Urteil des BPatG vom 07.11.2016

Stand der Technik, Patentanspruch, Trinkwasser, Fig

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
14 W (pat) 47/12
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2007 030 104
- 2 -
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
7. November 2016
unter Mitwirkung der Richterin Dr. Münzberg als Vorsitzende,
der Richter Schell und Dr. Jäger sowie der Richterin Dr. Wagner
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 20. Januar 2012 hat die Patentabtei-
lung 41 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent 10 2007 030 104 mit
der Bezeichnung
„Verfahren zur Herstellung von Formfleisch für die Zubereitung in
einem Toaster und tiefgekühltes Formfleisch zur Zubereitung eines
panierten, frittierten Formfleischstückes in einem Toaster“
in vollem Umfang aufrechterhalten.
Dem Beschluss liegen die erteilten Patentansprüche 1 bis 20 zugrunde, von
denen die nebengeordneten Patentansprüche 1, 16 und 20 wie folgt lauten:
„1. Verfahren zur Herstellung von Formfleisch für die Zuberei-
tung in einem herkömmlichen Toaster, gekennzeichnet durch fol-
gende Schritte:
Formen von scheibenförmigen Formfleischstücken aus einer
Fleischstücke enthaltenden Formmasse,
- 3 -
Nasspanieren der Formfleischstücke mit einer aus zerkleinerten
fleischlichen Rohstoffen, Trinkwasser und Hilfsstoffen erzeugten
Nasspanade,
Trockenpanieren der nasspanierten Formfleischstücke,
Frittieren der trockenpanierten Formfleischstücke,
Abtrennen von überschüssigem Frittierfett von frittierten Form-
fleischstücken durch Abblasen mittels Luftströmung, so dass letz-
tere einen Frittierfettgehalt von weniger als 12 Gew.-% aufweisen
und beim Erhitzen der Formfleischstücke in einem Toaster kein
Frittierfett in den Toaster tropft, und
Tiefkühlen der frittierten und von überschüssigem Frittierfett befrei-
ten Formfleischstücke.
16. Tiefgekühltes Formfleisch zur Zubereitung in einem her-
kömmlichen Toaster, bestehend aus einem aus einer Fleischstü-
cke enthaltenden Formmasse hergestellten, panierten und frittier-
ten Formfleischstück, dessen Panade aus einer aus zerkleinerten
fleischlichen Rohstoffen, Trinkwasser und Hilfsstoffen erzeugten
Nasspanade und einer weiteren Schicht in Form einer auf die
Nasspanade aufgetragenen Trockenpanade gebildet ist, wobei
das Formfleischstück ein Scheibenformat und einen Frittierfettge-
halt von weniger als 12 Gew.- % aufweist, so dass beim Erhitzen
des Formfleischstückes in einem Toaster kein Frittierfett in den
Toaster tropft.
20. Verwendung von tiefgekühlten Formfleisch bestehend aus
einem aus einer Fleischstücke enthaltenden Formmasse herge-
stellten, panierten und frittierten Formfleischstück, dessen Panade
aus einer aus zerkleinerten fleischlichen Rohstoffen, Trinkwasser
und Hilfsstoffen erzeugten Nasspanade und einer weiteren
Schicht in Form einer auf die Nasspanade aufgetragenen Tro-
- 4 -
ckenpanade gebildet ist, wobei das Formfleischstück ein Schei-
benformat und einen Frittierfettgehalt von weniger als 12 Gew.- %
aufweist, so dass beim Erhitzen des Formfleischstückes in einem
Toaster kein Frittierfett in den Toaster tropft, zur Zubereitung eines
panierten, frittierten Formfleischstückes durch Erhitzen in einem
herkömmlichen Toaster.“
Die Aufrechterhaltung des Patents wurde im Wesentlichen damit begründet, dass
das Verfahren zur Herstellung von Formfleisch für die Zubereitung in einem her-
