Urteil des BPatG vom 14.07.2016

Stand der Technik, Patentanspruch, Behandlung, Fig

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
15 W (pat) 31/16
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
14. Juli 2016
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2013 213 562.9
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Feuerlein und der Richter Dr. Egerer, Heimen und Dr. Wismeth
- 2 -
beschlossen:
Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die am 11. Juli 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte An-
meldung des Her
rn S… in S… (I…), mit der Bezeichnung
„Bewegungs- und Therapievorrichtung und Therapieverfahren zur kurativen Be-
handlung und Prävention schmerzhafter Zustände am Bewegungsapparat einer
Person“,
die am 15. Januar 2015 in Form der DE 10 2013 213 562 A1 offengelegt wurde,
ist mit Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 63 B vom 1. Juli 2014 aus den
Gründen des Bescheids vom 17. Februar 2014 zurückgewiesen worden.
Dem Beschluss lagen die ursprünglichen Patentansprüche 1 bis 32 zugrunde, wo-
bei die zueinander in Nebenordnung stehenden Patentansprüche 1 und 22 fol-
genden Wortlaut haben:
- 3 -
- 4 -
Wegen des Wortlauts der darauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 21 sowie
23 bis 32 wird auf die DE 10 2013 213 562 A1 verwiesen.
Im Einzelnen wurde in dem Erstbescheid vom 17. Februar 2014, auf den sich der
angefochtene Beschluss gründet, ausgeführt, dass die beanspruchte Vorrichtung
sowie das beanspruchte Verfahren nicht mehr neu seien und die Ausgestaltungen
einzelner Unteransprüche lediglich einfache konstruktive, die Patentfähigkeit nicht
begründende Maßnahmen darstellten.
Insbesondere wurden die Druckschriften (1) und (2) als neuheitschädlich entge-
gengehalten. Zu einzelnen Unteransprüchen wurde noch auf die Druckschriften
(3) bis (5) verwiesen. Weitere Druckschriften sind nicht ermittelt worden.
(1)
DE 41 13 135 A1
(2)
DE 20 2007 013 826 U1
(3)
DE 29 619 202 U1
(4)
WO 2002/074393 A2
(5)
DE 195 29 764 A1.
Gegen die Zurückweisung der Patentanmeldung hat der Anmelder mit Schriftsatz
vom 18. Juli 2014 Beschwerde eingelegt und in den Beschwerdebegründungen
vom 21. Oktober 2014 und vom 15. Juni 2015 beantragt, den Beschluss aufzuhe-
ben und ein Patent in der Fassung der ursprünglichen Ansprüche 1 bis 32 (Haupt-
antrag), hilfsweise in der Fassung der Verwendungsansprüche 1 bis 27 des
Schriftsatzes vom 15. Juni 2015 zu erteilen (Hilfsantrag 1).
- 5 -
Der Verwendungsanspruch 1 des Hilfsantrags 1 hat folgenden Wortlaut:
Weiter hilfsweise hat der Anmelder die Zurückverweisung an das DPMA bean-
tragt.
In der mündlichen Verhandlung hat der Anmelder die Hilfsanträge 2 bis 5 einge-
reicht.
- 6 -
Hilfsantrag 2
- 7 -
Hilfsantrag 3
- 8 -
Hilfsantrag 4
- 9 -
Hilfsantrag 5
- 10 -
Der Anmelder und Beschwerdeführer stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A63B
des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Juli 2014 aufzu-
heben und das Patent wie angemeldet zu erteilen;
hilfsweise das Patent mit den folgenden Unterlagen zu erteilen:
1.
Patentanspruch 1 bis 27 gemäß Hilfsantrag 1, einge-
reicht mit Schriftsatz vom 15. Juni 2015, im Übrigen
wie angemeldet;
2.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2, eingereicht in
der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie ange-
meldet;
3.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3, eingereicht in
der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie ange-
meldet;
4.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4, eingereicht in
der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie ange-
meldet;
5.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5, eingereicht in
der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie ange-
meldet.
- 11 -
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (§ 73
PatG).
Sie hat jedoch keinen Erfolg, da eine Bewegungs- und Therapievorrichtung in den
Anspruchsfassungen nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 2 bis 5 sowie die
Verwendung einer Bewegungs- und Therapievorrichtung in der Anspruchsfassung
nach Hilfsantrag 1, soweit noch neu, jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tä-
tigkeit beruhen.
