Urteil des BPatG vom 29.09.2016

Stand der Technik, Vergleich, Analyse, Patentanspruch

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
17 W (pat) 4/16
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
29. September 2016
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 102 34 085
- 2 -
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 29. September 2016 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters
Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Auf die am 26. Juli 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene
Patentanmeldung 102 34 085.4 der K
… AG in W… ist am
23. Januar 2012 durch Beschluss des 20. Senats des Bundespatentgerichts das
Patent unter der Bezeichnung
„Verfahren zur Analyse von Farbabweichungen von
Bildern mit einem Bildsensor“
erteilt worden. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 18. Oktober 2012.
Gegen das Patent ist am 16. Januar 2013 Einspruch erhoben worden. Die Ein-
sprechende hat hinsichtlich des Patentgegenstandes unzulässige Erweiterung
gemäß § 21, Abs. 1, Satz 4 PatG, zudem fehlende Patentierbarkeit wegen fehlen-
der Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit gemäß § 21, Abs. 1, Satz 1
- 3 -
PatG sowie fehlende Ausführbarkeit gemäß § 21, Abs. 1, Satz 2 PatG geltend
gemacht. Sie beantragte den vollständigen Widerruf des Patents.
Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen.
Die Patentabteilung 31 hat durch den in der Anhörung vom 24. September 2015
verkündeten Beschluss das Patent widerrufen, da sich der Gegenstand des
Patentanspruchs 1 für den Fachmann in nahe liegender Weise aus dem Stand der
Technik gemäß den Druckschriften D10 und D4 ergeben habe und somit nicht auf
erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Patentinhaberin mit der Beschwerde.
Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin stellt den Antrag:
gemäß Hauptantrag
den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das Patent im erteilten Um-
fang aufrechtzuerhalten;
gemäß Hilfsantrag 1
das Patent im beschränkten Umfang mit Patentansprüchen 1
– 10, über-
reicht in der mündlichen Verhandlung, aufrechtzuerhalten;
gemäß Hilfsantrag 2
das Patent im beschränkten Umfang mit Patentansprüchen 1
– 10, über-
reicht in der mündlichen Verhandlung, aufrechtzuerhalten.
Patentanspruch 1 nach Hauptantrag
Korrektur zweier Fehler in den Merkmalen (B) und (H)
– jeweils gekennzeichnet –
versehen) lautet:
- 4 -
(A)
Verfahren zur Analyse von Farbabweichungen von Bildern mit einem Bild-
sensor, wobei das vom Bildsensor empfangene Bildsignal pixelweise analy-
siert wird, und
(B)
wobei für jeden Farbkanal (01; 02; 03) ein Bildsensorsignal erzeugt wird;
mit folgenden Verfahrensschrifftten:
(C)
Verknüpfen des Bildsensorsignals eines ersten Farbkanals (01) mit dem
Bildsensorsignal eines zweiten Farbkanals (02) mittels einer ersten Berech-
nungsvorschrift (04), wodurch ein Ausgangssignal (12) eines ersten Gegen-
farbkanals (07) generiert wird,
(D)
sowie Verknüpfen des Bildsensorsignals eines dritten Farbkanals (03) mit
den Bildsensorsignalen des ersten (01) und des zweiten Farbkanals (02)
mittels einer zweiten Berechnungsvorschrift (06) wodurch ein Ausgangssig-
nal (13) eines zweiten Gegenfarbkanals (08) generiert wird;
(E)
wobei der erste Gegenfarbkanal (07) dem Rot/Grün rezeptiven Feld des
