Urteil des BPatG vom 19.04.2016

Stand der Technik, Patentanspruch, Vergleich, Starten

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
17 W (pat) 9/14
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
19. April 2016
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2008 056 013
- 2 -
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 19. April 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters
Dipl.-Phys. Dr. Morawek,
der
Richterin
Eder,
des
Richters
Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Phys. Dr. Forkel
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I.
Auf die am 5. November 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegan-
gene Patentanmeldung 10 2008 056 013.8-53
der Fa. D…,
Inc., welche die Priorität einer US-Voranmeldung vom 5. November 2007 in An-
spruch nimmt, wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F das
Patent unter der Bezeichnung
"Patientenbehandlungsplanungssystem sowie computerimplementiertes
Verfahren zum Erstellen eines Patientenbehandlungsplans"
erteilt und am 5. Januar 2012 veröffentlicht.
Der gegen das Patent erhobene Einspruch der Fa. F
GmbH, mit welchem fehlende Patentfähigkeit des Gegenstands des
Patents nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG, ferner dessen Erweiterung über den Inhalt
- 3 -
der Anmeldung hinaus nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG und fehlende Ausführbarkeit
nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG geltend gemacht wurden, hatte Erfolg: das Patent
wurde durch den in der Anhörung vom 22. November 2013 verkündeten
Beschluss der Patentabteilung 53 widerrufen mit der Begründung, dass der
Gegenstand des Patentanspruchs 1 und des Nebenanspruchs 19 der erteilten
D3
Nicht-Berücksichtigung von außertechnischen Maßnahmen nicht auf einer erfinde-
rischen Tätigkeit beruhe. Auch die jeweiligen unabhängigen Ansprüche der Hilfs-
anträge I bis IV beruhten nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Patentabtei-
lung ließ dabei offen, ob die jeweiligen Patentansprüche ausreichend offenbart
sind, und ob ihr jeweiliger Gegenstand überhaupt die grundsätzliche Lösung eines
konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln betrifft.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Patentinhaberin mit der Beschwerde.
Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,
den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das Patent auf-
rechtzuerhalten
gemäß Hauptantrag in erteilter Form;
gemäß Hilfsantrag 1 mit Patentansprüchen 1-26 vom 18.04.2016,
Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt;
gemäß Hilfsantrag 2 mit Patentansprüchen 1-27 vom 18.04.2016,
im Übrigen wie Hilfsantrag 1;
gemäß Hilfsantrag 3 mit Patentansprüchen 1-27 vom 18.04.2016,
im Übrigen wie Hilfsantrag 1;
- 4 -
gemäß Hilfsantrag 4 mit Patentansprüchen 1-26 vom 18.04.2016,
im Übrigen wie Hilfsantrag 1;
gemäß Hilfsantrag 5 mit Patentansprüchen 1-26 vom 18.04.2016,
im Übrigen wie Hilfsantrag 1.
Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hauptantrag
mit einer Gliederung ähnlich der des Widerrufsbeschlusses, lautet:
(M-1)
(M-2)
eine Vielzahl unterschiedlicher Patienten;
(M-3)
von der mindestens einen Ablage zur Darstellung in einer
Benutzerschnittstellenanzeige und zum Speichern von Pa-
tientendaten, die über die Benutzerschnittstelle beschafft
wurden, in der mindestens einen Ablage; und
(M-4)
Daten, die ein zusammengesetzten Anzeigebild repräsentie-
ren, in dem Patientendaten dargestellt werden, die von der
mindestens einen Ablage unter der Verwendung des Daten-
prozessors beschafft wurden, wobei
- 5 -
(M-5)
laubt, die Ausführung einer Vielzahl unterschiedlicher aus-
führbarer Anwendungen durch den Datenprozessor zu star-
ten, die Folgendes enthalten:
(M-5.1)
- eine Pflegeplananwendung und
(M-5.2)
- eine
Medikationsverabreichungsplanungsanwendung,
und
(M-6)
planereignis einschließlich zugeordneter Kontextdaten für
einen bestimmten Patienten einplanen, die Pflegeplanan-
wendung automatisch eine Pflegeplanereigniskonfliktüber-
prüfung in Reaktion auf das Einplanen des Pflegeplanereig-
nisses für diesen bestimmten Patienten und einen Vergleich
des eingeplanten Pflegeplanereignisses und der zugeord-
neten Kontextdaten mit früheren in mindestens einer Ablage
gespeicherten Pflegeplanereignissen und zugeordneten
Kontextdaten für diesen bestimmten Patienten startet, um zu
erfassen, ob irgendein Ereignis des eingeplanten Pflegeplan-
ereignisses eine Dopplung eines früheren in der mindestens
einen Ablage gespeicherten Pflegeplanereignisses darstellt,
und
(M-7)
geplanereignis identifizieren, sowie zugeordnete Kontextda-
ten an die Medikationsverabreichungsplanungsanwendung
zum Ausfüllen eines Medikationsverabreichungsplans zur
Anzeige durch die Benutzerschnittstelle schickt.
