der Lehre
der Druckschrift D3.
Aus Druckschrift D1 ist ebenfalls ein Informationsverarbeitungssystem
(vgl. Fig. 2 mit Sp. 5, Z. 21-61) bekannt, das ein gegenwärtiges BIOS
aufweist (vgl. Sp. 5, Z. 25-29; Sp. 7, Z. 34-45), welches einen oder meh-
rere Fähigkeits-Marker aufweist (vgl. Sp. 7, Z. 60 bis Sp. 8, Z. 15). Es ist
eine allgemeine Aktualisierung von Software des Systems vorgesehen,
die auch die Aktualisierung eines BIOS mit einschließt (vgl. Sp. 10,
Z. 11-14). Der in Druckschrift D1 vorgesehene Vergleich (vgl. Sp. 9,
Z. 5-16), der die Fähigkeits-Marker des BIOS mit umfasst, dient jedoch
nicht dem Vergleich zweier BIOS-Versionen, sondern dem Identifizieren
des Computersystems (vgl. Sp. 2, Z. 65 bis Sp. 3, Z. 8).
(vgl. Fig. 2) weist ein gegenwärtiges BIOS auf, das mit einer oder meh-
- 13 -
reren Zentralverarbeitungseinheiten zusammenarbeitet (vgl. Sp. 9, Z. 6-
11) und mit gespeicherten Informationen über den vorhandenen Pro-
zessor zumindest einen oder mehrere
„Start-Fähigkeits-Marker“ aufweist
(vgl. Sp. 10, Z. 1-5, i. V. m. Sp. 9, Z. 9-11). Druckschrift D2 ist zwar ein
Vergleich von Hardware-Kompatibilitätsinformationen zu entnehmen. Im
Unterschied zum vorliegenden Anspruch 1 erfolgt dieser Vergleich aber,
bevor ein erster Teil eines zweiteiligen BIOS (ROM-BIOS) den zweiten
Teil des (BIOS Image) in den Arbeitsspeicher lädt (vgl. Sp. 11, Z. 7-45).
Bei einer Aktualisierung des BIOS bzw. eines Teils des BIOS findet
ausdrücklich keine Prüfung der Kompatibilität statt (vgl. Sp. 15, Z. 19-
29).
Die Gegenstände der Druckschriften D1 und D2 unterscheiden sich vom
Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 bereits darin, dass nicht die
Eigenschaften bzw. Fähigkeiten einer zum Aktualisieren vorgesehenen
Ersatz-BIOS-Version mit den aktuell genutzten Fähigkeiten eines instal-
lierten gegenwärtigen BIOS verglichen werden. Zudem ist jeweils weder
ein Ersetzen der aktuell installierten BIOS-Version durch eine ältere
BIOS-Version noch ein Aktualisieren der Information über die aktuell
genutzten BIOS-Funktionen bei jedem Systemstart vorgesehen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu gegenüber der jeweili-
gen Lehre der Druckschriften D1 und D2.
b) Zum nebengeordneten Anspruch 8
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 8 unterscheiden sich allein da-
rin, dass in der Merkmalsgruppe d eine alternative Bedingung zur Aus-
wertung der Bit-Werte der Fähigkeitsmarker Verwendung findet. Die
weiteren Anspruchsmerkmale sind identisch, womit auch die Ausführun-
- 14 -
gen zur Neuheit von Anspruch 1 in gleicher Weise für Anspruch 8 gel-
ten.
Der Gegenstand des Anspruchs 8 ist daher ebenfalls neu gegenüber
den jeweiligen Lehren der Druckschriften D1, D2 und D3.
c) Zum nebengeordneten Anspruch 9
Der auf ein Verfahren zur Aktualisierung eines BIOS gerichtete An-
spruch 9 entspricht inhaltlich im Wesentlichen den funktionalen Merk-
malen des Informationsverarbeitungssystems nach Anspruch 1. Es wird
daher auf die vorstehenden Ausführungen zur Neuheit des Anspruchs 1
gegenüber den Druckschriften D1 bis D3 verwiesen, die für Anspruch 9
in gleicher Weise gelten.
Der Gegenstand des Anspruchs 9 ist daher ebenfalls neu gegenüber
der jeweiligen Lehre der Druckschriften D1, D2 und D3.
d) Zum nebengeordneten Anspruch 16
Die Gegenstände der Ansprüche 9 und 16 unterscheiden sich analog zu
den Ansprüchen 1 und 8 allein darin, dass in der Merkmalsgruppe d
eine alternative Bedingung zur Auswertung der Bit-Werte der Fähig-
keitsmarker Verwendung findet. Die weiteren Anspruchsmerkmale sind
identisch, womit auch die Ausführungen zur Neuheit von Anspruch 9 in
gleicher Weise für Anspruch 16 gelten.