menschlichen Auges und der zweite Gegenfarbkanal (08) dem Blau/Gelb
rezeptiven Feld des menschlichen Auges entsprechen;
(F)
wobei in einem Lernmodus (17) die durch zumindest ein Referenzbild (21)
erzeugten Referenzdatenwerte (19´; 19´´) der beiden Gegenfarbkanäle (07;
08) in einem Referenzdatenspeicher gespeichert werden,
(G)
und wobei in einem Inspektionsmodus (18) die durch ein Inspektions-
bild (22) erzeugten Ausgangssignale (12; 13) der beiden Gegenfarbka-
näle (07; 08) pixelweise mit den Referenzdatenwerten (19´; 19´´) des Refe-
renzdatenspeichers verglichen werden;
(H)
und dann eine Klassifikation (23) der Ausgangssignale (12; 13) der Gegen-
farbkanäle (07; 08) erfolgt, in dem mittels eines Klassifikatorsystems (23)
- 5 -
der Ausgangssignale (12; 13) der Gegenfarbkanäle (07; 08) ein Vergleich
mit den Referenzdatenwerten werden (19´; 19´´) durchgeführt wird.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1
markierten Änderungen gegenüber Anspruch 1 nach Hauptantrag versehen) lau-
tet:
(A)
Verfahren zur Analyse von Farbabweichungen von Bildern mit einem Bild-
sensor, wobei das vom Bildsensor empfangene Bildsignal pixelweise analy-
siert wird, und
(B)
wobei für jeden Farbkanal (01; 02; 03) ein Bildsensorsignal erzeugt wird;
mit folgenden Verfahrensschritten:
(C)
Verknüpfen des Bildsensorsignals eines ersten Farbkanals (01) mit dem
Bildsensorsignal eines zweiten Farbkanals (02) mittels einer ersten Berech-
nungsvorschrift (04), wodurch ein Ausgangssignal (12) eines ersten Gegen-
farbkanals (07) generiert wird,
(D)
sowie Verknüpfen des Bildsensorsignals eines dritten Farbkanals (03) mit
den Bildsensorsignalen des ersten (01) und des zweiten Farbkanals (02)
mittels einer zweiten Berechnungsvorschrift (06) wodurch ein Ausgangssig-
nal (13) eines zweiten Gegenfarbkanals (08) generiert wird;
(E)
wobei der erste Gegenfarbkanal (07) dem Rot/Grün rezeptiven Feld des
menschlichen Auges und der zweite Gegenfarbkanal (08) dem Blau/Gelb
rezeptiven Feld des menschlichen Auges entsprechen;
(F1) wobei in einem Lernmodus (17) die durch zumindest ein aufgezeichnetes
Referenzbild (21) erzeugten Referenzdatenwerte (19´; 19´´) der beiden Ge-
genfarbkanäle (07; 08) in einem Referenzdatenspeicher gespeichert wer-
den,
- 6 -
(G)
und wobei in einem Inspektionsmodus (18) die durch ein Inspektions-
bild (22) erzeugten Ausgangssignale (12; 13) der beiden Gegenfarbka-
näle (07; 08) pixelweise mit den Referenzdatenwerten (19´; 19´´) des Refe-
renzdatenspeichers verglichen werden;
(H1) und dann eine Klassifikation (23) der Ausgangssignale (12; 13) der Gegen-
farbkanäle (07; 08) erfolgt, in dem mittels eines Klassifikatorsystems (23)
der Vergleich der Ausgangssignale (12; 13) der Gegenfarbkanäle (07; 08)
ein Vergleich mit den Referenzdatenwerten (19´; 19´´) durchgeführt wird.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2
markierten Änderungen gegenüber Anspruch 1 nach Hauptantrag versehen) lau-
tet:
(A)
Verfahren zur Analyse von Farbabweichungen von Bildern mit einem Bild-
sensor, wobei das vom Bildsensor empfangene Bildsignal pixelweise analy-
siert wird, und
(B)
wobei für jeden Farbkanal (01; 02; 03) ein Bildsensorsignal erzeugt wird;
mit folgenden Verfahrensschritten:
(C)
Verknüpfen des Bildsensorsignals eines ersten Farbkanals (01) mit dem
Bildsensorsignal eines zweiten Farbkanals (02) mittels einer ersten Berech-