- 6 -
Zu dem nebengeordneten, auf ein „Computerimplementiertes Verfahren zum Er-
stellen eines Patientenbehandl
ungsplans“ gerichteten Anspruch 19, sowie zu den
Unteransprüchen 2 bis 18 und 20 bis 27 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Hilfsantrag 1
Hauptantrags basierender Gliederung und Kennzeichnung der Unterschiede:
(M-1)
(M-2)
eine Vielzahl unterschiedlicher Patienten;
(M-3)
von der mindestens einen Ablage zur Darstellung in einer
Benutzerschnittstellenanzeige und zum Speichern von Pa-
tientendaten, die über die Benutzerschnittstelle beschafft
wurden, in der mindestens einen Ablage; und
(M-4)
Daten, die ein zusammengesetzten Anzeigebild repräsentie-
ren, in dem Patientendaten dargestellt werden, die von der
mindestens einen Ablage unter der Verwendung des Daten-
prozessors beschafft wurden, wobei
(M-5)
erlaubt, die Ausführung einer Vielzahl unterschiedlicher
ausführbarer Anwendungen durch den Datenprozessor zu
starten, die Folgendes enthalten:
(M-5.1)
- eine Pflegeplananwendung und
- 7 -
(M-5.2)
- eine
Medikationsverabreichungsplanungsanwendung,
und
(M-6)
planereignis einschließlich zugeordneter Kontextdaten für
einen bestimmten Patienten einplanen, die Pflegeplanan-
wendung automatisch eine Pflegeplanereigniskonfliktüber-
prüfung in Reaktion auf das Einplanen des Pflegeplanereig-
nisses für diesen bestimmten Patienten und einen Vergleich
des eingeplanten Pflegeplanereignisses und der zugeord-
neten Kontextdaten mit früheren in mindestens einer Ablage
gespeicherten Pflegeplanereignissen und zugeordneten Kon-
textdaten für diesen bestimmten Patienten startet, um zu er-
fassen, ob irgendein Ereignis des eingeplanten Pflegeplan-
ereignisses eine Dopplung eines früheren in der mindestens
einen Ablage gespeicherten Pflegeplanereignisses darstellt,
(H1-6x)
geplanereignisplanungszeit und ein entsprechendes Datum
sowie ein Pflegeplanereignisbeschreibungselement umfas-
sen, und
(M-7)
geplanereignis identifizieren, sowie zugeordnete Kontextda-
ten an die Medikationsverabreichungsplanungsanwendung
zum Ausfüllen eines Medikationsverabreichungsplans zur
Anzeige durch die Benutzerschnittstelle schickt.
Hilfsantrag 2
und Kennzeichnung der Unterschiede zum Hauptantrag:
- 8 -
(M-1)
(M-2)
eine Vielzahl unterschiedlicher Patienten;
(M-3)
von der mindestens einen Ablage zur Darstellung in einer
Benutzerschnittstellenanzeige und zum Speichern von Pa-
tientendaten, die über die Benutzerschnittstelle beschafft
wurden, in der mindestens einen Ablage; und
(M-4)
Daten, die ein zusammengesetzten Anzeigebild repräsentie-
ren, in dem Patientendaten dargestellt werden, die von der
mindestens einen Ablage unter der Verwendung des Daten-
prozessors beschafft wurden, wobei
(M-5)
erlaubt, die Ausführung einer Vielzahl unterschiedlicher
ausführbarer Anwendungen durch den Datenprozessor zu
starten, die Folgendes enthalten:
(H2-5.1)
plans durch einen Benutzer ermöglicht, wobei der Pflegeplan
wenigstens ein Pflegeplanereignis für einen bestimmten Pa-
tienten umfasst, und
(H2-5.2)
das wenigstens eine Pflegeplanereignis dem Benutzer oder
einer weiteren Person zum Durchführen des wenigstens
einen Pflegeplanereignisses bereitstellt, und
- 9 -
(H2-6)
Pflegeplananwendung, die ein Pflegeplanereignis mit Ereig-
nisdaten einschließlich zugeordneter Kontextdaten für einen
bestimmten Patienten einplanen, die Pflegeplananwendung
automatisch eine Pflegeplanereigniskonfliktüberprüfung in
Reaktion auf das Einplanen des Pflegeplanereignisses für
diesen bestimmten Patienten und einen Vergleich des ein-
geplanten Pflegeplanereignisses und der zugeordneten Kon-
textdaten mit früheren in mindestens einer Ablage gespei-
cherten Pflegeplanereignissen und zugeordneten Kontext-
daten für diesen bestimmten Patienten startet, um zu erfas-
sen, ob irgendein Ereignis des eingeplanten Pflegeplaner-
eignisses eine Dopplung eines früheren in der mindestens
einen Ablage gespeicherten Pflegeplanereignisses darstellt,
(H2-6y)
mit Kontextdaten eines gespeicherten Pflegeplanereignisses
verglichen werden, nachdem Ereignisdaten des eingeplanten
Pflegeplanereignisses gleich Ereignisdaten des gespeicher-
ten Pflegeplanereignisses sind, und
(H2-7)
geplanereignis identifizieren, sowie zugeordnete Kontext-
daten an die Medikationsverabreichungsplanungsanwen-
dung zum Ausfüllen eines Medikationsverabreichungsplans
zur Anzeige durch die Benutzerschnittstelle zur Verwendung
durch den Benutzer oder die weitere Person zum Durchfüh-
ren des wenigstens einen Pflegeplanereignisses schickt.
