Urteil des BPatG vom 23.10.2014

Erfinder, Internet, Androhung, Prüfer

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
10 W (pat) 151/14
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Aktenzeichen
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2013 009 355.4
(hier: Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe)
hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
23. Oktober 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke so-
wie der Richter Eisenrauch, Dipl.-Ing. Küest und Dr.-Ing. Großmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Der Antragsteller hat am 3. Juni 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt
(DPMA) eine Patentanmeldung
mit der Bezeichnung „Auto-Federbein bzw. Stoß-
dämpf
ertechnik“ eingereicht, die das Aktenzeichen 10 2013 009 355.4 erhalten
hat. Zu seiner Anmeldung, der keine Erfinderbenennung beigefügt war, hat er zu-
sätzlich einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gestellt. Die
„Prü-
fungsstelle
27“ des DPMA hat den Antragsteller mit Bescheid vom
20. August 2013 aufgefordert, die Erfinderbenennung nachzureichen und ihm den
entsprechenden, amtlichen Vordruck übersandt. Mit einer am 28. September 2013
beim DPMA eingegangenen Eingabe hat der Antragsteller hierauf mitgeteilt, er
sehe sich außer Stande die Erfinderbenennung nachzureichen; diese habe er in
einen Schrank eingeschlossen, zu dem er den Schlüssel verloren habe. Das
Schloss wolle er nicht aufbrechen, da er infolgedessen ein neues Schloss benöti-
gen würde, wozu ihm jedoch gegenwärtig das Geld fehle. Mit Bescheid vom
30. Oktober 2013 hat die
„Prüfungsstelle 27“ des DPMA beim Antragsteller die
Nachreichung der Erfinderbenennung nochmals angemahnt und für den Fall, dass
er diese nicht innerhalb eines Monats vorlegen sollte, die Zurückweisung des Ver-
fahrenskostenhilfeantrags angedroht.
Nachdem die vom Amt gesetzte Nachreichungsfrist fruchtlos abgelaufen war, hat
die
„Prüfungsstelle 27“ des DPMA den Verfahrenskostenhilfeantrag mit Beschluss
vom 8. Januar 2014, der dem Antragsteller erst am 18. Februar 2014 mit Postzu-
stellungsurkunde wirksam zugestellt werden konnte, zurückgewiesen.
Mit Eingabe vom 17. März 2014, die am 18. März 2014 beim DPMA einging, hat
der Antragsteller gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. Hierbei hat er er-
gänzend vorgetragen, bisher sei ihm die Mitwirkung im vorliegenden Verfahren
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aus zeitlichen Gründen nicht möglich gewesen, da er gegenwärtig etwa 250 weite-
re Patentanmeldungen in Bearbeitung habe.
Die
„Prüfungsstelle 27“ des DPMA hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern
diese dem Bundespatentgericht vorgelegt.
Der erkennende Senat hat dem Antragsteller sodann mit Bescheid vom
20. August 2014 nochmals den amtlichen Vordruck für die Abgabe der Erfinderbe-
nennung übersandt und ihn aufgefordert, nunmehr innerhalb von vier Wochen die
benötigte Erfinderbenennung vorzulegen. Für den Fall des fruchtlosen Ablaufs
dieser Frist hat der Senat die Zurückweisung der Beschwerde angedroht. Auch
dieser Auflage ist der Antragsteller nicht nachgekommen.
II.
Die (kostenfreie) Beschwerde ist rechtzeitig eingelegt worden und auch im Übri-
gen zulässig. In der Sache bleibt die Beschwerde jedoch ohne Erfolg.
1. Die Nichteinreichung der Erfinderbenennung stellt einen Mangel dar, der im
vorliegenden Fall die Verweigerung der Verfahrenskostenhilfe rechtfertigt. Grund-
sätzlich gilt zwar, dass behebbare Mängel einer Patentanmeldung die Bewilligung
von Verfahrenskostenhilfe nicht auszuschließen vermögen; insbesondere sind
solche Mängel nicht geeignet, im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 PatG die hinrei-
chende Aussicht auf Erteilung eines Patents zu beseitigen (vgl. z.B. Schul-
te/, PatG, 9. Aufl., § 130 Rn. 41; Busse/, PatG, 7. Aufl., § 130
Rn. 31; a.A. wohl: BPatG, Beschluss vom 10. Juni 2003, Az. 17 W (pat) 61/02
- abrufbar im Internet z.B. unter Juris
®
Das Rechtsportal). Beim Verfahren über die
Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (Verfahrenskostenhilfeverfahren) besteht
allerdings nach § 130 Abs. 4 PatG die Besonderheit, dass in solchen Fällen, in
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denen Anmelder und Erfinder nicht die gleiche Person sind, eine Bewilligung von
Verfahrenskostenhilfe nur in Betracht kommt, wenn auch der Erfinder die Verfah-
renskostenhilfevoraussetzungen erfüllt. Dies führt dazu, dass ohne die Angabe,
wer Erfinder ist, das Verfahrenskostenhilfeverfahren nicht durchgeführt werden
kann. Reicht daher ein Patentanmelder, der gleichzeitig einen Antrag auf Bewilli-
gung von Verfahrenskostenhilfe gestellt hat, trotz Aufforderung hierzu keine Erfin-
derbenennung im Sinne von § 37 PatG ein, so ist nach entsprechender Andro-
hung sein Verfahrenskostenhilfeantrag zurückzuweisen.
2. Im vorliegenden Fall besteht allerdings die weitere Besonderheit, dass der
angefochtene Beschluss von der
„Prüfungsstelle 27“ des DPMA erlassen wurde.
Damit hat eine Organisationseinheit des DPMA über den Antrag auf Bewilligung
von Verfahrenskostenhilfe entschieden, die hierfür funktional nicht zuständig war.
Die Prüfungsstelle, die für die Bearbeitung der Patentanmeldung zuständig ist, ist
nicht dazu berufen, die Zurückweisung des Antrags auf Bewilligung von Verfah-
renskostenhilfe auszusprechen. Für diese Entscheidung ist gemäß § 27 Abs. 1
Nr. 2 PatG die Patentabteilung funktional zuständig. Eine solche Entscheidung
bleibt auch dann eine Abteilungssache, wenn sie z.B. vom Vorsitzenden gemäß
§ 27 Abs. 4 PatG auf ein technisches Mitglied der Abteilung (Prüfer) übertragen
worden ist oder wenn sie - wie hier - auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 Nr. 3 a)
WahrnV von einer Beamtin des gehobenen Dienstes oder vergleichbaren Tarifbe-
schäftigten getroffen wird. Eine Ungereimtheit besteht beim angefochtenen Be-
schluss auch insoweit, als aus der Entscheidung unmittelbar nicht erkennbar ist,
ob es sich bei der tätig gewordenen Bediensteten überhaupt um eine Beamtin des
gehobenen Dienstes oder vergleichbare Tarifbeschäftigte gehandelt hat.
Der Senat hat dennoch von einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und
Zurückverweisung der Sache an die zuständige Patentabteilung des DPMA abge-
sehen - was an sich nach § 79 Abs. 3 PatG möglich gewesen wäre -, weil in der
Sache keine andere Entscheidung zu treffen war (vgl. oben unter 1.). Hierbei wur-
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de auch berücksichtigt, dass gegen die vorliegende Entscheidung des Senats das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nicht gegeben ist (vgl. § 135 Abs. 3 Satz 1,
2. Halbsatz, PatG).
Dr. Lischke
Eisenrauch
Küest
Dr. Großmann
Hu