1.
Anspruch 1 nach Hauptantrag betrifft eine
1) Bewegungs- und Therapievorrichtung
1.1)
zur kurativen Behandlung und Prävention schmerzhafter Zustände am
Bewegungsapparat einer Person
mit
2) einer Liege (zur Auflage einer Person),
3) einer Kurbeleinrichtung,
3.1) die von der auf der Liege liegenden Person mit den Füßen und/oder in
umgekehrt liegender Position mit den Händen betätigbar ist,
3.2) mit einer Fixerungseinrichtung
3.2.1) zum Fixieren eines Fußes bzw. einer Hand (einer der Extremitäten) der
Person,
4) einem Gestell,
4.1) an welchem die Kurbeleinrichtung oberhalb der Liege derart angeordnet
oder befestigbar ist, dass sie von der auf der Liege liegenden Person entspre-
chend 3.1 betätigbar ist,
- 12 -
5) wobei bei der Betätigung der Kurbeleinrichtung eine Traktion der wenigstens
einen gemäß 3.2.1 fixierten Extremität erzeugt wird.
Gemäß den Hilfsanträgen 2 bis 5, die ebenfalls auf eine gattungsgemäße Bewe-
gungs- und Therapievorrichtung gerichtet sind, kommen folgende Merkmale hinzu,
gemäß Hilfsantrag 2
3.1.1) Füße und/oder Hände sind hochgestellt,
3.3) die Kurbeleinrichtung ist bezogen auf die Liege höhenverstellbar ausgebildet,
4.1.1) die Kurbeleinrichtung ist derart höhenverstellbar angeordnet oder höhen-
verstellbar befestigbar, dass sie mit den fixierten, hochgestellten Füßen bzw. Hän-
den so betätigbar ist,
5*) dass bei Betätigung der Kurbeleinrichtung eine kyphosierende Traktion und
damit Entlordosierung der Wirbelsäule bewirkt wird,
gemäß Hilfsantrag 3 (zusätzlich zu Hilfsantrag 2)
3.4) neben der Höhe der Kurbeleinrichtung ist eine Kurbellänge der Kurbelein-
richtung oder eine Länge der Kurbelstangen der Kurbeleinrichtung verstellbar oder
einstellbar ausgebildet,
gemäß Hilfsantrag 4 (zusätzlich zu Hilfsantrag 2)
5.1*) die Traktionsstärke ist einstellbar,
gemäß Hilfsantrag 5 (zusätzlich zu Hilfsantrag 2)
2.1) die Liege ist gegenüber der Kurbeleinrichtung derart verstellbar ausgebildet,
dass bei Betätigung der Kurbeleinrichtung entweder stets eine Traktion vorhanden
ist oder eine Traktion nur in einem vorbestimmten Bereich vorhanden ist,
3.5) eine Höhe der Kurbeleinrichtung, eine Kurbellänge der Kurbeleinrichtung
und/oder die Drehrichtung der Kurbeleinrichtung ist derart verstellbar ausgebildet,
dass bei Betätigung der Kurbeleinrichtung entweder stets eine Traktion vorhanden
ist oder eine Traktion nur in einem vorbestimmten Bereich vorhanden ist.
- 13 -
2.
Als Fachmann ist ein Ingenieur der Fachrichtung Maschinenwesen anzuse-
hen, der mit der Entwicklung von Bewegungs- und Therapievorrichtungen befasst
und vertraut ist. Er wird sich erforderlichenfalls von einem Physiotherapeuten
und/oder einem entsprechenden Facharzt beraten lassen.
3.
Bezüglich der Offenbarung der den einzelnen Anträgen zugrunde liegenden
Anspruchsfassungen bestehen keine Bedenken.
Eine Bewegungs- und Therapievorrichtung nach Hauptantrag und deren Verwen-
dung nach Hilfsantrag 1 ergeben sich unmittelbar aus der ursprünglichen An-
spruchsfassung (vgl. DE 10 2013 213 562 A1 Anspr. 1 bis 32
– Hauptantrag; An-
spr. 1 bis 21, 23, 25, 27 bis 29 und 31, jeweils als Verwendungsanspruch formu-
liert
– Hilfsantrag 1).