- 10 -
Hilfsantrag 3
und Kennzeichnung der Unterschiede zum Hilfsantrag 2:
(M-1)
(M-2)
eine Vielzahl unterschiedlicher Patienten;
(M-3)
von der mindestens einen Ablage zur Darstellung in einer
Benutzerschnittstellenanzeige und zum Speichern von Pa-
tientendaten, die über die Benutzerschnittstelle beschafft
wurden, in der mindestens einen Ablage; und
(M-4)
Daten, die ein zusammengesetzten Anzeigebild repräsentie-
ren, in dem Patientendaten dargestellt werden, die von der
mindestens einen Ablage unter der Verwendung des Daten-
prozessors beschafft wurden, wobei
(M-5)
erlaubt, die Ausführung einer Vielzahl unterschiedlicher
ausführbarer Anwendungen durch den Datenprozessor zu
starten, die Folgendes enthalten:
(H3-5.1)
eines Pflegeplans durch einen Benutzer ermöglicht, wobei
der Pflegeplan wenigstens ein Pflegeplanereignis für einen
bestimmten Patienten umfasst,
- 11 -
(H3-5.1x)
Aktion identifizieren, die an einem Patienten ausgeführt wird,
und zugeordnete Kontextdaten, die das Pflegeplanereignis
charakterisieren, umfasst, und
(H2-5.2)
das wenigstens eine Pflegeplanereignis dem Benutzer oder
einer weiteren Person zum Durchführen des wenigstens
einen Pflegeplanereignisses bereitstellt, und
(H3-6)
Pflegeplananwendung, die ein Pflegeplanereignis mit Ereig-
nisdaten einschließlich zugeordneter Kontextdaten für einen
bestimmten Patienten einplanen, die Pflegeplananwendung
automatisch eine Pflegeplanereigniskonfliktüberprüfung in
Reaktion auf das Einplanen des Pflegeplanereignisses für
diesen bestimmten Patienten und einen Vergleich des ein-
geplanten Pflegeplanereignisses mit früheren in mindestens
einer Ablage gespeicherten Pflegeplanereignissen für diesen
bestimmten Patienten startet, um zu erfassen, ob irgendein
Ereignis des eingeplanten Pflegeplanereignisses eine Dopp-
lung eines früheren in der mindestens einen Ablage gespei-
cherten Pflegeplanereignisses darstellt,
(H2-6y)
mit Kontextdaten eines gespeicherten Pflegeplanereignisses
verglichen werden, nachdem Ereignisdaten des eingeplanten
Pflegeplanereignisses gleich Ereignisdaten des gespeicher-
ten Pflegeplanereignisses sind, und
- 12 -
(H2-7)
geplanereignis identifizieren, sowie zugeordnete Kontext-
daten an die Medikationsverabreichungsplanungsanwen-
dung zum Ausfüllen eines Medikationsverabreichungsplans
zur Anzeige durch die Benutzerschnittstelle zur Verwendung
durch den Benutzer oder die weitere Person zum Durchfüh-
ren des wenigstens einen Pflegeplanereignisses schickt.
Hilfsantrag 4
und Kennzeichnung der Unterschiede ebenfalls zum Hilfsantrag 2:
(M-1)
(M-2)
eine Vielzahl unterschiedlicher Patienten;
(M-3)
von der mindestens einen Ablage zur Darstellung in einer
Benutzerschnittstellenanzeige und zum Speichern von Pa-
tientendaten, die über die Benutzerschnittstelle beschafft
wurden, in der mindestens einen Ablage; und
(M-4)
Daten, die ein zusammengesetzten Anzeigebild repräsentie-
ren, in dem Patientendaten dargestellt werden, die von der
mindestens einen Ablage unter der Verwendung des Daten-
prozessors beschafft wurden, wobei
(M-5)
erlaubt, die Ausführung einer Vielzahl unterschiedlicher aus-
- 13 -
führbarer Anwendungen durch den Datenprozessor zu
starten, die Folgendes enthalten:
(H2-5.1)
plans durch einen Benutzer ermöglicht, wobei der Pflegeplan
wenigstens ein Pflegeplanereignis für einen bestimmten Pa-
tienten umfasst, und
(H2-5.2)
das wenigstens eine Pflegeplanereignis dem Benutzer oder
einer weiteren Person zum Durchführen des wenigstens
einen Pflegeplanereignisses bereitstellt, und
(H4-6)
Pflegeplananwendung, die ein Pflegeplanereignis mit Ereig-
nisdaten einschließlich zugeordneter Kontextdaten für einen
bestimmten Patienten einplanen, die Pflegeplananwendung
automatisch eine Pflegeplanereignis Medikationskonfliktüber-
prüfung in Reaktion auf das Einplanen des Pflegeplanereig-
nisses Planen einer Medikationsverabreichung für diesen
bestimmten Patienten und einen Vergleich des eingeplanten
Pflegeplanereignisses und der zugeordneten Kontextdaten
mit früheren in mindestens einer Ablage gespeicherten Pfle-
geplanereignissen und zugeordneten Kontextdaten für die-
sen bestimmten Patienten startet, um zu erfassen, ob irgend-
ein Ereignis des eingeplanten Pflegeplanereignisses eine
Dopplung eines früheren in der mindestens einen Ablage ge-
speicherten Pflegeplanereignisses darstellt,
(H2-6y)
- 14 -
(H2-7)
geplanereignis identifizieren, sowie zugeordnete Kontext-
daten an die Medikationsverabreichungsplanungsanwen-
dung zum Ausfüllen eines Medikationsverabreichungsplans
zur Anzeige durch die Benutzerschnittstelle zur Verwendung
durch den Benutzer oder die weitere Person zum Durchfüh-
ren des wenigstens einen Pflegeplanereignisses schickt,
(H4-8)
die Durchführung einer zweiten Medikationskonfliktüberprü-
fung zusätzlich zu der von der Pflegeplananwendung ge-
starteten Medikationskonfliktüberprüfung startet.