kömmlichen Toaster, wie auch das tiefgekühlte Formfleisch und dessen Verwen-
dung unstrittig neu seien und gegenüber dem von den Einsprechenden zitierten
Stand der Technik
D1
DE 10 2005 012 436 A1
D2
DE 93 18 752 U1
D3
DE 81 11 909 U1
D4
US 2005/ 01 06 296 A1
D5
GB 2 327 331 A
D6
DE 601 11 104 T2
D7
EP 1 757 190 A1
D8
Dulano Wiener Schnitzel paniert, http://www.lidl-dulano.at/images/content/
big/Schnitzel1.jpg [recherchiert am 17.12.2008]
D9
Lidl Dulano Schinken-Schnitzel, http://www.ciao.de/Lidl_Dulano_Schinken_
Schnitzel_Test_2888317 [recherchiert am 20.06.2007]
D10 DE 100 47 515 A1
D11 DE 36 24 963 A1
D12 BRATA - Nasspanaden, http://www.brata.de/info.html [recherchiert am
30.08.2009]
D13 DE 32 48 749 A1
D14 Auszüge aus Convenience Food Systems: Nass- und Trockenpanierma-
schinen V 01201 D/9910
- 5 -
D15 DE 297 08 417 U1
D16 JP 63 222 661 A mit englischer Computerübersetzung
D17 WO 2005/ 060 487 A2
D18 Pszczola D.E.: New Batters and Breadings: Go Beyond Just Crumbs. In:
food technology 10.05, Seite 52
E1
WO 2005/ 067 720 A1
E2
DE 196 24 329 A1
E3
DE 197 07 080 A1
E4
DE 198 29 035 A1
E5
Information Toaster Philips HD 2618/00 (10.06.2009)
E6
Information Toaster Braun HAT 550 Multitoast (http://www.ciao.de/Erfah-
rungsberichte/Braun_HT_550_Multitoast_1873780
[recherchiert
am
14.10.2009] und http://www.amazon.de/Braun-MultiToast-HT-550-Lang-
schlitztoaster/dp/B0002E47V [recherchiert am 14.10.2009])
E7
US 1 888 992 A
E8
FR 2 642 635 A1
E9
GB 2 427 998 A
E10 JP 58 179 736 A
E11 JP 2000 104 929 A
E12
Lutz Etikettenbestellung: „Hähnchenschnitte nach Schnitzel Art, paniert,
gebraten“
E13 Gissel-
Institut: „Untersuchung des Produktes: Schweineformfleischschnitte,
Zerkleinertes Schweinefleisch geformt, paniert, gebraten, 300g, MHD:
12.02.04“ vom 02.02.2004
E14 Labor Kneißler GbR:
„Untersuchung des Produktes: 2 Formfleisch-Hähn-
chenschnitzel „Mignon“ 250 g“ vom 22.01.2007
E15
Lutz: „Arbeitsanweisung Grund- /Maschineneinstellung Linie 3 geformte,
panierte Produkte/gebraten“ gültig ab 22.10.02 und „Arbeitsanweisung für
Produktionsvorbereitung Naßpanade für Produkt
e Lutz“ gültig ab
07.08.2000
- 6 -
E16
Artland Fleischwaren GmbH: „Produktionsprozess Bratenlinie Formfleisch-
schnitzel.xls“
E17
„Schnitzelet TK 100g“ vom 12.01.98
E18 EP 1 775 017 A2
E19 WO 93/ 15 619 A1
E20 Lieferschein und Rechnung der Fa. Artland Fleischwaren (eingereicht am
05.01.2012)
E21 Lieferschein und Rechnung der Fa. Lutz Fleischwaren AG (eingereicht am
05.01.2012)
E22 Nasspaniermaschine
– ER 400/600/900/1000/1200 –, 1993 (eingereicht in
der Anhörung vom 20.01.2012
auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Keine der Druckschriften D1 bis
D11, D13, D15 bis D18 und E1 bis E11, E18, E19 und E22 enthalte einen Hin-
weis, der für die Herstellung eines tiefgekühlten Formfleischstückes mit weniger
als 12 Gew.-% Frittierfettgehalt einen zweistufigen Panierprozess mit Nass- und
Trockenpanade vorsehe, wobei die Nasspanade aus zerkleinerten, fleischlichen
Rohstoffen bestehe. Es sei daher für den Fachmann nicht nahe liegend gewesen,
statt des Einsatzes der in D4, D16 bis D18 und E19 beschriebenen Proteinhydro-
lysate zur Reduktion des Fettgehaltes in frittierten Produkten nicht weiter aufberei-
tete, zerkleinerte, fleischliche Rohstoffe einzusetzen und zusätzlich das als nach-
teilig beschriebene Abblasen von Frittierfett einzusetzen, um den Fettgehalt auf
einen für die Aufgabe geeigneten Wert einzustellen.
