Urteil des BPatG vom 17.03.2015

Patentanspruch, Stand der Technik, Verwaltung, Datenverarbeitung

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
17 W (pat) 24/11
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
17. März 2015
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 11 2005 003 557.3
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 17. März 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, der Richterin Dipl.-Phys.
Dr. Thum-Rung sowie des Richters Dipl.-Phys. Dr. Forkel
- 2 -
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die vorliegende Patentanmeldung ist eine PCT-Anmeldung in nationaler Phase,
die als WO 2006/114891 A1 in japanischer Sprache veröffentlicht wurde. Ihr
Anmeldetag ist der 25. April 2005. Eine deutsche Übersetzung wurde als
DE 11 2005 003 557 T5 publiziert. Die Anmeldung trägt in der deutschen Über-
setzung die Bezeichnung
„Dateimanagement-Verfahren“.
Die Anmeldung wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen
Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 25. Februar 2011 mit der Begründung
zurückgewiesen, dass die jeweiligen Gegenstände des damals geltenden Patent-
anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sowie erstem und zweitem Hilfsantrag nicht auf
erfinderischer Tätigkeit beruhten.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Die Anmelderin stellte den Antrag,
den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte
Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
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gemäß Hauptantrag mit
Patentansprüchen 1-12, überreicht in der mündlichen Verhand-
lung,
Beschreibung Seiten 2, 3, 3a vom 31. Oktober 2011,
Beschreibung Seiten 1, 4-15 und
8 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1-8, jeweils vom 24. Okto-
ber 2007;
gemäß erstem Hilfsantrag mit
Patentansprüchen 1-12, überreicht in der mündlichen Verhand-
lung,
im Übrigen wie Hauptantrag.
Sie regte die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind die
Druckschriften
D1: JP 10293833 AA,
D2: DE 102 54 614 A1
und
D3: BECKER, Roland: Fingerabdruckerkennung per Streifensensor, In:
elektronik industrie 09-2002, S. 34-35,
genannt worden. Vom Senat wurden zusätzlich die Druckschriften
D4: EP 1 179 801 A2
- 4 -
und
D5: DE 100 01 672 A1
eingeführt.
Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
Hauptantrag
Gliederung versehen, lautet (mit redaktioneller Änderung):
(a)
Dateimanagement-Vorrichtung, umfassend:
(b)
eine Leseeinrichtung (16), welche ausgelegt ist, eine bio-
metrische Information eines bewegten Körpers zu lesen;
(c)
eine Bestimmungseinrichtung, welche ausgelegt ist, eine Be-
wegungsrichtung des bewegten Körpers auf Grundlage der
durch die Leseeinrichtung (16) gelesenen biometrischen Infor-
mation zu bestimmen;
(d)
eine Beurteilungsvorrichtung, welche ausgelegt ist, zu beur-
teilen, ob die durch die Leseeinrichtung (16) gelesene bi-
ometrische Information mit biometrischer Information über-
einstimmt, welche in einer Speichervorrichtung (13) abge-
speichert ist;
(e)
eine Sucheinrichtung, welche ausgelegt ist, wenn die Bewe-
gungsrichtung mit einer ersten Richtung übereinstimmt und die
gelesene biometrische Information mit der abgespeicherten
biometrischen Information übereinstimmt, eine erste Datei zu
- 5 -
suchen, zu der eine der biometrischen Information eines
Körpers eines ersten Benutzers zugeordnete erste Attribut-
information hinzugefügt wurde, und,
(f)
wenn die Bewegungsrichtung mit einer zweiten, von der ersten
n
gelesene biometrische Information mit der abgespeicherten
biometrischen Information übereinstimmt, eine zweite Datei zu
suchen, zu der eine der biometrischen Information eines
Körpers eines zweiten Benutzers zugeordnete zweite Attri-
butinformation hinzugefügt wurde,
(g)
wobei der zweite Benutzer ein anderer als der erste Benutzer
ist, und wobei die erste Datei eine Datei ist, die durch eine
Bedienung des ersten Benutzers aufgezeichnet wurde und die
zweite Datei eine Datei ist, die durch eine Bedienung des
zweiten Benutzers aufgezeichnet wurde.
