Urteil des BPatG vom 12.01.2017

Patentanspruch, Fig, Offene Bauweise, Stand der Technik

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
15 W (pat) 9/14
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
12. Januar 2017
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2005 020 719
- 2 -
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
12. Januar 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein sowie
der Richter Dr. Egerer, Heimen und Dr. Wismeth
beschlossen:
Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Am 4. Mai 2005 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Patentanmeldung
10 2005 020 719.7 eingereicht worden, auf die am 8. Mai 2006 die Prüfungsstelle
für Klasse G 01 N das Patent mit der Bezeichnung
„Offner elektrochemischer Sensor“
erteilt hat. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung in Form der
DE 10 2005 020 719 B3 ist der 14. September 2006.
Das Streitpatent umfasst 14 Patentansprüche, von denen der unabhängige Pa-
tentanspruch 1 wie folgt lautet:
- 3 -
Gegen das Patent hat die Einsprechende Einspruch eingelegt. Sie hat beantragt,
das Patent gemäß § 61 PatG zu widerrufen, da der Gegenstand des Patents nicht
mehr neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (§ 21 Abs. 1 Nr. 1
i. V. m. §§ 3, 4 PatG).
Zur Beurteilung der Patentfähigkeit wurde folgender Stand der Technik im Prü-
fungsverfahren ermittelt:
(E1)
DE 102 45 337 A1
(E2)
US 4 948 490 A
(E3)
US 2004/0033414 A1
(E4)
JP 2003-172723 A
Im Einspruchsverfahren wurde von der Einsprechenden folgender Stand der
Technik vorgelegt:
(D1)
WO 2004/017443 A2
(D2)
HAMANN, Carl H.; VIELSTICH, Wolf: Elektrochemie.
4., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage.
Weinheim: WILEY-VCH, 2005. S. 534-535, 598-601,
603.
– ISBN 978-3-527-31058-5
- 4 -
(D2a) HAMANN, Carl H.; VIELSTICH, Wolf: Elektrochemie.
3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage.
Weinheim [u.a.]: Wiley-VCH, 1998. S. 478-481
– ISBN
3-527-27894-X
(D3)
KITZELMANN,
Dieter;
GOTTSCHALK,
Carsten:
Elektrochemische Gassensoren
– Wirkungsweisen und
Möglichkeiten zur Funktionsüberwachung. In: tm 4/95
Technisches Messen, Vol. 62, 1995, Nr. 4, S. 152-156
(D4)
WEBER, Martin; KITZELMANN, Dieter: Elektrochemi-
sche Sensoren zur Detektion von Toxischen Gasen. In:
WIEGLEB, Gerhard [et al.]: Industrielle Gassensorik:
Messverfahren
– Signalverarbeitung – Anwendungs-
technik
– Prüfkriterien. Renningen-Malmsheim: expert,
2001, S. 26-41.
– ISBN 3-8169-1956-1
(D5)
GB 1 552 620 A
(D6)
HODGSON, A. W. E.; JACQUINOT, P.; HAUSER, P.
C.: Electrochemical Sensor for the Detection of SO
2
in
the Low-ppb Range. In: Anal. Chem., Vol. 71, 1999,
No. 14, S. 2831-2837
(D7)
BUZZEO,
Marisa
C.;
HARDACRE,
Christopher;
COMPTON, Richard G.: Use of Room Temperature
Ionic Liquids in Gas Sensor Design. In: Anal. Chem.,
Vol. 76, 2004, No. 15, S. 4583-4588
(D8)
DE 103 30 704 B3
In der Anhörung vom 5. November 2013 hat die Patentinhaberin die Hilfsanträge 1
bis 4 überreicht. Mit in der Anhörung verkündetem Beschluss ist das Patent voll-
ständig widerrufen worden.
- 5 -
Zur Begründung des Beschlusses führt die Patentabteilung aus, dass die jeweili-
gen Patentansprüche 1 des Streitpatents und aller Hilfsanträge 1 bis 4 gegenüber
der D6 in Verbindung mit der E1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.
Gegen diesen Beschluss, welcher der Patentinhaberin am 27. Januar 2014 zuge-
stellt worden ist, richtet sich die Beschwerde mit Schriftsatz vom 24. Februar 2014,
eingegangen mittels Telefax am selben Tag.
Die Patentinhaberin verteidigt das Streitpatent nach Hauptantrag gemäß den Pa-
tentansprüchen wie erteilt und mit insgesamt 5 Hilfsanträgen. Die Hilfsanträge 1
bis 4 sind mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2016 eingereicht worden und sind in-
soweit wortidentisch mit den Hilfsanträgen 1 bis 4 vom 5. November 2013. Abwei-
chend davon wurde in den Hilfsanträgen
2 bis 4 zwischen den Worten „aktive“ und
„mikrostrukturierte“ nunmehr ein Komma eingefügt. Der Hilfsantrag 5 ist in der
mündlichen Verhandlung vorgelegt worden. Die Patentansprüche 1 nach Hilfsan-
trägen 1 bis 4 lauten wie folgt.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1:
- 6 -
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2:
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3:
aktive, mikrostrukturierte
aktive, mikrostrukturierte
aktive, mikrostrukturierte
- 7 -
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4:
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 ist identisch mit Patentanspruch 1 nach
Hilfsantrag 4 mit der Maßgabe, dass in Merkmal a)
zwischen den Worten „aktive“
und „mikrostrukturierte“ ein Komma eingefügt wird. In Merkmal b) wird das Wort
„aktive“ vor „mikrostrukturierte“ jeweils gestrichen. In Merkmal c) wird nach dem
letzten Wort „befindet“ der Gegenstand von Unteranspruch 3 nach Hilfsantrag 4
(Unteranspruch 4 nach Streitpatent) angefügt, so dass der Patentanspruch endet
mit „[…] und die Arbeitselektrode eine aktive Oberfläche aufweist, die mindestens
um den Faktor 50 größer ist, als die von der Elektrode abgedeckte geometrische
Fläc
he.“. Der Unteranspruch 2 von Hilfsantrag 4 wird gestrichen und die Unteran-
sprüche 4 bis 12 werden unter Anpassung der Rückbezüge zu den Unteransprü-
chen 2 bis 10.
Die Patentinhaberin ist der Auffassung, dass keine der im Verfahren befindlichen
Druckschriften die Neuheit und erfinderische Tätigkeit in Frage stellen könne.
Nicht jede beschichtete Oberfläche sei
„aktiv“ im Sinne des Streitpatents. Denn die
aktive, mikrostrukturierte
aktive, mikrostrukturierte
aktive, mikrostrukturierte
- 8 -
aktive Oberfläche sei diejenige, welche als elektrochemischer Sensor wirke, und
zwar derjenige Bereich, der
– wie in Fig. 5 des Streitpatents mit Bezugszeichen 15
gezeigt
– nicht mit einer dünnen Elektrolytschicht bedeckt sei und an welchem
sich Dreiphasengrenzen ausbilden. Die Elektrolytschicht bilde dabei auf der mik-
rostrukturierten Oberfläche e
inen „dünnen See“, aus dem immer wieder Spitzen
herausragten. Die Erfindung liege darin, dass ionische Flüssigkeiten das Phäno-
men zeigten, dass es auf aktiven Oberflächen Abrisse gebe.
Der „unmittelbare Kontakt“ zwischen Arbeitselektrode und Umgebungsatmosphäre
und Elektrolyt im Sinne des Streitpatents erfolge ohne jegliche Barriere, was eine
höhere Empfindlichkeit und kürzere Reaktionszeit des Sensors zur Folge habe.