Für das tiefgekühlte Formfleisch nach Patentanspruch 16 würden zunächst Form-
fleischstücke erzeugt, paniert und frittiert, bevor sie tiefgekühlt würden. Damit
könne das patentgemäße Erzeugnis aber nicht mit einem frittierten Burger gleich-
gesetzt werden, der
– wie aus D15 bekannt – mit einer Teighülle versehen werde.
Denn patentgemäß werde das Erzeugnis mit der Panade frittiert, was bei dem
Brötchen bzw. der Teighülle des Burgers nach D15 nicht der Fall sei.
- 7 -
Nachdem keinem der Dokumente ein Hinweis zu entnehmen sei, tiefgekühltes
Formfleisch mit einer Nasspanade aus zerkleinerten, nicht weiter verarbeiteten,
fleischlichen Rohstoffen zu umhüllen und diese anschließend mit einer Trockenpa-
nade zu versehen, habe auch das Erzeugnis, welches die zwei Panaden in der
besagten Reihenfolge aufweise, nicht nahe gelegen.
Dies gelte gleichermaßen für die Verwendung des tiefgekühlten Formfleisches zur
Zubereitung durch Erhitzen in einem Toaster nach Patentanspruch 20.
Eine von der Einsprechenden II geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung
gemäß den Dokumenten E12 bis E17, E20 und E21 wurde in dem angefochtenen
Beschluss nicht weiter erörtert, sondern nur insoweit darauf hingewiesen, dass
druckschriftlicher Stand der Technik gleichen Inhalts vorgelegen habe und diese
Frage somit dahingestellt bleiben könne.
Ferner gingen die Patentansprüche nicht über den Inhalt der ursprünglich einge-
reichten Unterlagen hinaus, noch bestehe eine unzureichende Offenbarung hin-
sichtlich der Toaster, in denen das tiefgekühlte Formfleisch zu zubereiten sei und
wie der Fettgehalt einzustellen sei, damit es zu keiner Verschmutzung des Gerä-
tes komme.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden II, ohne
jedoch sachlich zu dem angefochtenen Beschluss Stellung zu nehmen.
Nach Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin mit Schrift-
satz vom 23. August 2016 erklärt, dass sie an der Verhandlung nicht teilnehmen
werde und um Entscheidung nach Aktenlage mit oder ohne mündliche Verhand-
lung gebeten. Daraufhin ist der Verhandlungstermin aufgehoben worden.
- 8 -
Die Patentinhaberin beantragt,
die Beschwerde der Einsprechenden gegen den Beschluss vom
25. April 2014 der Patentabteilung 41 des Deutschen Patent- und
Markenamts zurückzuweisen.
Eine sachliche Stellungnahme ist auch seitens der Patentinhaberin nicht einge-
reicht worden.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. Zum Wortlaut
der geltenden Patentansprüche 2 bis 15 und 17 bis 19 wird auf die Streitpatent-
schrift verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Einsprechenden II ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch
ohne Erfolg.
1.
Bei den geltenden Patentansprüchen 1 bis 20 handelt es sich um die erteil-
ten Patentansprüche 1 bis 20, die auf die ursprünglichen Ansprüche 1 bis 20
i. V. m. Absatz 2 auf Seite 2, Absatz 5 auf Seite 5, Absatz 3 auf Seite 6 und
Absatz 2 auf Seite 7 der ursprünglich eingereichten Beschreibung zurückgehen.
Die Anspruchsfassung ist auch sonst nicht zu beanstanden.
2.
Zwischen den Verfahrensbeteiligten besteht Uneinigkeit darüber, ob der im
geltenden Patentanspruch
1 verwendete Begriff „herkömmlicher Toaster“ auch
klapp- und zerlegbare Toaster bzw. Ofentoaster umfasst.