In Hinblick auf die Patentansprüche 2 bis 12 wird auf die Akte verwiesen.
erstem Hilfsantrag
(e)
(e´)
(e´)
eine Sucheinrichtung, welche ausgelegt ist, wenn die Bewe-
gungsrichtung mit einer ersten Richtung übereinstimmt und die
gelesene biometrische Information mit der abgespeicherten
biometrischen Information übereinstimmt, eine erste Datei zu
suchen, zu der eine der biometrischen Information zuge-
ordnete erste Attributinformation hinzugefügt wurde, und,
- 6 -
(f´)
wenn die Bewegungsrichtung mit einer zweiten, von der ersten
n
gelesene biometrische Information mit der abgespeicherten
biometrischen Information übereinstimmt, eine zweite Datei zu
suchen, zu der eine einer abweichenden biometrischen
Information zugeordnete, andere, zweite Attributinformation
hinzugefügt wurde,
(g´)
wobei die erste Datei eine Datei ist, die durch eine Bedienung
eines ersten Benutzers aufgezeichnet wurde, und die zweite
Datei eine Datei ist, die durch eine Bedienung eines anderen,
zweiten Benutzers aufgezeichnet wurde.
In Hinblick auf die Patentansprüche 2 bis 12 wird wieder auf die Akte verwiesen.
Die Anmelderin trägt vor, dass der Gegenstand der Anmeldung den Bedien-
komfort bei der Dateiauswahl an einem Computersystem erhöhe. In einem
einzigen Bedienvorgang könnten mehrere Informationen eingegeben werden, um
damit eine Suchanfrage gleich mehrfach zu bestimmen. Insgesamt ergebe sich
daraus ein verbessertes Dateimanagement, das die Informationseingabe wesent-
lich effizienter gestalte.
Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 sei nicht nur dem Patentschutz
grundsätzlich zugänglich, er sei darüber hinaus neu und beruhe auch auf
erfinderischer Tätigkeit.
II.
Die Beschwerde wurde rechtzeitig eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie hat
jedoch keinen Erfolg, da die jeweiligen Gegenstände des Patentanspruchs 1
gemäß Haupt- und Hilfsantrag zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit
- 7 -
beruhen, wobei diejenigen Merkmale, die zu einer technischen Problemlösung
nichts beitragen, nicht zu berücksichtigen sind, gemäß BGH GRUR 2011, 125
, Leitsatz b) (§ 1 Abs. 1 in Verbindung
mit § 4 Satz 1 PatG).
1.
Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Dateimanagement-Verfahren
bzw. eine Dateimanagement-Vorrichtung, welche auf der Verwendung biome-
trischer Information beruhen. Das Verfahren bzw. die Vorrichtung finden in einem
herkömmlichen Computer mit angeschlossenem TV-Empfänger Verwendung (Be-
schreibung, [0001], [0018], [0019], Fig. 1).
Wie in der Anmeldung ausgeführt, setzen sowohl das Speichern als auch das
Suchen einer Datei innerhalb eines von einer Vielzahl von Benutzern gemeinsam
benutzten Speicherbereichs das Einrichten eines „assoziativen Zusammenhangs“
zwischen den jeweiligen Benutzern und der Datei voraus, also eine Zuweisung
von Zugriffsrechten bzw. eine Benutzerautorisierung (Beschreibung, [0002]).
Üblicherweise sei ein solcher „assoziativer Zusammenhang“ zwischen Benutzer
und Datei verknüpft mit der Eingabe und Registrierung einer Identifikations-
information, z. B. eines Benutzernamens und eines Passwortes, um den Benutzer
für jede Zieldatei zu spezifizieren (Beschreibung, [0004]). Mit der zunehmenden
Verbreitung von Personal-Computern mit angeschlossenen Multimedia-System-
komponenten wie Digitalkameras, Audiokomponenten oder Fernsehempfängern
und der damit verbundenen wachsenden Anzahl von zu verarbeitenden Dateien
werde aber auch die Dateiverwaltung insgesamt immer aufwändiger. Dies treffe
insbesondere sowohl auf das Auswählen gewünschter Dateien aus einer immer
größer werdenden Datenmenge als auch auf die Vergabe und Registrierung der
jeweiligen Identifikationsinformationen für die einzelnen Dateien zu (Beschreibung,
[0004]).
