Urteil des BPatG vom 14.11.2016

Stand der Technik, Patentanspruch, Fig, Neuheit

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
15 W (pat) 11/14
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
14. November 2016
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 101 52 404
- 2 -
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der mündlichen Verhandlung am 14. November 2016 unter Mitwirkung des Vorsit-
zenden Richters Dr. Feuerlein sowie der Richter Dr. Egerer, Heimen und
Dr. Wismeth
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der
Patentabteilung 52 vom 15. Januar 2014 aufgehoben und das
Patent vollständig widerrufen.
Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Auf die am 24. Oktober 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt einge-
reichte, am 15. Mai 2003 in Form der DE 101 52 404 A1 offengelegte Patentan-
meldung der
P…, B…, ist das Patent 101 52 404
B4 mit der Bezeichnung
„Laser-Mikrodissektionssystem“
erteilt
worden.
Veröffentlichungstag
der
Patenterteilung
ist
der
15. Dezember 2011.
Die erteilte Fassung der Patentansprüche hat folgenden Wortlaut:
- 3 -
- 4 -
- 5 -
- 6 -
- 7 -
Auf den
Einspruch der L… GmbH, die das Patent wegen
unzulässiger Erweiterung, mangelnder Ausführbarkeit, mangelnder Neuheit und
mangelnder erfinderischer Tätigkeit angreift, wurde das Patent mit Beschluss der
Patentabteilung 52 im Anschluss an die Anhörung am 15. Januar 2014 mit den
Patentansprüchen 1 bis 17 nachfolgenden Wortlauts beschränkt aufrecht erhalten:
- 8 -
- 9 -
- 10 -
- 11 -
- 12 -
- 13 -
- 14 -
Der Einspruch stützte sich auf folgende Druckschriften
(1)
WO 01/73398 A1
(2)
WO 97/13838 A1
(3)
DE 100 15 157 A1
(4)
WO 97/29355 A1
(5)
DE 38 36 716 A1
(6)
DE 37 18 066 A1
(7)
US 4 907 158 A
(8)
EP 0 539 888 A1
(9)
US 2001/0001574 A1.
Die Patentabteilung führte in dem angefochtenen Beschluss aus, der Gegenstand
des Patentanspruchs 1 (entspricht dem erteilten Patentanspruch 1) nach
Hauptantrag sei gegenüber dem Inhalt der Druckschrift (3) DE 100 15 157 A1
nicht mehr neu. Die vorstehend wiedergegebene Fassung der Patentansprüche
nach Hilfsantrag 2 erfülle hingegen sämtliche Patentierungserfordernisse.
- 15 -
Gegen den Beschluss der Patentabteilung über die beschränkte Aufrechterhaltung
hat zunächst nur die Einsprechende mit Schriftsatz vom 19. Februar 2014 Be-
schwerde eingelegt.
Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2015 hat sie ihre Beschwerde mit unzulässiger Er-
weiterung des Patentgegenstands gegenüber dem ursprünglich eingereichten
Anmeldungsgegenstand sowie mit mangelnder Neuheit gegenüber der Druck-
schrift (1) oder der Druckschrift (3) und mangelnder erfinderischer Tätigkeit ge-
genüber einer dieser Druckschriften alleine oder in deren Kombination mit den
Druckschriften (2) oder (4) begründet.
Daraufhin hat auch die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 9. April 2015
Beschwerde eingelegt und angekündigt zu beantragen, den Beschluss der
Patentabteilung aufzuheben und dass Patent in der erteilten Fassung aufrechtzu-
erhalten (Hauptantrag) sowie die Beschwerde der Einsprechenden abzuweisen,
hilfsweise das Patent im Umfang der mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2012 einge-
reichten und mit Schriftsatz vom 9. April 2015 orthographisch korrigierten Fassung
der Ansprüche 1 bis 18 (Hilfsantrag 1) aufrechtzuerhalten.
Weiter hilfsweise beantragt sie die Aufrechterhaltung mit den mit Schriftsatz vom
5. Dezember 2012 als Hilfsantrag 2 des Einspruchsverfahrens eingereichten An-
sprüchen 1 bis 17 (Hilfsantrag 2), weiter hilfsweise im Umfang der mit Schriftsatz
vom 7. Januar 2014 als Hilfsantrag 3 im Einspruchsverfahren eingereichten An-
sprüche 1 bis 16 (Hilfsantrag 3).
Die jeweiligen zueinander in Nebenordnung stehenden Patentansprüche der
Hilfsanträge 1 bis 3 haben folgenden Wortlaut:
- 16 -
Hilfsantrag 1:
- 17 -
- 18 -
- 19 -
Hilfsantrag 2:
- 20 -
- 21 -
Hilfsantrag 3:
- 22 -
- 23 -
In der mündlichen Verhandlung hat die Patentinhaberin eine weitere
Anspruchsfassung mit den nachfolgend wiedergegebenen nebengeordneten
Patentansprüchen 1 und 15 als Hilfsantrag 4 eingereicht:
- 24 -
- 25 -
Die Einsprechende stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 52 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. Januar 2014
aufzuheben und das Patent zu widerrufen
und die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
- 26 -
Die Patentinhaberin stellt den Antrag,
die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen,
und den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 52 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. Januar 2014
aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrecht zu erhalten,
hilfsweise das Patent mit den folgenden Unterlagen beschränkt
aufrecht zu erhalten:
1.
Patentansprüche 1 bis 18 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht
mit Schriftsatz vom 9. April 2015, im Übrigen wie erteilt,
2.
Patentansprüche 1 bis 17 gemäß Hilfsantrag 2, eingereicht
mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2012, im Übrigen wie erteilt,
3.
Patentansprüche 1 bis 16 gemäß Hilfsantrag 3, eingereicht
mit Schriftsatz vom 7. Januar 2014, im Übrigen wie erteilt,
4.
Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag 4, eingereicht in
der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie erteilt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten
verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Einsprechenden ist frist- und formgerecht eingelegt worden
und zulässig (PatG § 73). Sie hat auch Erfolg. Der Gegenstand des Streitpatents
- 27 -
gemäß Hauptantrag und gemäß Hilfsanträgen 1 bis 4 beruht, sofern noch neu,
jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die zulässige Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin hat dementsprechend
keinen Erfolg.
1.
Das Streitpatent betrifft gemäß den zueinander in Nebenordnung stehen-
den Patentansprüchen 1 und 17 ein Laser-Mikrodissektionssystem zur Bearbei-
tung eines auf einem Träger befindlichen, idR biologischen Materials bzw. Zellge-
webes und ein computerlesbares Speichermedium, in dem ein Steuerprogramm
zum computergestützten Steuern eines solchen Laser-Mikrodissektionssystems
gespeichert ist.
a)
Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag) betrifft ein
1) Laser-Mikrodissektionssystem
1.1)
zur Bearbeitung eines auf einem Träger befindlichen Materials,
2) mit einer Laserlichtquelle
2.1)
zur Erzeugung eines auf das zu bearbeitende Material zu richtenden
Laserstrahls, zur Bearbeitung des Materials mit dem Laserstrahl,
3) mit einer Bildaufnahmevorrichtung
3.1) zur Erzeugung eines Abbilds wenigstens eines Abschnitts des auf dem
Träger befindlichen Materials,
4) mit einer Anzeigenvorrichtung
4.1)
zur Darstellung des mit Merkmal 3 erzeugten Abbilds,
5) mit Auswahlmitteln
- 28 -
5.1) zum Auswählen von mit dem Laserstrahl zu bearbeitenden Objekten des
auf dem Träger befindlichen Materials,
5.2) zum Zuordnen eines jeweils ausgewählten Objekts einer entsprechenden
Objektgruppe,
5.3) zum Auswählen einer beliebigen Objektgruppe in der Liste des Merkmals
6.2,
6) mit Steuermitteln
6.1) zum Auswerten der mit Hilfe des Merkmals 5 durchgeführten Auswahl der
zu bearbeitenden Objekte, und
6.2) zum Erstellen einer Liste, in welcher die ausgewählten Objekte und/oder
Objektgruppen mit einer Bezeichnung der jeweils entsprechenden Objekt-
gruppe enthalten sind,
6.3) um eine Bearbeitung der der ausgewählten Objektgruppe zugeordneten
Objekte gruppenspezifisch mit dem Laserstrahl derart zu veranlassen,
6.3.1) dass sämtliche Objekte einer ersten Objektgruppe in einem ersten Auf-
fangbehälter gesammelt werden,
6.3.2) und dass sämtliche Objekte einer zweiten Objektgruppe in einem zwei-
ten Auffangbehälter gesammelt werden,
und/oder
6.3.3) dass die Bearbeitung gemäß einer gruppenspezifischen Laserfunktion
erfolgt, die aus einer Gruppe vorgegebener Laserfunktionen auswählbar ist.
Der nebengeordnete Patentanspruch 17 der erteilten Fassung (Hauptantrag) ist
gerichtet auf ein
A) Computerlesbares Speichermedium,
A.1) in dem ein Steuerprogramm zum computergestützten Steuern eines La-
ser-Mikrodissektionssystems mit den Merkmalen 1 bis 5.1 gespeichert ist und
eingerichtet ist, die Funktion der Steuermittel gemäß den Merkmalen 6 bis
6.3.3 sowie der Unteransprüche 2 bis 16 auszuführen.
- 29 -
b)
Das Streitpatent betrifft in den hilfsweise verteidigten Fassungen die durch
die nachfolgenden Merkmale weiter ausbildeten Gegenstände des Streitpatents.
b.1)
ein Laser-Mikrodissektionssystem mit den Merkmalen 1 bis 6.3 und 6.3.3, die
Merkmale 6.3.1 und 6.3.2 fehlen,
gemäß Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 1
ein Laser-Mikrodissektionssystem mit den Merkmalen 1 bis 6.3.2 (Merkmal 6.3.3
fehlt), wobei die Merkmale 5.3 und 6.3 umformuliert sind:
5.3*) zum Auswählen einer beliebigen ersten und zweiten Objektgruppe in der
Liste des Merkmals 6.2,
6.3*) um eine Bearbeitung der der ausgewählten ersten Objektgruppe und der
der ausgewählten zweiten zugeordneten Objekte gruppenspezifisch mit dem
Laserstrahl derart zu veranlassen,
6.3.1) dass sämtliche Objekte einer ersten Objektgruppe in einem ersten Auf-
fangbehälter gesammelt werden,
6.3.2) und dass sämtliche Objekte einer zweiten Objektgruppe in einem zwei-
ten Auffangbehälter gesammelt werden,
gemäß Patentanspruch 18 nach Hilfsantrag 1
ein computerlesbares Speichermedium mit den Merkmalen des Patentan-
spruchs 17 nach Hauptantrag, mit den aufgrund des Rückbezugs auf die Pa-
tentansprüche 1 bis 17 des Hilfsantrags 1 in den Ansprüchen 1 und 2 getroffenen
Änderungen.
