Urteil des BPatG vom 10.12.2014

Verordnung, Genehmigung, Erzeugnis, Eugh

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
15 W (pat) 14/07
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Schutzzertifikatsanmeldung 103 99 028.3
für das Grundpatent DE 594 09 995 (EP 0 719 261)
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 10. Dezember 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Feuerlein sowie der Richter Dr. Egerer, Kätker und Dr. Lange
- 2 -
beschlossen:
I.
Der Beschluss der Patentabteilung 1.44 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 12. März 2007 wird aufgehoben.
II.
Der Antragstellerin wird ein ergänzendes Schutzzertifikat für
Pflanzenschutzmittel
für das Erzeugnis „Isoxadifen und des-
sen
Salze
und Ester“
mit
einer
Laufzeit
vom
9. September 2014 bis 10. April 2016 erteilt.
I.
S a c h v e r h a l t
Die Beschwerdeführerin beantragt die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifi-
kats für Pflanzenschutzmittel für das Erzeugnis "Isoxadifen und dessen Salze und
Ester".
Sie ist Inhaberin des am 8. September 1994 angemeldeten und auch mit Wirkung
für
die
Bundesrepublik
Deutschland
erteilten
europäischen
Patents
EP 0 719 261 B1, Akz. DE 594 09 995.1 (Grundpatent) mit der Bezeichnung
"Substituierte Isoxazoline, Verfahren zu deren Herstellung, diese enthaltende Mit-
tel und deren Verwendung als Safener".
Die von dem Grundpatent geschützten Wirkstoffe 4,5-Dihydro-5,5-diphenyl-3-iso-
xazol-carbonsäure (Isoxadifen) und 4,5-Dihydro-5,5-diphenyl-3-isoxazol-carbon-
säureethylester (Isoxadifen-ethyl) werden Pflanzenschutzmitteln beigefügt, um die
Toleranz von Nutzpflanzen gegenüber Herbiziden zu erhöhen, ohne die Wirkung
der Herbizide auf Unkräuter zu beeinträchtigen.
- 3 -
Isoxadifen (R = H), Isoxadifen-ethyl (R = CH
2
CH
3
)
Die pflanzenphysiologische Wirkung von Isoxadifen und dessen Ethylester lässt
sich durch die Fachbegriffe „herbicide safener“, kurz „safener“, und „herbicide an-
tidot“ bezeichnen.
Den am 10. Juli 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen
Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel
, der Isoxadifen und dessen Salze und Ester als Erzeugnis bezeichnet und für den
das Aktenzeichen 103 99 028.3 vergeben wurde, stützte die Anmelderin auf die
am 21. März 2003 vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsi-
cherheit in Braunschweig (BVL) für das Inverkehrbringen des Pflanzenschutzmit-
tels MaisTer® erteilte vorläufige Zulassung nach § 15c des deutschen Pflanzen-
schutzgesetzes (PflSchG a. F. gültig bis zum 13. Februar 2012). In dieser Ge-
nehmigung mit der Zulassungsnummer 5045-00 sind als Wirkstoffe Foramsulfu-
ron, Isoxadifen (als Ethylester = Isoxadifen-ethyl) und Iodosulfuron von MaisTer
genannt, Isoxadifen-
ethyl mit dem in Klammern gesetzten Zusatz „Safener“. Die
Anmelderin gab als erste Genehmigung in der Gemeinschaft die am 10. April 2001
in Italien für das Pflanzenschutzmittel RICESTAR erteilte Zulassung an.
RICESTAR enthält nach der italienischen Produktbeschreibung Fenoxaprop-p-
ethyl und Isoxadifen-ethyl.
Das BVL hat mit Bescheid vom 17. Januar 2006 die vorläufige Genehmigung von
MaisTer® bis zum 30. Juni 2006 verlängert. In diesem Bescheid ist Isoxadifen als
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Wirkstoff mit dem Zusatz in Klammern "Safener" aufgeführt. In der anschließenden
endgültigen Zulassung des BVL von MaisTer® vom 12. Juni 2006 mit der Zulas-
sungsnummer 5045-00 - sie wurde von der Antragstellerin im Jahr 2009 zurück-
gezogen - und der für 10 Jahre erteilten, sogenannten endgültigen Zulassung vom
19. Dezember 2007 mit der Zulassungsnummer 6169-00 ist Isoxadifen bzw. Iso-
xadifen-ethyl bei den Wirkstoffen nicht mehr aufgeführt.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat den Antrag auf Erteilung des Schutz-
zertifikats mit Beschluss vom 12. März 2007 mit der Begründung zurückgewiesen,
eine vorläufige Zulassung nach § 15c PflSchG reiche ® für die Erteilung eines
Zertifikats nicht aus. Auch richte sich der Antrag lediglich auf einen Wirkstoff, ge-
nehmigt sei aber eine Wirkstoffkombination. Im Übrigen könne die italienische
Genehmigung nicht als erste Genehmigung in der Gemeinschaft herangezogen
werden, da sie für eine andere Wirkstoffkombination erteilt worden sei.