Hilfsantrag 5
und Kennzeichnung der Unterschiede zum Hilfsantrag 4:
(M-1)
(M-2)
eine Vielzahl unterschiedlicher Patienten;
(M-3)
von der mindestens einen Ablage zur Darstellung in einer
Benutzerschnittstellenanzeige und zum Speichern von Pa-
tientendaten, die über die Benutzerschnittstelle beschafft
wurden, in der mindestens einen Ablage; und
(M-4)
Daten, die ein zusammengesetzten Anzeigebild repräsentie-
ren, in dem Patientendaten dargestellt werden, die von der
- 15 -
mindestens einen Ablage unter der Verwendung des Daten-
prozessors beschafft wurden, wobei
(M-5)
erlaubt, die Ausführung einer Vielzahl unterschiedlicher aus-
führbarer Anwendungen durch den Datenprozessor zu star-
ten, die Folgendes enthalten:
(H3-5.1)
eines Pflegeplans durch einen Benutzer ermöglicht, wobei
der Pflegeplan wenigstens ein Pflegeplanereignis für einen
bestimmten Patienten umfasst,
(H3-5.1x)
Aktion identifizieren, die an einem Patienten ausgeführt wird,
und zugeordnete Kontextdaten, die das Pflegeplanereignis
charakterisieren, umfasst, und
(H2-5.2)
das wenigstens eine Pflegeplanereignis dem Benutzer oder
einer weiteren Person zum Durchführen des wenigstens
einen Pflegeplanereignisses bereitstellt, und
(H5-6)
Pflegeplananwendung, die ein Pflegeplanereignis mit Ereig-
nisdaten einschließlich zugeordneter Kontextdaten für einen
bestimmten Patienten einplanen, die Pflegeplananwendung
automatisch eine Medikationskonfliktüberprüfung in Reaktion
auf das Planen einer Medikationsverabreichung für diesen
bestimmten Patienten und einen Vergleich des eingeplanten
Pflegeplanereignisses und der zugeordneten Kontextdaten
- 16 -
mit früheren in mindestens einer Ablage gespeicherten
Pflegeplanereignissen und zugeordneten Kontextdaten für
diesen bestimmten Patienten startet, um zu erfassen, ob
irgendein Ereignis des eingeplanten Pflegeplanereignisses
eine Dopplung eines früheren in der mindestens einen Ab-
lage gespeicherten Pflegeplanereignisses darstellt,
(H2-6y)
mit Kontextdaten eines gespeicherten Pflegeplanereignisses
verglichen werden, nachdem Ereignisdaten des eingeplanten
Pflegeplanereignisses gleich Ereignisdaten des gespeicher-
ten Pflegeplanereignisses sind, und
(H2-7)
geplanereignis identifizieren, sowie zugeordnete Kontext-
daten an die Medikationsverabreichungsplanungsanwen-
dung zum Ausfüllen eines Medikationsverabreichungsplans
zur Anzeige durch die Benutzerschnittstelle zur Verwendung
durch den Benutzer oder die weitere Person zum Durchfüh-
ren des wenigstens einen Pflegeplanereignisses schickt,
(H4-8)
die Durchführung einer zweiten Medikationskonfliktüberprü-
fung zusätzlich zu der von der Pflegeplananwendung gestar-
teten Medikationskonfliktüberprüfung startet,
(H5-9)
tionskonfliktüberprüfung in Reaktion auf den Empfang der
Daten, die das Pflegeplanereignis identifizieren, sowie den
zugeordneten Kontextdaten und einen Vergleich des einge-
planten Pflegeplanereignisses mit früheren in mindestens
- 17 -
einer Ablage gespeicherten Pflegeplanereignissen für diesen
bestimmten Patienten startet, um zu erfassen, ob irgendein
Ereignis des eingeplanten Pflegeplanereignisses eine Dopp-
lung eines früheren in der mindestens einen Ablage gespei-
cherten Pflegeplanereignisses darstellt, wobei Kontextdaten
des eingeplanten Pflegeplanereignisses mit Kontextdaten ei-
nes gespeicherten Pflegeplanereignisses verglichen werden,
nachdem Ereignisdaten des eingeplanten Pflegeplanereig-
nisses gleich Ereignisdaten des gespeicherten Pflegeplan-
ereignisses sind.
Für alle Hilfsanträge wird zu dem jeweiligen Nebenanspruch und den Unter-
ansprüchen auf die Gerichtsakte verwiesen.
Aufgabe
geben, ein System bzw. Verfahren zum Erzeugen und Bearbeiten eines Patien-
tenbehandlungsplans derart weiterzubilden, dass die Verwaltung bzw. Über-
wachung der Pflege einer Vielzahl von Personen vereinfacht wird. Insbesondere
sollen das System und das Verfahren Doppelungen von Maßnahmen verhindern
(siehe Streitpatentschrift Absatz [0004]).
Im Laufe des Verfahrens sind von der Einsprechenden folgende Druckschriften
entgegengehalten worden:
D1
D2
D3
D4
D5
D6
D7
- 18 -
II.
Die Beschwerde der Patentinhaberin gegen den Widerruf des Patents durch die
Patentabteilung 53 hat keinen Erfolg. Die jeweiligen Gegenstände des Patentan-
spruchs 1 nach dem Haupt- und den Hilfsanträgen beruhen nicht auf einer erfin-
derischen Tätigkeit und sind somit nicht patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 in Verb. mit
§§ 1 und 4 PatG), weil bei der Prüfung der Erfindung auf erfinderische Tätigkeit
diejenigen Anweisungen, die die Lösung eines technischen Problems mit techni-
schen Mitteln nicht bestimmen oder zumindest beeinflussen, nicht zu berücksich-
tigen sind (BGH GRUR 2011, 125 - ;
BGH GRUR 2013, 275 - ).
1.
Die Beschwerde wurde rechtzeitig eingelegt und ist auch sonst zulässig.
Der vorangegangene Einspruch war mit nachprüfbaren Gründen versehen und
ebenfalls zulässig.
2.
Das Streitpatent betrifft ein System und ein Verfahren zur Planung von Pa-
tienten-Behandlungen. Dem Benutzer, insbesondere einem Arzt, wird eine grafi-
sche Benutzerschnittstelle angeboten, über welche er gespeicherte Patienten-
daten aufrufen und neue Behandlungs-Daten oder -Maßnahmen, wie z. B. eine
Medikamentenverordnung, einen Befund oder einen Auftrag zur Befundserhe-
bung, hinzufügen kann. Das System speichert die Daten und erlaubt verschiedene
Auswertemöglichkeiten. So kann aus der Menge der Verordnungen ein Medika-
tionsverabreichungsplan erstellt werden (siehe Absatz [0023]), und aus anderen
Vorgaben (Intervention, Befundung) ein Arztpflegeplan oder ein Patientenpflege-
plan (siehe Absatz [0038] ff.).
Derartige Systeme und Verfahren waren grundsätzlich aus dem Stand der Technik
bekannt. Für das Streitpatent wird als Besonderheit geltend gemacht, dass bei der
Eingabe neuer Maßnahmen oder der Plan-Erstellung eine Konfliktüberprüfung
vorgenommen wird, ob gleiche Maßnahmen bereits zuvor verfügt worden waren
- 19 -
(„Doppelung von Maßnahmen“ / „gedoppeltes Ereignis“ – siehe z.B. Absatz [0014]
„Ereigniskonfliktüberprüfungsvorgang“). Wenn dies der Fall ist, teilt das System
dem Benutzer den potentiellen Konflikt mit und bietet ihm Eingabemöglichkeiten
zur Konfliktlösung an (siehe z. B. Figur 3 / Figur 4).