nungsvorschrift (04), wodurch ein Ausgangssignal (12) eines ersten Gegen-
farbkanals (07) generiert wird,
(D)
sowie Verknüpfen des Bildsensorsignals eines dritten Farbkanals (03) mit
den Bildsensorsignalen des ersten (01) und des zweiten Farbkanals (02)
mittels einer zweiten Berechnungsvorschrift (06) wodurch ein Ausgangssig-
nal (13) eines zweiten Gegenfarbkanals (08) generiert wird;
- 7 -
(E)
wobei der erste Gegenfarbkanal (07) dem Rot/Grün rezeptiven Feld des
menschlichen Auges und der zweite Gegenfarbkanal (08) dem Blau/Gelb
rezeptiven Feld des menschlichen Auges entsprechen;
(F2) wobei in einem Lernmodus (17) die durch zumindest ein Referenzbild (21)
erzeugten Referenzdatenwerte (19´; 19´´) der beiden Gegenfarbkanäle (07;
08) in einem Referenzdatenspeicher gespeichert werden, wobei die im
Referenzdatenspeicher gespeicherten Referenzdatenwerte (19´; 19´´) jedes
Pixels durch Analyse mehrerer Referenzbilder (21) erzeugt werden, wo-
durch für die Referenzdatenwerte (19´; 19´´) ein Toleranzfenster festgelegt
wird
(G)
und wobei in einem Inspektionsmodus (18) die durch ein Inspektions-
bild (22) erzeugten Ausgangssignale (12; 13) der beiden Gegenfarbka-
näle (07; 08) pixelweise mit den Referenzdatenwerten (19´; 19´´) des Refe-
renzdatenspeichers verglichen werden;
(H1) und dann eine Klassifikation (23) der Ausgangssignale (12; 13) der Gegen-
farbkanäle (07; 08) erfolgt, in dem mittels eines Klassifikatorsystems (23)
der Vergleich der Ausgangssignale (12; 13) der Gegenfarbkanäle (07; 08)
ein Vergleich mit den Referenzdatenwerten (19´; 19´´) durchgeführt wird.
Zu den weiteren Ansprüchen der Anträge sowie zu den weiteren Einzelheiten wird
auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingelegt und ist auch sonst zuläs-
sig. Der vorangegangene Einspruch war ebenfalls (unbestritten) zulässig.
- 8 -
Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg, da die Gegenstände des jeweiligen
Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 und 2 nicht
patentfähig sind.
1.
Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Analyse von Farbabweichungen
von Bildern mit einem Bildsensor (Patentschrift Absatz [0001]).
Gemäß der Patentschrift sei das in der Technik meist verwendete trichromatische
Modell zur Beschreibung von additiven Farbbildern das RGB-Modell. In dem RGB-
Modell wird der Farbraum durch die drei Grundfarben Rot, Grün und Blau be-
schrieben. Nachteilig an diesem Modell sei, dass diese Beschreibung nicht dem
Empfinden des menschlichen Auges entspräche, da insbesondere das Verhalten
der menschlichen Perzeption, also die Wahrnehmung durch die Sinnesorgane,
keine Berücksichtigung fände (Patentschrift Absatz [0002]).
Aus dem Stand der Technik sei ein Verfahren zur Analyse von Farbbildern mittels
Bildsensor, dessen Bildsignale pixelweise analysiert werden bekannt. Dabei wür-
den die Bildsignale nach Buntheit und Helligkeit getrennt. Weiterhin sei ein Verfah-
ren zur Bildverarbeitung beschrieben, bei dem RGB-Signale in Farbsignalwerte L,
C1, C2 nichtlinear transformiert würden. Schließlich sei ein Verfahren zur Klassifi-
kation von Farbbildern mittels Fuzzy-Logik bekannt (Patentschrift Absätze [0003]
[0005]).
Aufgabe
Analyse von Farbabweichungen von Bildern mit einem Bildsensor zu schaffen
(Patentschrift Absatz [0006]).
