Urteil des BPatG vom 29.06.2010

BPatG: stand der technik, patentanspruch, werkstoff, werkzeug, bohrung, kennzeichen, ausdehnung, neuheit, materialien, erkenntnis

BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
4 Ni 83/08
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
29. Juni 2010
In der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
betreffend das deutsche Patent 199 64 550
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche
Verhandlung vom 29. Juni 2010 durch den Richter Voit als Vorsitzenden, die
Richterin Friehe, den Richter Dipl.-Ing. Rippel, die Richterin Dr.-Ing. Prasch und
den Richter Dr. Ing. Dorfschmidt
für Recht erkannt:
1.
Das deutsche Patent 199 64 550 wird insoweit für nichtig er-
klärt, als es über folgende Patentansprüche hinausgeht:
1.
Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen,
die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reib-
schlüssig gehalten werden, bei welchem die Werkzeugauf-
nahme (10) mittels einer die Hülsenpartie (12) umfassenden,
mit Wechselstrom beaufschlagten Induktionsspule (26) unter
Aufweitung ihrer Bohrung (20) induktiv erwärmt, das Werk-
zeug (16) mit seinem Schaft (14) in die aufgeweitete Boh-
rung eingeführt oder aus dieser herausgezogen und die
Werkzeugaufnahme (10) anschließend wieder abgekühlt
wird, dadurch gekennzeichnet, dass der über die Werkzeug-
aufnahme (10) überstehende Teil des Werkzeugs (16) im
Bereich des freien Endes der Hülsenpartie (12) unter Ver-
wendung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem Werk-
stoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften gegenüber
elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule (26)
abgeschirmt wird.
- 3 -
2.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
dass die an der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) be-
nachbarten Stirnseite der Induktionsspule (26) austretenden
magnetischen Feldlinien (28) in dem Polschuh (34) konzent-
riert und unter Abschirmung des über die Werkzeugauf-
nahme (10) überstehenden Teils des Werkzeugs (16) in die
Hülsenpartie (12) eingeleitet werden.
3.
Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen,
die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reib-
schlüssig gehalten werden, bei welchem die Werkzeugauf-
nahme (10) mittels einer die Hülsenpartie (12) umfassenden,
mit Wechselstrom beaufschlagten Induktionsspule (26) unter
Aufweitung ihrer Bohrung (20) induktiv erwärmt, das Werk-
zeug (16) mit seinem Schaft (14) in die aufgeweitete Boh-
rung eingeführt oder aus dieser herausgezogen und die
Werkzeugaufnahme (10) anschließend wieder abgekühlt
wird, dadurch gekennzeichnet, dass die an der dem freien
Ende der Hülsenpartie (12) benachbarten Stirnseite der In-
duktionsspule (26)
austretenden
magnetischen
Feldli-
nien (28) in einem Polschuh (34) aus magnetisch leitendem
Wirkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften konzent-
riert und unter Abschirmung des über die Werkzeugauf-
nahme (10) überstehenden Teils des Werkzeugs (16) in die
Hülsenpartie (12) eingeleitet werden.
4.
Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekenn-
zeichnet, dass die Werkzeugaufnahme (10) mit ihrer Hülsen-
partie (12) in eine zentrale Öffnung (30) der als Zylinderspule
ausgebildeten Induktionsspule (26) eingeführt wird, und dass
das Werkzeug (16) beim Ein- und Ausspannen mit seinem
Schaft (14) durch eine zentrale Durchtrittsöffnung (36) des
- 4 -
Polschuhs (24) hindurch in die aufgeweitete Bohrung (20)
eingeführt oder aus dieser herausgezogen wird.
5.
Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 4, dadurch
gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) gegen das freie
Ende der Hülsenpartie (12) axial und/oder radial zur Anlage
gebracht wird.
6.
Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 5, dadurch
gekennzeichnet, dass zwischen dem Polschuh (34) und dem
über die Hülsenpartie (12) überstehenden Teil des Werk-
zeugs (16) ein Luftspalt freigehalten wird.