Vor der Beurteilung der Patentfähigkeit ist daher der Sinngehalt der geltenden
Patentansprüche 1, 16 und 20 in seiner Gesamtheit unter Heranziehung der erläu-
- 9 -
ternden Beschreibung durch Auslegung zu ermitteln. Dabei stellt die Patentschrift
im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon dar
(vgl. BGH GRUR 2007, 410
– Kettenradanordnung; BGH GRUR 1999, 909
– Spannschraube). Unter Berücksichtigung dessen ist der Begriff „herkömmlicher
Toaster“ folglich so zu deuten, wie ihn der angesprochene Fachmann nach dem
Gesamtinhalt der Patentschrift versteht (vgl. BGH GRUR 2001, 232
– Brieflocher).
Der Fachmann ist vorliegend ein Lebensmitteltechnologe mit langjähriger Erfah-
rung in der Fleischverarbeitung.
2.1
Dieser Fachmann entnimmt der Streitpatentschrift, dass die patentgemäßen
Formfleischstücke, die eine im Wesentlichen rechteckige und scheibenförmige
Geometrie mit Abmessung von 8 x 8 cm, 9 x 9 cm, 10 x 10 cm, 11 x 11 cm oder
9 x 11,5 cm aufweisen, in einem herkömmlichen Toaster im gefrorenen Zustand
bei maximaler Toasterheizleistung für 2 x 3 Minuten erhitzt werden, wobei ein
Sandwichtoaster im Streitpatent nicht als herkömmlicher Toaster angesehen wird
(vgl. Streitpatentschrift S. 4, Abs. [0037-0038]). In Absatz [0010] der Streitpatent-
schrift wird ferner aufgezeigt, dass es sich bei dem im zitierten Stand der Technik,
DE 297 08 417, entsprechenden dem Dokument D15 im vorliegenden Verfahren,
genannten Toaster, um einen handelsüblichen Toaster handelt, der so ausgebildet
ist, dass in ihm im Wesentlichen rechteckige bzw. quadratische Lebensmittel bei
entsprechend ausgebildeter Dicke senkrecht einbringbar sind (vgl. Streitpatent-
schrift S. 2/3, Abs. [0010], D15, S. 3, 7. Abs., Fig. 1). Diesen Aussagen entnimmt
der Fachmann, dass es sich bei dem patentgemäßen herkömmlichen Toaster, um
einen Toaster mit zumindest einer im Wesentlichen rechteckigen, vertikalen Röst-
kammer handelt.
Demzufolge kann dahinstehen, dass es in dem von der Einsprechenden II vorge-
legten Stand der Technik E5 bis E11 sowohl Toaster, die der zuvor genannten
Auslegung entsprechen, als auch davon abweichende Ofentoaster gibt (vgl. E5,
S. 2, li.
Sp. „Kammermaße“ und re. Sp. Abbildungen; E6, S. 2, re. Sp. 1. Z., S. 2
- 10 -
bis 3, Abbildungen, E7, Fig. 1 bis 2, E8, Fig. 1 bis 2, E9, S. 1, Z. 3 bis 4, Fig. 1a,
E10, Abstract, E11, Abstract und Fig. 1, 3 und 4, der japanischen Offenlegungs-
schrift), denn bei der Auslegung ist einzig die Lehre des Streitpatents zu berück-
sichtigen.
2.2
Zu dem in den Patentansprüchen 1, 16 und 22 ebenfalls allgemein verwen-
deten Beg
riff „zerkleinerte, fleischliche Rohstoffe“, die neben Trinkwasser und
Hilfsstoffen Bestandteil der Nasspanade sind, findet der Fachmann im Absatz
[0030] der Streitpatentschrift nähere Ausführungen. Aus ihnen geht hervor, dass
für die Herstellung der Nasspanade geeignete fleischliche Rohstoffe zerkleinert
werden, wobei während dieser Zerkleinerung und/oder im Anschluss daran Trink-
wasser und Hilfsstoffe zugegeben werden. Nachdem sich der Streitpatentschrift
keine Hinweise dahingehend entnehmen lassen, dass die fleischlichen Rohstoffe
bei der Herstellung der Nasspanade einer Hydrolyse unterworfen werden, ist
davon auszugehen, dass diese nach ihrer Zerkleinerung weiterhin eine gewisse
Stückigkeit aufweisen bzw. als Fleischfasern vorliegen.