- 30 -
b.2)
ein Laser-Mikrodissektionssystem in der Fassung des Patentanspruchs 2 nach
Hilfsantrag 1,
gemäß Patentanspruch 17 nach Hilfsantrag 2
ein computerlesbares Speichermedium mit den Merkmalen des Patentan-
spruchs 17 nach Hauptantrag mit dem Rückbezug auf die Patentansprüche 1 bis
16 des Hilfsantrags 2.
b.3)
1.1)
zur Bearbeitung eines auf einem Träger befindlichen Materials,
2) mit einer Laserlichtquelle
2.1) zur Erzeugung eines auf das zu bearbeitende Material zu richtenden La-
serstrahls zur Bearbeitung des Materials mit dem Laserstrahl,
3) mit einer Bildaufnahmevorrichtung
3.1) zur Erzeugung eines Abbilds wenigstens eines Abschnitts des auf dem
Träger befindlichen Materials,
4) mit einer Anzeigenvorrichtung
4.1) zur Darstellung des mit Merkmal 3 erzeugten Abbilds,
5*) mit Auswahlmitteln umfassend Eingabemittel
5.1) zum Auswählen von mit dem Laserstrahl zu bearbeitenden Objekten des
Materials,
- 31 -
5.2) zum Zuordnen eines jeweils ausgewählten Objekts einer entsprechenden
Objektgruppe,
5.3*) zum Auswählen einer beliebigen ersten und zweiten Objektgruppe in der
Liste des Merkmals 6.2,
6) mit Steuermitteln
6.1) zum Auswerten der mit Hilfe des Merkmals 5 durchgeführten Auswahl der
zu bearbeitenden Objekte, und
6.2) zum Erstellen einer Liste, in welcher die ausgewählten Objekte und/oder
Objektgruppen mit einer Bezeichnung der jeweils entsprechenden Objekt-
gruppe enthalten sind,
nach einer Aktivierung des Laserstartbuttons
der der ausgewählten ersten Objektgruppe und der der ausgewählten zweiten
zugeordneten Objekte gruppenspezifisch mit dem Laserstrahl derart zu veran-
lassen,
6.3.1) dass sämtliche Objekte einer ersten Objektgruppe in einem ersten Auf-
fangbehälter gesammelt werden,
6.3.2) dass sämtliche Objekte einer zweiten Objektgruppe in einem zweiten
Auffangbehälter gesammelt werden,
6.3.4) dass nur die den ausgewählten Objektgruppen zugehörigen Ob-
jekte verarbeitet werden,
6.4)
die Steuermittel sind derart ausgestaltet, dass sie unterschiedli-
che Markierungsarten zur Verfügung stellen,
6.4.1) jede Markierungsart ist einer Objektgruppe zugeordnet,
6.4.2) so dass alle mit einer bestimmten Markierungsart markierten und
ausgewählten Objekte eine entsprechende Objektgruppe bilden.
Wegen der hinzugenommenen interagierenden Teilmerkmale ist bei Patentan-
spruch 1 des Hilfsantrags 3 die gesamte Merkmalsanalyse wiedergegeben. Die
hinzugenommenen Merkmale, die bereits in vorhergehenden Hilfsanträgen vor-
- 32 -
hinzugenommene Merkmale
sind fett gedruckt
Gemäß Patentanspruch 16 nach Hilfsantrag 3
ein computerlesbares Speichermedium mit den Merkmalen des Patentan-
spruchs 17 nach Hauptantrag mit dem Rückbezug auf die Patentansprüche 1 bis
15 des Hilfsantrags 3.
b.4)
ein Laser-Mikrodissektionssystem mit sämtlichen Merkmalen des Patentan-
spruchs 1 nach Hilfsantrag 3 sowie den Merkmalen
5.4)
wobei die zu bearbeitenden Objekte auswählbar sind durch entsprechende
Markierung der Objekte auf dem mittels Merkmal 4 dargestellten Abbild des auf
dem Träger befindlichen Materials,
6.4.3) und die Markierungsart als die Bezeichnung der Objektgruppe in der Liste
angegeben ist,
gemäß Patentanspruch 15 nach Hilfsantrag 4
ein computerlesbares Speichermedium mit den Merkmalen des Patentan-
spruchs 17 nach Hauptantrag mit dem Rückbezug auf die Patentansprüche 1 bis
15 des Hilfsantrags 4.
c)
Als Fachmann ist ein Team anzusehen, dem ein Diplom-Ingenieur des Ma-
schinenwesens, ein Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik, sowie ein Molekularbio-
loge, Molekularpathologe und/oder Zytologe angehören.
- 33 -
2.
Hinsichtlich der Offenbarung der Anspruchsfassungen nach geltendem/n
Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 bestehen keine Bedenken. Die Anspruchs-
fassungen lassen sich aus den ursprünglichen Unterlagen herleiten und ergeben
sich auch unmittelbar aus dem Streitpatent (Hauptantrag: vgl. DE 101 52 404 A1,
Anspr. 1 i. V. m. Anspr. 4 sowie
0012
,
0013)
; Anspr. 2 bis 22 mit redundanzbe-
dingten, zulässigen Streichungen bzw. Zusammenfassungen, unverändert urspr.
Anspr. 21 und 22 als Anspr. 15 und 16; Anspr. 23 i. V. m. Anspr. 24; vgl.
DE 101 52 404 B4 Anspr. 1 bis 17. Hilfsantrag 1: vgl. DE 101 52 404 A1
0011
bis
0013
;
vgl.
DE 101 52 404 B4
0012
bis
0014
.
Hilfsantrag 2:
vgl. DE 101 52 404 A1
0011
bis
0013
; vgl. DE 101 52 404 B4
0012
bis
0014). Hilfsantrag 3: vgl. DE 101 52 404 A1
0011
bis
0013
, Sp. 7 Z. 21 bis 23,
Sp. 10
0048
bis
0050
, insbes. Sp. 10 Z. 34; vgl. DE 101 52 404 B4
0012
bis
0014
,
0036
Z. 1 bis 4,
0047
bis
0051
, insbes.
0051
Z. 7).
Auch die in Hilfsantrag 4 gegenüber Hilfsantrag 3 hinzugenommenen Merkmale
5.4 und 6.4.3 ergeben sich aus den ursprünglichen Unterlagen (vgl.
DE 101 52 404 A1 Anspr. 18
– Merkmal 5.4,; Anspr. 18 i. V. m. Beschr.
0038
bis
0044
, insbes.
0042
bis
0044
- Merkmal 6.4.3) sowie aus dem Streitpatent (vgl.
DE 101 52 404 B4 Anspr. 13
– Merkmal 5.4; Anspr. 13 i. V. m. Beschr.
0039
bis
0045
, insbes.
