Urteil des BPatG vom 06.08.2015

Stand der Technik, Patentanspruch, Erfindung, Anteil

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
15 W (pat) 14/14
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
6. August 2015
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 103 50 579.2
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 6. August 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Dr. Feuerlein, der Richter Dr. Egerer, Heimen und Dr. Freudenreich
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
- 2 -
G r ü n d e
I.
Am 24. Oktober 2003 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die die innere
Priorität des deutschen Gebrauchsmusters 203 14 145.8 vom 8. September 2003
in Anspruch nehmende Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Oberflächenbeschichtung mit endothermischen Effekten“
eingereicht worden, welche auf Antrag der Anmelderin in Form der
DE 103 50 579 A1 vorzeitig offengelegt worden ist.
Die Anmeldung betrifft eine Oberflächenbeschichtung mit endothermischen Ef-
fekten, die insbesondere bei der Innen- und Außenbeschichtung von Bauwerken
eingesetzt wird und in der Lage ist, das in sommerlicher Luft nächtlich anfallende
Kondensat aus Luftfeuchtigkeit aufzunehmen und bei beginnender Sonnenein-
strahlung wieder abzugeben, wobei durch die Verdunstung ein Kühleffekt entsteht
(DE 103 50 579 A1: Abs. [0001], [0012], [0013]). Mit dem in der Anhörung vom
3. April 2014 ergangenen Beschluss hat die Prüfungsstelle für Klasse C 09 D des
Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zurückgewiesen.
Der Zurückweisung liegt der in der Anhörung als Hauptantrag überreichte Pa-
tentanspruch 1 mit dem folgenden Wortlaut zugrunde:
- 3 -
Die Zurückweisung durch die Prüfungsstelle ist damit begründet, dass, wie bereits
mit Ladungszusatz geltend gemacht wurde, der Anmeldungsgegenstand nicht wie
in § 34 (4) PatG gefordert, so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein
Fachmann ihn ausführen könne und dass der geltende Patentanspruch unzulässig
erweitert sei. Die Neuheit und erfinderische Tätigkeit beim Gegenstand der An-
meldung wurden im schriftlichen Verfahren und in der Anhörung vor dem Deut-
schen Patent- und Markenamt nicht weiter erörtert.
Im Einzelnen sei nicht klar, was unter den ursprünglich anspruchsgemäßen (ur-
sprgl. Patentansprüche 1 und 5) in der Oberflächenbeschichtung enthaltenen
„synchronisierenden Aktivatoren“ zu verstehen sei, die im Verlauf des Prüfungs-
verfahrens zusätzlich funktionell als
zum „dynamischen Feuchtetransport“ (Erst-
unterlagen: S. 2 Z. 18-20) ausgebildet definiert wurden. Denn diese Begriffe seien
in ihrer Bedeutung nicht verständlich, in der Beschreibung nicht erläutert und im
einschlägigen Fachgebiet nicht nachweisbar. Auch die von der Anmelderin vorge-
legte Definition von „Aktivatoren“ im Malerlexikon (s. u.) mache den Anmeldungs-
gegenstand nicht ausführbar, da der Fachmann den verwendeten sehr allgemei-
nen Begriffen keine konkreten Stoffe zuordnen könne. Wenngleich die Anmelderin
in einer
Eingabe diesbezüglich „Cellulose, Zinkoxid und Zitronensäure“ erwähne,
- 4 -
seien diese Stoffe nicht ursprünglich offenbart. Gleichermaßen sei unklar, ob der
mit ursprünglichem Patentanspruch 1 beanspruchte Anteil der Mikrokeramikteil-
chen in der
trockenen Beschichtung von „30 - 70 %“ ein Massen- oder ein Volu-
menanteil sei.
Hinsichtlich der in der Anhörung vorgelegten Anspruchsfassung
, die weder „syn-
chronisierende Aktivatoren zum dynamischen Feuchtetransport“ noch einen Pro-
zentanteil der Mikrokeramikteilchen nennt, hat sie festgestellt, dass die im Pa-
tentanspruch 1 verwendete Beschichtung lediglich vakuumisierte Hohlkugeln ent-
halte, eine Beschichtung,
die keine „Aktivatoren“ enthalte, jedoch nicht in den ur-
sprünglichen Unterlagen offenbart sei, weshalb der Gegenstand von Anspruch 1
gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert sei (§ 38 PatG).