Gegen die Zurückweisung hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Sie weist
darauf hin, dass in der Zwischenzeit mehrere Entscheidungen des Europäischen
Gerichtshofs ergangen seien, die eine Aufrechterhaltung der Zurückweisungs-
gründe nicht mehr rechtfertigten.
Diese Ausführungen hat der Senat des Bundespatentgerichts in einem rechtlichen
Hinweis vom 2. Mai 2012 bestätigt, jedoch darauf hingewiesen, dass Zweifel be-
stünden, ob es sich bei Isoxadifen, einem Safener, tatsächlich um einen Wirkstoff
im Sinne der Zertifikatsverordnung für Pflanzenschutzmittel Nr. 1610/96 handle.
Denn in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutz-
mitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des
Rates werde zwischen Wirkstoffen, Safenern und Synergisten unterschieden.
Mit Beschluss vom 9. Juli 2012 (an Verkündungs Statt zugestellt am
6. Dezember 2012)hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH zur
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Auslegung des Art. 3 Abs. 1 und des Art. 1 Nr. 8 und Nr. 3 der Verordnung (EG)
Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über
die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel fol-
gende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
„Sind die Begriffe Erzeugnis in Art. 3 Abs. 1, Art. 1 Nr. 8 und Wirkstoff in Art. 1
Nr.
3 dieser Verordnung dahin auszulegen, dass auch ein Safener darunter fällt ?“
Hierauf hat der EuGH in der Rechtssache C-11/13 mit Urteil vom 19. Juni 2014 für
Recht erkannt:
Der Begriff „Erzeugnis“ in Art. 1 Nr. 8 und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG)
Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über
die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel und
d
er Begriff „Wirkstoffe“ in Art. 1 Nr. 3 dieser Verordnung sind dahin auszulegen,
dass ein Stoff, der für einen Gebrauch als Safener bestimmt ist, unter diese Be-
griffe fallen kann, wenn er eine eigene toxische, phytotoxische oder pflanzen-
schützende Wirkung entfaltet.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
G r ü n d e
Die Beschwerde der Anmelderin ist frist- und formgerecht eingelegt worden und
zulässig (§ 73 i. V. m. § 16a Abs. 2 PatG). Sie hat auch Erfolg.
Die in Anspruch genommene vorläufige Zulassung nach § 15c PflSchG ist eine
Genehmigung im Sinne von Art. 3 Abs. 1b, das im Antrag bezeichnete Erzeugnis
ist ein Wirkstoff im Sinne von Art. 1 Nr. 3b i. V. m. Art. 1 Nr. 8 und Nr. 1b und ge-
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nügt auch als Teil der genehmigten Wirkstoffkombination dem Art. 1 Nr. 8, jeweils
der Verordnung Nr. 1610/96 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifi-
kats für Pflanzenschutzmittel.
Die italienische Genehmigung, die dieses Erzeugnis enthält, kann als erste Ge-
nehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft und damit zur Berech-
nung der Laufzeit des Schutzzertifikats herangezogen werden.
Auch die übrigen Bedingungen der Verordnung Nr. 1610/96 für die Erteilung eines
ergänzenden Schutzzertifikats sind erfüllt.
1.
Nach Maßgabe des Urteils des Europäischen Gerichtshofs C-11/13 vom
19. Juni 2014 ist das in der hier maßgeblichen Zulassung 5045-00 vom
21. März
2003 als Wirkstoff mit dem Zusatz „Safener“ gekennzeichnete Isoxadi-
fen-ethyl auch ein Wirkstoff i. S. d. Verordnung Nr. 1610/96 über die Schaffung
eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel.
a)
Auf den Vorlagebeschluss des 15. Senats vom 6. Dezember 2012 hat der
Europäische Gerichtshof in dem Urteil C-11/13 vom 19. Juni 2014 entschieden,
dass der Begriff
„Erzeugnis“ in Art. 1 Nr. 8 und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung
Nr.