Dies alles werde durch die im Verfahren befindlichen Druckschriften weder gezeigt
noch durch sie einzeln oder in Kombination nahegelegt.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 52 des Deut-
schen Patent- und Markenamtes vom 5. November 2013 aufzuhe-
ben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten;
hilfsweise das Patent mit den folgenden Unterlagen beschränkt
aufrechtzuerhalten:
1.
Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht
mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2016;
2.
Patentansprüche 1 bis 12 gemäß Hilfsantrag 2, eingereicht
mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2016;
- 9 -
3.
Patentansprüche 1 bis 12 gemäß Hilfsantrag 3, eingereicht
mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2016;
4.
Patentansprüche 1 bis 12 gemäß Hilfsantrag 4, eingereicht
mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2016;
mit der Maßgabe, dass in den Hilfsanträgen 2 bis 4 zwischen den
Worten „aktive“ und „mikrostrukturierte“ jeweils ein Komma ein-
gefügt wird;
5.
Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 5, eingereicht in
der mündlichen Verhandlung;
jeweils im Übrigen wie erteilt.
Die Einsprechende stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Einsprechende ist der Auffassung, dass der Gegenstand des Patentan-
spruchs 1 nach Streitpatent bereits gegenüber der E1 nicht mehr neu sei. Sofern
die D1 nicht die Neuheit in Frage stelle, sei gegenüber ihr zumindest die erfinderi-
sche Tätigkeit nicht gegeben, denn der streitpatentgemäße einzige Unterschied
liege in einem Staubfilter, welchen die D1 verwende. Dieser Staubfilter ermögliche
jedoch einen unmittelbaren Kontakt und sei keine Membran im Sinne des Streit-
patents. Im Übrigen sei der Verzicht auf eine Membran nicht neu, wie z. B. aus der
D6 hervorgehe, welche auch den streitpatentgemäßen Vorteil der Sensitivitätser-
höhung schildere, ebenso wie die D7. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1
nach Streitpatent beruhe ausgehend von der E1 oder D1 in Verbindung mit der D6
oder D7 zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
- 10 -
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 sei unzulässig geändert, da nach Streitpatent
nicht jedwede Membranen weggelassen werden könnten, sondern nur solche,
welche den Zutritt des Zielgases begrenzten. Im Übrigen sei in der E1 das Platin-
mohr auf einer gasdurchlässigen Teflonmembran angeordnet und in Verbindung
mit der D6 oder D7 das Weglassen einer Membran naheliegend.
Das Platinmohr der E1 sei auch mikrostrukturiert, wie dies mit Hilfsantrag 2 gefor-
dert wird. Dünne Beschichtungen der Elektroden mit Elektrolyt seien derartigen
Systemen inhärent und zu erwarten, zumal das Streitpatent selbst keine besonde-
ren Maßnahmen nenne, um dies zu erreichen.
Die Maßnahme von Hilfsantrag 3 sei für den Fachmann vor dem Hintergrund von
Dreiphasengrenzen selbstverständlich. Bei Hilfsantrag 4 würden im Streitpatent
keine Informationen gegeben, wie eine derartige Bedeckung mit einer Elektrolyt-
schicht erreicht werden soll, so dass dies bereits mittels der üblichen Kapillarkräfte
erreicht werde.
Im Streitpatent sei ursprünglich offenbart, dass Membranen den Zutritt des Zielga-
ses „begrenzen“. Wenn die Membranen den Zutritt nach Hilfsantrag 5 nunmehr
„beschränken“, sei dies eine unzulässige Änderung. Auch sei eine Unterscheidung
zwischen aktiven (mikrostrukturierten) Oberflächen und mikrostrukturierten Ober-
flächen, wie sie die Patentinhaberin nunmehr verstehen will, nicht ursprünglich
offenbart. Im Übrigen lag es nahe, ausgehend von der E1 in Verbindung mit der
D6 oder D7 auf eine Membran zu verzichten. Die D1 beschreibe auch keine
Membran, sondern einen Filter.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
- 11 -
II.
1
Die Beschwerde der Patentinhaberin ist frist- und formgerecht eingelegt
worden und auch im Übrigen zulässig (§ 73 PatG). Die Beschwerde hat keinen
Erfolg, da der Gegenstand des Streitpatents in den verteidigten Fassungen, sofern
er überhaupt neu ist, zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Zudem ist auch die Voraussetzung für die Überprüfung des Patents im vorliegen-
den Einspruchsbeschwerdeverfahren erfüllt, denn der vorangegangene Einspruch
ist frist- und formgerecht eingelegt und mit Gründen versehen, wobei die Einspre-
chende in ihren Einspruchsschriftsätzen auch die für die Beurteilung der behaup-
teten Widerrufsgründe maßgeblichen tatsächlichen Umstände im Einzelnen so
dargelegt hat, dass Patentamt und Patentinhaber ohne eigene Ermittlungen dar-
aus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Wi-
derrufsgrundes ziehen konnten.
2
Das Streitpatent (im Folgenden SP) betrifft einen elektrochemischen Sensor
mit offenem Elektrolytreservoir (SP: [0001]).
Als Nachteil herkömmlicher elektrochemischer Gassensoren bezeichnet das
Streitpatent, dass deren Elektroden in einem Kunststoffgehäuse zumeist vollstän-
dig von Elektrolyt umschlossen seien. Durch die hierfür benötigten relativ großen
Volumina zur Benetzung aller Elektroden und der hygroskopischen Eigenschaften
der Elektrolyte seien relativ große Ausgleichsvolumina erforderlich (SP: [0004]).
Zudem seien elektrochemische Sensoren möglichst vollständig abgeschlossen.
Der Zutritt von Gasen erfolge durch eine gasdurchlässige Membran. Um die Diffu-
sion von Gasen an die Arbeitselektrode zu erleichtern, werde die Arbeitselektrode
direkt an oder in geringem Abstand von der Membran angebracht. Dies führe je-
doch zu Adsorptionsphänomenen bei offenporigen Membranen und limitierter Dif-
- 12 -
fusion bei nahezu porenfreien Membranen, was die Empfindlichkeit des Sensors
reduziere (SP: [0006]).
Davon ausgehend ist es Aufgabe, des Streitpatents die Nachteile des Standes der
Technik zu vermeiden. Insbesondere soll der elektrochemische Sensor einen ein-
fachen Aufbau, eine kleine Bauform, Langzeitstabilität und eine möglichst hohe
Empfindlichkeit bei guter Reproduzierbarkeit der Messwerte aufweisen
(SP: [0018]).
3.
Diese Aufgabe wird gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gelöst
durch einen elektrochemischen Sensor mit folgenden Merkmalen:
1
Elektrochemischer Sensor
1.1
mit mindestens einer ionischen Flüssigkeit (4) als Elektrolyt
1.2
und mehreren Elektroden (1, 2, 3);
2
wobei zumindest die Arbeitselektrode (1) eine aktive Oberflä-
che aufweist, die wesentlich größer als die von der Arbeits-
elektrode (1) abgedeckte geometrische Fläche ist;
3
wobei zumindest die Arbeitselektrode (1) von einer
Elektrolytschicht bedeckt ist, die die Elektrodenoberfläche
zwar weitgehend, jedoch nicht vollständig bedeckt;
4
und wobei die Arbeitselektrode (1) sich in unmittelbarem
Kontakt mit der Umgebungsatmosphäre und mit dem Elekt-
rolyten befindet.
4.