0043
bis
0045
- Merkmal 6.4.3), so dass diese Änderungen,
ebenso wie die Änderungen in den Hilfsanträgen 1 bis 3, weder über die ur-
sprüngliche Offenbarung hinausgehen, noch den Schutzgegenstand des Streit-
patents ändern oder erweitern.
Die Hilfsanträge 1 bis 4 sind deshalb zulässig.
Der von der Einsprechenden als unzulässig bemängelte Austausch des ursprüng-
lichen Begriffs „Eingabemittel“ gegen „Auswahlmittel“ ist vor der Patenterteilung
erfolgt und ohne Weiteres zulässig. Denn wie aus der DE 101 52 404 A1 (vgl.
a. a. O. z. B. Sp. 7, Z. 3 bis 53 i. V. m. Sp. 6 Z. 52 bis 65) hervorgeht, handelt es
- 34 -
sich bei den entweder manuell eingegebenen Mitteln oder automatisiert ablaufen-
den, weil bereits voreingestellten Auswahlmitteln um von der ursprünglichen Of-
fenbarung zwangsläufig erfasste Einrichtungen des beanspruchten Systems. In-
sofern stellen Eingabemittel eine Ausführungsform der Auswahlmittel dar. Der Be-
griff Eingabemittel geht deshalb nicht über die ursprünglich offenbarte Lehre hin-
aus und stellt auch keine unzulässige Ausführungsform dar.
Da der Wechsel von Eingabemitteln zu Auswahlmitteln im Prüfungsverfahren er-
folgt ist, die Begriffe des Auswählens und des Eingebens sich damit bereits ur-
sprünglich wie ein roter Faden durch das mit der streitpatentgemäßen Vorrichtung
durchzuführende Verfahren ziehen und Auswahlmittel fester Bestandteil der er-
teilten Anspruchsfassung sind, ist die Änderung „Auswahlmittel umfassend Einga-
bemittel“ in Merkmal 5* der Hilfsanträge 3 und 4 auch nach der Patenterteilung
zulässig.
Dem Vorbringen der Einsprechenden, eine vollautomatisierte Trennung unter-
schiedlicher Objekte in unterschiedliche Auffangbehälter sei nicht ursprünglich
offenbart und die diesbezüglichen Merkmale in den jeweiligen Hauptansprüchen
nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 4 stellten demnach unzulässige
Änderungen dar, kann nicht beigetreten werden. Denn bereits aus der ursprüngli-
chen Beschreibung geht als zum Erfindungsgegenstand gehörend hervor, meh-
rere Auffangbehälter nebeneinander anzuordnen, um
– automatisch gesteuert –
nacheinander unterschiedliche zuvor identifizierte, markierte und ausgeschnittene
Objekte in (zwei) unterschiedliche Auffangbehälter befördern zu können (vgl.
DE 101 52 404 A1 Anspr. 1, 4 und 14 i. V. m. Sp. 3 Z. 40 bis 57, Sp. 4 Z. 62 bis
Sp. 5 Z. 24, insbes. Sp. 5 Z. 2 bis 5, i. V. m. Sp. 10 Z. 45 bis Sp. 11 Z. 9), so dass
die Aufnahme der Merkmale 6.3 bis 6.3.2 in die erteilte Fassung (Hauptantrag) im
Verlauf des Prüfungsverfahrens nicht zu beanstanden ist. Die von diesen Merk-
malen ausgehende weitere Ausbildung der Merkmale 6.3 bis 6.3.2 in den Hilfsan-
trägen im Verlauf des Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahrens ist
ebenfalls zulässig, weil diese Ausbildungen sich aus dem Streitpatent als unmit-
- 35 -
telbar zum Patentgegenstand gehörend ergeben und deshalb damit keine Erweite-
rung und keine unzulässige Änderung des Schutzgegenstands verbunden ist. Im
Übrigen kommt der Begriff „vollautomatisiert“ in dem Anspruchswortlaut der gel-
tenden Anträge nicht vor.
3.
Die Ausführbarkeit, die bereits im Einspruchsverfahren und im Beschwerde-
schriftsatz verknüpft mit der Frage der Zulässigkeit des Austausches von Einga-
bemitteln gegen Auswahlmitteln angegriffen wurde, ist anzuerkennen. Denn die
Bereitstellung eines Laser-Mikrodissektionssystems mit den gegenständlichen
Merkmalen aus den Merkmalsgruppen 1 bis 6 ist dem Fachmann ohne weiteres
möglich. Die mit diesen Merkmalsgruppen verbundenen Funktionen ergeben sich
bereits unmittelbar aus den darauf Bezug nehmenden Textstellen der Beschrei-
bung unter Berücksichtigung des Wissens und Könnens des Fachmanns. Dieses
Wissen und Können des Fachmanns ist allerdings auch in die Bewertung von
Neuheit und erfinderischer Tätigkeit einzubeziehen.
4.
Zur Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstand des Streitpatents in
den
Fassungen
der
einzelnen
Anträge
sind
die
Druckschriften
WO 01/73398 A1 (1), WO 97/13838 A1 (2) und WO 97/29355 A1 (4) heranzuzie-
hen. Demgegenüber beruht der Streitgegenstand in den Fassungen nach Haupt-
und Hilfsanträgen 1 bis 4, sofern noch neu, jedenfalls nicht auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit, §§ 3, 4 PatG.
a)
Dem Beschluss der Patentabteilung, wonach Patentanspruch 1 in der erteil-
ten Fassung (Hauptantrag) keinen Bestand gegenüber der Lehre der im Wesentli-
chen mit der Druckschrift (1) inhaltsgleichen Druckschrift (3) hat, ist im Ergebnis
beizutreten.
