Urteil des BPatG vom 25.03.2014

Stand der Technik, Patentfähige Erfindung, Fig, Kunststoff

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
12 W (pat) 35/12
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2006 062 945.0
hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 25. März 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dipl.-Ing. Schneider, der Richterin Bayer, der Richter Dipl.-Ing. Sandkämper und
Dipl.-Ing.Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder
- 2 -
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Beschwerdeführerin ist Anmelderin der am 24. März 2006 beim Deutschen
Patent- und Markenamt eingegangenen Patentanmeldung 10 2006 013 731.0 mit
der Bezeichnung:
„Kunststoffverschluss für ein Glasgefäß“
für welche die Priorität aus dem europäischen Geschmacksmuster 000448337
vom 15. Dezember 2005 beansprucht ist.
Mit Beschluss vom 3. Januar 2007 hat die Prüfungsstelle für Klasse B65D des
Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung aufgrund § 48 PatG wegen
unzulässiger Erweiterung der Anmeldung zurückgewiesen. Gegen diesen Zurück-
weisungsbeschluss der Prüfungsstelle richtete sich die am 9. Februar 2007 beim
Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Beschwerde der Anmelderin
(Az: 12 W (pat) 7/07). In der mündlichen Verhandlung vor dem 12. Senat des
Bundespatentgerichts hat die Anmelderin am 3. November 2011 die Teilung der
Stammanmeldung erklärt und fristgerecht vollständige Unterlagen eingereicht und
die anfallenden Gebühren entrichtet. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat für
diese Teilanmeldung im Rahmen der Amtshilfe das Aktenzeichen 10 2006 062
945.0 angelegt. Diese Teilanmeldung ist Gegenstand des vorliegenden Be-
schwerdeverfahrens.
- 3 -
Mit Eingabe vom 31. Januar 2012, eingegangen am 2. Februar 2012 hat die
Anmelderin neue Patentansprüche 1 bis 10 eingereicht und sinngemäß beantragt,
ein Patent mit der Bezeichnung
„Kunststoffverschluss für ein Glasgefäß“
mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 10, eingereicht mit Schriftsatz vom
31. Januar 2012, eingegangen am 2. Februar 2012,
- Beschreibung und
- Zeichnungen (Figuren 1 bis 5) gemäß den ursprünglichen
Unterlagen.
Der geltende Anspruch 1 vom 31. Januar 2012 beruht auf den Merkmalen des
ursprünglich zur Stammanmeldung eingereichten Anspruchs 1 ohne dessen rein
fakultativ angegebene Merkmale. Er lautet:
Wegen des Wortlauts der jeweils unmittelbar oder mittelbar auf den Anspruch 1
rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 wird auf die Akte verwiesen.
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Von der Prüfungsstelle wurde im Prüfungsverfahren zur Stammanmeldung u. a.
folgende Druckschrift genannt:
E2) DE 94 12 239 U1
Vom Senat wurde die Anmelderin mit E-Mail und Telefonat vom 12. März 2014,
bestätigt per E-Mail durch den Verfahrensbevollmächtigten am 13. März 2014,
darauf hingewiesen, dass zur Teilungsanmeldung auch noch folgende Entge-
genhaltung in der mündlichen Verhandlung relevant sein könnte:
E3) DE 70 04 736 U
Die Anmelderin beantragte zuletzt per Telefax, ebenfalls vom 12. März 2013, eine
Entscheidung nach Aktenlage. Die für 27. März 2014 angesetzte Verhandlung
wurde daraufhin von Amts wegen aufgehoben.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ebenfalls auf den Akteninhalt
verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat hinsichtlich der Teilanmeldung 10 2006 062 945.0 keinen
Erfolg. Diese Anmeldung ist beim Bundespatentgericht anhängig, das dadurch
Entscheidungskompetenz über die neue in der Beschwerdeinstanz entstandene
Teilanmeldung erhält, weil deren Gegenstand mit der Beschwerde in der Be-
schwerdeinstanz angefallen ist (vgl. BGH GRUR 98, 458
– Textdatenwiedergabe).
Ergebnis der Prüfung durch den Senat ist, dass eine nach dem § 4 PatG
patentfähige Erfindung nicht vorliegt. Da die Sache entscheidungsreif ist, besteht
kein Anlass, die Teilanmeldung an das Deutsche Patent- und Markenamt
zurückzuverweisen.
- 5 -
1)
1M0
Kunststoffverschluss
1M1
für ein Glasgefäß (1), umfassend
1M2
einen ringförmigen Aufsatz (2) mit einer Außenseite und einer
Innenseite und einen Deckel (3)
1M3
wobei der ringförmige Aufsatz (2) an seiner unteren Außenseite
einen umlaufenden Vorsprung (4) aufweist
1M4
und wobei der Deckel (3) eine innere Flächeneinlage aufweist, die
bei Verschluss des Deckels (3) mit dem ringförmigen Aufsatz
(2) bündig abschließt
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t,
1M5
dass auf dem Vorsprung (4), angelehnt an die obere Außenseite,
eine umlaufende Zentrierleise (5) angeordnet ist.