2.3
Ebenso bedarf der in den Patentansprüchen 1, 16 und 22 gebrauchte
Begriff „Frittierfettgehalt“ einer Auslegung. In den Absätzen [0014] und [0034-
0035] der Streitpatentschrift wird angeben, dass es sich bei dem Frittierfettgehalt,
um die Menge an Frittierfett handelt, die das fertige Erzeugnis nach dem Frittier-
vorgang und dem Abblasen von überschüssigem Frittierfett aufweist.
3.
Das Verfahren gemäß geltendem Patentanspruch 1 ist so deutlich und voll-
ständig offenbart, dass ein Fachmann es ausführen kann. Wie vorstehend unter
2.1 erläutert, erschließt sich dem Fachmann unter Heranziehen der Beschreibung
des Streitpatents, was unter einem „herkömmlichen Toaster“ zu verstehen ist. Der
Fachmann erhält dadurch ausreichende Hinweise, wie er das Verfahren durchzu-
führen hat, damit das tiefgekühlte Formfleisch in ein solches Gerät einbringbar ist.
Die Formfleischstücke sind im Wesentlichen in rechteckiger und scheibenförmiger
Geometrie mit Abmessung von 8 x 8 cm, 9 x 9 cm, 10 x 10 cm, 11 x 11 cm oder
- 11 -
9 x 11,5 cm auszugestalten (vgl. Streitpatentschrift S. 4, Abs. [0037]). Nachdem
die scheibenförmigen Formfleischstücke in herkömmliche Toaster mit einer schlitz-
artigen Röstkammer eingebracht werden, ist damit auch die Dicke der Scheiben
festgelegt, denn diese darf damit nicht die Maße von haushaltsüblichen Geräten
überschreiten.
Dem Fachmann ist auch geläufig, wie er grundsätzlich den Frittierfettgehalt der
panierten Formfleischstücke einstellen kann. In Kenntnis des Standes der Technik
kann er dies mit seinem Fachwissen durch die Verwendung der Nasspanade auf
fleischlicher Basis, die eine geringe Fettaufnahme der Panade bedingt, bzw. durch
das Entfernen von überschüssigem Frittierfett mittels einer Luftströmung erzielen
(vgl. D18, S. 52, li. Sp. 1. Abs., li./mittl. Sp. übergr. Abs.; D4, S. 1, Abs. [0006]).
Genauso ist die Bestimmung des Frittierfettgehaltes dem Wissen und Können des
Fachmanns zu zurechnen. Denn der Gehalt ist in üblicher Weise mittels Analyse
des Frittierfettgehaltes des panierten Formfleischstückes durch Differenzbildung
der gemessenen Werte vor und nach dem Frittieren ermittelbar. Im Stand der
Technik ist auch nicht ersichtlich, dass diese Differenzbildung noch verfeinert wird.
Sollte dies jedoch erforderlich sein, so kann der Fachmann die Analyse auch aus-
gehend von der verwendeten Frittierfettart vornehmen.
4.
Die Neuheit des Verfahrens zur Herstellung von Formfleisch für die Zube-
reitung in einem herkömmlichen Toaster nach Patentanspruch 1 wurde von den
Parteien nicht streitig gestellt. Sie ist auch aus Sicht des Senats gegeben, denn in
keiner der genannten Druckschriften ist ein Verfahren zur Herstellung von Form-
fleisch für die Zubereitung in einem herkömmlichen Toaster beschrieben, bei dem
ein scheibenförmiges Formfleischstück zunächst mit einer aus zerkleinerten,
fleischlichen Rohstoffen, Trinkwasser und Hilfsstoffen erzeugten Nasspanade und
im Anschluss daran mit einer Trockenpanade paniert wird und von dem das über-
schüssige Frittierfett durch Abblasen mittels Luftströmung abgetrennt wird, so
dass es einen Frittierfettgehalt von weniger als 12 Gew.-% aufweist.
- 12 -
Selbst die Offenkundigkeit der Vorbenutzung gemäß E15 bis E17, E20 und E21
unterstellt, ist diese insoweit nicht substantiiert, als die Zusammensetzung der
Nasspanade nicht angegeben wird, sodass der vorbenutzte Gegenstand jedenfalls
die Neuheit des beanspruchten Verfahrens nicht in Frage stellen kann.
5.