a.1)
Aus (1) geht ein gattungsgemäßes Laser-Mikrodissektionssystem zur Bear-
beitung eines auf einem Träger befindlichen Materials hervor (vgl. (1) Abstract -
Merkmale 1, 1.1), das eine Laserlichtquelle zur Bearbeitung des Probenmaterials
- 36 -
(vgl. (1) Abstract i. V. m. Fig. 1 und S. 13 Z. 17 bis 20
– Merkmale 2, 2.1), eine
Bildaufnahmevorrichtung zur Erzeugung eines Abbilds von wenigstens einem Ab-
schnitt des auf einem Träger angeordneten Probenmaterials (vgl. (1) z. B. An-
spr. 4 i. V. m. z. B. S. 5 Z. 20 bis 29, S. 7 Z. 23 bis 30
– Merkmale 3, 3.1), eine
Anzeigenvorrichtung zur Darstellung des von der Bildaufnahmevorrichtung er-
zeugten Abbilds (vgl. (1) Anspr. 4 und 1 i. V. m. Anspr. 26
– die Merkmale 4, 4.1),
Auswahl- bzw. Eingabemittel zum Auswählen von mit dem Laserstrahl zu bear-
beitenden Objekten des auf dem Träger angeordneten Materials und Zuordnen
eines jeweils ausgewählten Objekts zu einer entsprechenden Objektgruppe (vgl.
(1) Anspr. 32, 33 i. V. m. Anspr. 23 sowie Beschreibung S. 18 Z. 11 bis S. 19
Z. 25, insbes. S. 19 Z. 1 bis 6, 16 bis 20
– Merkmale 5, 5.1, 5.2, 5.3) aufweist.
Vorhanden sind in (1) auch Steuermittel (vgl. (1) Anspr. 23
– Merkmal 6), die der-
art ausgestaltet sind, dass sie die Bearbeitung der der Objektgruppe zugeordneten
Objekte gruppenspezifisch mit dem Laserstrahl veranlassen, zum Auswerten der
mit Hilfe der Auswahl- bzw. Eingabemittel durchgeführten Auswahl der zu bear-
beitenden Objekte (vgl. (1) Anspr. 23 bis 50 i. V. m. S. 18 Z. 11 bis S. 19 Z. 25
Merkmale 6.1, 6.2, 6.3). Ausgewählte Objekte sind einer bestimmten (erstellten)
Liste zugeordnet (vgl. (1) S. 19 Z. 1 bis 25
– Merkmal 5.3). Mittels einer gruppen-
spezifischen Laserfunktion bzw. Lasereinstellung und Laserenergie erfolgt das
gruppenspezifische Ausschneiden, Katapultieren und Auffangen bzw. Sammeln
bestimmter Teile (Objekte) der zu untersuchenden biologischen Masse (vgl. (1)
Anspr. 4, 22, 23, 26, 32 i. V. m. S. 26 Z. 15 bis S. 27 Z 33 sowie S. 32 Z. 30 bis
S. 33 Z. 20), sodass auch die Merkmale 6.3.1 und 6.3.3 i. V. m. Merkmal 6.3 erfüllt
sind.
Was das Merkmal 6.3.2 anbelangt, so sollten im Rahmen des fachüblichen Ein-
satzes der Vorrichtung gemäß (1) beim Abtragen von (vorbestimmten) Arealen
(von Zellmaterial) zur Gewinnung jeweils einzelner Zellproben aus mehreren bio-
logischen Objekten (Zellproben eines biologischen Objekts, erste Objektgruppe
bzw. -liste; Zellproben eines anderen biologischen Objekts, zweite Objektgruppe
bzw. -liste) die Zellproben der unterschiedlichen biologischen Objekte zwangsläu-
- 37 -
fig auch in jeweils eine gesonderte Auffangvorrichtung katapultiert werden (S. 9
Z. 17 bis S. 10 Z. 7 i. V. m. Fig. 9A, 10A, 10B und S. 27 Z. 35 bis S. 28 Z. 17).
Entsprechendes gilt für entferntes unerwünschtes Material (weitere Objektgruppe),
das selbstverständlich getrennt von den gewünschten biologischen Objektgruppen
aufgefangen bzw. gesammelt werden muss (vgl. (1) S. 33 Z 14 bis Z. 20).
Es kann dahinstehen, ob durch diese Angaben in (1) auch das Sammeln sämtli-
cher Objekte einer zweiten Objektgruppe in einem separaten zweiten Auffangbe-
hälter und damit auch das Merkmal 6.3.2 unmittelbar aus (1) zu entnehmen ist,
und deshalb bereits die Neuheit der Laser-Mikrodissektionsvorrichtung gemäß
Patentanspruch 1 nach Hauptantrag zu verneinen ist.
Jedenfalls beruhen die Funktionsmerkmale und die damit verbundenen gegen-
ständlichen Ausgestaltungen der Merkmale 6.3 bis 6.3.3 nicht auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit. Denn für den Zytologen und den Molekularpathologen verstehen
sich die gezielte Auswahl unterschiedlicher gruppenspezifischer Objekte, d. h.
Objekte einer ersten Objektgruppe und Objekte einer zweiten Objektgruppe, nach
speziellen, üblichen zellulären Kenngrößen bzw. Kriterien, das (selbstverständlich)
getrennte automatisch gesteuerte Ausschneiden mit dem Laserstrahl und das ge-
trennte Katapultieren und Sammeln bzw. Ablegen in gruppenspezifischen Auf-
fangbehältern von selbst. Die Vorgehensweise entsprechend der Merkmale 6.3 bis
6.3.3 erschließt sich dem Fachmann deshalb ausgehend von (1) ohne erfinderi-
sches Zutun.