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2 ergibt sich aus dem ursprünglichen Pa-
tentanspruch 1, den ursprünglichen Patentansprüchen 2 bis 4 sowie der ursprüng-
lichen Beschreibung (vgl. DE 10 2013 213 562 A1 S. 3
0009
bis
0014
). Pa-
tentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 (vgl. DE 10 2013 213 562 A1 S. 3
0009
bis
0014
,
00019
),
Patentanspruch 1
gemäß
Hilfsantrag 4
(vgl.
DE 10 2013 213 562 A1 S. 3
0013
) und Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5
(vgl. DE 10 2013 213 562 A1 Patentanspruch 4) ergeben sich ebenfalls aus den
ursprünglichen Unterlagen.
Geringfügige Abweichungen im Wortlaut der Patentanspruchsfassungen gemäß
den Hilfsanträgen 1 bis 5 gehen in ihrem technischen Gehalt nicht über die Lehre
in der ursprünglichen Fassung hinaus und sind deshalb als zulässig zu erachten.
4.
Der angefochtene Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 63 B vom
1. Juli 2014, der sich auf die im Bescheid vom 17. Februar 2014 unter Bezug-
nahme auf die Druckschriften (1) bis (5) ausgeführten Gründe und damit im We-
sentlichen auf die darin festgestellte fehlende Neuheit einer Vorrichtung gemäß
ursprünglichem Anspruch 1 gegenüber (1) oder (2) bezieht, ist nicht zu beanstan-
den.
- 14 -
a)
Aus der Druckschrift (1), die ein Therapiegerät zum passiven Bewegen der
Beine betrifft, geht eine Bewegungs- und Therapievorrichtung mit einer Liege zur
Auflage der Person und einer an einem Gestell oberhalb der Liege angebrachten
Kurbeleinrichtung hervor (vgl. (1) Abstr. i. V. m. Fig. 1
– Merkmale 1, 2, 3, 4, 4.1).
Die Kurbeleinrichtung weist eine Fixierungseinrichtung zum Fixieren des Fußes
der Übungsperson auf und ist in liegender Position bedienbar (vgl. (1) Anspr. 1
i. V. m. Sp. 4 Z. 41 bis 44 und Fig. 1
– Merkmale 3.1, 3.2., 3.2.1). Das Therapiege-
rät gemäß Druckschrift (1) weist damit sämtliche gegenständliche Merkmale ge-
mäß Patentanspruch 1 in der ursprünglichen Fassung und damit nach Hauptan-
trag auf, so dass Patentanspruch 1 bereits mangels Neuheit nicht gewährbar ist.
Obwohl es für die Neuheitsbewertung auf die funktionellen Merkmale der bean-
spruchten Vorrichtung nicht ankommt, ergeben sich die funktionellen
(Teil)Merkmale zwangsläufig aus dem gegenständlichen Aufbau, insbesondere
durch die explizit ausgeführte Fixierungsmöglichkeit in den an den Fußschalen
angebrachten Kurbelarmen (vgl. (1) Sp. 4 Z.
41 bis 44 „...sind an den Fußschalen
nicht eigens bezeichnete Vorrichtungen angebracht, um die Füße des Patien-
ten...festzuhalten.“). Denn zum einen ist die Spastizität und damit der idR
schmerzhafte krampfartige Muskeltonus eines Patienten zu berücksichtigen (vgl.
(1) Sp. 3 Z. 18 bis 24
– Merkmal 1.1) und zum anderen ist gerade eine passive
geführte Bewegung der Extremität mit einer gewissen Traktion bzw. Dehnung, im
Wechsel mit einer Flexion, verbunden (Merkmal 5). Dem steht nicht entgegen,
dass gemäß (1) in bestimmten Fällen die Therapievorrichtung so eingestellt ist,
dass ein (übermäßiges) Strecken der Kniegelenke verhindert wird (vgl. (1) Sp. 1
Z. 44 bis 53, Sp. 4 Z. 61 bis 63). Es versteht sich ohnehin von selbst, dass die Po-
sition des Patienten auf der Liege in Relation zur Kurbeleinrichtung von dem be-
treuenden Physiotherapeuten in Abhängigkeit von dem jeweiligen Therapieziel
fachgerecht und zweckorientiert eingestellt werden muss, was aufgrund der appa-
rativen Ausgestaltungen in (1) ohne Weiteres möglich ist. Damit ist das Merkmal 5
mit einer auf die Bedürfnisse des Patienten ausgerichteten Behandlung ein-
schließlich einer abgestimmten Extension bzw. Traktion, die selbstverständlich
- 15 -
zum Wissen und Können eines Physiotherapeuten gehört und ohne Weiteres mit
einer Therapievorrichtung gemäß (1) mit den Merkmalen 1 bis 4.1 ausgeführt wer-
den kann, zwangsläufig erfüllt.