Aufgabe
die Dateiauswahl in einem Datenverarbeitungssystem, z. B. in einem Compu-
- 8 -
tersystem mit angeschlossenem TV-Empfänger zu vereinfachen und damit den
Bedienkomfort zu erhöhen.
Fachmann
eines Datenverarbeitungssystems mit angeschlossenen Multimedia-Systemkom-
ponenten zu verbessern, ist ein Systemprogrammierer mit mehrjähriger Be-
rufserfahrung in der Entwicklung von Informationssystemen anzusehen, der
insbesondere über fundierte Kenntnisse auf dem Gebiet biometrischer Erken-
nungsverfahren bei Multimediaanwendungen verfügt.
2.
Zum Hauptantrag
Der Hauptantrag ist nicht gewährbar, weil der Gegenstand seines Patent-
anspruchs 1 bei Berücksichtigung nur derjenigen Merkmale, die die Lösung eines
technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder beeinflussen,
zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 Satz 1 PatG).
2.1
Der Patentanspruch 1 bedarf der Auslegung.
Zur Lösung der genannten Aufgabe schlägt der Patentanspruch 1 eine Vor-
(a)
Bei der Vorrichtung handelt es sich um eine Dateimanagement-Vorrichtung
(a)
d. h. eine Information, welche z. B. einen Fingerabdruck beschreibt, verwendet,
um nach einer Datei zu suchen. Bei der Datei kann es sich z. B. um ein in eine
MPEG-Datei codiertes, aufgezeichnetes TV-Programm handeln (Beschreibung,
[0023]).
Der Gegenstand nach Patentanspruch
1 sieht die Merkmale einer „Leseein-
richtung“, einer „Beurteilungsvorrichtung“ sowie einer „Sucheinrichtung“ vor. Wäh-
- 9 -
rend durch die Leseeinrichtung die biometrische Information erfasst werden soll,
soll mit der „Beurteilungsvorrichtung“ ermittelt werden, ob die gelesene biome-
trische Information mit einer in einer Speichervorrichtung bereits hinterlegten
(b)
Zusätzlich ist noch eine „Bestimmungseinrichtung“ vorgesehen, die die Bewe-
gungsrichtung des bewegten Körpers, also des Fingers, relativ zur Leseein-
(c)
). Mit Hilfe der „Bestimmungseinrichtung“ kann die
Dateimanagement-Vorrichtung feststellen, ob ein Finger von oben nach unten
oder von unten nach oben über die Leseeinrichtung bewegt worden ist. Die
Information über die Bewegungsrichtung wird dann zusätzlich zur biometrischen
Information von der „Sucheinrichtung“ herangezogen, um die Auswahl der zu
suchenden Datei weiter einzuschränken. Die Lehre ermöglicht auf diese Weise, in
einem einzigen Schritt gleich mehrere Informationen (biometrische Information,
Bewegungsrichtung) einzugeben und damit eine Suchanfrage abzusetzen.
Falls die Bewegungsrichtung mit einer ersten (vorgegebenen) Richtung über-
einstimmt (z. B. über die Leseeinrichtung abwärts) und die gelesene biometrische
Information mit einer abgespeicherten Information übereinstimmt, wird nach einer
Datei gesucht, der eine Attributinformation zugeordnet ist, die der erfassten
(e)
butinformation ist laut Beschreibung eine sogenannte „Management-Zahl“ ge-
meint, die die gewünschte, vom Benutzer zuvor selbst am TV-Empfänger
aufgezeichnete Datei etwa durch Angabe eines Pfadnamens referenziert
(Beschreibung, [0028]).
Wenn zwar die erfasste biometrische Information mit einer vorab gespeicherten
Information übereinstimmt, die Bewegungsrichtung jedoch mit einer von der ersten
Richtung verschiedenen Richtung übereinstimmt (z. B. über die Leseeinrichtung
(f)
eine zweite Attributinformation zugeteilt wurde, die der biometrischen Information
- 10 -
eines anderen Benutzers entsprechen soll. Mit anderen Worten: bei der Attri-
butinf
ormation soll es sich jetzt um die „Management-Zahl“ eines anderen
Benutzers handeln und dementsprechend bei der zu suchenden Datei um eine
Datei, die von einem anderen Benutzer aufgezeichnet und registriert worden ist.