1610/96 und der Begriff „Wirkstoffe“ in Art. 1 Nr. 3 dieser Verordnung dahin
auszulegen sind, dass ein Stoff, der für den Gebrauch als Safener bestimmt ist,
dann unter diese Begriffe fallen kann, wenn er eine eigene Wirkung in toxischer,
phytotoxischer oder pflanzenschützender Hinsicht entfaltet.
Der Europäische Gerichtshof hat in dem Urteil C-11/13 unmissverständlich zum
Ausdruck gebracht, dass eine Einordnung von in den Zulassungen (unter ande-
rem) auch als Safener ausgewiesenen Stoffen, unter Beachtung der Verordnung
Nr. 1610/96, nach einer ihnen eigenen toxischen, phytotoxischen oder pflanzen-
schützenden Wirkung vorzunehmen ist.
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In Art. 1 der Verordnung Nr. 1610/96 über die Schaffung eines ergänzenden
Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel werden die Begriffe „Wirkstoff“ und
„Wirkstoffzusammensetzung“ im Zusammenhang mit dem Begriff „Erzeugnis“ de-
finiert.
Nach Art. 1 Nr. 1 sind Pflanzenschutzmittel Wirkstoffe und Zubereitungen, die ei-
nen oder mehrere Wirkstoffe enthalten
…, und die dazu bestimmt sind,
- Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen oder
ihrer Einwirkung vorzubeugen, insoweit diese Stoffe oder Zubereitungen im
folgenden nicht anders definiert werden,
- die Lebensvorgänge von Pflanzen in einer anderen Weise als ein Nährstoff
zu beeinflussen, z.B. Wachstumsregler,
- Pflanzenerzeugnisse zu konservieren
…,
- unerwünschte Pflanzen zu vernichten, oder
- Pflanzenteile zu vernichten, ein unerwünschtes Wachstum von Pflanzen zu
hemmen oder einem solchen Wachstum vorzubeugen.
Nach Art. 1 Nr. 3 sind Wirkstoffe Stoffe und Mikroorganismen, einschließlich Viren,
mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung
- gegen Schadorganismen,
- auf Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse.
Nach Art. 1 Nr. 8 ist ein Erzeugnis der Wirkstoff im Sinne von Nr. 3 oder die Wirk-
stoffzusammensetzung eines Pflanzenschutzmittels.
b)
Die Definitionen eines Pflanzenschutzmittel, eines Wirkstoffs und einer
Wirkstoffzusammensetzung sowie eines Erzeugnisses in Artikel 1 der Verord-
nung 1610/96 stehen einer Einordnung von Isoxadifen-ethyl bzw. von Isoxadifen
als Wirkstoffe i. S. d. Verordnung nicht entgegen. Denn Isoxadifen-ethyl bzw. Iso-
xadifen beeinflussen in ihrer Eigenschaft als Herbizid-Antidot die Lebensvorgänge
von Pflanzen in einer anderen Weise als ein Nährstoff, so dass sie zweifelsfrei
unter die betreffende Alternative der Definitionen eines Pflanzenschutzmittels bzw.
eines Pflanzenschutzmittelwirkstoffs (Art. 1 Nr. 1b) und als Wirkstoffe mit allge-
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meiner oder spezifischer Wirkung auf Pflanzen (Art. 1 Nr. 3b) bzw. betreffende
Erzeugnisse (Art. 1 Nr. 8) einzuordnen sind.
Die Eigenschaft bzw. die Funktion von Isoxadifen-ethyl als Wirkstoff bzw. als
Wirkstoff in einer Wirkstoffkombination geht bereits aus dem Grundpatent hervor
(vgl EP 0 719 261 B1
0001
bis
0003
i. V. m.
0008
,
0034
,
0035
sowie
0056
). Demnach ist Isoxadifen-ethyl ein Herbizid-Antidot. Ein Antidot ist ein Ge-
genmittel bzw. Gegengift, dessen Wirkung auf verschiedenen physiologischen
Effekten beruhen kann. Insoweit als das Antidot die toxische Wirkung eines Gifts,
hier eines herbiziden Wirkstoffs, durch eine eigene Wirkung auf den Stoffwechsel
der Nutzpflanzen herabsetzt, weist Isoxadifen-ethyl als solches eine eigene pflan-
zenschützende Wirkung auf und erfüllt damit die Voraussetzungen, unter denen
nach den Vorgaben des EuGH ein safener unter die Begriffe „Erzeugnis“ und
„Wirkstoff“ fällt.