Die Druckschrift DE 100 15 157 A1 (3) ist, wie bereits in dem angefochtenen Be-
schluss zutreffend ausgeführt, im Wesentlichen inhaltsgleich mit (1), so dass sich
ihre gesonderte Abhandlung erübrigt.
a.2)
Aus der Druckschrift (2), die bereits ausweislich ihrer Bezeichnung die
Isolierung von Zellmaterial (zu analytischen Zwecken) unter einem bildgebenden
und bilddarstellenden Mikroskop betrifft, geht ein Laser-Mikrodissektionssystem
- 38 -
mit sämtlichen gegenständlichen Merkmalen 1 bis 6 hervor (vgl. (2) S. 6 Z. 12
Merkmal 1.1; S. 7 Z. 11 bis 15 i. V. m. Fig. 1
– Merkmale 1, 3, 3.1, 4, 4.1; S. 8
Z. 4/5 i. V. m. S. 18 Z. 21 bis 23 sowie Fig. 9
– Merkmale 2, 2.1; S. 8 Z. 32 bis S. 9
Z. 1
– Merkmale 5, 5.1; S. 10 Z. 18 bis 22 – Merkmal 6). Die Merkmale 5 und 5.1
werden dabei in (2) durch
den Passus „...how a region of the imaged sample is
selected and identified for subsequent microdissection...“ (vgl. (2) S. 8 Z. 34 bis
S. 9 Z. 1), der nichts anderes als die Auswahl (durch Auswahlmittel) durch spezi-
elle Eingabe(mittel) zum Zweck der nachfolgenden Bearbeitung durch den Laser-
strahl bedeutet, unmittelbar beschrieben.
Ebenso wie bei der vorstehend unter a.1) vorgenommenen Bewertung der Druck-
schrift (1) kann dahinstehen, ob die Beschreibung der gegenständlichen Merkmale
1 bis 6 in (2) auch bereits eine Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 nach Haupt-
antrag mit den übrigen funktionellen Merkmale der Merkmalsgruppen 5 und 6
neuheitschädlich vorwegnimmt. Jedenfalls bedarf es für die Ausgestaltung der aus
(2) bekannten gattungsgemäßen Vorrichtung durch die Funktionsangaben bzw.
funktionellen Merkmale der Merkmalsgruppen 5 und 6 keines erfinderischen Zu-
tuns. Denn die betreffenden Merkmale 5.1 bis 5.3 sowie 6.1 bis 6.3.3 erschließen
sich dem Fachmann bereits unmittelbar aus der Beschreibung von (2) (vgl. (2)
z. B. S. 9 Z. 17 bis S. 10 Z. 17
– Merkmale 5.1, 5.2, 6.1, 6.3 bis 6.3.2; S. 10 Z. 18
bis 30
– Merkmale 5.1, 5.2, 6.1, 6.3 bis 6.3.2 i. V. m. S. 25 Z. 11 bis 16; S. 12 Z. 7
bis 12
– Merkmale 6.3 bis 6.3.2; S. 19 Z. 18 bis 35 – Merkmal 6.3 i. V. m. Merkmal
6.3.3; S. 28 Z. 20 bis S. 30 Z. 15
– Merkmale 5.3, 6.2; S. 40 Z. 29 bis S. 41 Z. 35 –
Merkmale 6.3 bis 6.3.3).
Es versteht sich für einen Fachmann ohnehin von selbst, dass Differenzierung und
Klassifizierung unterschiedlicher Gewebe- und/oder Zellbereiche bzw. Zelltypen
oder Zellgruppen mittels unterschiedlicher Markierungs(hilfs)mittel und damit
selbstverständlich gruppenselektiv bzw. gruppenspezifisch entsprechend den
Merkmalen 5 bis 5.2 und 6 bis 6.2 vorzunehmen sind, gegebenenfalls auch in voll-
oder teilautomatisierter gesteuerter Form (vgl. (2) S. 8 Z. 24 bis 31 i. V. m. S. 10
- 39 -
Z. 18 bis 30, S. 12 Z. 16 bis 22, S. 18 Z. 30 bis S. 19 Z. 1, S. 25 Z. 17 bis 32, S. 26
Z. 7/8). Ebenso selbstverständlich für den Fachmann ist das gesonderte Aus-
schneiden, und das gesonderte Auffangen und Aufbewahren von selektierten
ausgeschnittenen Objekten, z. B. unterschiedliche Zellgruppen, Zelltypen bzw.
unterschiedliche Gewebeteile, zu analytischen Zwecken, gegebenenfalls in auto-
matisierter gesteuerter Form (vgl. (2) Anspr. 20 und 24 i. V. m. z. B. S. 10 Z. 18 bis
30 und S. 41 Z. 30 bis 35
– (Merkmale 6.3.1 und 6.3.2)). Erfinderischen Zutuns
bedarf es dazu nicht.
a.3)
Ein Laser-Mikrodissektionssystem mit sämtlichen Merkmalen des Patentan-
spruchs 1 nach Hauptantrag erschließt sich dem Fachmann in nahe liegender
Weise ausgehend von (1) oder (2) insbesondere unter Einbeziehung der Lehre
der Druckschrift (4), in der eine gattungsgemäße computergesteuerte Laser-
Mikrodissektionseinrichtung mit sämtlichen gegenständlichen Merkmalen 1 bis 6
beschrieben ist (vgl. (4) Abstract
– Merkmale 1, 1.1, 2, 2.1, 6; Abspr. 12/13 –
Merkmale 4, 4.1, 5, 5.1; S 5 Abs. 2 bis S. 6 Abs. 1
– Merkmale 3 bis 5.1) und aus
der sich dem Fachmann insbesondere das in (1) und (2) lediglich angedeutete
oder mitzulesende Merkmal 6.3.2 unmittelbar erschließt. Aus der in (4) beschrie-
benen Separation des zu analysierenden Gewebes in unterschiedliche Zelltypen
bzw.