Die Druckschrift (2) beschreibt ein Trainings- und damit eine gattungsgemäße
Bewegungsvorrichtung mit einer Kurbeleinrichtung in Kombination mit einem Bett
bzw. einer Liege (vgl. (2) Anspr. 1 und 10 i. V. m.
0003
,
0005
,
0011
– Merk-
male 1, 2, 3, 3.1, 4, 4.1). Die Bewegungseinrichtung gemäß (2) weist auch eine
Fixierungseinrichtung auf (vgl. (2)
0037
– Merkmale 3.2, 3.2.1). Eine Vorrichtung
gemäß (2) dient selbstverständlich bevorzugt der kurativen Behandlung durch ge-
schulte Therapeuten und dabei der Prävention schmerzhafter Zustände am Be-
wegungsapparat eines Patienten (vgl. (2)
0011
i. V. m.
0014
– Merkmal 1.1),
auch wenn nähere Angaben zu den Therapiezielen fehlen. Eine Behandlung mit-
tels einer Vorrichtung gemäß (2) ist unter Anleitung eines geschulten Physiothera-
peuten zwangsläufig mit einer Abfolge von Abwinkelung (Flexion) und Streckung
(Extension) bzw. Streckung durch Zug (Traktion) der fixierten Extremität verbun-
den (vgl. (2)
0011
– Merkmal 5).
Damit ist sowohl in (1) als auch in (2) eine Bewegungs- und Therapievorrichtung
mit sämtlichen gegenständlichen (Teil)Merkmalen 1, 2, 3, 3.2, 4, 4.1 beschrieben,
so dass der Sachanspruch 1 gemäß Hauptantrag bereits mangels Neuheit nicht
gewährbar ist.
b)
Selbst wenn man dem Gegenstand des Sachanspruchs 1 nach Hauptan-
trag die Neuheit gegenüber (1) oder (2) aufgrund der funktionellen (Teil)Merkmale
1.1, 3.1, 3.2.1 und insbesondere 5 zugestehen wollte, beruht dieser Gegenstand
jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Für gattungsgemäße Bewegungs- und Therapievorrichtungen gemäß (1) oder (2),
die jeweils die gegenständlichen Merkmale 1, 2, 3, 3.2, 4 und 4.1 aufweisen (vgl.
(1) Anspr. 1 i. V. m. Sp. 4 Z. 41 bis 44 und Fig. 1; (2) Anspr. 1 und 10 i. V. m.
- 16 -
0003
,
0005
,
0011
,
0037
), ergeben sich die funktionellen (Teil)Merkmale 1.1,
3.1, 3.2.1 und 5, wenn nicht bereits unmittelbar, wie vorstehend unter 4a darge-
legt, aus dem sinn- und zweckgemäßen Einsatz dieser Vorrichtungen durch einen
Physiotherapeuten, so doch aus dem übrigen Stand der Technik in Verbindung mit
dem Wissen und Können des betreuenden Physiotherapeuten, denn es handelt
sich dabei um dem Fachmann allgemein bekannte und fachübliche Maßnahmen.