Eine detaillierte Darstellung biochemischer und physiologischer Mechanismen der
Wirkung von Safenern ist der Fachliteratur zu entnehmen.
Wie von der Beschwerdeführerin im Verlauf des vorliegenden Beschwerdeverfah-
rens zutreffend dargelegt, entfalten die meisten Safener ihre Wirkung über eine
Erhöhung der Aktivität von Enzymen, beispielsweise Glutathion-S-Transferasen
und Monooxygenasen, welche die Herbicide deaktivieren (vgl. Schrifts v. 29. Juni
2012 i. V. m. Anlage 9), und damit durch eine eigene, direkte Wirkung auf den
Stoffwechsel der zu schützenden Nutzpflanze. Der Senat hat sich durch Einsicht
in die Fachliteratur davon überzeugen können, dass auch Isoxadifen-ethyl seine
pflanzenschützende Wirkung durch unmittelbare Beeinflussung des Stoffwechsels
der betreffenden Nutzpflanzen entfaltet (vgl. z. B. Plant, Cell and Environment 34
(2011) 1970 bis 1985).
Isoxadifen-ethyl bzw. Isoxadifen hat damit eine eigene, unmittelbar pflanzenschüt-
zende Wirkung. Die Verordnung unterscheidet dabei nicht, ob die pflanzenschüt-
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zende Wirkung in einer Hemmung eines Schadorganismus oder in dem Schutz
der Nutzpflanze vor einem Herbizid besteht.
Die Vorgaben des EuGH in seiner Antwort in dem Urteil C-11/13 auf die Vorlage-
frage sind deshalb für Isoxadifen-ethyl bzw. Isoxadifen vollständig erfüllt.
c)
Die Beschwerdeführerin hat im Übrigen ausführlich dargelegt, dass sich an
dem sachlichen Prüfungsumfang für die Zulassung von Safenern auch nach deren
Herausnahme aus der Gruppe der Wirkstoffe im nationalen Zulassungsverfahren
und dem damit verbundenen, rein formalen Kategorienwechsel nichts geändert
hat (vgl. Schrifts v 24. August 2012, Anlagen, i. V.m. endgültige Zulassungen Nr.
5045-00 vom 12. Juni 2006 sowie Nr. 6169-00 vom 19. Dezember 2007). Auch
deshalb kann im Hinblick auf die Erwägungsgründe der Verordnung Nr. 1610/96
ein nunmehr als Safener kategorisierter Wirkstoff wegen des für eine erfolgreriche
Zulassung unverändert gleich gebliebenen hohen Forschungs-, Entwicklungs- und
Prüfungsaufwand nicht von einem erweiterten Schutz durch ein ergänzendes
Schutzzertifikat ausgeschlossen werden.
Die nach dem nationalen Zulassungsverfahren vorzunehmende, gegebenenfalls
wechselnde und nur vorübergehende, rein verwaltungstechnische Einordnung von
Isoxadifen-ethyl als Wirkstoff oder als Beistoff muss nach der Entscheidung des
EuGH C-11/13 gegenüber einer objektiv wissenschaftlichen Bewertung in den
Hintergrund treten. Ohne Belang für die vorliegende Entscheidung ist deshalb
auch, ob die spätere Kategorisierung von Safernern als Beistoffe durch das BVL
konform mit der Verordnung Nr. 1107/2009 ist oder zu der darin enthaltenen Defi-
nition von Beistoffen im Widerspruch steht.
2.
Die in dem angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Marken-
amts ausgeführten Gründe für die Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines
ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel greifen nicht.