–gruppierungen (biologische Objekte bzw. Objektgruppen), bei der es sich
um eine fachübliche Arbeitsweise handelt (vgl. (4) S. 11 Abs. 3 bis S. 12 Abs. 1
i. V. m. S. 2 Z. 4 bis 6), ergibt sich schon aufgrund der analytischen Zweckbe-
stimmung (vgl. (4) S. 17 Z. 4 bis 7) zwangsläufig und unabdingbar das gesonderte
Auffangen unterschiedlicher Zelltypen und Zellgruppen in unterschiedlichen Be-
hältnissen (vgl. (4) S. 15 Abs. 3 bis S. 16 Abs. 1).
a.4)
Sofern die Patentinhaberin darauf verweist, dass gemäß (1) die Auswahl
der zu bearbeitenden Objekte nur manuell und einzeln, nicht als Gruppe erfolge,
lässt sie die fachkundige Bewertung der Lehre dieser Druckschrift in ihrer Ge-
samtheit unberücksichtigt. Denn bereits aus (1) geht unmissverständlich die Ziel-
setzung hervor, einzelne biologische Objekte oder bestimmte Objektgruppen nicht
- 40 -
nur manuell, sondern auch rechnergestützt und automatisiert aus einer sehr gro-
ßen Anzahl von Objekten oder Objektgruppen räumlich abzutrennen und auszu-
sondern (vgl. (1) S. 9 Z. 28 bis 37). Die Abtrennung von gehäuften Zellen als Ge-
samtheit und ihr Aussondern bedeutet in diesem Kontext nichts anderes als die
Abtrennung und das Aussondern einer Objektgruppe (gehäufte Zellen als Ge-
samtheit), wobei der Hinweis auf die Separation spezifischer Zellen (vgl. S. 9 Z. 31
bis 34) verbunden mit der rechnergestützten räumlichen Trennung einzelner bio-
logischer Objekte (vgl. S. 9 Z. 28 bis 31) auch auf verschiedene einzelne Zellhau-
fen im Sinne unterschiedlicher Objektgruppen nach der Terminologie des Streit-
patents zu lesen ist.
Auch die Ausgestaltung der Liste gemäß (1) mit Bezeichnung(en) der Objekt-
gruppe(n) zwecks einer gezielten Auswahl der betreffende(n) Gruppe(n) vermag
die Patentfähigkeit gegenüber dem vorgebrachten Stand der Technik nicht zu be-
gründen. Denn dem Dokument (1) ist zu entnehmen, dass die Steuermittel eine
Markierungsfunktion zwecks rechnergestütztem Markieren mindestens eines ei-
nem zu katapultierenden Objekt entsprechenden Punktes auf dem auf der Anzei-
geneinheit dargestellten Videobildes (vgl. (1) z. B. Anspr. 32) sowie Speichermittel
zum Speichern der so markierten Punkte, die einzelnen Objekten oder Objekt-
gruppen entsprechen, in einer Liste umfassen (vgl. (1) Anspr. 33 i. V. m. S. 19 Z. 1
bis 25). Das Abspeichern in einer solchen Liste einschließlich geeigneter Fachbe-
zeichnung nach Markierungsart bzw. Zelltyp ergibt sich daraus von selbst, wie be-
reits in dem angefochtenen Beschluss der Patentabteilung zutreffend ausgeführt
(vgl. a. a. O. Punkt III., Abs. 2).
Entsprechendes ergibt sich für den fachkundigen Leser auch aus (2)
– vgl. (2) S. 8
Z. 24 bis 31 i. V. m. S. 9 Z. 17 bis 36 und S. 25 Z. 24 bis 32.
a.5)
Hauptantrag, der die Bereitstellung eines computerlesbaren Speichermediums mit
- 41 -
einem gespeicherten Programm zur Steuerung des Laser-Mikrodissektionssystem
gemäß Patentanspruch 1 zum Gegenstand hat.
Die Druckschriften (1) und (2) geben bereits den explizien Hinweis zum Einsatz
eines computerlesbaren Speichermediums (vgl. (1) S. 35 Z. 17 bis 21 i. V. m. An-
spr. 23 bis 50) zur computergestützten Steuerung der dort beschriebenen Laser-
Mikrodissektionssysteme mit den gegenständlichen Merkmalen 1 bis 6. Damit die
gattungsgemäßen computergestützten Laser-Mikrodissektionssysteme gemäß (1)
und (2)
– wie vorstehend in den Abschnitten 4a bis 4a.4 ausgeführt – die Funktio-
nen der Merkmale 1 bis 6.3.3 jedenfalls in für den Fachmann naheliegender Weise
ausführen können, müssen sie zwangsläufig mit einem computerlesbaren Spei-
chermedium auszugestaltet sein, auf dem die zur Ausführung der Funktionen der
Merkmale 6.1 bis 6.3.3 erforderlichen Steuerbefehle in Form eines Steuerpro-
gramms gespeichert sind. Weder die Idee der Ausgestaltung durch die Merkmale
A und A.1 noch deren praktische Umsetzung bedarf erfinderischen Zutuns, so
dass diese Merkmale die Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentan-
spruchs 17 nicht begründen können. Das zur Umsetzung in die Praxis eigentlich
erforderliche Steuerprogramm ist im Übrigen auch im Streitpatent nicht offenbart.
a.6)
Dem Antrag der Patentinhaberin, das Patent wie erteilt aufrecht zu erhalten,
ist deshalb nicht stattzugeben.
b)
Nicht stattzugeben ist auch den Hilfsanträgen 1 bis 4, in denen das streitpa-
tentgemäße Laser-Mikrodissektionssystem und damit auch das darauf bezug-
nehmende computerlesbare Speichermedium durch zusätzliche gegenständliche
und/oder funktionelle Merkmale ausgebildet ist.
b.1)
des Streitpatents in zwei Hauptansprüche 1 und 2 aufgespalten, auf die der dazu
in Nebenordnung stehende Anspruch 18 Bezug nimmt.
- 42 -
Patentanspruch 1 sowie die darauf Bezug nehmende Alternative des Patentan-
spruchs 18 des Hilfsantrags 1 sind gegenüber der erteilten Fassung (Hauptantrag)
unverändert geblieben und somit aus den vorstehend ausgeführten Gründen je-
denfalls mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar, so dass das Streitpatent
schon deswegen auch in der Fassung des Hilfsantrags 1 keinen Bestand hat.
b.2)
Merkmale 5.3* und 6.3* sowie die Streichung des Merkmals 6.3.3 vermögen die
Patentfähigkeit eines dadurch modifizierten Laser-Mikrodissektionssystems ge-
genüber dem Stand der Technik, wie er sich aus den Druckschriften (1), (2) und
(4) ergibt, nicht zu begründen.