Patentanspruch 1 nach Hauptantrag
lyse von Farbabweichungen von Bildern mit einem Bildsensor angegeben, bei
dem das vom Bildsensor empfangene Bildsignal pixelweise analysiert wird (Merk-
- 9 -
(A)
(B)
Dabei wird ein erster Gegenfarbkanal generiert, indem das Bildsensorsignal eines
ersten Farbkanals mit dem Bildsensorsignal eines zweiten Farbkanals mittels
(C)
Zusätzlich wird ein zweiter Gegenfarbkanal generiert, indem das Bildsensorsignal
eines dritten Farbkanals mit den Bildsensorsignalen des ersten und des zweiten
Farbkanals mittels einer zweiten Berechnungsvorschrift verknüpft wird (Merk-
(D)
Dabei entspricht der erste Gegenfarbkanal dem Rot/Grün rezeptiven Feld des
menschlichen Auges und der zweite Gegenfarbkanal entspricht dem Blau/Gelb
(E)
Die durch zumindest ein Referenzbild erzeugten Referenzdatenwerte der beiden
Gegenfarbkanäle werden in einem Lernmodus in einem Referenzdatenspeicher
(F)
Anschließend erfolgt in einem Inspektionsmodus ein pixelweiser Vergleich der
durch ein Inspektionsbild erzeugten Ausgangssignale der beiden Gegenfarbkanäle
(G)
Zuletzt erfolgt eine Klassifikation der Ausgangssignale der Gegenfarbkanäle, bei
dem mittels eines Klassifikatorsystems der Ausgangssignale der Gegenfarbkanäle
(H)
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1
dus die durch zumindest ein aufgezeichnetes Referenzbild erzeugten Referenzda-
tenwerte der beiden Gegenfarbkanäle in einem Referenzdatenspeicher gespei-
(F1)
der Ausgangssignale der Gegenfarbkanäle mit den Referenzdatenwerten durch-
(H1)
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2
Lernmodus die im Referenzdatenspeicher gespeicherten Referenzdatenwerte
- 10 -
jedes Pixels durch Analyse mehrerer Referenzbilder erzeugt werden, wodurch für
(F2)
Fachmann
Farbabweichungen von Bildern zu verbessern, sieht der Senat einen Ingenieur der
Elektrotechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung im Bereich der Bildverarbeitung
und guten Kenntnissen der mathematischen Methoden der Bildverarbeitung an.
2.
Die Gegenstände des jeweiligen Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag
und gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 beruhen nicht auf erfinderischer Tätigkeit
(§ 21 Abs. 1 Nr. 1, § 4 PatG).
D10
D4
book", herausgegeben von S. J. Sangwine und R. E. N. Horne, veröffentlicht von
Chapman & Hall, 1998, Seiten 8 bis 23, 66 bis 90 und 376 bis 384) nahegelegt.
2.1.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht nicht auf
erfinderischer Tätigkeit.
D10
dem die Farbmesswerte betrachtet werden um eine Abweichung der Farbe gegen-
über einem Referenzbild festzustellen, wobei ein Druckbild mit einer Kamera auf-
genommen, das Bildsignal an einen Rechner weitergeleitet und anschließend
pixelweise analysiert wird (Sp. 1 Z. 3
–4, Sp. 1 Z. 23–35, Sp. 2 Z. 6–11, An-
spruch 1
(A)
Für diese Analyse wird das aufgenommene Bildsignal in einzelne Farbkanäle auf-
geteilt (Sp. 2 Z. 32
–39). Somit wird aus dem Bildsignal für jeden Farbkanal ein
(B)
- 11 -
Weiterhin ist angegeben, dass ein Vergleichsbild, mit einem Soll-Wert für jedes
Pixel (E
Soll
), in einem Speicher abgelegt ist (Sp. 2 Z. 14
–17), d. h. gespeichert
wurde. Dabei entspricht das Speichern der Soll-
Werte dem beanspruchten „Lern-
mo
dus“ (vgl. Streitpatentschrift Absatz [0018]). Da der Vergleich mit einem Ist-
Wert in einem transformierten Farbraum, der einer visuellen Wahrnehmung ent-
spricht (Sp. 1 Z. 36
–54), durchgeführt wird, liegen die Sollwerte zwangsläufig in
einem transformierten Farbformat (in Form von Referenzwerten) vor. Diese Refe-
renzwerte basieren jedoch nicht auf dem Modell der Gegenfarbkanäle, sondern
(F)
nehmen.
D10
transformierten Farbkanälen erzeugten Pixel, einer Einrichtung zum Vergleich
übergeben (Sp. 2 Z. 14
Merkmal (G)
den Vergleich bzw. bei der Klassifikation werden die Ist-Werte mit den Soll-Werten
verglichen und eine Einteilung der Vergleichsergebnisse in Abhängigkeit von einer
Toleranzschwelle erzeugt (Sp. 2 Z. 14
Merkmal (H)
D10
D10
(C)
Farbsignaltransformation, die dem menschlichen Empfinden angeglichen ist, zu
entnehmen. Entsprechend ist auch das Format der gespeicherten Pixel sowie das
(F)
(H)
D10
zu dem Verfahren nach Patentanspruch 1 des Hauptantrags zu gelangen, da dem
Fachmann auch andere alternative Möglichkeiten der Umrechnung von Farbsig-
nalen in eine dem menschlichen Empfinden angepasste Form, wie insbesondere
die Gegenfarbtheorie, geläufig waren.