2.1
Dem erteilten Patentanspruch 1 ist unter Hinzuziehung der Patentschrift
insgesamt etwa folgende Lehre entnehmbar:
(M-1)
einen Speicher („Ablage“) in Form einer Datenbank für eine Vielzahl von Patienten
und zugeordnete medizinische Informationen umfasst, ferner einen Prozessor zur
Erzeugung einer Benutzerschnittstelle und zur Darstellung und zur Entgegenahme
von Patientendaten. Für die Darstellung wird ein „zusammengesetztes Anzeige-
(M-5)
schiedlicher Anwendungen (Anwendungsprogramme) zu starten, wobei gemäß
Absatz [0013] der Patentschrift die verschiedenen genannten Anwendungen
(Pflegeplananwendung 150, Medikationsverabreichungsplanungsanwendung 160,
Befundungsplanungsanwendung 170, Interventionsplanungsanwendung 180)
„nicht auf Softwareausführungsformen eingeschränkt sind, sondern stattdessen
auch als Hardwarekomponenten (z. B. Prozessoren) ausgebildet sein können, die
aus elektronischen Schaltungen bestehen, auf denen Anwendungen fest codiert
sind“.
(M-5.1)
beansprucht: eine Pflegeplananwendung und eine Medikationsverabreichungs-
planungsanwendung. Gemäß Absatz [0014] ermöglicht die Pflegeplananwendung
(150) die automatische Erstellung eines Patientenpflegeplans durch die Eingabe
und Bearbeitung von Patientenpflegeplanereignissen
(wobei solche „Ereignisse“
gemäß Absatz [0012] eine Aktion identifizieren, die an einem Patienten oder für
einen Patienten auszuführen ist, wie z. B. eine Medikationsverabreichung) und die
Eingabe von zugehörigen Kontextdaten. Ferner führt sie automatisch die bereits
- 20 -
angesprochene Konfliktüberprüfung durch. Unter der Medikationsverabreichungs-
planungsanwendung (160) ist nach Absatz [0031] das Programm zum Einplanen
von Medikations-Verabreichungen für einen Patienten zu verstehen.
(M-6)
ist auf eine „Pflegeplanereigniskonfliktüberprüfung“ gerichtet. Wenn
der Benutzer ein Pflegeplanereignis, einschließlich zugeordneter Kontextdaten,
eingibt (d.h.: eine neue Maßnahme für den Patienten vorsieht, die z.B. eine Medi-
kation, eine Befundserhebung, eine Intervention sein kann), wird ein Vergleich
dieser Neu-Eingabe mit früheren Pflegeplanereignissen und Kontextdaten durch-
gefüh
rt. Die Pflegeplananwendung (150) erfasst daraus, ob „irgendein Ereignis
des eingeplanten Pflegeplanereignisses“ eine Doppelung eines früheren, gespei-
cherten Pflegeplanereignisses darstellt. D. h. es wird überprüft, ob dieselbe oder
teilweise dieselbe Maßnahme bereits früher eingeplant worden war.
Die
„Kontextdaten“ enthalten gemäß Absatz [0012] „beliebige Daten, die das Er-
eignis charakterisieren, einschließlich Planungsdaten, die eine Zeit und/ oder eine
Häufigkeit des Auftretens für das Ereignis angebe
n.“
(M-7)
die Daten über das (neue) Pflegeplanereignis, einschließlich der zugeordneten
Kontextdaten, an die Medikationsverabreichungsplanungsanwendung zum Aus-
füllen eines Medikationsverabreichungsplans zur Anzeige durch die Benutzer-
schnittstelle schicken. D. h. es wird sichergestellt, dass das neue Pflegeplanereig-
nis im Medikationsverabreichungsplan angezeigt wird.
2.2
Mit den Hilfsanträgen kommen weitere Details für die Arbeitsweise des
beanspruchten Systems hinzu.
(H1-6x)
(H2-
- 21 -
5.1)
planungsanwendung (vgl. Absatz [0032], [0031]).
(H2-6y)
zweistufig: zunächst müssen die Ereignisdaten übereinstimmen, bevor auch noch
die zugeordneten Kontextdaten verglichen werden (siehe Absatz [0014] auf Sei-
te 5 des Streitpatents).
(H2-7)
nisse nicht nur zur Anzeige durch die Benutzerschnittstelle geschickt werden,
sondern zur Durchführung der geplanten Maßnahme am Patienten (vgl. Ab-
satz [0029]).
(H3-5.1x)
zugeordnete Kontextdaten umfasst.
(H4-6)
überprüfung auf eine spezielle Medikationskonfliktüberprüfung eingeschränkt.
(H4-8)
starteten Medikationskonfliktüberprüfung noch eine zweite Medikationskonflikt-
überprüfung stattfinden, die von der Medikationsverabreichungsplanungsanwen-
dung gestartet wird (siehe den erteilten Unteranspruch 17 und Absatz [0032]).
(H5-9)
überprüfung durch die Pflegeplananwendung gestartet und durchgeführt wird
(H5-9)
(H5-6)
2.3
Fachmann
nungssystem im medizinischen Umfeld hat die Patentabteilung im Widerrufsbe-
- 22 -
schluss einen Diplom-Informatiker mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung
von Software für medizinische Datenverarbeitungszwecke angesehen. Der Senat
sieht keinen Anlass, davon abzuweichen.
3.