Die gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 5 verteidigten Fassungen des jeweiligen
unabhängigen Patentanspruchs 1 enthalten Änderungen bzw. Ergänzungen ge-
genüber dem Hauptantrag, welche im Folgenden kursiv gesetzt sind. Mit der
- 13 -
hochgestellten Ziffer wird angegeben, ab welchem Hilfsantrag das Merkmal in die
Fassung des Patentanspruchs aufgenommen ist.
4.1
1
1.3
1
kommt hinzu.
Elektrochemischer Sensor
4.2
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 entspricht dem Patentanspruch 1
2
3.1
2
hinzukommt.
wobei zumindest die Arbeitselektrode (1) eine aktive
Oberfläche aufweist, die wesentlich größer als
die von der Arbeitselektrode (1) abgedeckte geometrische
Fläche ist;
4.3
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 entspricht dem Patentanspruch 1
3
wobei zumindest
die Arbeitselektrode (1) von einer Elektrolytschicht bedeckt
ist, die die Elektro-
denoberfläche zwar weitgehend, jedoch nicht vollständig be-
deckt;
- 14 -
4.4
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 entspricht dem Patentanspruch 1
1
1
1
2
2
3
3
1.3
1
3.1
2
hinzukom-
men (entsprechend eine Kombination der Hilfsanträge 1 und 3). Zusätzlich wird
3.2
4
aufgenommen.
4.5
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 entspricht dem Patentanspruch 1
1
1
1
2
2
1.3
1
3.1
2
3.2
4
hinzukommen
3
3
3
3
5
1.4
5
4.1
5
kommen hinzu.
wobei zumindest die Arbeitselekt-
rode (1) von einer Elektrolytschicht bedeckt ist, die die
Elektrodenoberfläche zwar weitgehend, je-
doch nicht vollständig bedeckt;
5.
Der zuständige Fachmann ist ein Diplom-Chemiker oder Diplom-Physiker
der Fachrichtung Physikalische Chemie oder ein Diplomingenieur der Elektrotech-
- 15 -
nik, welche jeweils über eine mehrjährige Berufserfahrung in der Entwicklung
elektrochemischer Gassensoren verfügen.
6.
Folgende Merkmale der Anspruchsfassungen nach Hauptantrag und
Hilfsanträgen 1 bis 5 bedürfen einer Auslegung ihres Sinngehalts.
6.1
4
dungsunterlagen nicht verwendet. Entsprechend den Grundsätzen der BGH-
Rechtsprechung Polymerschaum
II, erfordert der Begriff „unmittelbar“ deshalb
eine Auslegung, um über dessen ursprüngliche Offenbarung entscheiden zu kön-
nen (BGH, Urteil vom 9. Juni 2015, X ZR 101/13, Leitsatz a
– Polymerschaum II).
Im Streitpatent selbst kommt der Begriff
„unmittelbar“ nur in Patentanspruch 1 vor.
Gemäß ursprünglicher Beschreibung (und Streitpatent) ist es entscheidend, dass
ionische Flüssigkeit
atmosphäre ist (ursprüngliche Beschreibung: Patentanspruch 1; S. 5, Abs. 2,
letzter Satz (SP: [0022]); S. 10, Abs. 2, vorletzter Satz (SP: [0042]); S. 11, Abs. 1,
Z. 3-6 (SP: [0044]).
Auf S. 5, Abs. 3, Satz 1 der ursprünglichen Beschreibung (bzw. des Streitpatents)
werden „direkt mit der Atmosphäre in Kontakt stehende Elektroden“ genannt, wel-
che jedoch mittels des Elektrolyten dauerhaft elektrochemisch aktiv gehalten wer-
den, was nur dahingehend zu verstehen ist, dass sie mit Elektrolyt bedeckt sind
(oder sein können) und darüber in Kontakt mit der Umgebungsatmosphäre treten
(SP: [0023]). Nichts anderes geht auch aus S. 11, Abs. 1, Z. 3-9 der ursprüngli-
chen Beschreibung hervor (SP:
[0044]), wonach die Arbeitselektrode bei „teilwei-
ser Elektrolytbedeckung“ mit der umgebenden Atmosphäre in Kontakt ist, was
nichts anderes bedeuten soll, als dass die Elektroden in das „Elektrolytreservoir
eingebettet“ sind (ursprüngliche Beschreibung: S. 11, Abs. 1, Z. 6-9 // SP: [0044]).
Dabei ist der ausschließlich an dieser Stelle verwendete Begriff „teilweise“ als Sy-
nonym zu „weitgehend, jedoch nicht vollständig bedeckt“ zu verstehen (ursprüngli-
- 16 -
che Beschreibung: S. 7, Abs. 3, Satz 1 // SP: [0027]), was jedoch nicht bedeutet,
dass die geometrische Fläche der Elektroden nicht (vollständig) mit Elektrolyt be-
deckt ist (siehe unten, Abschnitt II.6.3).
Gegen diese Auslegung spricht auch nicht die Fig. 2 des Streitpatents. Bei der
dort gezeigten offenen Bauweise grenzen Umgebungsatmosphäre und Arbeits-
elektrode direkt aneinander an, woraus der Fachmann
den Begriff „unmittelbar“ im
Sinne eines Kontakts ohne Elektrolyt ableiten kann. Andererseits wird in der zu
Fig. 2 gehörigen Beschreibung (ursprüngliche Beschreibung: S. 10, Abs. 1 //
SP: [0040]) mit keinem Wort ein direkter oder unmittelbarer Kontakt der Elektroden
mit der Umgebungsatmosphäre erwähnt, so dass der Fachmann dies im Sinne
aneinandergrenzender Phasen auch nicht als eine Besonderheit des Streitpatents
erkannt hätte. Vielmehr hätte er darin die erforderlichen, fachüblichen Dreipha-
sengrenzen gesehen (vgl. D2a: S. 39, vorletzter Abs. i. V. m. S. 40, Abb. 9-27 und
Abb. 9-28), welche sich streitpatentgemäß auf mikrostrukturierten Oberflächen
durch die Verwendung ionischer Flüssigkeiten (in Verbindung mit Kapillarkräften)
einstellen (SP: [0027], [0042]).
Auch die Patentinhaberin möchte den Begriff „un-
mittelbar“ nicht im Sinne einer Grenzfläche Umgebungsatmosphäre / Arbeitselekt-
rode verstanden haben (Schriftsatz vom 6. März 2007: S. 4, Abs. 2). Für ihre
Auslegung aber
, dass mit unmittelbar „keinerlei Abgrenzung durch Membranen
oder ähnlichem“ gemeint sei, ergeben sich jedoch weder in der ursprünglichen
Offenbarung noch im Streitpatent Anhaltspunkte.
Damit umfasst der
– so nicht ursprünglich offenbarte – „unmittelbare“ Kontakt der
Arbeitselektrode mit der Umgebungsatmosphäre streitpatentgemäß auch den
durch
tergrund dieser Auslegung ist das Merkmal dann zulässig. Eines dementspre-
chenden Hinweises an die Patentinhaberin bedurfte es nicht, da der Senat die
Zulässigkeit des Begriffes anerkennt (anders als BGH, X ZB 1/16, Beschluss vom
8. November 2016, Leitsatz a
– Ventileinrichtung). Im Übrigen hat die Patentab-
teilung in ihrem Beschluss die Zulässigkeit der erteilten Patentansprüche dahinge-
- 17 -
hend aufgegriffen, indem sie die Zulässigkeit dahingestellt ließ (Beschluss vom
5. November 2013, Abschnitt II, 3. Abs.).
Selbst wenn der „unmittelbare“ Kontakt (auch) dahingehend zu verstehen sein
sollte, dass die Arbeitselektrode z. B. an der ggf. mikrostrukturierten Innenseite mit
dem Elektrolyten und an ihrer Außenseite mit der Umgebungsatmosphäre in Ver-
bindung steht (SP: Fig. 3 // [0042], Z. 5-
8), ändert dies nichts daran, dass der „un-
mittelbare“ Kontakt streitpatentgemäß auch über den Elektrolyten erfolgen kann.