Das Verfahren zur Herstellung von Formfleisch gemäß Patentanspruch 1
beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die dem Streitpatent zugrunde liegende objektive technische Aufgabe ist
– gelten-
der Rechtsprechung folgend
– allein unter Berücksichtigung des tatsächlich Erfun-
denen zu ermitteln, d. h. die Aufgabe muss auf das Ergebnis der Erfindung abge-
stellt sein. Daher stellt das gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich Geleis-
tete den Ausgangspunkt für das Auffinden des technischen Problems dar, wobei
der Stand der Technik sowie Vorteile der Erfindung und Nachteile vorbekannter
Lösungen Grundlage für die Formulierung darstellen. Ein Hilfsmittel bei der Ermitt-
lung des zugrunde liegenden Problems können dabei in der Beschreibung enthal-
tende Angaben zur Aufgabe der Erfindung sein, die einen Hinweis auf das richtige
Verständnis des Patentanspruchs enthalten (BGH GRUR 2012, 803
– Calcipotriol
Monohydrat sowie Schulte PatG 9. Aufl. § 1, Rdn. 46 bis 49).
Vorliegend ist demzufolge zu berücksichtigen, dass die patentgemäß bean-
spruchte Problemlösung auf ein Verfahren zur Herstellung eines panierten und frit-
tierten Formfleischstückes gerichtet ist, das in einem herkömmlichen Toaster
zubereitet werden soll, ohne dass es zu einer Fettverschmutzung des Toasters
kommt (vgl. Streitpatentschrift S. 3 Abs. [0015]). Die Leistung des vorliegend
Erfundenen besteht folglich darin, den Frittierfettgehalt eines hierfür geeigneten
Formfleisches auf weniger als 12 Gew.-% einzustellen. Von einer Aufgabenstel-
lung, wie in der Streitpatentschrift angegeben, kann demzufolge nicht ausgegan-
gen werden. Vorliegend muss vielmehr die Zubereitung in einem herkömmlichen
Toaster der Aufgabe zugerechnet werden, weil die gesamte patentgemäße Lehre
auf dessen Einsatz abstellt. Denn in einem anderen Gerät, wie einer Mikrowelle
- 13 -
oder einem Sandwichstoaster, spielt die Fettverschmutzung eine untergeordnete
Rolle, da diese Geräte aufgrund ihrer konstruktiven Ausgestaltung einfacher zu
reinigen sind.
Davon ausgehend liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur
Herstellung von Formfleisch für eine Zubereitung in einem herkömmlichen Toaster
zu schaffen bzw. ein für die Zubereitung in einem herkömmlichen Toaster geeig-
netes Formfleisch zur Verfügung zu stellen.
Gelöst wird diese Aufgabe durch die Bereitstellung des mit Patentanspruch 1
angegebenen Verfahrens mit folgenden Merkmalen:
1.
Verfahren zur Herstellung von Formfleisch für die Zubereitung in
einem herkömmlichen Toaster, wobei
2.
Formen von scheibenförmigen Formfleischstücken aus einer Fleisch-
stücke enthaltenden Formmasse,
3.
Nasspanieren der Formfleischstücke
3.1
mit einer aus zerkleinerten fleischlichen Rohstoffen, Trinkwas-
ser und Hilfsstoffen erzeugten Nasspanade,
4.
Trockenpanieren der nasspanierten Formfleischstücke,
5.
Frittieren der trockenpanierten Formfleischstücke,
6.
Abtrennen von überschüssigem Frittierfett von frittierten Formfleisch-
stücken durch Abblasen mittels Luftströmung, so dass
6.1
letztere einen Frittierfettgehalt von weniger als 12 Gew.-% auf-
weisen und
6.2
beim Erhitzen der Formfleischstücke in einem Toaster kein
Frittierfett in den Toaster tropft, sowie
7.
Tiefkühlen der frittierten und von überschüssigem Frittierfett befreiten
Formfleischstücke.