(g)
unterschiedlichen Benutzern aufgezeichnet worden und damit auch verschiedenen
Benutzern zugewiesen sein sollen.
2.2
D4
besonderer Bedeutung. Sie beschreibt insbesondere eine Vorrichtung nach den
(a)
D4
D4
integrierte Sensorschaltung, die mit einem Personalcomputer verbunden ist. Der
Sensorchip verfügt über eine integrierte Navigationsmaschine, mit der eine
Positionsänderung eines Fingers bestimmt werden kann (z. B. eine Änderung in
x-und y-Richtung). Er beinhaltet weiterhin ein Bildsensorarray (ISA) zum Abbilden
eines Abschnitts des Fingerabdrucks sowie ein Navigationssensorarray (NSA,
navigation sensor array) zum Aufnehmen eines Navigationsbilds des Finger-
abdrucks als Antwort auf ein festgestelltes Navigationssensorarray-Abtastsignal.
Navigationsarray und
–maschine werden verwendet, um eine Bewegungsin-
formation des Fingers zu erhalten, der sich relativ zur Bilderfassungsvorrichtung
bewegt ([0032]-[0034]). Mit Hilfe der aufgenommenen Fingerabdruckbilder wird
u. a. der Zugriff auf Ressourcen eines Computersystems, z. B. auf Dateien
benutzerindividuell gesteuert ([0045]).
D4
von Dateien. Die auf dem dort beschriebenen Host Computer ablaufenden
Anwendungen ermöglichen nicht bloß die Erfassung von Fingerabdruckinfor-
- 11 -
mation und deren geordnete Speicherung, sondern ebenso die hierauf basierende
Verwaltung von Zugriffsrechten für bestimmte Ressourcen, wie z. B. Dateien
(Spalte 7, [0045]). Eine solche Rechte-Verwaltung ist immer unverzichtbarer Be-
(a)
D4
mit der die biometrische Information eines bewegten Körpers eingelesen werden
kann. In der Druckschrift handelt es sich bei der Leseeinrichtung um einen
Sensorchip mit einem Bildsensorarray (ISA) zur streifenweisen Aufnahme eines
Fingerabdrucks sowie einem Navigationsarray zur Aufnahme eines Naviga-
tionsbilds des Fingerabdrucks (Spalte 5, [0034]
(b)
Die bekannte Vorrichtung verfügt weiterhin über eine Navigationsmaschine („navi-
gation engine“), mit der die Bewegungsrichtung des Fingers relativ zum Sen-
sorarray anhand der vom Navigationsarray aufgenommenen Fingerabdruckbilder
bestimmt werden kann (Spalte 5, [0033]). Damit geht auch die Bestimmungsein-
richtung zur Ermittlung einer Bewegungsrichtung eines bewegten Körpers auf
(c)
Druckschrift hervor.
D4
Verwendung finden (Spalte 7, [0045]). In Absatz [0045] wird beschrieben, dass
eine Anwendung zur Authentifizierung aus dem jeweils durch das Sensorarray
aufgenommenen Bild Merkmale eines Fingerabdrucks, also biometrische Infor-
mation extrahiert, um diese dann mit vorab gespeicherten Fingerabdruckmerk-
malen zu vergleichen („authentication application 470 that extracts minutia
information from t
he fingerprint …“). Die Anwendung beurteilt, ob die erfassten mit
den gespeicherten Fingerabdruckmerkmalen übereinstimmen. Im Falle einer
Übereinstimmung wird für den Benutzer eine Datei freigegeben. Damit ist auch
(d)
- 12 -
2.3
D4
(e)
technischen Problemlösung nicht beitragen und daher bei der Beurteilung der
erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen sind (BGH a. a. O.
BGH GRUR 2013, 275 - ).