Aus der gutachtlich zu nennenden DE 195 29 764 A1 (5), die ein Bewegungstrai-
ningsgerät und damit eine gattungsgemäße Vorrichtung zur kurativen Behandlung
und Prävention von schmerzhaften Zuständen am Bewegungsapparat (vgl. (5)
Sp. 1 Z. 3 bis16
– Merkmale 1, 1.1) mit einer an einem Gestell angebrachten Kur-
beleinrichtung betrifft, die eine Fixierungseinrichtung zum Fixieren eines Fußes
bzw. Armes bzw. einer Extremität der übenden Person aufweist (vgl. (5) Anspr. 1
i. V. m. Sp. 4 Z. 38/39 und 50 bis 52
– Merkmale 3.2, 3.2.1), ergibt sich unmittelbar
die Möglichkeit zur Einstellung der Entfernung der Übungsperson vom Gerät und
damit zwangsläufig die Einstellung der Traktion bzw. Zugdehnung der Extremität
(vgl. (5) Sp. 4 Z. 53 bis 67 i. V. m. Sp. 5 Z. 33 bis 41
– Merkmal 5). Auch wenn aus
(5) die Verwendung einer Liege für den zu behandelnden Patienten nicht expres-
sis verbis hervorgeht, wird der Physiotherapeut ohne Weiteres eine Liege unter-
halb der Kurbeleinrichtung anordnen, wofür es keines erfinderischen Zutuns, son-
dern lediglich einer auf dem Gebiet der Physiotherapie üblichen Vorgehensweise
bedarf.
c)
Nicht gewährbar ist auch die Verwendung einer Vorrichtung mit den
Merkmalen 1 bis 5 zur Therapie gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1, da sich
dem Fachmann die betreffende therapeutische Verwendung einer in gegenständ-
licher Hinsicht bekannten Vorrichtung unmittelbar und ohne erfinderisches Zutun
erschließt, wobei vollumfänglich auf die Ausführungen unter 4 a und b verwiesen
wird.
d)
Die anmeldungsgemäße Vorrichtung beruht auch in den Ausgestaltungen
der jeweiligen Ansprüche 1 nach Hilfsanträgen 2 bis 5 nicht auf einer erfinderi-
- 17 -
schen Tätigkeit, wie nachfolgend im Einzelnen dargelegt, so dass auch diesen
Anträgen nicht stattzugeben war.
Die gegenständlichen Ausgestaltungen des jeweiligen Anspruchs 1 der Hilfsan-
träge 2 bis 5, die im Wesentlichen auf die ursprünglichen Ansprüche 1, 2 und 4
zurückgehen, ergeben sich bereits unmittelbar aus dem ermittelten Stand der
Technik und können deshalb auch die Patentfähigkeit dieser hilfsweise bean-
spruchten Vorrichtungen nicht begründen. Was darüber hinausgehende funktio-
nelle Ausgestaltungen anbelangt, so sind diese im Rahmen einer physiotherapeu-
tischen Behandlung mittels des bereits im Stand der Technik beschriebenen appa-
rativen Aufbaus gattungsgemäßer Vorrichtungen mit dem Wissen und Können des
physiotherapeutischen Fachpersonals ohne Weiteres und damit ohne erfinderi-
sches Zutun durchführbar (vgl. (1) Sp. 2 Z. 21 bis 30 i. V. m. Sp. 4 Z. 30 bis 50
und Sp. 3 Z. 18 bis 31; (2)
0005
,
0008
,
0011
i. V. m.
0032
bis
0038
; (3)
S. 1 Z. 8 bis 15 i. V. m. S. 4 Z. 19 bis 32; (4) Fig. 15 i. V. m. S. 8 Z. 1 bis 7 und
Z. 19 bis 22, Fig. 47 i. V. m. Anspr. 39, Fig. 7 i. V. m. Anspr. 7); (5) Sp. 1 Z. 34 bis
64 i. V. m. Sp. 4 Z. 48 bis Sp. 5 Z. 12).
d.1)
4.1.1 und 5* einer Bewegungsvorrichtung gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 2
ergeben sich in gegenständlicher und funktioneller Hinsicht entweder bereits un-
mittelbar oder jedenfalls in nahe liegender Weise aus dem ermittelten Stand der
Technik (vgl. (1) Sp. 2 Z. 21 bis 30 i. V. m. Sp. 4 Z. 30 bis 50 und Sp. 3 Z. 18 bis
31; (2)
0005
,
0008
,
0011
i. V. m.