2)
sprochen, der über mehrjährige Berufserfahrung in der Konstruktion und Ent-
wicklung von Verpackungen verfügt.
3)
Der geltende Anspruch 1 sowie die geltenden Unteransprüche 2 und 3 gehen aus
dem ursprünglichen Anspruch 1 mit dessen fakultativen Merkmalen hervor.
Die beiden „und/oder“-Verknüpfungen im Anspruch 3 sind ursprünglich offenbart
durch die jeweils rein optionalen Angaben der Merkmale im ursprünglichen
Anspruch 1, da diese fakultativ in beliebiger Kombination vorhanden sein oder
fehlen konnten.
Die geltenden weiteren Unteransprüche 4 bis 10 gehen jeweils hervor aus
den - bis auf die angepassten Rückbezüge - ursprünglichen wortgleichen
Unteransprüchen 2 bis 8.
- 6 -
4)
jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit (§ 4 PatG).
E2 (DE 94 12 239
U1)
hervor:
1M0
dem dortigen
„Einsatz 3“ samt „Drehschieber 4“ und „Schraubdeckel 5“
(1M0)
1: „Behälterkorpus ... [könnte] auch in Glas
... vorgegeben werden“, d. h. der Einsatz 3 ist auch für Glas geeignet
(1M1),
nach der konstruktiven Gestaltung des Einsatzes, des Drehschiebers und
des Schraubdeckels nämlich auch von einem aus Kunststoff geformten
Bauteil (1M0) auszugehen. Gestützt wird dies durch S. 2, Abs. 4, letzte
Zeile, demgemäß eine ausreichende Verformbarkeit des Einsatzes voraus-
gesetzt wird und auch sonst gem. S. 1, Abs. 2, vorletzte Zeile f. mittelbar
von einem Kunststoff für den Einsatz ausgegangen werden kann („Auch
wenn in solchen Fällen [Anm.: gemeint ist die Verbindung von Be-
hälterkorpus und Einsatz] bisher jedenfalls dann, wenn der Behälterkorpus
gleichfalls aus einem (geeigneten) Kunststoff bestand ...“),
1M2
3 mit dortigem „Einsatz 3“ mit
dem
„Ringbund 10“ als der anspruchsgemäßen Außenseite und dem
„Ringsteg 20“ auf der anspruchsgemäßen Innenseite sowie dem „Schraub-
deckel 5“ als anspruchsgemäßem Deckel,
1M3
anspruchsgemäßem umlaufenden Vorsprung,
1M5
angeordneter Zentrierleiste. Nach Fig. 1 zentriert der für den Fachmann in
der Detailzeichnung klar ersichtliche aber nicht näher bezeichnete Absatz
im Einsatz 3 diesen Einsatz 3 und den Schraubdeckel 5 beim Verschrauben
zueinander.
- 7 -
1M4
E3 (DE 70 04 736 U)
hang - nämlich auch eine Streudose mit aufschraubbarem Deckel betreffend
einen Deckel aus Polyäthylen und damit einem (thermoplastischen) Kunststoff
(s. Merkmal 1M0) auf, in dem eine Dichtungsfolie befestigt ist (s. E3, S. 2, Abs. 5,
Z. 6 - S. 3, Abs. 1, auch Anspruch 6.). Die E3 gibt dem Fachmann auch einen
Anlass, diese zusätzliche Dichtung in einen Schraubdeckel bei einer Streudose für
Gewürze wie nach E2 einzusetzen, nämlich um das „Hindurchdiffundieren von
Duftstoffen“ (s. E3, S. 1, Abs. 2 - S. 2, Abs. 1) zu verringern und um „hohe
Aromadi
chtigkeit zu gewährleisten“ (s. E3, S. 2, Abs. 5, Z. 6 - S. 3, Z. 3).
Mit dieser aus der E3 bekannten Dichtungsfolie, die auf der Innenseite eines
Verschlussdeckels wie nach E2 befestigt ist, ergibt sich ein Gegenstand wie nach
geltendem Anspruch 1. Denn aus der E3 entnimmt der Fachmann, dass die
vorteilhafte Dichtung jegliche Öffnung des Behälters abdichten muss. Also wird er
die Dichtungsfolie soweit bis an den Rand ziehen, dass die Dichtung beim
Aufschrauben des Deckels bis zur Seitenwand reicht, da sonst die Aroma-
dichtigkeit nicht gegeben wäre.
Damit beruht der Gegenstand nach geltendem Patentanspruch 1 nicht auf
erfinderischer Tätigkeit.
Die geltenden Unteransprüche 2 bis 10 fallen mit dem Hauptanspruch.
- 8 -
Schneider
Bayer
Sandkämper
Ausfelder
Me