Das jeweilige System nach dem Patentanspruch 1 des Hauptantrags wie
auch der Hilfsanträge 1 bis 5 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3.1.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine beanspruchte
Lehre nicht generell nach § 1 Abs. 3 / Abs. 4 PatG vom Patentschutz ausge-
schlossen, wenn zumindest ein Teilaspekt der Lehre ein technisches Problem be-
wältigt (BGH, a. a. O - , Leitsatz a). Je-
doch sind bei der Prüfung der Erfindung auf erfinderische Tätigkeit nur diejenigen
Anweisungen zu berücksichtigen, die die Lösung des technischen Problems mit
technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (BGH, a. a. O -
, Leitsatz b). So können beispielsweise An-
weisungen zur Auswahl von Daten, deren technischer Aspekt sich auf die Anwei-
sung beschränkt, hierzu Mittel der elektronischen Datenverarbeitung einzusetzen,
bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden (BGH,
a. a. O
– , Leitsatz a).
Während zur Lösung eines Problems, das auf den herkömmlichen Gebieten der
Technik, also der Ingenieurwissenschaften, der Physik, der Chemie oder der Bio-
logie, besteht, die Abarbeitung bestimmter Verfahrensschritte durch einen Com-
puter grundsätzlich patentierbar ist (BGH GRUR 2002, 143 -
), sind Lösungen auf dem Gebiet der Informatik nicht grundsätzlich
und zwangsläufig als „technische“ Problemlösungen zu verstehen - hier bedarf es
vielmehr einer gesonderten Prüfung. Welches technische Problem durch eine Er-
findung gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsäch-
lich leistet (BGH GRUR 2005, 141 - ). Dies ist durch
Auslegung des Patentanspruchs zu entwickeln (BGH GRUR 2010, 602 -
, Absatz 27).
- 23 -
Die tatsächliche Leistung einer Erfindung ist im Vergleich mit dem (nächstkom-
menden) Stand der Technik zu ermitteln, d. h. Ausgangspunkt sind diejenigen
Merkmale, die über den nächstkommenden Stand der Technik hinausgehen; ob
die anderen Merkmale zu einer technischen Problemlösung beitragen oder nicht,
ist ohne Bedeutung, wenn sie bereits aus dem Stand der Technik bekannt sind.
3.2
Als nächstkommender Stand der Technik kann hier, in Übereinstimmung
mit dem Beschluss der Patentabteilung, die Druckschrift
D3
angesehen werden. Sie beschreibt ein Management-System für den medizini-
schen Dienst, insbesondere für die Rezept-Ausstellung
(„writing prescriptions“).
Der Arzt bedient ein tragbares Gerät 112, welches mit einem lokalen Server 116
und einer Datenbank 120 sowie über ein Netzwerk (Internet) mit weiteren Servern
und Datenbanken in Verbindung steht (Zusammenfassung, Figur 1). Der lokale
Server 116 bildet eine Ablage für medizinische Informationen über eine Vielzahl
unterschiedlicher Patienten (Seite 6 Absatz 2). Das tragbare Gerät 112 enthält
zweifellos einen Datenprozessor, u. a. zur Darstellung einer Benutzerschnitt-
stellenanzeige, und dient zur Eingabe von Patientendaten, die zunächst lokal in
dem Gerät und später im Server 116 gespeichert werden (siehe Seite 6 Absatz 3;
(M-2)
Absatz 2 kann ohne Weiteres geschlossen werden, dass es sich bei dem
beschriebenen System um ein PatientenbehandIungsplanungssystem (Merkmal
(M-1)
Das Eingabefenster gemäß Figur 7 / Seite 13 letzter Absatz ff., welches früher ver-
schriebene Medikamente anzeigt und auch eine erneute Rezept-Ausstellung er-
möglicht (Renew-Button 708), stellt ein Beispiel für eine Benutzerschnittstelle nach
(M-4)
- 24 -
unterschiedliche Anwendungen gestartet werden, vgl. z. B. Figur 3 / 4 (Doctor-But-
(M-5)
Aus Figur 16 und der Beschreibung Seite 16 zweite Hälfte ergibt sich bei der Ver-
schreibung eines Medikamentes auch schon eine Warnung, wenn dasselbe oder
ein gleichwirkendes Medikament bereits zuvor verschrieben wurde
(„whether the
drug may cause duplication with other prescriptions …”). „Kontextdaten“ in Verbin-
dung mit der Medikamenten-Verschreibung sind z. B. der Figur
11 („Comment:“)
oder Seite 11 Absatz
3 (Erläuterung zu „Detail“-Button) zu entnehmen. Damit ist
(M-6)
Eingabe durch den Benutzer: Konfliktüberprüfung und Erfassung, ob die Ver-
schreibung eine Dopplung einer früheren Verschreibung darstellt).
Dass die verschiedenen Anwendungen Daten miteinander austauschen und zur
(M-7)
den Fachmann hier ganz zwangsläufig.
D3
schreibung von Medikamenten beschränkt, sondern kann auch die Verschreibung
von Therapien oder Labortesten umfassen.
D3
nicht ausdrücklich zwischen einer „Pflegeplananwen-
(M-
5.1)
Streitpatent ist darin zu sehen, dass kein Pflegeplan oder Plan über die Medika-
mentenverabreichung erstellt wird (wie er etwa in Figur 10 / 11 der Patentschrift
(M-7)
kannt.
3.3
Hauptantrag
D3
- 25 -
D3
Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen sind.
3.3.1
t, dass „die Pflegeplananwendung
automatisch Daten, die das Pflegeplanereignis identifizieren, sowie zugeordnete
Kontextdaten an die Medikationsverabreichungsplanungsanwendung
zur Anzeige durch die Benutzer-
schnittstelle schick
t“. Eine solche automatische Erstellung eines Plans zur Medika-
D3
Diese Maßnahme trägt jedoch zu einer technischen Problemlösung nichts bei. Wie
bereits im Streitpatent Absatz [0002] ausgeführt, wurden derartige Pläne bisher
von Ärzten
(M-7)
besteht darin, dass der Medikationsverabreichungsplan nunmehr automatisch von
dem beanspruchten Datenverarbeitungs-System durch Auswertung der gespei-
cherten Pflegeplanereignisse erstellt wird (was fraglos gewisse Vorteile hat, siehe
Absatz [0002]: Vermeidung von Übertragungsfehlern). Dem liegt jedoch kein tech-
(M-7)
für eine bisher manuell ausgeführte Tätigkeit nun Mittel der elektronischen Daten-
3.1
– Leit-
satz a).