Die Anmeldung geht davon aus, dass sich die bekannten Lösungen für eine Da-
teiverwaltung in Computersystemen mit einem von mehreren Benutzern gemein-
sam genutzten Speicherbereich sowohl in Hinblick auf die Zuweisung von Zugriffs-
rechten als auch die Dateiauswahl mitunter als aufwändig und wenig benutzer-
freundlich erweisen. Um in einem Computersystem den Zugriff auf eine Datei zu
D4
Information, nämlich einer Fingerabdruckinformation, zu der Datei vor, anhand der
eine Zugriffsberechtigung für einen Benutzer im Rahmen einer Authentifizierung
überprüft und ein Dateizugriff gegebenenfalls gewährt werden können (Seite 5,
[0045]; Seite 6, [0054]). Die Anmeldung macht zusätzlich den Vorschlag einer
Sucheinrichtung, die es erlaubt, eine Dateiauswahl dadurch vorzunehmen, dass
sowohl die biometrische Information des Benutzers als auch die Bewegungsrich-
tung des über die Leseeinrichtung bewegten Körpers bzw. Fingers als Suchmerk-
mal herangezogen wird, welches dann darüber entscheidet, ob nach einer vom
Benutzer selbst aufgezeichneten Datei oder aber nach einer von einem anderen
Benutzer am selben Computersystem aufgezeichneten Datei gesucht wird (Merk-
(e)
D4
Merkmalen einer Datenauswahl unterscheidet, bei der es sich um einen gedankli-
chen Prozess handelt, der zwar in Abhängigkeit von biometrischer Information und
Bewegungsrichtung automatisch erfolgen kann, bei der sich der technische Aspekt
aber darauf beschränkt, dass die Auswahl mit Hilfe der elektronischen Datenver-
(e)
metrischer und
Bewegungsrichtungsinformation zu den „Management-Zahlen“
bzw. deren Referenz auf Dateien zurückzuführen, also auf Maßnahmen der Da-
- 13 -
tenorganisation. Das darauf basierende Suchen und Auffinden von Dateien, was
durch einen logischen Vergleich von einzelnen Dateimerkmalen bewerkstelligt
wird, ist dem Gebiet der mathematischen Logik und nicht etwa einem Gebiet der
Technik zuzurechnen. Eine technische Leistung, wie sie möglicherweise für die
Umsetzung der beanspruchten Dateiauswahl bei Gebrauch von technischen Mit-
teln zu erbringen war, ist ersichtlich nicht Gegenstand des Patentanspruchs 1. Die
Unterschiedsmerkmale beruhen allenfalls auf Überlegungen aus der Datenorgani-
sation und setzen damit keine auf technischen Überlegungen beruhenden Er-
kenntnisse voraus. Sie sind daher bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht
(e)
Nach Überzeugung des Senats kann auch die Tatsache, dass es sich bei der
Bewegungsrichtung des bewegten Körpers um technische Information und bei den
zugehörigen Daten damit um technische Daten handeln soll, allein keine Grund-
lage dafür liefern, den Unterschiedsmerkmalen einen Teilaspekt zuzubilligen, der
ein technisches Problem bewältigt (vgl. BGH GRUR 2005, 143
, III. 4c letzter Absatz).
2.4
Die Anmelderin argumentiert, die Bedienung eines Computersystems in
Hinblick auf eine Dateiauswahl zu vereinfachen, stelle grundsätzlich ein tech-
nisches Problem dar. Dementsprechend seien auch alle Merkmale der Lehre nach
Patentanspruch 1 bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu berück-
sichtigen.
Dem Einwand konnte nicht gefolgt werden. Die beanspruchte Lehre setzt sich aus
zwei Grundbestandteilen zusammen, von denen der erste Bestandteil die Er-
fassung einer biometrischen Information, die Bestimmung einer Bewegungs-
richtung eines bewegten Körpers und den Vergleich der gelesenen biometrischen
(a)
(e)
nach Überzeugung des Senats keinen Teilaspekt beinhaltet, der ein technisches
- 14 -
Problem bewältigt; denn eine über die allgemeine Zielsetzung, die Dateiauswahl
mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung automatisiert ablaufen zu lassen,
hinausgehende, auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnis ist den
(e)
Anmelderin geltend gemachte Vorteil, in der Dateiauswahl die Anzahl erfor-
derlicher Bedienschritte reduzieren zu können, zum einen aus der gleichzeitigen
Erfassung der biometrischen Information und der Bewegungsrichtung des über die
Leseeinrichtung bewegten Körpers. Das zugrundeliegende, technische (Teil-)Pro-
D4
angeführte Vorteil auf einer geeigneten Formulierung von Suchanfragen, die unter
Zugrundelegung passender Datenstrukturen automatisch abgearbeitet werden.
