Urteil des BPatG vom 03.02.2015

Patent, Verfall, Neuheit, Wasser

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
10 W (pat) 155/14
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die P
atentanmeldung …
(hier: Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren)
hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 3. Februar 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Eisenrauch, Dipl.-Ing. Küest und Dr.-Ing.
Großmann
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beschlossen:
1.
Den Antragstellerinnen wird für das Beschwerdeverfahren
Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
2.
Die Erstattung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
G r ü n d e
I.
Die
Antragstellerinnen
sind
Anmelderinnen
der
Patentanmeldung
mit
Anmeldetag
„28. Mai 2010“
betreffend
„…
“.
Für
das
Prüfungsverfahren
und die Jahresgebühren, die während des Erteilungsverfahrens künftig fällig wer-
den, ist ihnen mit Beschluss vom 31. Oktober 2012 Verfahrenskostenhilfe bewilligt
worden.
Die Anmeldung selbst ist von der Prüfungsstelle für Klasse E04H des Deutschen
Patent- und Markenamts (DPMA) schließlich mit Beschluss vom 30. April 2014
zurückgewiesen worden. Zur Begründung hat die Prüfungsstelle im Wesentlichen
ausgeführt, der mit dem geltenden Anspruch 1 beanspruchte Gegenstand sei vor
dem Hintergrund der vorveröffentlichten Druckschrift DE 85 03 082 U1 im Sinne
von §§ 1 und 3 PatG nicht mehr neu. Nach dem Grundsatz der Antragsbindung
würden damit auch die geltenden Unteransprüche 2 bis 18 fallen. Aufgrund dieser
Sachlage wurde auf die Zulässigkeit der Ansprüche nicht weiter eingegangen.
Gegen die Zurückweisung ihrer Anmeldung haben die Antragstellerinnen mit ei-
nem am 30. Mai 2014 beim DPMA eingegangenen Schriftsatz wirksam Be-
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schwerde eingelegt und gleichzeitig beantragt, ihnen für das Beschwerdeverfah-
ren Verfahrenskostenhilfe zu gewähren. Vorsorglich haben sie die Beschwerde-
gebühr in Höhe von 200,--
€ entrichtet.
Im Beschwerdeverfahren haben die Antragstellerinnen zum Nachweis ihrer per-
sönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aktuelle Nachweise zu ihren persönli-
chen und wirtschaftlichen Verhältnissen nachgereicht. Die Antragstellerin 1 erhält
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bescheid des
Jobcenters Neumünster vom 29. April 2014). Die Antragstellerin 2 betreibt ein
Promotionsstudium auf der Basis eines Stipendiums.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwie-
sen.
II.
1. Den Antragstellerinnen ist für das vorliegende Beschwerdeverfahren
Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, da hierfür die notwendigen Voraussetzungen
gegeben sind.
Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe folgt aus §§ 129, 130 Abs. 1 Satz 1 und
§ 136 PatG i. V. m. §§ 114, 119 Abs. 1 ZPO, da die Antragstellerinnen nach ihren
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bedürftig sind, ihre Beschwerde
mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zur Aufhebung des angegriffenen Zurückwei-
sungsbeschlusses führen kann und auch nicht mutwillig erscheint.
a) Der Senat hat sich aufgrund der aktuellen Belege, die die Antragstellerinnen
im Beschwerdeverfahren zu ihrem Verfahrenskostenhilfegesuch nachgereicht ha-
ben, davon überzeugt, dass die Antragstellerinnen aufgrund ihrer persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sind, die Kosten des
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Beschwerdeverfahrens aufzubringen. Beide verfügen nur über ein geringes
Einkommen und keine nennenswerten Vermögenswerte. Unter Berücksichtigung
der jeweils abzusetzenden Verbindlichkeiten ergeben sich bei beiden Antragstelle-
rinnen nach wie vor die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Gewährung von
Verfahrenskostenhilfe.
b) Die Beschwerde bietet auch hinreichende Aussicht auf Erfolg. Hierfür ist es im
vorliegenden Zusammenhang ausreichend, dass nicht ausgeschlossen werden
kann, dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen
oder die Sache an das DPMA zurückzuverweisen ist (vgl. dazu Schulte/,
PatG, 9. Aufl., § 130 Rn. 44). Da es sich hier um eine summarische Prüfung han-
delt, dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden (BVerfGE 81, 347,
357 ff.). Zwar enthält die mit der Offenlegungsschrift veröffentlichte Beschreibung
Merkmale, die in dem am 28. Mai 2010 nachgereichten Prospekt, mit dem der An-
meldetag begründet wurde, nicht enthalten waren. Beispielsweise zählen hierzu
die Merkmale, dass Mittel zur Verbindung der Grundmodule untereinander als
Saugnäpfe ausgebildet sind (Anspruch 3), dass ein Abschnitt eines Grundmoduls
mit Öffnungen für einfließendes Wasser ausgebildet ist (Anspruch 6) oder dass
wenigstens ein Abschnitt mit einer aufpumpbaren Blase versehen ist (Anspruch 7).
Der Mangel der unzulässigen Erweiterung ist daher offensichtlich gegeben.
Einige der beanspruchten Merkmale sind aber auch durch die Angaben im Pros-
pekt gedeckt, wobei diese Merkmale noch nicht Gegenstand der Prüfung auf Pa-
tentfähigkeit waren. Hierzu zählen z. B. die Merkmale, dass Mittel zur lösbaren
Verbindung an Stirnseiten angeordnet sind (Anspruch 4), dass Mittel zur lösbaren
Befestigung an der Wandung des Schwimmbads vorgesehen sind (Anspruch 11)
und dass diese Mittel als Saugnäpfe ausgebildet sind (Anspruch 12). Die von der
Prüfungsstelle herangezogene Druckschrift zeigt diese Merkmale nicht, so dass
gegenüber dieser Druckschrift zumindest die Neuheit gegeben ist. Somit kann
nach einer Einreichung von neuen Unterlagen, die nicht mehr unzulässig erweitert
sind, die Erteilung eines Patents nicht ausgeschlossen werden.
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c) Zudem erscheint die Beschwerde nicht mutwillig, denn auch eine verständige,
vermögende Person würde sie bei der bestehenden Sachlage einlegen.
2. Die Beschwerdegebühr ist zu erstatten, weil diese lediglich unter Vorbehalt,
nämlich ausdrücklich nur für den Fall gezahlt wurde, dass eine Bewilligung von
Verfahrenskostenhilfe, die im Übrigen auch gleichzeitig beantragt wurde, im Be-
schwerdeverfahren nicht statthaft sein sollte. Da der Verfahrenskostenhilfeantrag
statthaft und wirksam war, hat die zusätzliche Zahlung der Beschwerdegebühr den
mit ihr bezweckten Erfolg nicht bewirkt. Unter diesen Umständen konnte der
Gebühreneinzug auf der Grundlage des eingereichten SEPA-Lastschriftmandats
nicht zum Verfall der Gebühr führen. Die Beschwerdegebühr ist folglich nach
bereicherungsrechtlichen Grundsätzen, nämlich gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2,
2. Alt., BGB zu erstatten (vgl. Busse/, PatG, 7. Aufl., § 10 PatKostG, Rn.
3 ff.).
Dr. Lischke
Eisenrauch
Küest
Dr. Großmann
prö