Denn die nähere Ausgestaltung sowohl der Auswahlmittel zur Auswahl als auch
der Steuermittel zur Bearbeitung einer beliebigen ersten Objektgruppe und einer
beliebigen zweiten Objektgruppe (ggf. auch weiterer Objektgruppen) in der Ob-
jektliste des Merkmals 6.2 erschließt sich dem Fachmann ausgehend von der be-
reits in (1) verwendeten Liste von Positionswerten bzw. Punkten, die einzelnen
biologischen Objekten in der biologischen Masse entsprechen, und seinem Fach-
wissen betreffend die histologischen Differentialanalyse und -präparation (vgl. (1)
S. 9 Z. 17 bis S. 10 Z. 7 insbesondere S. 9 Z. 23 bis 31 i. V. m. S. 19 Z. 1 bis 20).
Zudem wird in (4) explizit auf die Möglichkeit hingewiesen, die gewünschten ein-
zelnen Objekte nacheinander in jeweils frische (neue) Auffanggefässe zu katapul-
tieren, aber auch mehrere Objekte in einem Auffanggefäß zu sammeln (vgl. (4)
S. 15 le Abs. bis S. 16 Abs. 1), was im Zusammenhang mit den einschlägigen
Anwendungsgebieten (vgl. (4) S. 16 le Abs. bis S. 17 Ende Abs. 1) zwangsläufig
die gesonderte Markierung (
Auswahl), die
Erfassung der gesondert markierten
unterschiedlichen Gewebsbereiche bzw. Zelltypen (in einer Liste) und das geson-
derte Ansteuern und Ausschneiden der markierten Gewebsbereiche ebenso impli-
ziert wie das gesonderte Auffangen der so selektierten unterschiedlichen Ge-
websbereiche zur Analytik und Präparation.
- 43 -
Dagegen würde ein nicht fachgerechtes Auffangen bzw. Sammeln einmal ge-
trennter und damit selektierter unterschiedlicher Gewebsbereiche und Zelltypen
(erste, zweite ggf. weitere Objektgruppe) in einem einzigen Auffangbehälter nicht
dem Sinn und Zweck sorgfältigen analytischen Arbeitens entsprechen.
Wegen der übrigen Merkmale wird vollumfänglich auf die Ausführungen in den
Abschnitten 4a verwiesen.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist deshalb mangels erfinderischer Tätig-
keit nicht gewährbar, dementsprechend auch der darauf Bezug nehmende Pa-
tentanspruch 18.
b.3)
gestaltung des Hilfsantrags 3 keinen Bestand. Entsprechendes gilt für ein darauf
Bezug nehmendes computerlesbares Speichermedium.
Die gegenüber Hilfsantrag 2 in Merkmal 6.3* hinzugenommene Aktivierung eines
Laserstartbuttons zur gruppenspezifischen Bearbeitung der der ausgewählten
ersten Objektgruppe und der ausgewählten zweiten Objektgruppe zugeordneten
Objekte ergibt sich unmittelbar aus der Druckschrift (1) (vgl. a. a. O. S. 29 Z. 5 bis
S. 30 Z. 14).
Eine gruppenspezifische Bearbeitung der ausgewählten Objekte gemäß den ge-
genüber Hilfsantrag 2 hinzugenommenen Merkmale 6.3.4 bis 6.4.2 erschließt sich
dem Fachmann, wenn nicht bereits unmittelbar aus dem vorgebrachten Stand der
Technik (vgl. z. B. (2) S. 9 Z. 17 bis 36), so daraus doch in nahe liegender Weise
und damit ohne erfinderisches Zutun.
Dem Vorbringen der Patentinhaberin, die besondere Ausbildung des streitpatent-
gemäßen Laser-Mikrodissektionssystems in der Fassung des Hilfsantrags 3 liege
nach Drücken des Laserstartbuttons (Merkmal 6.3*) in dem automatischen Ablauf
- 44 -
der Merkmale 6.3.4 bis 6.4.2, ist zwar beizutreten. Jedoch ergibt sich diese Aus-
bildung zumindest in nahe liegender Weise aus dem vorgebrachten Stand der
Technik (vgl. z. B. (2) S. 9 Z. 17 bis 36 i. V. m. (1) S. 29 Z. 5 bis S. 30 Z. 14).
b.4)
Hilfsantrag 4 ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Stand der Technik (vgl. z. B.
(2) S. 8 Z. 24 bis 31 i. V. m. S. 10 Z. 18 bis 30 - Merkmal 5.4) und erschließt sich
im Übrigen dem Fachmann daraus in naheliegender Weise (vgl. z. B. (2) S. 9
Z. 17 bis 36 i. V. m. (1) Anspr. 33 und S. 19 Z. 1 bis 25 - Merkmal 6.4.3). Entspre-
chendes gilt für ein computerlesbares Speichermedium, auf dem ein dafür ausge-
bildetes Steuerprogramm gespeichert ist, so dass auch dem Hilfsantrag 4 nicht
entsprochen werden kann.
5.
Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung
der Sach- und Rechtslage abschließend einen Hauptantrag und vier Hilfsanträge
gestellt. Weitere Anhaltspunkte für ein stillschweigendes Begehren einer weiter
beschränkten Fassung des Streitpatents haben sich nicht ergeben. Infolgedessen
hat sie das Patent erkennbar nur im Umfang der Anspruchssätze dieser Anträge
verteidigt, die jeweils zumindest einen nicht gewährbaren Patentanspruch enthal-
ten. Auf die übrigen Patentansprüche brauchte bei dieser Sachlage nicht geson-
dert eingegangen zu werden (BGH, Beschl. V. 27. Juni 2007
– X ZB 6/05,
Informationsübermittlungsverfahren II, Fortführung von BGH GRUR 1997, 120 -
Elektrisches Speicherheizgerät).
- 45 -
III.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Feuerlein
Egerer
Heimen
Wismeth
prö