Zudem ist der Begriff „Umgebungsatmosphäre“ im Streitpatent nicht definiert. Wie
die Einsprechende zu Recht anmerkt, ist darunter auch jegliches Gasvolumen in
der Nähe der Arbeitselektrode zu verstehen, auch wenn dieses von Luft außerhalb
der Sensoranordnung durch einen Filter oder eine Membran zur Arbeitselektrode
gelangt (vgl. Schriftsatz vom 22. Oktober 2013: S. 2, Abs. 4).
6.2
2
2
3
3
3.2
4
3
5
bedarf einer Auslegung.
3
5
möchte die Patentinhaberin eine Unterscheidung zwischen einer
„aktiven Oberfläche“ und einer „mikrostrukturierten Oberfläche“ erzeugen, welche
darin liegen soll, dass die „aktive Oberfläche“ (nur) den Bereich bezeichnet, wel-
cher auf der mikrostrukturierten Oberfläche der Arbeitselektrode 1 nicht mit einer
Elektrolytschicht 14 belegt ist, nämlich den mit Bezugszeichen 15 bezeichneten
Bereich von Fig. 5 des Streitpatents.
- 18 -
Zu dieser Auslegung konnte der Fachmann jedoch ausgehend vom Streitpatent
nicht gelangen.
2
die „aktive Oberfläche“ unterschieden von der
„geometrischen Fläche“ (SP: [0024], Satz 1). Der Abs. [0026] handelt von der ver-
größerten Oberfläche durch Mikrostrukturen. Diese ist mit einem dünnen Elektro-
lytfilm aus einer ionischen Flüssigkeit benetzt. In diesem Zusammenhang wird
ausgeführt, dass zur
„vollwertigen aktiven Elektrodenoberfläche“ auch eventuell
vorhandene Poren, also die innere Oberfläche der Elektroden, zu rechnen sind
(SP: [0026], letzter Satz). Jedenfalls ist damit die aktive Oberfläche der Elektrode
mit einem Elektrolytfilm vollständig benetzt, denn erst mit dem darauffolgenden
Abs. [0027]
wird auf Elektrodenoberflächen eingegangen, welche „weitgehend
jedoch nicht vollständig bedeckt
“ sind (SP: [0027], Satz 1).
Die „aktive Oberfläche“ ist streitpatentgemäß folglich diejenige Fläche, welche –
ggf. durch Mikrostrukturierung
– als tatsächliche, vergrößerte Oberfläche für elekt-
rochemische Reaktionen zur Verfügung steht und mit Elektrolyt bedeckt ist oder
auch weitgehend jedoch nicht vollständig bedeckt ist. Diese Fläche ist streitpa-
tentgemäß wesentlich größer als die von den Elektroden abgedeckte geometri-
- 19 -
sche Fläche (SP:
[0024]). Deshalb ist streitpatentgemäß die „aktive Oberfläche“
bei einer mik
rostrukturierten Elektrode nichts anderes als die „aktive, mikrostruktu-
rierte Oberfläche“. Damit ist aber für die in der mündlichen Verhandlung durch die
Patentinhaberin geltend gemachte Auslegung kein Raum.
6.3
3
ist gemäß Streitpatent dahingehend zu verstehen, dass der Elektrolyt aufgrund der
vergrößerten Oberfläche nicht die gesamte Oberfläche benetzt (SP: [0027],
Satz 1; [0042]). Dementsprechend werden in Fig. 5 mit dem Bz. 15 nicht bedeckte
Bereiche der ansonsten mit Elektrolyt 14 bedeckten Elektrode 1 dargestellt
3.2
4
). Dies ist aber eine Folge üblicher Kapillarkräfte
(SP: [0042]).
6.4
Auch der Begriff „mikrostrukturiert“ bedarf an dieser Stelle einer Auslegung.
Das Streitpatent erläutert in Abs. [0024], was unter oberflächenvergrößernden
Maßnahmen zu verstehen ist. Demgemäß ist jede Herstellungsweise, die zu porö-
sen Strukturen führt, eine streitpatentgemäße Mikrostrukturierung (SP: [0024],
Z. 4-9). Gleiches ist aus den Absätzen [0025], Z. 6-9 und [0026], Z. 7-11 zu fol-
gern.
Zwar wird mit Fig. 3 eine mikrostrukturierte Arbeitselektrode gezeigt, welche z. B.
an ein lithographisches Strukturierungsverfahren denken lässt. Die Beschreibung
in Abs. [0041] zur Fig. 3 lässt jedoch offen, wie das Strukturierungsverfahren
durchgeführt wird. Der Abs. [0041], rechte Sp., Z. 1-6 lässt in Bezug auf die dort
genannten Prozessparameter zudem an einen Sputterprozess denken, wie er in
Abs. [0024], Z. 17-21 unter Verweis auf die Einstellung von Prozessparametern
beschrieben ist.
Im Ergebnis ist somit als einziges Mikrostrukturierungsverfahren ein Sputterpro-
zess offenbart, so dass jegliche poröse oder oberflächenvergrößerte Elektroden-
struktur als mikrostrukturiert im Sinne des Streitpatents zu verstehen ist. Für diese
- 20 -
Auslegung spricht auch der Unteranspruch
6 („poröses Material“), welcher auf den
Unteranspruch
5 rückbezogen ist („mikrostrukturierte Oberfläche“). Zudem möchte
auch die Patentinhaberin die in Fig. 5 des Streitpatents gezeigte Struktur als mik-
rostrukturiert verstanden wissen (Schriftsatz vom 9. Dezember 2016: S 6, vorletz-
ter Abs.).
7.
Die Merkmale der Gegenstände der Patentansprüche nach Hauptantrag
und Hilfsanträgen 1 bis 4 ergeben sich, unter Berücksichtigung der vorstehenden
Auslegung, aus den ursprünglichen Unterlagen sowie aus dem Streitpatent, so
dass deren Offenbarung und Zulässigkeit anzuerkennen ist. Der Gegenstand des
Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 ist dagegen unzulässig erweitert, so dass
diesem Antrag schon deshalb nicht stattzugeben ist.
7.1
Der erteilte Patentanspruch 1 (Hauptantrag) ist gegenüber dem ursprüngli-
1.2
a)
1.2
Beschreibung S. 1, Abs. 3, Satz 1.
b)
2
vergrößerte Oberfläche aufweist, ergibt sich in zulässiger Weise aus S. 7, letzter
Abs. der ursprünglichen Beschreibung.
c)
3
Patentanspruch 9 und ist daher zulässig (siehe auch ursprüngliche Beschreibung
S. 11, letzter Abs.).
d)
4
in Bezug auf den „unmittelbaren“ Kontakt der Arbeitselekt-
rode mit dem Elektrolyten und der Umgebungsatmosphäre ist entsprechend der
vorgenommenen Auslegung zulässig (vgl. Abschnitt II.6.1).
- 21 -
e)
Die Unteransprüche 2 bis 14 des Streitpatents sind unter Anpassung der
Rückbezüge wortidentisch mit den Unteransprüchen 2 bis 8 und 10 bis 15 der ur-
sprünglichen Anmeldung.