Der Gegenstand des Anspruchs 16 ist daher ebenfalls neu gegenüber
den jeweiligen Lehren der Druckschriften D1, D2 und D3
- 15 -
5.
Die jeweiligen Gegenstände des Patentanspruchs 1 und der nebenge-
ordneten Patentansprüche 8, 9 und 16 sind dem Fachmann aus dem im
Verfahren befindlichen Stand der Technik auch unter Einbeziehung seines
Fachwissens nicht nahegelegt und beruhen auf einer erfinderischen Tätig-
keit (§ 4 PatG).
a) Zu den Ansprüchen 1 und 8
Keiner der Druckschriften D1 bis D3 ist
– wie vorstehend zur Neuheit
des Anspruchs 1 in Abschnitt II. 4. a) ausgeführt
– ein Hinweis auf ein
Ersetzen eines aktuellen BIOS mit einer älteren BIOS-Version zu ent-
nehmen.
Soweit Druckschrift D3 beim Aktualisieren der Firmware bzw. des BIOS
eine Kompatibilitätsprüfung vornimmt, dient diese vielmehr allein der
Fehlervermeidung beim erstmaligen Einsatz einer neuen Firmware-Ver-
sion. Die Prüfung gemäß Anspruch 1 bzw. Anspruch 8 dient dagegen
dazu, bei Problemen mit einer aktuellen BIOS-Version den Einsatz eines
älteren BIOS möglichst auch dann zuzulassen, wenn zwischenzeitlich
bereits Hardwareänderungen bzw. Hardwareerweiterungen in dem
System vorgenommen wurden. Zu einem solchen Zurückändern besteht
für den Fachmann ausgehend von Druckschrift D3 keine Veranlassung.
Druckschrift D3 geht bei den Fähigkeitsinformationen der Firmware
vielmehr von einer permanenten Information aus, die der jeweiligen
Firmwareversion zugeordnet ist (vgl. Sp. 17, Z. 8-10). Daher sieht
Druckschrift D3 auch keine Aktualisierung von Informationen über tat-
sächlich genutzte BIOS-Fähigkeiten bei jedem Systemstart durch den
Selbsttest des Systems (POST) vor. Auswirkungen einer Veränderung
des jeweiligen Systems, also bspw. aufgrund einer Änderung der Hard-
ware, mit welcher die Nutzung anderer BIOS-Fähigkeiten einhergehen
könnte, sind in Druckschrift D3 nicht angesprochen.
- 16 -
Die Druckschriften D1 und D2 sehen bereits keinen Vergleich von aktu-
ell genutzten BIOS-Eigenschaften mit den Fähigkeiten einer Aktualisie-
rungsversion vor, womit diese beiden Druckschriften auch keinen Hin-
weis oder eine Veranlassung zur Aktualisierung der Informationen über
aktuell genutzte BIOS-Eigenschaften im Rahmen des Selbsttests des
Systems liefern können.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit dem Fachmann aus dem im
Verfahren befindlichen Stand der Technik auch unter Einbeziehung sei-
nes Fachwissens nicht nahegelegt.
Dies gilt in gleicher Weise für den Gegenstand des Anspruchs 8, der
sich von Anspruch 1 nur in einer unterschiedlichen Auswertebedingung
für die Bit-Werte der Fähigkeits-Marker unterscheidet.
b) Zu den Ansprüchen 9 und 16
Der auf ein Verfahren zur Aktualisierung eines BIOS gerichtete An-
spruch 9 entspricht inhaltlich im Wesentlichen den funktionalen Merk-
malen des Informationsverarbeitungssystems nach Anspruch 1. Es sei
daher auf die vorstehenden Ausführungen zu Anspruch 1 verwiesen, die
für Anspruch 9 in gleicher Weise gelten.
Der Gegenstand des Anspruchs 9 ist daher dem Fachmann aus dem im
Verfahren befindlichen Stand der Technik auch unter Einbeziehung sei-
nes Fachwissens ebenfalls nicht nahegelegt.
Dies gilt in gleicher Weise für den Gegenstand des Anspruchs 16, der
sich von Anspruch 9 nur in einer unterschiedlichen Auswertebedingung
für die Bit-Werte der Fähigkeits-Marker unterscheidet.
- 17 -
6.
Gleichfalls patentfähig sind die besonderen Ausführungsformen der das
Informationsverarbeitungssystem nach Patentanspruch 1 betreffenden Pa-
tentansprüche 2 bis 7 sowie der das Verfahren zur Aktualisierung eines
BIOS nach Patentanspruch 9 betreffenden Patentansprüche 10 bis 15 über
ihren Rückbezug auf die patentfähigen Ansprüche 1 und 9.
7.