Für die Beurteilung der Patentfähigkeit wurde von der Prüfungsstelle die Druck-
schrift D1 ermittelt. Die aus Eingaben Dritter stammenden Druckschriften D2 bis
D9 hat die Prüfungsstelle ohne patentrechtliche Bewertung in das Verfahren ein-
geführt:
D1
DE 100 03 237 A1
D2
EP 1 149 958 A1
EP 1 111 144 A1
D4
EP 1 215 463 A1
EP 1 180 649 A1
Konvolut verschiedener Prospekte (3M
TM
Scotchlite
TM
Glass
Bubbles: 3 Seiten, Prospekte in italienischer und niederländischer
Sprache: 29 Seiten; Prospekt Thermoline: 8 Seiten; Prospekt
energy coatings: 11 Seiten),undatiert.
EP 1 235 042 A1
- 5 -
Anlagenkonvolut
(Prüfbericht
Nr.
V-ECB-AC01-12-02
vom
10. Mai 2003: 6 Seiten; Prospekt Thermoline: 5 Seiten; Prospekte
in italienischer und niederländischer Sprache: 29 Seiten).
Von der Anmelderin sind die Druckschriften D10 bis D15 als Beleg für das dem
Fachmann geläufige Fachwissen vorgelegt worden:
D10
FEDERL, Siegfried [Hrgs.]: Maler Lexikon. Callwey-Verlag,
München, 2001, S. 33 und 387.
D11
Verkaufsprospekt:
„ThermoShield-Das Produkt”, 2 Seiten, unda-
tiert.
WEBER, H.: Kapillare Wasseraufnahme ohne Druck in Baustof-
fen. Kurztext aus: Bausubstanz, 1988. - ISSN: 9990-5574.
Bioanalytik, Spektrum Akademischer Verlag GmbH, 1998,
S. 196-197.
DE 197 32 833 A1
DE 32 08 201 A1
Hinsichtlich
des
„synchronisierenden
Aktivators
zum
„dynamischen
Feuchtigkeitstransport“ macht sie unter Verweis auf das Malerlexikon (D10) gel-
tend, dass ein Aktivator ein Stoff sei, durch den eine Reaktion besonders be-
schleunigt oder in eine bestimmte Richtung gelenkt werde (D10: S.
33, „Aktivator)
und unter Verweis auf die Druckschriften D13 und D14, dass solche Materialien,
nämlich beispielsweise Biopolymere wie Cellulose, bekannt seien.
Gegen den der Anmelderin am 14. April 2014 zugestellten Beschluss der Prü-
fungsstelle richtet sich ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom 6. Mai 2014, einge-
gangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag. Sie widerspricht
den Ausführungen der Prüfungsstelle in allen Punkten.
- 6 -
In Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hat der Senat mit Ladungszusatz
vom 10. Juni 2015 und mit Schriftsatz vom 3. August 2015 die Druckschriften D16
bis D21 in das Verfahren eingeführt:
D16
Römpp-Lexikon Chemie. FALBE Jürgen, REGITZ Manfred [Hrsg.],
Thieme Stuttgart, New York, 10. Aufl., 1999, Bd. 5 PI-S; S. 3686
(
Stichwort „Quellung“). – ISBN 3-13-735010-7 (Band 5)
D17
DE 31 41 098 A1
D18
DE 42 38 389 A1
D19
AT 405 949 B
D20
DE 199 00 196 A1
Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie: Korrosion bis
Lacke. Bd. 15, Verlag Chemie, Weinheim 1978, S. 596-603,
613-616. ISBN 3-527-200 015-0
Der Senat hat der Anmelderin seine vorläufige Auffassung zur Kenntnis gebracht,
dass dem Gegenstand des Patents, selbst wenn Bedenken hinsichtlich der Aus-
führbarkeit zurückgestellt würden, jedenfalls die erfinderische Tätigkeit fehle.
In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihr Patentbegehren verteidigt,
denn die Ausführbarkeit der Erfindung sei gegeben und bei ihrem Gegenstand
seien auch Neuheit und erfinderische Tätigkeit verwirklicht.