7.2
1
1
(„offener“) ist ursprünglich auf S. 1, Titel und Abs. 1 der
ursprünglichen Beschreibung offenbart (SP: Titel, [0001]).
1.3
1
geht aus S. 4, letzter Abs. der ursprünglichen Beschreibung
hervor (SP: [0020], Satz 1). Sofern die Einsprechende rügt, dass das Merkmal dort
nur in Verbindung mit den Zutritt des Zielgases begrenzenden Membranen ge-
nannt ist, wohingegen poröse Membranen als Träger für die ionische Flüssigkeit
nicht gemeint sind (SP: [0040], Satz 2), ist dies zutreffend. Jedoch ist in dem Pa-
1.3
1
) verbunden mit dem
1
1
), wie dies auch in Abs. [0020] des
Streitpatents geschieht (SP: [0020], Satz
2, „offenen Bauform“). Deshalb bezieht
1.3
1
genannten Verzicht auf die Membranen nur
auf diejenigen Membranen, welche den Zutritt des Zielgases begrenzen.
7.3
2
2
(„mikrostrukturierte“) ist aus S. 6, Z. 3-7 i. V. m. S. 10,
Abs. 2, Z. 1-2 sowie Unteranspruch 5 der ursprünglichen Beschreibung ableitbar
3.1
2
ist
in
Unteranspruch 8
der
ursprünglichen
Beschreibung
offenbart
(SP: Unteranspruch 8).
7.4
3
3
ist lediglich eine Verdeutlichung dessen, was mit Merk-
3
ist. Im Übrigen ist dies der S. 11, Abs. 2, Satz 2 der ursprünglichen Offenbarung
zu entnehmen (SP: [0045], Satz 2).
Die Einfügung eines Kommas zwischen „ak-
tive“ und „mikrostrukturierte“, abweichend von den Anträgen im Einspruchsverfah-
ren, gibt lediglich die grammatikalisch korrekte Form der Aufzählung wieder.
- 22 -
7.5
3.2
4
ist auf S. 11, Abs. 2, Satz 3 der ursprünglichen Beschrei-
bung offenbart (SP: [0045], Satz 3).
7.6
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 ist nicht zulässig, da sein Gegenstand
zu einer unzulässigen Erweiterung führt (§ 22 Abs. 1 PatG).
a)
1.4
5
ist ursprünglich bzw. im Streitpatent durch den Passus
begrenzen
(ursprüngliche Unterlagen: S. 4, letzter Abs. // SP: [0020], Satz 1).
be-
schränken
“ wird nicht verwendet. Es ist folglich zu entscheiden, ob durch die
Verwendung eines neuen, nicht offenbarten Begriffes, welcher jedoch zu einem
ursprünglich offenbartem Begriff Synonym sein könnte, eine unzulässige Ände-
rung entsteht. Eine unzulässige Änderung dürfte jedenfalls dann gegeben sein,
wenn mit dem neuen Begriff ein Aliud unter Schutz gestellt werden soll.
Zunächst ist festzustellen, dass unterschiedliche Begriffe auch immer (leicht) un-
terschiedliche Bedeutung haben, selbst wenn sie Synonyme zueinander sind. Der
BGH hat in diesem Zusammenhang die Grundsätze aufgestellt, dass vor der Ent-
scheidung, ob eine unzulässige Änderung vorliegt, eine Auslegung des Sinnge-
halts des nicht offenbarten Begriffes zu erfolgen hat (BGH, Urteil vom
9. Juni 2015, X ZR 101/13, Leitsatz a
– Polymerschaum II). Insbesondere wird die
sich dem Fachmann erschließende funktionelle Bedeutung eines Begriffes zu be-
stimmen sein.
Im vorliegenden Fall könnten die Begriffe
„begrenzen“ und „beschränken“ als Sy-
nonyme anzusehen sein. Beide Varianten könnten bei der gebotenen funktionellen
Auslegung nichts anderes bedeuten, als dass die Konzentration eines Gases au-
ßerhalb des Sensors jenseits der Membran höher ist als innerhalb des Sensors.
Damit läge unter Zugrundelegung von BGH-Rechtsprechung keine unzulässige
Änderung vor (BGH, Urteil vom 9. Juni 2015, X ZR 101/13, Leitsatz a
– Polymer-
- 23 -
schaum II). Vorliegend ist dies jedoch anders zu beurteilen, auch wenn beide Be-
griffe funktionell als Synonyme gewertet werden könnten.
Anders als bei einem erteilten Patent, bei welchem unzulässige Änderungen mit
der Zäsur der Erteilung nicht mehr rückgängig zu machen sind, hat die Patentin-
haberin im Fall eines neuformulierten Hilfsantrages bei einer Einschränkung des
erteilten Patentanspruchs mit Merkmalen aus der Beschreibung sehr wohl die
Möglichkeit, noch gestaltend auf ihr Patent zu wirken und ausschließlich offen-
barte Begriffe zu verwenden. Denn das streitige Merkmal kommt einschränkend
zum Gegenstand des erteilten Patentanspruchs hinzu. Die Patentinhaberin ver-
wendet mit dem Begriff „beschränken“ somit bewusst einen anderen als den
streitpatentgemäßen und ursprünglich offenbarten Begriff „begrenzen“. Sie hat
trotz Hinweises der Einsprechenden auf eine unzulässige Änderung den ur-
sprünglich offenbarten Begriff nicht verwendet, was im Übrigen möglich gewesen
wäre, ohne dass der Patentinhaberin materiell ein Teil des Schutzes genommen
worden wäre, wenn die Begriffe als Synonyme verstanden werden.
Die Patentinhaberin hat aber durch die Verwendung des nicht offenbarten Begrif-
fes
„beschränken“ anstelle des ursprünglich offenbarten Begriffes „begrenzen“ zu
erkennen gegeben, dass sie selbst dem neuen Begriff eine (leicht) andere Be-
deutung beimisst. Aufgrund dieser bewusst vorgenommenen Abweichung, die bei
der Auslegung zu berücksichtigen ist, ist
dem Begriff „beschränken“ ein anderer
Sinngehalt zu geben als dem Begriff
1.4
5
wird des-
halb eine unzulässige Änderung in das Patentbegehren eingefügt, welche aus den
Gründen des § 22 Abs. 1 PatG zurückzuweisen ist.
b)
3
5
beabsichtigte Unterscheidung
zwischen einer „aktiven Oberfläche“ und einer „mikrostrukturierten Oberfläche“ ist
dem Streitpatent nicht zu entnehmen.
- 24 -
Da der Fachmann streitpatentgemäß aber
unter der „aktiven Oberfläche“ von
3
5
bei Elektroden mit
3.2
4
)
nichts anderes als
„aktive, mikrostrukturierte Oberflächen“ versteht, ist das Merk-
3
5
3
3
identisch (siehe oben, Ab-
schnitt II.6.2).
c)
4.1
5
entstammt direkt dem erteilten Unteranspruch 3
(Unteranspruch 3 der ursprünglichen Offenbarung) und ist damit zulässig.
8.
Sowohl dem Hauptantrag als auch dem Hilfsantrag 1 kann bereits wegen
mangelnder Neuheit nicht entsprochen werden (§ 3 PatG), da ein elektrochemi-
1
1.2
1
1.3
1
(Hilfsan-
trag 1) bereits in der E1 vorbeschrieben ist.
8.1
In der Druckschrift E1 wird ein elektrochemischer Sensor mit ionischen
Flüssigkeiten als Elektrolyt beschrieben, insbesondere zur Detektion von Gasen in
1
schen Flüssigkeiten fallen dabei unter die Verbindungsklassen des Streitpatents
(E1: [0018] // SP: [0029]).