Da die Anmeldung mit den geltenden Unterlagen auch die übrigen Anforde-
rungen zur Patentierung erfüllt (§§ 1, 2, 5 und 34 PatG), war auf die Be-
schwerde der Anmelderin der Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle
für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und
das Patent antragsgemäß zu erteilen.
III.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war nach § 80 Abs. 3 PatG anzuordnen.
Nach dieser Vorschrift kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet
werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies kommt insbesondere bei Verfah-
rensfehlern
oder
unsachgemäßer
Sachbehandlung
in
Betracht
(vgl.
Schulte/Püschel, PatG, 9. Aufl., § 80 Rdn. 111 - 113 und § 73 Rdn. 131 ff.;
Busse/Engels, PatG, 7. Aufl., § 80 Rdn. 90 ff.).
Im angefochtenen Beschluss liegen Verfahrensfehler vor (Schulte, a. a. O., § 73
Rdn. 142, 154), da die Prüfungsstelle die von der Anmelderin in den Schriftsätzen
der Anmelderin vom 22. November 2007 und 12. Januar 2010 hilfsweise bean-
tragte Anhörung abgelehnt hat und zudem im Beschluss auf die Ausführungen der
Anmelderin nicht inhaltlich eingegangen ist.
- 18 -
Bei der Einschätzung der Sachdienlichkeit der hilfsweise beantragten Anhörung ist
der Beurteilungsspielraum der Prüfungsstelle überschritten worden. § 46 Abs. 1
Satz 2 PatG in der bis zum 31. März 2014 geltenden Fassung gibt vor, dass der
Anmelder bis zum Beschluss über die Erteilung auf Antrag zu hören ist, wenn es
sachdienlich ist. Sachdienlich ist nach ständiger Rechtsprechung eine Anhörung
immer dann, wenn sie aus objektiver Sicht das Verfahren fördern kann (vgl.
Schulte, a. a. O. § 46 Rdn. 11 m. w. N; BPatGE 18, 30, 39; 39, 204, 205). In der
Rechtsprechung wird die einmalige Durchführung einer Anhörung im Prüfungs-
verfahren in aller Regel als sachdienlich angesehen (vgl. BPatGE 18, 30, 39;
Winterfeld, Engels: Aus der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts im Jahre
2007, GRUR 2008, 645). Eine Ablehnung eines Antrags auf Anhörung kommt nur
ausnahmsweise in Betracht, wenn triftige Gründe dafür vorliegen (Schulte/Rudloff-
Schäffer, a. a. O., § 46 Rdn. 15).
Die Durchführung der beantragten Anhörung hätte nur bei fehlender Sachdienlich-
keit unterbleiben dürfen. Objektive Gründe, die die Ablehnung des Antrags auf
Anhörung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
Allein aus der Tatsache, dass eine unveränderte Anspruchsfassung des Pa-
tentanspruchs 1 aufrecht erhalten wurde, kann nicht geschlossen werden, dass,
wie die Prüfungsstelle im Beschluss ausführt, bereits alle wesentlichen Aspekte
der Anmeldung behandelt wurden, insbesondere wenn seitens der Anmelderin
ausführlich auf die aus ihrer Sicht wesentlichen Unterschiede zum Stand der
Technik, insbesondere auch zu der von der Prüfungsstelle im vorangegangenen
Bescheid erstmalig genannten Druckschrift hingewiesen wurde.
Die von der Anmelderin zuletzt im Schriftsatz vom 12. Januar 2010 vorgebrachten
Argumente bezüglich
der Unterschiede zwischen „Einbau-Fähigkeits-Markern“ und
„Start-Fähigkeits-Markern“ und deren Bedeutung für die Prüfung in Bezug auf eine
tatsächlich vorliegende Systemkonfiguration belegen vielmehr, dass nicht bereits
alle wesentlichen Aspekte der Anmeldung behandelt worden waren. Auf die hierzu
vorgebrachten Argumente der Anmelderin, die in der Aktualisierung der
„Start-Fä-
higkeits-
Marker“ ein erfindungswesentliches, aus dem Stand der Technik auch
- 19 -
nicht nahegelegtes Merkmal sieht, geht die Prüfungsstelle im Beschluss nicht ein,
sondern wiederholt zu diesem Unterschied nur wörtlich ihre Ausführungen aus
dem vorangegangenen Prüfungsbescheid. Die erfolgte Nachrecherche durch die
Prüfungsstelle deutet zudem darauf hin, dass es sich nicht um ein einfach gela-
gertes Verfahren handelt.
In der Art und Weise der Beurteilung der vorliegenden Anmeldung durch die Prü-
fungsstelle ist daher eine unangemessene Sachbehandlung zu sehen und die Be-
IV.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht der am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 20 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Wickborn
Kruppa
Altvater
Dr. Flaschke
Hu