(M-7)
Tätigkeit nicht berücksichtigt werden.
3.3.2
(M-5.1)
(M-5.2)
D3
(M-7)
- 26 -
Die vom Streitpatent beanspruchte Aufteilung des Gesamt-Programmes in meh-
rere Teil-Programme oder
„Anwendungen“ erfolgt jedoch nicht aufgrund von tech-
nischen Überlegungen. Irgendein technisches Problem, dass durch diese Auftei-
lung gelöst würde, ist nicht ersichtlich. Ob ein einziges Programm, verschiedene
Unterprogramme, getrennte Anwendungen, oder ein Programm aus verschiede-
nen Teilprogrammen konzipiert wird, ist eine handwerkliche Frage abhängig von
der verwendeten Programmier-Umgebung und den Prioritäten angesichts der be-
kannten Vor- und Nachteile der verschiedenen Lösungen, die sich an den Pro-
grammierer oder seinen Auftraggeber richtet. Sie erfordert jedoch keine
„auf
technischen Über
legungen beruhende Erkenntnisse“ (BGH GRUR 2000,
498 - ).
Daher ist auch dieser Aspekt bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu
berücksichtigen.
3.3.3
Arbeitsweise, die aber wieder nur die Programmierung betreffen; ein technisches
Problem, das durch sie gelöst würde, ist nicht erkennbar. Daher bleibt gegenüber
D3
Tätigkeit zu berücksichtigen wäre.
3.3.4
von Merkmalen bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit für nicht gerechtfertigt
hält (siehe Beschwerdebegründung Seite 10 bis 14). Ihre Argumente vermögen
jedoch nicht zu überzeugen.
Sie vertritt die Auffassung, die Logistik in einer Klink (analog der Logistik in ande-
ren Wirtschaftsunternehmen) könne als technische Gegebenheit außerhalb einer
Datenverarbeitungsanlage angesehen werden (wohl mit Bezug auf BGH GRUR
2010, 613 - , Leitsatz b).
- 27 -
Eine solche Sichtweise deckt sich jedoch nicht mit der Argumentation des Bundes-
gerichtshofs in der genannten Entscheidung. Durch die dort beanspruchte Lehre
wurde die Aufgabe gelöst, strukturierte Dokumente (z. B. Dokumente im HTML-
Format) aus Vorlagedokumenten, die in einer Script-Sprache wie Java Server
Pages abgefasst waren, auch auf solchen Leitrechnern dynamisch zu generieren,
deren zu geringe Leistungsfähigkeit die Installation einer vollständigen Scriptspra-
chen-
Laufzeitumgebung nicht zuließ. Damit war „mit der besseren Ausnutzung
begrenzter Ressourcen eines Servers bei der dynamischen Generierung struktu-
rierter Dokumente die Funktionalität eines Kommunikationssystems betroffen und
infolgedessen ein konkretes technisches Problem“ (BGH, a. a. O.,
Absatz 25).
Im vorliegenden Fall finden sich aber schon generell keine Maßnahmen, die in
irgendeiner Weise auf konkrete technische Einschränkungen oder Randbedingun-
gen des technischen Systems eingehen. Die Patentinhaberin bezieht sich noch
darauf, dass Daten für ein- und denselben Patienten
„an mehreren Orten“ einge-
geben werden müssten, d. h. dass eine Kommunikation verschiedener Teilsys-
teme erforderlich wäre; jedoch hat sich diese gewünschte System-Eigenschaft
nicht in einem konkreten Merkmal des Patentanspruchs 1 manifestiert. Insbeson-
dere die speziellen Aspekte, in denen sich die beanspruchte Lehre vom Stand der
D3
kreten technischen Überlegungen (s. o.). Das rechtfertigt es, sie nicht weiter zu
berücksichtigen.
3.4
Hilfsantrag 1
Er unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch das zusätz-
(H1-6x)
„die Kontextdaten eine Benutzerkennung und eine
Pflegeplanereignisplanungszeit und ein entsprechendes Datum sowie ein Pflege-
planereignisbeschreibungselement umfassen
“.
- 28 -
Durch dieses zusätzliche Merkmal werden die Kontextdaten näher definiert. Dass
dieser Definition aber irgendwelche technischen Überlegungen zugrundeliegen
würden, wurde nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr wird
damit nur eine Festlegung für den Programmierer getroffen, ohne dass irgendeine
Beeinflussung der Lösung eines konkreten technischen Problems vorliegt.
(H1-6x)
rische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.
3.5
Hilfsantrag 2
nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Im Vergleich mit dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag wurden dessen Merk-
(M-6)
schiede markiert):
(H2-5.1)
plans durch einen Benutzer ermöglicht, wobei der Pflegeplan
wenigstens ein Pflegeplanereignis für einen bestimmten Pa-
tienten umfasst, und
(H2-5.2)
das wenigstens eine Pflegeplanereignis dem Benutzer oder
einer weiteren Person zum Durchführen des wenigstens
einen Pflegeplanereignisses bereitstellt, und
(H2-6)
Pflegeplananwendung, die ein Pflegeplanereignis mit Ereig-
nisdaten einschließlich zugeordneter Kontextdaten für einen
bestimmten Patienten einplanen, die Pflegeplananwendung
automatisch eine Pflegeplanereigniskonfliktüberprüfung in
- 29 -
Reaktion auf das Einplanen des Pflegeplanereignisses für
diesen bestimmten Patienten und einen Vergleich des ein-
geplanten Pflegeplanereignisses und der zugeordneten Kon-
textdaten mit früheren in mindestens einer Ablage gespei-
cherten Pflegeplanereignissen und zugeordneten Kontext-
daten für diesen bestimmten Patienten startet, um zu erfas-
sen, ob irgendein Ereignis des eingeplanten Pflegeplaner-
eignisses eine Dopplung eines früheren in der mindestens
einen Ablage gespeicherten Pflegeplanereignisses darstellt,
(H2-6y)
mit Kontextdaten eines gespeicherten Pflegeplanereignisses
verglichen werden, nachdem Ereignisdaten des eingeplanten
Pflegeplanereignisses gleich Ereignisdaten des gespeicher-
ten Pflegeplanereignisses sind, und
(H2-7)
geplanereignis identifizieren, sowie zugeordnete Kontext-
daten an die Medikationsverabreichungsplanungsanwen-
dung zum Ausfüllen eines Medikationsverabreichungsplans
zur Anzeige durch die Benutzerschnittstelle zur Verwendung
durch den Benutzer oder die weitere Person zum Durchfüh-
ren des wenigstens einen Pflegeplanereignisses schickt.