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Nach Art. 3 der Verordnung Nr. 1610/96 über die Schaffung eines ergänzenden
Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel wird das Zertifikat erteilt, wenn zum
Zeitpunkt der Anmeldung das Erzeugnis durch ein in Kraft befindliches Grundpa-
tent geschützt ist (Art. 3 Abs. 1a), für das Erzeugnis als Pflanzenschutzmittel eine
gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 4 der Richtlinie
91/414/EWG oder einer gleichwertigen einzelstaatlichen Rechtsvorschrift (hier §
15c PflSchG) erteilt wurde (Art. 3 Abs. 1b), bei der es sich um die erste Genehmi-
gung für das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses als Pflanzenschutzmittel im
Antragsland handeln muss (Art. 3 Abs. 1d), und für das Erzeugnis noch kein Zerti-
fikat im Antragsland erteilt worden ist (Art. 3 Abs. 1c).
a)
Die in Anspruch genommene vorläufige Zulassung nach § 15c PflSchG mit
der Zulassungsnummer 5045-00 ist eine Zulassung i. S. d. Art. 3 Abs. 1b der Ver-
ordnung Nr. 1610/96 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für
Pflanzenschutzmittel (vgl. EuGH GRUR 2011, 213
– Lovells/Bayer).
b)
Soweit
der
Antrag
auf
Erteilung
eines
Schutzzertifikats
für
Pflanzenschutzmittel auf Isoxadifen, dessen Salze und Ester und damit lediglich
auf einen (Mono)Wirkstoff als Erzeugnis gerichtet ist, der Gegenstand der vorläu-
figen Zulassung nach § 15c PflSchG mit der Zulassungsnummer 5045-00 jedoch
eine Wirkstoffzusammensetzung aus den Wirkstoffen Foramsulfuron, Isoxadifen-
ethyl und Iodosulfuron ist, steht dem die betreffende Schutzzertifikatsverordnung
nicht entgegen. Denn gemäß Entscheidungen des EuGH ist Art. 3 Abs. 1b dahin
auszulegen, dass es den Behörden nicht verwehrt ist, ein ergänzendes Schutz-
zertifikat für einen in den Ansprüchen des Grundpatents genannten Wirkstoffs zu
erteilen, wenn das Arzneimittel, dessen Genehmigung zugrunde gelegt wird, nicht
nur diesen Wirkstoff, sondern auch weitere Wirkstoffe enthält (vgl. EuGH C-422/10
vom 24. November 2011
– Georgetown University; C-630/10 vom 25. November
2011
– Queensland).
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c)
Dass die im Antrag als erste Genehmigung in der Gemeinschaft bezeich-
nete italienische Genehmigung für eine andere Wirkstoffkombination erteilt worden
ist als die deutsche Genehmigung, steht ihrer Heranziehung zur Laufzeitberech-
nung aus den vorstehend unter 2b) ausgeführten Gründen nicht entgegen.
Da es sich bei der für fünf Jahre erteilten italienischen Genehmigung nicht um eine
vorläufige Genehmigung handelt, ist sie gemäß Art. 13 der Verordnung
Nr. 1610/96 zur Berechnung der Laufzeit des vorliegend beantragten ergänzenden
Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel heranzuziehen.
d)
Auch die übrigen Bedingungen und Voraussetzungen für die Erteilung des
beantragten Schutzzertifikats sind erfüllt.
Das Erzeugnis, für das das Zertifikat erteilt wird, fällt unter den Schutz des Grund-
patents (Art. 3 Abs. 1a; EP 0 719 261 B1 Anspr 1 i. V. m. S. 14 bis 15 Herstel-
lungsbeispiele 1, 6 und 18).
Der Antrag auf Erteilung eines Schutzzertifikats wurde innerhalb einer Frist von 6
Monaten nach der gültigen Genehmigung eingereicht (Art. 7 Abs. 1). Das Grund-
patent war zum Zeitpunkt der Antragsstellung in Kraft (Art. 3 Abs. 1a) und für das
Erzeugnis war zuvor noch kein Zertifikat erteilt worden (Art. 3 Abs. 1c). Die Zulas-
sung ist im Antragsstaat die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses
Erzeugnisses als Pflanzenschutzmittel.
3.
Die Laufzeitberechnung ergibt sich aus Art. 13 der Verordnung 1610/96 und
gibt für das hier zu erteilende ergänzende Schutzzertifikat eine ergänzende
Schutzdauer von 1 Jahr, 7 Monaten und 2 Tagen.
Demnach beginnt die Laufzeit am 9. September 2014 und endet mit Ablauf des
10. April 2016.
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III.
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. Das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. Bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. Einem Beteiligten das Rechtliche Gehör versagt war,
4. Ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. Der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. Der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Dr. Feuerlein
Dr. Egerer
Kätker
Dr. Lange
prö