- 14 -
Zur Lösung der Aufgabe konnte der Fachmann insbesondere von E2 ausgehen,
da mit dem dort beschriebenen Verfahren ein paniertes Formfleischprodukt bereit-
gestellt werden soll, das für die Zubereitung in der Mikrowelle geeignet ist (vgl. E2,
Patentanspruch 1). E2 offenbart hierfür ein Verfahren, bei dem zunächst ein Form-
fleischschnitzel aus zerkleinertem Fleisch hergestellt wird, das im Anschluss nass-
und trockenpaniert wird, bevor es frittiert und tiefgekühlt wird (vgl. E2 Patentan-
sprüche 1, 6, 11, 12 und 16, Sp. 2, Z. 16 bis 39, Sp. 3/4 Beispiel). Eine Nasspa-
nade aus zerkleinerten fleischlichen Rohstoffen, Trinkwasser und Hilfsstoffen und
ein Frittierfettgehalt von weniger als 12 Gew.-% im frittierten Formfleischprodukt
werden allerdings in E2 nicht angesprochen. Demzufolge liefert E2 dem Fach-
mann keinen Anhaltspunkt dafür, dass bei der Herstellung eines in einem her-
kömmlichen Toaster zu zubereitenden, panierten Formfleischproduktes, eine
Nasspanade und ein Frittierfettgehalt nach den Merkmalen 3.1 und 6.1 des Pa-
tentanspruchs 1 vorzusehen sind.
Anregungen in Richtung der patentgemäßen Lösung erhält der Fachmann auch
aus den ebenfalls mit der Herstellung von paniertem Fleisch befassten Druck-
schriften D11, D16, D17, E3 und E4 nicht.
Aus der D11 ist ein Verfahren zur Herstellung eines Fertigimbisses mit einer form-
beständigen Umhüllung und Füllung bekannt. Als Füllung wird ein Gemisch aus
Cerealien, Gemüse und Fleisch verwendet. Die portionierte und geformte Füllung
wird zunächst nass- und dann trockenpaniert, bevor sie frittiert und tiefgefroren
wird. Der tiefgefrorene Fertigimbiss kann für den Verzehr in einem Mikrowellen-
oder Grillgerät erhitzt werden (vgl. D11 Patentansprüche 1 bis 3, Sp. 3 Z. 2 bis
21). Die Umhüllung aus Nass- und Trockenpanade soll gewährleisten, dass der
Fertigimbiss mit den Fingern gegessen werden kann, ohne dass es zu einer Ver-
schmutzung der Bekleidung kommt (vgl. D11, Sp. 2 Z. 52 bis 57). Eine Nasspa-
nade und ein Frittierfettgehalt gemäß den Merkmalen 3.1 und 6.1 vermag die
Druckschrift D11 somit aber nicht nahe zu legen.
- 15 -
Auf den Vorteil einer Nasspanade aus zerkleinerten fleischlichen Rohstoffen,
Trinkwasser und Hilfsstoffen, sowie einem Frittierfettgehalt von weniger als
12 Gew.-% im frittierten Formfleischprodukt, damit das frittierte Formfleischprodukt
in einem herkömmlichen Toaster für den Verzehr erhitzt werden kann, ohne die-
sen mit Fett zu verschmutzen, weist auch die Druckschrift D16 nicht hin. In D16
werden die frittierten und tiefgefrorenen, panierten Fleisch- bzw. Fischstücke in
einer Mikrowelle erhitzt (vgl. D16, Computerübersetzung, Patentanspruch 4, Be-
schreibung S. 1, 1. Abs.). Das Fleisch bzw. der Fisch wird hierfür mit einer Nass-
und einer Trockenpanade umhüllt, wobei sich die Nasspanade aus gemahlenem
Fisch, Wasser und ggf. Weizenmehl und Salz zusammensetzt (vgl. D16, Compu-
terübersetzung S. 2, 4. Abs. bis S. 3, 1. Abs., S. 4, Beispiel 4).
Bei dem Verfahren zur Herstellung von fettreduzierten frittierten Lebensmitteln
nach D17 werden Formfleischstücke mit einer mindestens dreischichtigen Panade
umhüllt, wobei als letzte Panade grundsätzlich eine proteinhaltige Nasspanade
vorgesehen ist, die die Fettaufnahme während des Frittiervorgangs verringert (vgl.
D17, Patentanspruch 1, S. 1, zweiter und letzt. Abs., S. 13, Z. 3 bis 13, S. 13/14
übergr. Abs.). Die proteinhaltigen Nasspanaden stellen Proteinhydrolysate dar, die
ausgehend von Fleisch oder Fisch durch Hydrolyse gewonnen werden (vgl. D17,
S. 13, 2. Abs., S. 15/16 Beispiel 1, S. 19/20, Beispiel 5). Nachdem das Verfahren
zur Herstellung von frittiertem, panierten Formfleisch weder das Aufbringen einer
zweischichtigen Panade aus Nass- und Trockenpanade, wobei die Nasspanade
aus zerkleinerten, fleischlichen Rohstoffen besteht, noch einen Frittierfettgehalt
von weniger als 12 Gew.-% vorsieht, erschließen sich dem Fachmann damit diese
patentgemäßen Merkmale nicht.
