Urteil des BPatG vom 16.03.2015

Stand der Technik, Fig, Energie, Form

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
11 W (pat) 11/09
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 199 49 905.5-45
hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung am 16. März 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter v. Zglinitzki, Dr.-Ing. Fritze und Dipl.-Ing.
(Univ.) Fetterroll
- 2 -
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Mit Beschluss vom 6. November 2008 hat die Prüfungsstelle für Klasse B23K des
Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung vom 16. Oktober 1999
mit der Bezeichnung
mit der Begründung zurückgewiesen, dass das im Patentanspruch 1 angegebene
Verfahren nicht patentfähig sei, da es nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit be-
D1
zogen:
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält das
Verfahren gemäß Anspruch 1 für patentfähig.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den
Patentansprüchen 1 bis 11 vom 2. Februar 2004, eingegangen am
3. Februar 2004 sowie mit einer noch anzupassenden Beschrei-
bung und den ursprünglich eingereichten Zeichnungen zu erteilen.
- 3 -
Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 2 lauten:
„1. Verfahren zum Verbinden von zwei Bauteilen zu einem Bau-
element durch Schweißen, wobei die Bauteile jeweils mit einem
Flächenabschnitt versehen werden, der zu dem Flächenabschnitt
des jeweils anderen Bauteils korrespondiert, so dass die Bauteile
in ihrer vorgesehenen Bezugslage einen Stoß bilden und wobei
ein Zusatzelement im Bereich des Stoßes angeordnet wird und die
Bauteile ohne zusätzliche Zuführung von Schweißgut durch An-
oder Aufschmelzen des Zusatzelementes miteinander verbunden
werden, dadurch gekennzeichnet, dass ein an den Stoß angren-
zender Rücksprung hergestellt wird, welcher eine Aufnahme für
das Zusatzelement bildet, dass das Zusatzelement entsprechend
der Geometrie des Rücksprungs vorgefertigt wird und in den
Rücksprung eingesetzt wird, wobei nachfolgend die beiden Bau-
teile in ihrer Bezugslage verbunden werden, indem man durch An-
oder Aufschmelzen des Zusatzelementes das Zusatzelement mit
jedem der beiden Bauteile eine feste Verbindung eingehen lässt.“
„2. Verfahren zum Verbinden von zwei Bauteilen, von denen min-
destens eines pulvermetallurgisch hergestellt ist zu einem Bau-
element durch Erhitzen, wobei die Bauteile mit mindestens einem
Flächenabschnitt versehen werden, der zu dem Flächenabschnitt
des jeweils anderen Bauteils korrespondiert, so dass die Bauteile
in ihrer vorgesehenen Bezugslage einen Stoß bilden, dadurch ge-
kennzeichnet, dass ein an den Stoß angrenzender Rücksprung
hergestellt wird, und dass in den Rücksprung ein Zusatzelement
eingesetzt wird, welches entsprechend der Geometrie des Rück-
sprungs pulvermetallurgisch vorgefertigt wird, wobei anschließend
die beiden Bauteile verbunden werden, indem man durch Sintern
- 4 -
des Zusatzelements das Zusatzelement mit jedem der beiden
Bauteile eine feste Verbindung eingehen lässt.“
Bezüglich der Wortlaute der auf die nebengeordneten Ansprüche jeweils rückbe-
zogenen Ansprüche 3 bis 11, den weiteren Anmeldungsunterlagen sowie dem
Vorbringen im Einzelnen wird auf die Amts- und Gerichtsakten verwiesen.
Mit dem Ladungszusatz zur Terminsladung vom 22. Oktober 2014 ist die Be-
schwerdeführerin u. a. noch auf folgenden Stand der Technik hingewiesen wor-
den:
1
3
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Die Anmeldung betrifft nach Angaben der Anmelderin in den ursprünglich einge-
reichten Unterlagen u. a. ein Verfahren zum thermischen Fügen von zwei Bautei-
len zu einem Bauelement.
Unter dem Begriff des thermischen Fügens sollen Verfahren verstanden werden,
bei denen Bauteile unter dem Einfluss thermischer Energie, welche gegebenen-
falls durch die Einwirkung von elektromagnetischer oder mechanischer Energie in
den Bauteilen erzeugt werde (z. B. beim lnduktions- bzw. Reibschweißen), mit-
einander fest verbunden werden. Darunter fielen typischerweise das Schweißen
oder Sintern.
- 5 -
Beim Schweißen von zwei Bauteilen zu einem Bauelement sei bislang entweder
die Nahtstelle zwischen zwei Bauteilen erhitzt worden, so dass es zu einem Auf-
schmelzen der Materialien der beiden Bauteile komme und diese dadurch fest
miteinander verbunden würden. Alternativ werde an der Stelle, an der die Bauteile
verbunden werden sollen, während dem Schweißvorgang zusätzliches Material in
Form eines Schweißzusatzwerkstoffs zur Bildung der Schweißnaht zugeführt.