Ihrer Auffassung nach, die sie auch schriftsätzlich vorgetragen hat, offenbare die
Patentanmeldung DE 103 50 589 A1 in den Abs. [0012] und [0014] bereits, dass
die Aktivatoren hinsichtlich des erfindungsgemäß zu erzielenden Kühleffektes da-
für sorgten, dass Feuchtigkeit in ausreichender Menge tiefer in die Beschichtung
eindringen kö
nne, indem sie die „Tür offen hielten“, ein zu langsames Eindringen
verhinderten sowie bei einer Blockierung des Kapillartransports gegensteuerten.
Dieses Fachwissen versetze den Fachmann in die Lage, die Erfindung auszufüh-
ren. Zudem seien von der Anmelderin bereits drei als Aktivatoren geeignete Sub-
- 7 -
stanzen wie Cellulose genannt worden. Die von Seiten des Senats hinsichtlich der
Bewertung der erfinderischen Tätigkeit als nächstliegender Stand der Technik
herangezogene Druckschrift DE 100 03 237 A1 (D1) lehre keine Aktivatoren und
insbesondere keine gegensteuernden Aktivatoren. Außerdem führe sie den
Fachmann nicht in die Richtung der Erfindung, weil die dort beschriebene Be-
schichtung nicht auf Kühlung, sondern auf Energieeinsparung mit geringer Ver-
dunstungsrate (D1: Sp. 3 Z. 9-12) gerichtet sei. Selbst wenn ausweislich der
Encyklopädie (D12) Dispersionsfarben auf Basis wässriger Acrylharze u. a. Verdi-
ckungsmittel wie dem Fachmann geläufige cellulosebasierende Stoffe enthielten,
liege das Problem anders, da eine gegebene Farbe ein bestimmtes Quellverhalten
aufweise, auf welches der Aktivator abgestimmt sein müsse, weil es nicht den Ak-
tivator gebe.
Von den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsanträgen 3 bis 5 macht
sie den Hilfsantrag 4 zum Hauptantrag, dessen geltender Patentanspruch 1 den
folgenden Wortlaut hat:
Die Anmelderin hat den Antrag gestellt,
den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse
C 09 D des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
- 8 -
3. April 2014 aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der
folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 - 7 gemäß Hilfsantrag 4,
Beschreibungsseiten 1 - 3 zu Hilfsantrag 4,
eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 6. August 2015,
im Übrigen wie angemeldet.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist frist- und formgerecht eingelegt worden und
zulässig (§ 73 PatG). Sie hat jedoch aus nachfolgenden Gründen keinen Erfolg.
1.
Beschichtung vorzustellen, die endothermische Effekte erzielt. Zur Lösung der
Aufgabe wird gemäß Patentanspruch 1 nunmehr eine Beschichtung mit folgenden
Merkmalen vorgeschlagen:
M1.1
Außenoberflächenbeschichtung aus einer abgetrockneten Sus-
pension enthaltend mindestens
M1.2
Dispersionsfarbe,
M1.3.1
silanisierte Mikrokeramikteilchen in Form von vakuumisierten
Hohlkugeln aus einer Silizium-Keramik, deren Oberfläche als
Anlagefläche für Wasser dient,
M1.3.2
wobei der Anteil der Mikrokeramikteilchen 30 - 70 % der trocke-
nen Beschichtung umfasst,
M1.4
synchronisierende Aktivatoren, die für einen dynamischen
Feuchtetransport sorgen, befinden sich zwischen den Mikroke-
ramikteilchen.
- 9 -
2.
Anmeldetag offenbart sind. So sind die stofflichen Merkmale des Patentan-
spruchs 1 in den Patentansprüchen 1 bis 5 vom Anmeldetag genannt, während
sich das Teilmerkmal einer Außenoberflächenbeschichtung dem Fachmann aus
dem Kontext der Beschreibung (vgl. a. a. O. S. 1 Z. 9-11, S. 2 Z. 9-11 und 24-25)
ebenso ergibt wie di
e „zwischen den Hohlkugeln liegenden synchronisierenden
Aktivatoren für den Feuchtigkeitstransport
“ (vgl. a. a. O. S. 2 Z. 18-20). In den Ur-
sprungsunterlagen findet sich auf S. 3 Z 9-14 auch die Anlagerung von Wasser
„an den speziellen Hohlkörpern“ offenbart, was in Verbindung mit dem Patentan-
spruch 1 vom Anmeldetag nur als Anlagerung von Wasser an die Oberfläche der
M1.3.1
und was an der stofflichen Zusammensetzung der Beschichtung nichts zu ändern
vermag. Die die Beschichtung in bevorzugter Weise ausgestaltenden Unteran-
sprüche 2 bis 7 lassen sich auf die Unteransprüche 6 bis 11 vom Anmeldetag zu-
rückführen.