Gemäß einer Ausführungsform sind in einem Gehäuse 12 Arbeitselektrode 10 und
Gegenelektrode 11 angeordnet, zwischen denen sich der Elektrolyt 13 befindet
1.2
tern, ist eine (nicht näher ausgeführte) Diffusionsbarriere 19 vorhanden, welche
die Zuführung von Gasen limitiert (E1: [0019], letzter Satz).
- 25 -
Alternativ kann die ionische Flüssigkeit auf einem getränkten Faservlies aufge-
bracht sein. Das Faservlies befindet sich dann zwischen den Elektroden aus akti-
2
Teflonmembran aufgebracht ist. Entsprechend der gebotenen breiten Auslegung
des streitpatentgemäßen Patentanspruchs ist damit die Arbeitselektrode zumin-
dest nach Fig. 2 der E1 und in gleicher Weise im Falle eines Aufbaus mit Faserv-
4
ist durch die Verwendung eines aktiven Platinmohrs die aktive Oberfläche
zwangsläufig größer als die geometrische.
Dem Vorbringen der Patentinhaberin, wonach der Elektrolyt 13 gemäß Fig. 2 in
der E1 in vollem Kontakt mit der Teflonmembran der Elektrode stehe, kann nicht
gefolgt werden, da das Streitpatent abgesehen von dem Einsatz ionischer Flüs-
sigkeiten auf mikrostrukturierten bzw. porösen Oberflächen (SP: [0027]) keine
Maßnahme nennt, um eine derartige weitgehende jedoch nicht vollständige Bede-
- 26 -
ckung zu erreichen. Damit ist aber die Vorgehensweise der E1 identisch mit derje-
nigen des Streitpatents. Da gleiche Maßnahmen aber zum gleichen Ergebnis füh-
3
bereits durch einen Fachmann mitgelesen wird, da die im Übrigen fachüblichen
Dreiphasengrenzen bei streitpatentgemäßen Sensoren vorhanden sein müssen
und erwünscht sind (vgl. D2a: S. 39, vorletzter Abs. i. V. m. S. 40, Abb. 9-27), was
dann nichts anderem als einer „weitgehenden jedoch nicht vollständigen Bede-
ckung“ entspricht (vgl. D2a: S. 40, Abb. 9-28).
1
Der Patentanspruch 1 nach Streitpatent ist entsprechend der gebotenen Ausle-
gung gegenüber der Lehre der E1 nicht neu.
8.2
Die zusätzliche Ausgestaltung eines elektrochemischen Sensors mit den
1
1
1.3
1
ist ebenfalls in der E1 vorbeschrieben. Denn aus den
Ausführungsformen der Fig. 3 von E1 ist eine entsprechend dem Streitpatent of-
fene Sensorbauweise sowie das Fehlen und damit ein Verzicht auf Membranen zu
entnehmen.
Mit den Figuren 3A und 3B sind Zweielektrodensysteme (E1: [0021]) und mit Fi-
gur 3C ist ein Dreielektrodensystem (E1: [0022]) beschrieben. In den Figuren 3B
und 3C sind die Elektroden auf einem Substrat (z. B. Al
2
O
3
oder Si) angeordnet
und werden (direkt) mit Gas beaufschlagt (E1: [0021], letzter Satz). Zudem ist die
Fig. 3C der E1 inhaltlich identisch mit der Fig. 2 des Streitpatents. Beide Male wird
ein Sensor (ohne Gehäuse) schematisch dargestellt, welcher Arbeitselektrode
(E1: Fig. 3C, Bz. 16 // SP: Fig. 2, Bz. 1), Referenzelektrode (E1: Fig. 3C, Bz. 17 //
SP: Fig. 2, Bz. 2) und Gegen-/Hilfselektrode (E1: Fig. 3C, Bz. 18 // SP: Fig. 2,
Bz. 3) in unmittelbarem Kontakt zur ionischen Flüssigkeit (E1: Fig. 3C, Bz. 13 //
SP: Fig. 2, Bz. 4) zeigt.
- 27 -
Fig. 3C der E1
Fig. 2 des Streitpatents
1
1
,
1.3
1
) in der E1 vorbeschrieben, so dass auch der Patentanspruch 1 nach Hilfsan-
trag 1 gegenüber der E1 nicht mehr neu ist.
- 28 -
9.
Aber selbst wenn man die Neuheit eines elektrochemischen Sensors mit
den Merkmalen der Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 aner-
kennen wollte, beruht ein derart ausgestalteter elektrochemischer Sensor gegen-
über der Lehre der Druckschriften E1 oder D1 in Verbindung mit den Druckschrif-
ten D6 oder D7 ebenso wenig auf einer erfinderischen Tätigkeit wie ein elektro-
chemischer Sensor in den Fassungen des Patentanspruchs 1 der Hilfsanträge 2
bis 4. Entsprechendes gilt für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfs-
antrag 5, dessen Zulässigkeit unterstellt.
9.1
Wie bereits zur Neuheit erwähnt, ist in der E1 eine offene Bauweise und
1
1
1.3
1
) vorbeschrieben. Zumin-
dest werden eine offene Bauweise und ein Verzicht auf Membranen angeregt.
Denn der Effekt, dass eine Elektrode mit vergrößerter Oberfläche nicht vollständig
bedeckt ist, tritt bei (Gassensoren mit) Elektrolytlösungen allgemein auf und ist
auch erwünscht (bzw. erforderlich), da dann sogenannte Dreiphasenzonen auf-
treten. Der erfindungsgemäße Vorteil in der Verwendung ionischer Flüssigkeiten
besteht jedoch darin, dass diese Bereiche im Vergleich zu anderen Elektrolytlö-
sungen stabil bleiben und es so nicht zu einer Schwankung des Bedeckungsgra-
des kommt, weshalb die Reproduzierbarkeit der Messwerte erhöht ist. Dies ist
aber eine den ionischen Flüssigkeiten immanente Eigenschaft (SP: [0027], Z. 10-
16; [0045], Z. 9-11), zumindest dann, wenn Elektroden mit vergrößerten Oberflä-
3.2
4
ganz allgemein und
damit auch in der E1 bei der Verwendung von porösen, vergrößerten Oberflächen
zwangsläufig vorbeschrieben.
Da Platinmohr, welches
bekanntermaßen „porös“ ist, als aktive Elektrode in der E1
verwendet wird ist
die aktive Oberfläche auch „mikrostrukturiert“ im Sinne des
2
2
3
3
gleichfalls durch die E1 vorbe-
schrieben sind.
- 29 -
9.2
Die Druckschrift D1 beschreibt eine elektrochemische Zelle, wie insbeson-
dere einen elektrochemischen Gassensor. Die Besonderheit liegt darin, dass als
Elektrolytlösung eine ionische Flüssigkeit verwendet wird (D1: S. 1, Abs. 1; S. 3,
1
Der Nachteil herkömmlicher Gassensoren ist, dass sie einen Gasfluss der zu de-
1
1
), wodurch die
Elektrolytlösung, welche sich als Gel oder getränkte Membran in dem System be-
findet, mit der Zeit auszutrocknen droht (D1: S. 3, Abs. 2). Auf einem Festkörper-
elektrolyt basierende Gassensoren arbeiten dagegen gegenüber solchen mit
Elektrolytlösungen weniger effizient, da die Diffusion der Gase in dem Festkörper-
elektrolyten gehindert ist. Auf dieser Grundlage soll die Leistung derartiger Sys-
teme verbessert werden (D1: S. 4, Abs. 3).
