Urteil des BPatG vom 30.03.2004

BPatG: gesetzliche frist, eigenes verschulden, patentgesetz, fristversäumnis, auskunft, vertreter, patentanwalt, inhaber, entlastung, fälligkeit

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
10 W (pat) 60/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 100 61 781.6
wegen Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 4. Jahresgebühr
hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 24. August 2006 durch …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I
Die Patentanmeldung 100 61 781.6 mit der Bezeichnung „Hinderniserkennungs-
einrichtung für Kraftfahrzeuge“ ist durch Beschluss des Deutschen Patent- und
Markenamts - Prüfungsstelle für Klasse B 60 R - vom 30. März 2004 zurückgewie-
sen worden. Dagegen hat der Anmelder Beschwerde eingelegt.
Mit persönlichem Schreiben vom 28. Februar 2004 an das Patentamt hat sich der
Anmelder, der damals von einem Patentanwalt vertreten war, gegen die Zahlung
der 4. Jahresgebühr gewandt und dabei ausgeführt, er könne die Prüfungsdauer
und die Forderung nach einer Aufrechterhaltungsgebühr für eine Sache, die noch
keine sei, nicht nachvollziehen. Die Gebührenzahlung ist danach unterblieben,
auch nachdem das Patentamt den Vertreter des Anmelders durch Gebührenmittei-
lung vom 4. Mai 2004 auf die Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitigen Zahlung hin-
gewiesen hatte. Der Anmelder ist in einem weiteren Schreiben vom 13. Juni 2004
weiterhin davon ausgegangen, dass die Erhebung der 4. Jahresgebühr unberech-
tigt sei. Er hat diese Annahme darauf gestützt, dass ihm auf sein früheres Schrei-
ben keine Antwort gegeben worden sei. Außerdem hat er um Mitteilung gebeten,
falls es sich doch anders verhalten sollte, um nicht etwaige Ansprüche auf eine
weitere Patentprüfung zu verlieren.
Das Patentamt hat die Eingaben des Anmelders vom 28. Februar und vom 13. Ju-
ni 2004 nicht beantwortet. Stattdessen hat es dem früheren Vertreter des Anmel-
ders am 16. September 2004 mitgeteilt, dass die Anmeldung seit dem 1. Juli 2004
als zurückgenommen gelte und der Zurückweisungsbeschluss daher irrtümlich er-
gangen sei, weshalb er als gegenstandslos betrachtet werden müsse. Eine Be-
schwerde sei daher nicht möglich. Es bestehe lediglich die Möglichkeit eines Wie-
dereinsetzungsantrags.
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Einen solchen Antrag hat der Anmelder mit einem am 20. Oktober 2004 eingegan-
genen Schreiben gestellt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe am 20. Fe-
bruar 2004 von seinem Anwalt ein Telefax mit der Aufforderung zur Entrichtung
der bis zum 27. Februar 2004 fälligen Jahresgebühr erhalten. Die Gebührenmittei-
lung vom 4. Mai 2004 habe ihm sein Anwalt erst am 27. September 2004 übermit-
telt. Ein Mitarbeiter des Patentamts habe ihm telefonisch die Auskunft gegeben,
dass die Patentanmeldung solange ihre Gültigkeit behalte, als die Frist einer Zah-
lungsaufforderung mit dem entsprechenden Verspätungszuschlag nicht verstri-
chen sei. Dieser Auskunft habe er nicht nachkommen können, weil er von der
Existenz der Gebührenmitteilung nichts gewusst habe. Die Vollmacht seines An-
walts habe er am 13. Juni 2004 gekündigt. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ihm der
Anwalt keine Informationen zu seiner Patentanmeldung und deren Weiterbearbei-
tung zukommen lassen. Er habe lediglich am 22. Juli 2004 den Zurückweisungs-
beschluss erhalten.
Durch einen weiteren Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 R vom 6. Ju-
li 2005 hat das Patentamt den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Zur Be-
gründung ist - unter Verweisung auf einen vorangegangenen Zwischenbescheid -
u. a. ausgeführt, eine unverschuldete Versäumung der Zahlungsfrist liege nicht
vor. Das etwaige Verschulden seines Vertreters sei dem Verschulden des Anmel-
ders gleichzusetzen. Im Übrigen sei dieser durch das Anwaltsschreiben vom
20. Februar 2004 zur Zahlung der 4. Jahresgebühr aufgefordert worden. Folglich
habe er bei Aufbringen der zumutbaren Sorgfalt das Fristversäumnis vermeiden
können.