3.
M1.1
dadurch charakterisiert, dass sie auf eine Außenseite aufgebracht wird (vgl.
DE 103 50 579 A1: Abs. [0003]).
Der Patentanspruch 1 weicht dahingehend von der ursprünglich eingereichten
Fassung ab, dass die am Anmeldetag beanspruchte abgetrocknete Suspension
mindestens Dispersionsfarbe, Mikrokeramikteilchen und Aktivatoren, also min-
destens drei Komponenten, enthält, während sich die Aktivatoren vorliegend nur-
M1.4
die Dispersionsfarbe und deren Inhaltsstoffe als Aktivator fungieren.
Der Anteil der Mikrokeramikteilchen ist hinsichtlich der Prozentangabe (Gew.-%,
Vol.-% etc.) offen, weshalb auch Prozentangaben im Stand der Technik gleicher-
maßen offen zu werten sind.
- 10 -
4.
mann, ein Verfahrenstechniker oder Diplom-Chemiker mit vertiefter Kenntnis über
die physikalische Beschaffenheit und die damit erzielbaren Wirkungen von Be-
schichtungen von Baustoffen, aufgrund seines Fachwissens ausführen kann.
Soweit die Anmelderin den erfindungsgemäß angestrebten Erfolg theoretisch be-
gründet, ist festzustellen, dass derlei Betrachtungen zur Wirkungsweise keine
technische Lehre hinsichtlich der beanspruchten Zusammensetzung bietet (BGH
GRUR 1994, 357 Ls. 2 - Muffelofen). Da sich in den ursprünglichen Anmeldeun-
terlagen keinerlei Hinweise auf konkrete Verbindungen finden, die als Aktivatoren
im Sinne der Anmeldung dienen können, und auch in dem einzigen Ausführungs-
beispiel in Abs. [0018]-[0019] der DE 103 50 579 A1 keine konkrete Zusammen-
setzung der Beschichtung offenbart ist, können nachträglich genannte, spezielle
Verbindungen wie Zitronensäure, Zinkoxid und Cellulose diesen Mangel nicht be-
heben.
Für die Ausführbarkeit kommt es vielmehr darauf an, ob der Fachmann mit dem
Begriff „synchronisierender Aktivator“ zum „dynamischen Feuchtetransport“ kon-
krete Stoffe verbinden konnte.
Dies ist der Fall, wie sich aus den Druckschriften D1 und D12 ergibt.
Anders als dies von der Anmelderin dargestellt wird, basiert die Wirkung der Flüs-
sigkeramik gemäß der gattungsgemäßen, bereits im Prüfungsverfahren ermittelten
DE 100 03 237 A1 (D1) darauf, dass die dichte Packung der Ceramic-Bubbles den
Ausgleich an Feuchtigkeit verlangsamt (D1: Sp. 3 Z. 7-9), die Acrylharze aber da-
für sorgen, dass Wasserdampf entweichen kann und die beschichteten Materialien
„atmen“ können (D1: Sp. 3 Z. 35-37). Dem Fachmann erschließt sich damit ohne
weiteres, dass das Acrylharz selbst
als ein das „Atmen“ der Oberfläche ermögli-
M1.4
mit der ebenfalls von einer „Atmung“ sprechenden Druckschrift D12 steht (D12:
- 11 -
S. 614 Punkt 2.6.2 2. Abs.). Auch wenn man den Ausführungen der Anmelderin
folgte, dass ein Aktivator zudem gegensteuernd wirken müsse, wäre ein „Atmen“
der Beschichtung sonst nicht möglich.
Sofern es sich, wie von der Anmelderin ausgeführt wurde, bei dem Aktivator um
eine dritte Komponente neben der Dispersionsfarbe und den Hohlkugeln aus
Mikrokeramikkugeln handeln sollte, steht auch dies der Ausführbarkeit nicht ent-
gegen. Nach Druckschrift D12 enthalten handelsübliche Dispersionsfarben Verdi-
M1.4
mit zum Feuchtigkeitstransport befähigte Substanzen wie Cellulosen, die gleich-
ermaßen die Funktion eines Aktivators erfüllen. Die Anmelderin selbst hat Cellu-
lose als Beispiel für einen Aktivator genannt, weshalb ihr Vorbringen in der Ver-
handlung, dass diese zusätzlich auf die Dispersionsfarbe abgestimmt werden
müsse, nicht überzeugen kann. Den Unterlagen vom Anmeldetag ist zumindest
nichts zu entnehmen, was auf ein solches Vorgehen hindeuten könnte.