Dazu bedurfte es, abgesehen von entsprechenden Rechenkapazitäten, nur des
Handwerkszeugs eines Programmierers; eine auf technischen Überlegungen
beruhende Erkenntnis war hierzu nicht erforderlich.
2.5
Da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann, sind auch
die nebengeordneten Patentansprüche 5 und 9 sowie die abhängigen Patent-
ansprüche 2 bis 4, 6 bis 8 sowie 10 bis 12 nicht gewährbar (BGH GRUR 1997,
120
– ).
3.
Zum Hilfsantrag
Der Hilfsantrag kann nicht günstiger beurteilt werden, da die jeweiligen Merkmale
(e´)
3.1
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patent-
(e´)
unterstrichener redaktioneller Änderung):
(e´)
eine Sucheinrichtung, welche ausgelegt ist, wenn die Bewe-
gungsrichtung mit einer ersten Richtung übereinstimmt und die
- 15 -
gelesene biometrische Information mit der abgespeicherten
biometrischen Information übereinstimmt, eine erste Datei zu
suchen, zu der eine der biometrischen Information zuge-
ordnete erste Attributinformation hinzugefügt wurde, und,
(f´)
wenn die Bewegungsrichtung mit einer zweiten, von der ersten
n
gelesene biometrische Information mit der abgespeicherten
biometrischen Information übereinstimmt, eine zweite Datei zu
suchen, zu der eine einer abweichenden biometrischen
Information zugeordnete, andere, zweite Attributinformation
hinzugefügt wurde,
(g´)
wobei die erste Datei eine Datei ist, die durch eine Bedienung
eines ersten Benutzers aufgezeichnet wurde, und die zweite
Datei eine Datei ist, die durch eine Bedienung eines anderen,
zweiten Benutzers aufgezeichnet wurde.
(e´)
(e)
(e)
(f)
(e´)
(f´)
neuen Merkmale beinhalten somit nichts anderes, als dass bei erfolgreicher
Authentifizierung eines Benutzers über dessen zugeordneter biometrischer Infor-
mation je nach Bewegungsrichtung des bewegten Körpers über der Lese-
einrichtung entweder die „Management-Zahl“ des Benutzers bzw. dessen eigene,
- 16 -
aufgezeichnete Datei oder aber die Datei eines anderen registrierten Benutzers
angezeigt werden soll. Insoweit geht die Lehre nach Patentanspruch 1 gemäß
Hilfsantrag inhaltlich nicht über die Lehre nach Patentanspruch 1 gemäß
Hauptantrag hinaus.
Daher ist für den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag eine andere Beurteilung als
für den Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht gerechtfertigt.
3.2
Mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag sind auch sind auch die
nebengeordneten Patentansprüche 5 und 9 sowie die abhängigen Patentan-
sprüche 2 bis 4, 6 bis 8 sowie 10 bis 12 nicht gewährbar.
III.
Nachdem keiner der gestellten Anträge Erfolg hatte, war die Beschwerde der
Anmelderin gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse
G06F des Deutschen Patent- und Markenamts zurückzuweisen.
IV.
Die Anregung der Anmelderin auf Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 100
Abs. 2 PatG war nicht aufzugreifen.
Danach ist die Rechtsbeschwerde dann zuzulassen, wenn eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder die Fortbildung des Rechts
oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Bundesgerichtshofs erfordert.
- 17 -
Durch die vorliegende Anmeldung wird jedoch keine Rechtsfrage von grund-
sätzlicher Bedeutung aufgeworfen, zu der eine höchstrichterliche Rechtsprechung
nicht vorläge.
In den angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH, a. a. O.
BGH a. a. O.
– BGH
a. a. O.
– ) sind diejenigen Erfordernisse wiedergegeben,
nach denen einem Verfahren bzw. einer Vorrichtung der Datenverarbeitung die
Zugänglichkeit zum Patentschutz zuerkannt werden kann und deren Erfüllung
auch beim Gegenstand der Anmeldung zu überprüfen war. Der Senat sieht sich in
Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung. Eine vom vorliegenden Beschluss
abweichende Rechtsprechung eines anderen Senats des Bundespatentgerichts ist
nicht erkennbar.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die
Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 18 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch
einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten
schriftlich einzulegen.
Dr. Morawek
Eder
Dr. Thum-Rung
Dr. Forkel
Me