- 12 -
D4
detag des Streitpatents veröffentlicht wurde, mindestens zehn verschiedene Farb-
räume für die Repräsentation von Farbbildern (siehe dort Abschnitt 4 mit den
Kapiteln 4.1 bis 4.9), wobei auf die besonderen Eigenschaften und die jeweiligen
D10
D4
Farbraum mit der menschlichen Beurteilung von Farbunterschieden korrespondiert
(Seite 84 Absatz 1).
D4
Kap. 2.4.1, Seite 73/74 Kap. 4.4, insbes. Fig. 4.2). Hierzu ist angegeben, dass die
Definition dieses Farbraum von der Physiologie des menschlichen Visual-Systems
inspiriert wurde.
Es war daher für den Fachmann naheliegend, bei der Verwirklichung der Lehre
D10
tion basierend auf der Gegenfarbtheorie einzusetzen, die auf eine andere Weise
das menschliche Farbempfinden besonders gut wiedergibt.
D4
D10
D4
(D)
pixelweise Vergleich und die Klassifikation basierend auf diesem Format (restli-
(F)
2.2.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht ebenfalls
nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
In Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag kommt hinzu, dass es sich bei dem Refe-
(F1)
- 13 -
mittels eines Klassifikatorsystems der Vergleich der Ausgangssignale der Gegen-
(H1)
Mit diesen Änderungen lässt sich das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit
jedoch nicht begründen.
D10
Wert darstellen und in einem Speicher abgelegt sind, zu entnehmen (Sp. 2 Z. 14
17). Das Speichern des Referenzbildes bzw. dessen Pixel bedingt jedoch, dass
dieses Bild vor dem Abspeichern in das System eingegeben oder eingelesen wird,
womit es sich um ein vorab aufgezeichnetes Bild handelt.
D10
logischen Abfragestufe (Sp. 2 Z. 17
–21, Fig. 1) für den Vergleich der Soll-Werte
mit den Ist-Werten gezeigt, welches dem beanspruchten Vergleich in einem Klas-
sifikatorsystem entspricht.
2.3.
Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht
nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beruht auf Patentanspruch 1 nach
Hauptantrag, weiter eingeschränkt durch die Angabe wonach die im Referenzda-
tenspeicher gespeicherten Referenzdatenwerte jedes Pixels durch Analyse meh-
rerer Referenzbilder erzeugt werden, wodurch für die Referenzdatenwerte ein
(F2)
(H1)
Auch diese Änderungen können das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht
begründen.
- 14 -
(H1)
spruch 1 nach Hilfsantrag 1 verwiesen.
D10
–21) die Berücksichtigung einer Toleranz,
d. h. eines Toleranzbereichs, für den Vergleich der Soll-Werte mit den Ist-Werten
zu entnehmen. Damit ist für den Fachmann bereits das Festlegen einer Toleranz
vorgegeben. Der Fachmann musste sich zur Realisierung eines Toleranzberei-
ches Gedanken machen, auf welche Weise er diesen Bereich ermittelt. Hierzu
standen ihm die unterschiedlichsten (mathematischen) Methoden, wie bspw. die
freie Festlegung von Ober- und Untergrenzen oder aber die Betrachtung der Ab-
weichungen bei einer Menge von mehreren Referenzwerten, zur Verfügung. Dazu
galt es die bekannten Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen. Das stellt
aber hier nicht mehr als typisches fachmännisches Handeln dar (vgl. BGH in
GRUR 2006, 930
– ).
2.4.
Die dagegen gerichtete Argumentation der Patentinhaberin und Beschwer-
deführerin führt zu keiner anderen Beurteilung.
Sie wendet ein, dass der Fachmann bei gemeinsamer Betrachtung der Druck-
D10
D4
–83) gezeigte Farbsignaltransformation im L*a*b*-Raum verwenden wür-
D4
einer rückschauenden Betrachtungsweise.