Auch die Druckschriften E3 und E4, die mit der Herstellung von Panaden auf der
Basis von Fleisch-Bindegewebe und/oder Magerfleisch, pflanzlichen Stoffen und
Wasser befasst sind, wobei die Panaden im frittierten Zustand gegenüber her-
kömmlichen Panaden fettärmer sind, werden zwar vom zuständigen Fachmann in
Betracht gezogen, können aber zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage füh-
- 16 -
ren. Denn in E3 wird ein Verfahren zur Herstellung von Panaden bzw. Hüllteigen
offenbart, bei dem eine Panade ausgehend von Fleischpartikeln hergestellt wird,
wobei die Fleischpartikel durch Tumbeln/Poltern eine Aufschließung erfahren, so
dass es zu einer Lösung und Quellung der Proteine kommt (vgl. E3, Patentan-
spruch 1, Sp. 1, Z. 3 bis 11, Sp. 4 Z. 19 bis 35 und 39 bis 42). Ebenso wird in E4
eine Panade zur Verfügung gestellt, die aus fleischlichem Bindegewebe, pflanzli-
chen Stoffen und Wasser hergestellt wird. Die Umhüllung von Lebensmitteln, wie
Hamburgern, führt gemäß E4 dazu, dass während des Frittiervorgangs weniger
Fett aufgenommen wird (vgl. E4, Patentanspruch 1, S. 2, Z. 20 bis 24 und Z. 43
bis 48, S. 4, Beispiel 3).
Folglich konnte der Fachmann ausgehend von E2 selbst unter weiterer Berück-
sichtigung einer oder mehrerer Druckschriften D11, D16, D17, E3 und E4 nicht
zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Streitpatent gelangen.
Da die weiteren dem Senat vorliegenden Druckschriften keine über die bereits
durch die Entgegenhaltungen D11, D16, D17 und E2 bis E4 belegten Informa-
tionen hinausgehenden Hinweise enthalten, ist somit nicht ersichtlich, wie die Aus-
wertung des druckschriftlichen Standes der Technik den Fachmann zu einem Ver-
fahren mit sämtlichen Merkmalen in der im Patentanspruch 1 festgelegten Ver-
knüpfungen hätte führen können.
Die geltend gemachte Vorbenutzung gemäß E13 bis E17, E20 und E21 kann auch
bei unterstellter Offenkundigkeit zu keiner anderen Beurteilung Anlass geben.
Ausweislich der Dokumente E13 bis E17 ist weder die Zusammensetzung der
Nasspanaden für die Zubereitung bekannt, noch ist im Falle der Schweinefleisch-
zuschnitte gemäß E13 der Fettgehalt mit 22,3% im patentgemäßen Bereich
gemäß Merkmal 6.1.
Nach alledem wird das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nicht vom Stand der
Technik nahe gelegt.
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6.
Das Verfahren zur Herstellung von Formfleisch nach dem geltenden Patent-
anspruch 1 erfüllt somit alle Kriterien der Patentfähigkeit.
Das gleiche gilt für die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis
15, die besondere über Selbstverständlichkeiten hinausgehende Ausgestaltungen
des Verfahrens nach Patentanspruch 1 betreffen.
7.
Die nebengeordneten Patentansprüche 16 und 20 sind auf ein tiefgekühltes
Formfleisch und dessen Verwendung gerichtet. Die vorangegangenen Ausführun-
gen zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit gelten für diese Ansprüche aufgrund
der identischen Merkmale gleichermaßen, so dass die Patentansprüche 16 und 20
ebenfalls Bestand haben.
Dies gilt ebenso für die auf den Patentanspruch 16 rückbezogenen Ansprüche 17
bis 19, die besondere Ausführungsformen des tiefgekühlten Formfleisches betref-
fen.
III.
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben,
wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
- 18 -
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden.
Münzberg
Schell
Jäger
Wagner
Fa