Dagegen wendet sich der Anmelder mit einer erneuten Beschwerde, zu deren Be-
gründung der Anmelder auf seine früheren Ausführungen verweist. Außerdem
macht er geltend, ein Mitarbeiter des Patentamts habe ihm noch im Novem-
ber 2004 mitgeteilt, es sei alles in Ordnung, wenn er die noch offene 4. Jahresge-
bühr nachentrichte.
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II
Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist zwar statthaft, weil der Anmelder eine gesetzli-
che Frist, nämlich die Frist zur Zahlung der 4. Jahresgebühr, versäumt hat. Diese
Gebühr ist am 31. Dezember 2003 fällig geworden und hätte bis zum 28. Fe-
bruar 2004 ohne Zuschlag, bis zum 30. Juni 2004 mit Zuschlag gezahlt werden
können, § 3 Abs. 2 Satz 1, § 7 Abs. 1 Patentkostengesetz. Tatsächlich ist die Zah-
lung erst am 23. November 2004 erfolgt.
Es ist aber bereits zweifelhaft, ob der Anmelder den Wiedereinsetzungsantrag in-
nerhalb der ihm dafür gemäß § 123 Abs. 2 Patentgesetz zur Verfügung stehenden
Frist von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses, d. h. des Umstands, der
für die nicht rechtzeitige Zahlung ursächlich war, gestellt hat.
Letztlich kommt es aber nicht darauf an, ob der Wiedereinsetzungsantrag rechtzei-
tig eingereicht worden ist, denn der Antrag ist jedenfalls nicht begründet. Es ist
nämlich davon auszugehen, dass der Anmelder die Frist zur Zahlung der 4. Jah-
resgebühr durch eigenes Verschulden versäumt hat, weshalb die Wiedereinset-
zung nach § 123 Abs. 1 Patentgesetz nicht gewährt werden kann.
Die Pflicht zur Zahlung von Jahresgebühren für Patentanmeldungen und für erteil-
te Patente ist im Patentkostengesetz verankert. Patentanmelder bzw. -inhaber
sind an dieses Gesetz und die darin festgelegten Zahlungsfristen ebenso gebun-
den wie das Patentamt. Abweichungen von diesen Zahlungsfristen sind nicht mög-
lich, auch wenn sich ein Gebührenschuldner im Einzelfall - wie es hier der Anmel-
der getan hat - an das Patentamt wendet.
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Der Anmelder kann sich nicht darauf berufen, diese Rechtslage nicht gekannt zu
haben. Zum einen stellen mangelnde Gesetzeskenntnisse grundsätzlich keinen
Grund zur Wiedereinsetzung dar. Zum anderen ist der Anmelder von seinem An-
walt am 20. Februar 2004 von der Fälligkeit der 4. Jahresgebühr und den gravie-
renden Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitigen Gebührenzahlung unterrichtet wor-
den. Es hat für ihn daher kein Grund zur Annahme bestanden, dass die Zahlungs-
fristen durch seine Eingaben vom 28. Februar und vom 23. Juni 2004 aufgescho-
ben werden oder die Gebühren sogar ganz entfallen könnten. Anstatt sich unmit-
telbar an das Patentamt zu wenden, hätte es für ihn vielmehr nahe gelegen, sich
zunächst bei seinem Anwalt über die rechtliche Grundlage der Jahresgebühr und
über das genaue Ende der Zahlungspflicht zu erkundigen.
Weil die Zahlungspflicht und die Rechtsfolgen nicht rechtzeitiger Zahlung bereits
aus dem Anwaltsschreiben vom 20. Februar 2004 unmissverständlich hervor ge-
gangen sind, führt auch der Umstand, dass der Anmelder seinen Angaben zu Fol-
ge die Gebührenmitteilung vom 4. Mai 2004 nicht erhalten hat, nicht zu seiner Ent-
lastung.
Somit muss sich der Anmelder bzgl. der Fristversäumnis einen persönlichen Fahr-
lässigkeitsvorwurf gefallen lassen, weshalb dem Antrag auf Wiedereinsetzung in
die versäumte Frist zur Zahlung der 4. Jahresgebühr nicht stattgegeben werden
kann.
gez.
Unterschriften