Durch keine dieser Änderungen wird jedoch in irgendeiner Weise eine technische
Problemlösung bestimmt oder zumindest beeinflusst.
(H2-5.1)
die Medikationsverabreichungsplanungsanwendung genauer definiert. Dem zu-
grundeliegende technische Überlegungen oder Problemlösungen sind nicht er-
- 30 -
(H2-6)
(H2-7)
(H2-6y)
bei beansprucht wird, dass zuerst die Ereignisdaten und erst ggf. danach die Kon-
textdaten verglichen werden sollen. Ein solcher zweistufiger Vergleich stellt jedoch
lediglich eine spezielle Maßnahme der Datenverarbeitung dar; dass dadurch ein
konkretes technisches Problem gelöst würde, kann nicht erkannt werden (vgl.
auch BGH, a. a. O. - , Leitsatz b:
auch dann nicht, „wenn solche
Anweisungen zu einer Verringerung der erforderlichen Rechenschritte führen“).
D3
was bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zu berücksichtigen wäre.
3.6
Hilfsantrags 3
werden.
(H2-5.1)
geändert und ergänzt:
(H3-5.1)
eines Pflegeplans durch einen Benutzer ermöglicht, wobei
der Pflegeplan wenigstens ein Pflegeplanereignis für einen
bestimmten Patienten umfasst,
(H3-5.1x)
Aktion identifizieren, die an einem Patienten ausgeführt wird,
und zugeordnete Kontextdaten, die das Pflegeplanereignis
charakterisieren, umfasst, und
- 31 -
(H3-6)
trags 2
eine Klarstellung vorgenommen (die gestrichenen „zugeordneten Kontext-
(H3-5.1x)
(H3-5.1x)
Definition, d. h. eine Vorgabe für den Programmierer, die nicht auf technischen
Überlegungen beruht und zu irgendeiner technischen Problemlösung auch nichts
(H3-5.1)
scher Hinsicht ohne Bedeutung.
Daher enthält auch dieser Patentanspruch nichts Zusätzliches, was bei der Prü-
fung auf erfinderische Tätigkeit zu berücksichtigen wäre.
3.7
Hilfsantrags 4
Er unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2 zunächst durch
eine Beschränkung der „Pflegeplanereigniskonfliktüberprüfung“ des dortigen Merk-
(H2-6)
(H4-6)
(H2-6y)
(H4-8)
die Durchführung einer zweiten Medikationskonfliktüberprü-
fung zusätzlich zu der von der Pflegeplananwendung ge-
starteten Medikationskonfliktüberprüfung startet.
Die Streitpatentschrift erläutert jedoch nicht, welche Gründe es für eine solche
zweite Konfliktüberprüfung geben könnte. Etwa den Absätzen [0032] und [0040]
ist lediglich entnehmbar, dass sie durchgeführt werden soll. Damit geht diese
beanspruchte zusätzliche Maßnahme nicht über die Weisheit des Volksmunds
(
„Doppelt genäht hält besser“) hinaus. Dass dadurch irgendein technisches Prob-
lem gelöst würde, ist nicht erkennbar und wurde auch nicht vorgetragen.
- 32 -
(H2-6)
sind ebenfalls in technischer Hinsicht ohne Bedeutung, so dass sich auch hier
keine bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zu berücksichtigenden zusätz-
lichen Merkmale finden.
3.8
Hilfsantrag 5
falls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Er unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 zunächst durch
(H2-5.1)
(H3-5.1)
(H5-6)
(H4-6)
beibehalten.
(H4-8)
(H5-9)
gerichtet ist, wie die Medikationskonfliktüberprüfung durch die Pflegeplananwen-
dung gestartet und durchgeführt wird (und welches noch eine Wiederholung eines
(H5-6)
Keine dieser Änderungen oder zusätzlichen Merkmale erfordert jedoch technische
Überlegungen. Die Leistung der Merkmale liegt darin, dem Programmierer detail-
liertere Anweisungen über Datenstrukturen und gewünschte Abläufe zu geben.
Der konkrete technische Aufbau des Rechnersystems, etwaige Besonderheiten
oder Einschränkungen, das gesamte technische Umfeld spielt für die beanspruch-
ten Maßnahmen keine Rolle. Irgendein zugrundeliegendes konkretes technisches
D3
Merkmale gelöst würde, kann nicht erkannt werden.
- 33 -
Sonach verbleibt auch hier nichts, was bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit
berücksichtigt werden könnte.
4.
Mit dem Patentanspruch 1 fällt jeweils der gesamte Haupt- oder Hilfsantrag,
da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.
Bei dieser Sachlage kann die Frage nach der ursprünglichen Offenbarung der ge-
änderten Anspruchsfassungen dahingestellt bleiben, insbesondere auch ob durch
sie der Schutzbereich des erteilten Patents erweitert würde. Die übrigen von der
Einsprechenden geltend gemachten Einspruchsgründe bedürfen ebenfalls keiner
Prüfung mehr.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel
der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist
sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richter-
amtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit
Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die
Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichts-
hof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Morawek
Eder
Baumgardt
Dr. Forkel
Me