Davon ausgehend werden ionische Flüssigkeiten als Elektrolyt vorgeschlagen
(D1: S. 6, Abs. 4 bis S. 8, Abs. 1), welche im Übrigen stofflich mit den im Streitpa-
tent genannten Verbindungen korrelieren (SP: [0029], Patentanspruch 10).
Eine schematische Darstellung eines elektrochemischen Gassensors erfolgt mit
Fig. 2.
- 30 -
Bei diesem Gassensor ist in einem Gehäuse 52 eine Gegenelektrode 54, eine
Referenzelektrode 58 und eine Arbeitselektrode 62 angeordnet (D1: S. 13, Abs. 3;
1.2
einer Kammer 53, welche auch die Arbeitselektrode 62 vollständig bedecken
dürfte, denn die direkt oberhalb der Arbeitselektrode zu sehende untere Begren-
zungslinie des Speziesfilters 64 dürfte
– wie auch von der Patentinhaberin in der
mündlichen Verhandlung ausgeführt
– gleichzeitig den Füllstand darstellen. Oben
an dem Gehäuse 52 wird ein Staubfilter 66 angebracht (D1: S. 14, Abs. 1). Je-
denfalls befindet sich der Elektrolyt
– wenn auch durch zwei Filter 64 und 66 ge-
schützt
– in unmittelbarem Kontakt mit der Umgebungsatmosphäre und der Ar-
beitselektrode und damit auch die Arbeitselektrode selbst in streitpatentgemäßem
4
sche Flüssigkeit verwendet wird, ist bei der gebotenen breiten Auslegung von
3
- 31 -
Sofern die Patentinhaberin meint, dass mit dem Speziesfilter 66 kein streitpatent-
gemäßer unmittelbarer Kontakt mit der Umgebungsatmosphäre möglich ist, ist
dies
– wie oben in Abschnitt II.6.2 dargelegt – aufgrund der gebotenen breiten
Auslegung des Sinngehaltes von „unmittelbar“ nicht zutreffend.
Die Arbeitselektrode des Gassensors wird nicht expressis verbis als eine solche
2
chenden herangezogene Stelle bezieht sich auf eine Brennstoffzelle als einen
weiteren Aspekt der Erfindung der D1 (D1: S. 10, Abs. 2). Dort wird beschrieben,
dass die Elektroden von Brennstoffzellen üblicherweise eine poröse Struktur ha-
2
ren oft nichts anderes sind als eine spezielle Version einer Brennstoffzelle mit
Gasdiffusions-Elektroden (D2a: S. 538, letzter Abs., Satz 1), ist in der D1 für das
Beispiel des Gassensors eine vergrößerte Oberfläche der Arbeitselektrode nicht
unmittelbar beschrieben.
1
1
,
1.1
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist deshalb, anders als
die Einsprechende meint, neu gegenüber der D1.
9.3
Die Druckschrift D6 beschreibt die Entwicklung eines verbesserten elektro-
chemischen Sensors zur Detektion von atmosphärischem Schwefeldioxid im nied-
1
bereits für den Fachmann beachtlich und nicht gattungsfremd, wie die Patentinha-
berin meint. Denn mit Messungen im ppb-Bereich beschäftigt sich die D6
– wie
auch das Streitpatent (SP: [0020], Satz 2)
– mit hochempfindlichen Systemen. Die
hohe Empfindlichkeit und schnelle Ansprechbarkeit des Sensors der D6 wird
dadurch erreicht, dass die Arbeitselektrode in direktem Kontakt mit der gashaltigen
Atmosphäre steht (D6: Abstract, Satz 2; S. 2831, rechte Sp., Abs. 2, Z. 10-18),
- 32 -
weil ein Diffusionsschritt durch eine Membran als Diffusionsbarriere nicht erfolgt
(D6: Satz von S. 2831 auf 2832).
Der für die Forschungsarbeit verwendete amperometrische Sensor weist eine po-
2
gen Atmosphäre steht. Der Aufbau der Arbeitselektrode (WE) ist dabei derart,
dass auf eine Membran aus Nafion (sulfoniertes Polytetrafluorethylen als Katio-
nenaustauschmembran) oder ADP (Anionenaustauschmembran aus einem Fluor-
polymer von Solvay) eine poröse Goldschicht aufgebracht wird (D6: S. 2832,
rechte Sp., Z. 7-12). Die Membran wird dann mit verschiedenen Elektrolytlösun-
gen getränkt (D6: S. 2832, linke Sp., Abs. 2, Z. 3-12). Im Inneren des Sensors be-
finden sich eine wässrige Elektrolytlösung (1 M H
2
SO
4
oder 1 M NaOH // D6:
S. 2832, rechte Sp., letzter Satz) sowie die Gegenelektrode (CE) und Referen-
1.2
3.2
4
zwangsläufig erfüllt.
Der mit Fig. 1 auf S. 2832 gezeigte
Sensoraufbau ist als „offen“ im Sinne von
1
1
zu sehen. Auch steht die Arbeitselektrode auf der Nafion oder ADP
Membran außen in direktem Kontakt mit der Umgebungsatmosphäre im Sinne der
4
1
, wohingegen die Membran der D6 nach innen zur Elektrolytlö-
sung weist (D6: S. 2831, rechte Sp., Abs. 2, Z. 14-18), was einem Verzicht auf
- 33 -
1.3
1
entspricht, denn die Membran der D6
dient ausschließlich zur Abgrenzung des Elektolyts.
Da die Goldschicht der D6 als por
ös bezeichnet wird, ist sie „mikrostrukturiert“ im
2
2
3
3
).
Die geometrische Fläche der Arbeitselektrode beträgt 0,79 cm
2
(S. 2832, linke Sp.,
letzter Abs, Z. 5-7). Für die Nafion-Membran beträgt die tatsächliche, poröse
Goldoberfläche 50 bis 350 cm
2
(D6: S. 2832, rechte Sp., Z. 21-22), was in etwa
4.1
5
).
1
1
1.2
1
2
2
3
3
3.2
4
,
4
5
aus der D6 bekannt. Eine ionische Flüssigkeit als Elektrolyt ist nicht be-
1.1
9.4
Die Druckschrift D7 beschäftigt sich mit dem Vergleich von Gleichgewichts-
grenzströmen und der Ansprechzeit von membrangedeckten und membranfreien
Gassensoren bei unterschiedlichen Elektroden und Elektrolytmaterialien. Dabei
wird ein neuer Aufbau einer membranfreien Elektrode vorgeschlagen, wobei auf
der Elektrode eine dünne Schicht einer ionischen Flüssigkeit ist (D7: S. 4583,
1
2
). Ein derartiger Aufbau ist in Fig. 1.D schematisch
dargestellt.
Der dortige Aufbau weist selbstverständlich nicht nur eine Mikroelektrode als Ar-
beitselektrode sondern auch die in der D7 genannten Referenz- und Gegenelekt-
1.2
- 34 -
Verwendung der nichtflüchtigen ionischen Flüssigkeit kann auf jegliche Membran
verzichtet werden (D7: S. 4583, linke Sp., Abs. unter Abs., Satz 1; rechte Sp.,
1
1
1.3
1
).