Im Gegensatz zur Argumentation der Patentinhaberin und Beschwerdeführerin
gibt gerade die Darstellung der besonderen Eigenschaften mehrerer Farbräume in
D4
hinauszublicken und aufgrund einer Abwägung der Vor- und Nachteile einen
anderen bekannten Farbraum anhand seinen beschriebenen Eigenschaften aus-
zuwählen. Somit beruht die Verwendung der Berechnungsvorschriften der Gegen-
farbtheorie anstelle der gezeigten L*a*b* Transformation auf rein fachmännischem
Handeln.
- 15 -
Weiter stellt die Patentinhaberin
dar, dass die Bezeichnung „Lernmodus“ über das
Speichern und anschließende Vergleichen hinausgehe. Dies wäre insbesondere in
Fig. 2 des
Streitpatents dargestellt, wonach zuerst ein „Lernen“ und erst anschlie-
ßend ein „Messen“ stattfinden soll.
Auch dieser Darstellung kann nicht gefolgt werden. Bei der Auslegung der Be-
zeichnung „Lernmodus“ ist sowohl der Anspruchswortlaut als auch die Beschrei-
(F)
bild erzeugten Referenzdatenwerte der beiden Gegenfarbkanäle in einem Refe-
renzdatenspeicher gespeichert werden. Ebenso ist aus der angegebenen Figur 2
und deren Beschreibung (Streitpatent Absatz [0026]) zu entnehmen, dass der
Lernmodus das Ziel der pixelweisen Generation von Referenzdatenwerten hat.
Hierzu werden die Bildinhalte von einem Referenzbild dadurch analysiert, dass die
Bildinhalte jedes Pixels entsprechend der Gegenfarbtheorie verarbeitet werden
und die für jedes Pixel erhaltenen Ausgangssignale der Gegenfarbkanäle in einem
Referenzdatenspeicher gespeichert werden. Somit entspricht der „Lernmodus“
D10
verwendete Transformationsvorschrift ohne erfinderisches Zutun ausgetauscht
werden kann (s. oben).
Schließlich führt die Patentinhaberin noch aus, dass bei der Auswahl mehrerer
Referenzbilder eine individuelle Betrachtung des gesamten Bildes durch eine Per-
son möglich sei und keine Betrachtung einzelner Pixel notwendig wäre.
(F2)
den die im Referenzdatenspeicher gespeicherten Referenzdatenwerte jedes Pi-
xels durch Analyse mehrerer Referenzbilder erzeugt, wodurch für die Referenzda-
tenwerte ein Toleranzfenster festgelegt wird. Darüber hinaus ist angegeben
(Streitpatent Absatz [0019]), dass ein Toleranzfenster beispielsweise durch die
Minimal- und Maximalwerte oder durch die Standardabweichung der durch die
untersuchten Referenzbilder erzeugten Ausgangssignale der Gegenfarbkanäle
jedes Pixels festgelegt wird.
- 16 -
Damit wird aber keine Auswahl von Referenzbildern durch eine Person gelehrt
und beansprucht, sondern die Anwendung einer mathematischen Methode zur
Berechnung eines Toleranzfensters, welches aus mehreren Bildern erzeugt wird
und einen Bereich zwischen Minimal- und Maximalwerten darstellt. Eine derartige
Berechnung des Toleranzfensters liegt jedoch im Griffbereich des Fachmanns, da
diesem die Grundlegenden mathematischen Methoden zur Berechnung von Mittel-
werten, Abweichungen und Toleranzen bekannt sind. Er muss somit nur eine die-
ser bekannten Methoden anwenden um bei der Erstellung eines Referenzwertes
Extremwerte auszublenden und stattdessen einen Bereich zwischen den Minimal-
und Maximalwerten (Toleranzfenster) für den Referenzwert (Vergleichswert) zu
erhalten.
3.
Mit dem jeweiligen Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträ-
gen 1 und 2 fallen auch die übrigen Patentansprüche, da über einen Antrag nur
einheitlich entschieden werden kann (BGH in GRUR 1997, 120
).
Bei dieser Sachlage kann die Frage der unzulässigen Erweiterung und auch die
Frage der fehlenden Ausführbarkeit dahingestellt bleiben.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel
der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist
sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richter-
amtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit
Erfolg abgelehnt war,
- 17 -
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die
Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichts-
hof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Morawek
Eder
Baumgardt
Hoffmann
Fa