5.
Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften geht hinsichtlich der Offenba-
rung über die Druckschrift D1 hinaus. Diese liegt im Blick des Fachmanns, denn
sie ist auf ein Verfahren zum Beschichten von textilen Flächengebilden mit Flüs-
sigkeramik gerichtet, wobei die beschichteten Flächengebilde insbesondere für
technische Textilien mit Schutzfunktion, vorzugsweise Wärmedämmung und Iso-
lation (D1: Titel und Zusammenfassung) und damit im Innen- und Außenbereich
M1.1
ein Kühleffekt, ist dort als erfindungsgemäßer Effekt genannt (D1: Sp. 3 Z. 33-35).
Die Druckschrift D1 verweist speziell auf den Einsatz solcher polymerer Werk-
stoffe bei der Wärmedämmung der Außenhaut von Gebäuden (D1: Sp. 1 Z. 9-14).
Gemäß D1 wird die Flüssigkeramik auf die Oberfläche aufgebracht und getrocknet
M1.1
Nach Patentanspruch 1 der D1 besteht die Flüssigkeramik zum einen aus 6 % Ke-
- 12 -
ramik und 41 % Teilvakuum, wobei Keramik und Vakuum getrennt aufgeführt sind.
Dem Fachmann ist bewusst, dass ein Vakuum nur innerhalb eines geschlossenen
M1.3.1
weshalb ihre Kombination 47 % der Zusammensetzung ergibt. Der Anteil der Ce-
M1.3.1
M1.3.2
D12 eine für Reinacrylate typische Konzentration von 50 Gew.-% zugrunde legt
(D12: S. 614 Punkt 2.6.2, Beispiele). Als zweite Komponente der Flüssigkeramik
beansprucht die D1 eine Acrylatdispersion, die bereits in der streitpatentgemäßen
Anmeldung als Beispiel für eine Dispersionsfarbe genannt ist (vgl. D1: Patentan-
M1.2
M1.4
Die Druckschrift D1 lehrt nicht den Einsatz von silanisierten Ceramic-Bubbles
M1.3.1
6.
Geleisteten liegt der Erfindung damit die objektive Aufgabe zugrunde, Ceramic-
Bubbles für die erfindungsgemäße Beschichtung in silanisierter Form einzusetzen.
Ein solches Vorgehen ist dem Grundwissen des Fachmanns zuzurechnen, da Sili-
kat und damit Keramik bekanntermaßen keine oder nur geringe Affinität zum
Kunststoff besitzt und deswegen mit Haftvermittlern behandelt wird, um eine gute
Bindung zwischen Kunststoffmatrix und Silikat zu ermöglichen. Funktionale Silane
gehören in dieser Hinsicht zu den standardmäßig eingesetzten Haftvermittlern.
Der Anmeldung selbst sind keine auf dieser Behandlung fußenden besonderen
Effekte zu entnehmen und auch die Anmelderin hat dazu nicht vorgetragen. Damit
liefert dieser Unterschied keine Grundlage für eine Patenterteilung.
7.
und die Patenterteilung auf Basis der Patentansprüche nach Hilfsantrag 4 bean-
- 13 -
tragt. Somit hat die Patentanmelderin die Patenterteilung erkennbar nur im Um-
fang eines Anspruchssatzes beantragt, der zumindest einen nicht rechtsbeständi-
gen Anspruch enthält. Deshalb war die Beschwerde zurückzuweisen, ohne dass
noch auf die übrigen Patentansprüche gesondert eingegangen zu werden braucht
(vgl. BGH v. 27. Juni 2007 - X ZB 6/05, GRUR 2007, 862
– Informationsübermitt-
lungsverfahren II; Fortführung von BGH v. 26. September 1996 - X ZB 18/95,
GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).
III.
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 14 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch
einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten
schriftlich einzulegen.
Feuerlein
Egerer
Heimen
Freudenreich
Pr