Wie aus der schematischen Zeichnung von Fig. 1.D hervorgeht, befindet sich die
Arbeitselektrode in direktem Kontakt mit dem Elektrolyten und damit in streitpa-
4
Sofern die Patentinhaberin meint, dass wegen dem in der Fig. 1.D dargestellten
„großen“ Elektrolyttropfen keine unbenetzten freien Elektrodenbereiche erkennbar
seien, ist dies bei einer offensichtlich schematischen Zeichnung auch nicht erfor-
derlich. Vielmehr ist durch die in der D7 genannte Verwendung einer dünnen
Schicht ionischer Flüssigkeit auf der Arbeitselektrode (vgl. D7: S. 4583, rechte Sp.,
Abs. 2, Z. 1-5), dem Fachmann erkenntlich, dass die erforderlichen Dreiphasen-
grenzen und damit auch Elektrodenoberflächen, welche weitgehend jedoch nicht
3
lichst hohe Empfindlichkeit zu erreichen.
Die Gold-Arbeitselektrode der D7 wird zudem mit einem Aluminia-Slurry sorgfältig
poliert (D7: S. 4585, rechte Sp., Abs. 2, Z. 4-7). Es stellt sich hier die Frage, in-
3.1
2
(und in der Folge implizit damit
2
2
3
3
3.2
4
) überhaupt geeignet ist, eine Ab-
grenzung gegenüber diesem Vorgehen zu ermöglichen. Denn jegliche Polierung
einer Oberfläche führt zu
„Mikrostrukturen“ derselben, da das Streitpatent für den
Begriff
„mikro“ keine nähere Definition liefert, bei welcher Strukturgröße eine „Mik-
rostruktur
“ beginnt und wo sie endet.
1
1
1.1
1
3.1
2
[ggf. ohne Mikro-
4
- 35 -
10.
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hilfsanträgen 1 bis 4 beru-
hen ausgehend von der Lehre der Druckschriften E1 oder D1 in Verbindung mit
den Druckschriften D6 oder D7 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. In gleicher
Weise mangelt es dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 5
so er denn zulässig gestaltet worden wäre
– auf einer erfinderischen Tätigkeit.
10.1
amperometrischen Gassensoren vor der Aufgabe stand, einen Gassensor mit
einem einfachen Aufbau, einer kleinen Bauform, Langzeitstabilität und einer mög-
lichst hohen Empfindlichkeit bei guter Reproduzierbarkeit der Messwerte zur Ver-
fügung zu stellen, hätte auf die in der D1 oder E1 bereits als für offene Systeme
(D1: S. 3, Abs. 2 i. V. m. S. 4, Abs. 3 //
E1: [0008], „geringer Dampfdruck“) vorteil-
haft geschilderten ionischen Flüssigkeiten als Elektrolyt zurückgegriffen, welche
auch eine kompakte Bauweise ermöglichen (E1: [0010]). Davon ausgehend war
ihm
– bereits aufgrund seines Fachwissens über den niedrigen Dampfdruck der
ionischen Flüssigkeiten
– bekannt, dass bei Verwendung von ionischen Flüssig-
keiten die Langzeitstabilität derartiger Sensoren erhöht wird, selbst bei „offeneren“
Bauweisen, welche im Übrigen durch die E1 zumindest angeregt sind (E1: Fig. 3C
// siehe Abschnitt II.8.2). Dadurch ist es möglich
– wie die D6 oder D7 expressis
verbis vorschlagen
– auf jegliche Membranen, die den Zutritt des Zielgases be-
grenzen
– zu verzichten (D6: Abstract, Satz 2; S. 2831, rechte Sp., Abs. 2, Z. 10-
12 // D7: S. 4583, rechte Sp., Abs. 2, Z. 1-5).
Damit gelangt der Fachmann ausgehend von der D1 oder E1 in Verbindung mit
der E6 oder E7 ohne erfinderische Tätigkeit zu einem Gegenstand mit allen
1
1
1.3
1
3.2
4
, selbst wenn mit dem unmittelbaren
Kontakt der Arbeitselektrode mit der Umgebungsatmosphäre bereits der Verzicht
einer Membran impliziert sein sollte.
Im Übrigen ist für den Fachmann die Verwendung von porösen Oberflächen für
die Arbeitselektrode eine Selbstverständlichkeit, um das System empfindlicher zu
- 36 -
machen (vgl. z. B. D4: S. 34, Abs. 1) und die gewünschten Dreiphasengrenzen
Gas / Elektrolyt / Katalysator zu erhalten. Somit ergeben sich dann für ionische
3
4
zwangsläufig.
Die Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfs-
antrag 1 beruhen daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
10.2
2
2
3
3
der jeweiligen
Patentansprüche 1 nach Hilfsantrag 2 oder 3 zu verstehen ist, sind auch diese
Merkmale (zumindest) aus der E1 bekannt (E1: [0020], „Platinmohr“). Im Übrigen
sind sie auch fachüblich (vgl. z. B. D4: S. 34, Abs. 1) und stellen daher ein nahe-
legendes Handeln des Fachmanns dar, um die Empfindlichkeit eines Sensors zu
erhöhen.
Ausgehend von der Sensoranordnung der E1 mit poröser Arbeitselektrode oder
der naheliegenden Verwendung von porösen Arbeitselektroden ausgehend von
der D1, stellt sich zumindest bei der in der D1 oder E1 beschriebenen Verwen-
3.2
4
zwangsläufig ein. Da es
aber nahelag
– wie oben in Abschnitt II.10.1 dargelegt – gemäß der D7 zur weite-
ren Sensitivitätserhöhung auf jegliche Membran, die den Zutritt des Zielgases be-
grenzt, zu verzichten, war es auch naheliegend die ionische Flüssigkeit in vorteil-
hafter Weise als dünne Schicht einzusetzen, wie dies die D7 vorschlägt (D7:
3.1
2
be-
schriebene Effekt erreicht.
Deshalb beruhen auch die jeweiligen Gegenstände der Patentansprüche 1 nach
Hilfsanträgen 2, 3 und 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
10.3
5
nach Hilfsantrag 5 wäre, selbst wenn die
Patentinhabe
rin in zulässiger Weise das Wort „begrenzen“ verwendet hätte, nichts
- 37 -
1.3
1
ausgesagt, nämlich dass auf Membranen ver-
zichtet wird, welche den Zutritt des Zielgases begrenzen. Beide Merkmale sind
damit
1.3
1
dargelegt
– aus der D6 oder D7 bekannt und
deshalb bei Sensoren der D1 oder E1 nahegelegt.
3
5
, welches entsprechend der gebotenen Auslegung
3
3
bereits aus-
gesagt ist.
4.1
5
bezüglich der mindestens um den Faktor 50 gegen-
über der geometrischen Oberfläche vergrößerten aktiven Oberfläche eine fachüb-
liche und aus der D6 bekannte Größenordnung darstellt (D6: S. 2832, linke Sp.,
letzter Abs, Z. 5-7 i. V. m. S 2832, rechte Sp., Z. 21-22), würde auch der Gegen-
stand eines zulässigen Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 zumindest ausge-
hend von der E1 in Verbindung mit der D7 und der aus der D6 belegten fachübli-
4.1
5
nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit
beruhen.
11.
Auf die Unteransprüche der jeweiligen Anträge brauchte bei dieser Sach-
lage nicht gesondert eingegangen zu werden; sie teilen das Schicksal des jeweili-
gen Patentanspruchs 1, auf den sie rückbezogen sind (vgl. BGH, Beschluss vom
27. Juni 2007
– X ZB 6/05, BPatGE 49, 294 – Informationsübermittlungsverfah-
ren II; Fortführung von BGH, Beschluss vom 26. September 1996
– X ZB 18/95 –,
BPatGE 37, 282
– Elektrisches Speicherheizgerät).
III.
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
- 38 -
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.
Feuerlein
Heimen
Egerer
Wismeth
prö