0032
bis
0038
). Dass aufgrund der ge-
genständlichen Ausgestaltung der Vorrichtungen gemäß (1) und (2) eine kypho-
sierende Traktion und damit eine Entlordosierung der Wirbelsäule bewirkt werden
kann (Merkmal 5*), ist einer physiotherapeutischen Fachkraft (und damit dem
Fachmann) geläufig, untersteht ihrer Anleitung und bedarf keines erfinderischen
Zutuns. Der Physiotherapeut war bereits vor dem Zeitrang der vorliegenden An-
meldung in der Lage, entweder allein mittels manueller Therapie, aber auch mit
den Vorrichtungen gemäß (1) oder (2) Extensions- und Traktionsbehandlungen
durchzuführen, um damit eine Entlastung der Hüftgelenke, Kniegelenke, des Be-
- 18 -
ckens und der Wirbelsäule zu erzielen. Kyphosierende Traktionsbehandlungen
gehören zum Wissen und Können eines Physiotherapeuten vor dem Zeitrang der
vorliegenden Anmeldung und werden seit langem beispielsweise bei Lendenwir-
bel- bzw. Bandscheibenbeschwerden angewandt. So wurde allein schon mittels
einer auf jeden Einzelfall abgestimmten Liegeposition des Patienten, beispiels-
weise auch durch Stufenbettlagerung, mittels manueller Therapie eine Entlordo-
sierung, Extension und Streckung (Traktion) der Wirbelsäure erreicht.
d.2)
Einstellbarkeit der Kurbellänge oder einer Länge der Kurbelstangen gemäß An-
spruch 1 des Hilfsantrags 3 vermag die Patentfähigkeit nicht zu begründen. Denn
eine bauliche Gestaltung gemäß Merkmal 3.4 stellt, wenn nicht bereits in dem er-
mittelten Stand der Technik unmittelbar beschrieben (vgl. (3) S. 1 Z. 8 bis 15 und
S. 5 Z. 1 bis 17), eine einfache und naheliegende technische Konstruktion zur Ab-
stimmung bzw. Einstellbarkeit einer Tretkurbeleinrichtung auf die jeweiligen kör-
perlichen Bedürfnisse des Nutzers bzw. Patienten dar und erfordert deshalb kein
erfinderisches Zutun.
d.3)
spruch 1 des Hilfsantrags 4 (Merkmal 5.1*) und/oder die baulichen Gestaltungen
gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 (Merkmale 2.1, 3.5) ergeben sich bei gat-
tungsgemäßen Bewegungs- und Therapievorrichtungen schon zwangsläufig aus
der im Rahmen einer physiotherapeutischen Behandlung unabdingbaren Abstim-
mung bzw. Einstellung des Abstands der Vorrichtung(steile) zum Patienten und
damit der Einstellung der mechanischen Einrichtungen auf die therapeutischen
Bedürfnisse des Patienten (vgl. (2)
0008
,
0011
; (3), S. 3 Z. 25 bis 29; (5) Sp. 2
Z. 43 bis 63 Sp. 3 Z. 2 bis 10, Z. 40 bis 57, Sp. 6 Z. 63 bis Sp. 7 Z. 10). Soweit die
baulichen Gestaltungen gemäß den Merkmalen 2.1 und 3.5 nicht unmittelbar aus
den ermittelten Druckschriften hervorgehen, bedarf es dafür lediglich einfacher
und naheliegender Kontruktionen. Eine patentfähige technische Ausgestaltung
- 19 -
und/oder Verwendung der in gegenständlicher Hinsicht zumindest nahe liegenden
anspruchsgemäßen Vorrichtung ist deshalb nicht zu erkennen.
5.
und Rechtslage abschließend einen Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 5 ge-
stellt. Weitere Anhaltspunkte für ein stillschweigendes Begehren einer weiter be-
schränkten Fassung haben sich nicht ergeben. Infolgedessen hat der Anmelder
die Patenterteilung erkennbar nur im Umfang der Anspruchssätze dieser Anträge
beantragt, die jeweils zumindest einen nicht gewährbaren Patentanspruch enthal-
ten. Auf die übrigen Patentansprüche brauchte bei dieser Sachlage nicht geson-
dert eingegangen zu werden (BGH v 27. Juni 2007
– X ZB 6/05, Informations-
übermittlungsverfahren II, Fortführung von BGH GRUR 1997, 120 - Elektrisches
Speicherheizgerät), zumal diese im Wesentlichen getragen sind von den Vorrich-
tungen gemäß den Patentansprüchen 1 der jeweiligen Anträge. Im Übrigen wurde
für eine weitere Ausgestaltung durch Merkmale der Unteransprüche ein gegebe-
nenfalls die erfinderische Tätigkeit begründender überraschender technischer
Effekt nicht vorgetragen.
III.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
- 20 -
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Feuerlein
Egerer
Heimen
Wismeth
prö