Ziel bei der Verwendung von Schweißzusätzen sei es, sowohl eine Verbesserung
der Fügeeigenschaften als auch des Schweißprozesses zu erhalten. lm Stand der
Technik würden diese Zusatzwerkstoffe, vorzugsweise in Form von Drähten oder
Pulvern, der gewünschten Verbindungsstelle parallel zum Fortgang des Schweiß-
vorgangs zugeführt.
Häufiger Nachteil dieser Verfahren sei die Notwendigkeit, eine festgelegte Orien-
tierung einhalten zu müssen; so müsse der Schweißkopf während des Schweiß-
prozesses stets so ausgerichtet sein, dass er in gleicher Orientierung zum den
Draht fördernden Vorschub stehe. Dies habe beim Schweißen von geschlossenen
Geometrien, wie z. B. Kreisen, den Nachteil, dass die Achse mit ausreichender
Dynamik angetrieben werden müsse.
Aufgabe soll es daher sein, ein Verfahren zum thermischen Fügen von zwei Bau-
teilen vorzuschlagen, bei dem die vorgenannten Nachteile vermieden sind und das
herzustellende Bauelement bei minimalem Einsatz von Material und Energie opti-
male mechanische Eigenschaften aufweist.
Der mit der Lösung dieser Aufgaben zu betrauende Fachmann ist ein Hoch-
schulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit besonderen Kenntnissen auf
dem Gebiet des thermischen Fügens von Bauteilen.
Die Anmelderin sieht die Lösung in Verfahren mit den in den Ansprüchen 1 bzw. 2
angegebenen Merkmalen. Deren Grundprinzip sei, ein „Brückenbauteil“ vorzuse-
- 6 -
hen, welches in einem an den Stoß zwischen den Bauteilen angrenzenden Rück-
sprung angeordnet werde, welcher dann mit beiden Bauteilen eine feste Verbin-
dung eingehe (s. Schriftsatz vom 13. Juli 2009, letzter Absatz)
Die Zulässigkeit der geltenden Ansprüche wird hier unterstellt, da sowohl das
Verfahren gemäß Anspruch 1 als auch das Verfahren gemäß Anspruch 2 nicht
neu sind.
1
zwei Bauteilen (Rohre 2 und 3) zu einem Bauelement durch Schweißen hervor
(vgl. S. 1, Z. 7 bis 10). Die zu fügenden Bauteile 2, 3 weisen dabei einen Flächen-
abschnitt auf, der zu dem Flächenabschnitt des jeweils anderen Bauteils korres-
pondiert, so dass die Bauteile in ihrer vorgesehenen Bezugslage einen Stoß bil-
den (vgl. Fig. 4). An diesen Stoß grenzt ein Rücksprung an (Fig. 4), welcher eine
Aufnahme für das Zusatzelement (Profillochscheibe 6) bildet. Das Zusatzelement
(Profillochscheibe 6) wird entsprechend der Geometrie des Rücksprungs vorge-
fertigt (S. 3, Z. 21 bis 25) und in den Rücksprung eingesetzt (vgl. Fig. 4). Die bei-
den Bauteile 2, 3 werden dann durch das im Bereich des Stoßes angeordnete Zu-
satzelement (Profillochscheibe 6) ohne zusätzliche Zuführung von Schweißgut
miteinander verschweißt (S. 3, Z. 29 bis S. 4, Z.
2), wobei das Wort „verschweißt“
impliziert, dass das Zusatzelement aufgeschmolzen wird.
Hiernach sind sämtliche Merkmale des Verfahrens gemäß dem geltenden An-
spruch 1 bekannt. Der Gegenstand des Anspruch 1 ist daher mangels Neuheit
nicht schutzfähig.
Bei dieser Sachlage braucht auf den nebengeordneten Anspruch 2 nicht einge-
gangen werden, da über den Antrag der Beschwerdeführerin nur insgesamt ent-
schieden werden kann und ein alleine auf den nebengeordneten Anspruch 2 ge-
richteter Antrag nicht vorliegt. Die Prüfung des Gegenstands dieses Anspruchs hat
- 7 -
3
Fig. 6 i. V. m Anspruch 4) nicht patentfähig ist.
III.
Rechtsmittelbelehrung
Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden,
wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens ge-
rügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung die-
ses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe,
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten schriftlich einzulegen.
Dr. Höchst
v. Zglinitzki
Dr. Fritze
Fetterroll
Bb