7.
Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werk-
zeugschaft (14) aufweisenden Werkzeugen (16) mit einer
Werkzeugaufnahme (10), die eine an ihrem freien Ende (24)
offene Hülsenpartie (12) aus elektrisch leitendem Werkstoff
zur reibschlüssigen Aufnahme des Werkzeugschafts (14)
aufweist, und mit einer die Hülsenpartie (12) der Werkzeug-
aufnahme (10) umfassenden, mit einem vorzugsweise
hochfrequenten Wechselstrom beaufschlagbaren, als Ring-
oder Zylinderspule ausgebildeten Induktionsspule (26) zum
Erwärmen der Hülsenpartie (12), dadurch gekennzeichnet,
dass der über die Werkzeugaufnahme (10) überstehende
Teil des Werkzeugs (16) im Bereich des freien Endes der
Hülsenpartie (12) mittels eines Polschuhs (34) aus magne-
tisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigen-
schaften gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der
Induktionsspule (26) abgeschirmt ist.
8.
Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet,
dass der Polschuh (34) auf der dem freien Ende der Hülsen-
- 5 -
partie (12) benachbarten Stirnseite der Induktionsspule an-
geordnet ist und eine zentrale Durchtrittsöffnung (36) für das
Werkzeug aufweist.
9.
Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werk-
zeugschaft (14) aufweisenden Werkzeugen (16) mit einer
Werkzeugaufnahme (10), die eine an ihrem freien Ende (24)
offene Hülsenpartie (12) aus elektrisch leitendem Werkstoff
zur reibschlüssigen Aufnahme des Werkzeugschafts (14)
aufweist, und mit einer die Hülsenpartie (12) der Werkzeug-
aufnahme (10) umfassenden, mit einem vorzugsweise
hochfrequenten Wechselstrom beaufschlagbaren, als Ring-
oder Zylinderspule ausgebildeten Induktionsspule (26) zum
Erwärmen der Hülsenpartie (12), dadurch gekennzeichnet,
dass auf der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) benach-
barten Stirnseite der Induktionsspule ein Polschuh (34) aus
magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden
Eigenschaften angeordnet ist, der eine zentrale Durchtritts-
öffnung (36) für das Werkzeug aufweist.
10.
Vorrichtung nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekenn-
zeichnet, dass der Polschuh (34) das freie Ende (Ringflä-
che 24) der Hülsenpartie (12) teilweise übergreift.
11.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 10, da-
durch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) gegen das
freie Ende der Hülsenpartie (12) axial und/oder radial anliegt.
12.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 11, da-
durch gekennzeichnet, dass die Durchtrittsöffnung (36) des
Polschuhs (34) gegenüber dem Werkzeugdurchmesser
Übermaß aufweist.
- 6 -
13.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 12, da-
durch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) einen zur
Durchtrittsöffnung (36) hin partiell verjüngenden Querschnitt
aufweist.
14.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 13, da-
durch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) als Ring-
scheibe ausgebildet ist.
15.
Vorrichtung nach Anspruch 14, dadurch gekennzeich-
net, dass die Ringscheibe eine zur Durchtrittsöffnung (36)
konzentrische konische Eindrehung aufweist.
16.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 15, da-
durch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) durch meh-
rere speichenartig angeordnete Radialstege gebildet ist.
17.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 16, da-
durch gekennzeichnet, dass die Induktionsspule (26) an ihrer
dem Polschuh (34) gegenüberliegenden Stirnseite und/oder
an ihrer äußeren Mantelfläche eine magnetische Abschir-
mung (42, 44) aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elekt-
risch isolierenden Eigenschaften trägt.
18.
Vorrichtung nach Anspruch 17, dadurch gekennzeich-
net, dass die stirnseitige magnetische Abschirmung (42) als
Ringscheibe mit einer Durchtrittsöffnung (46) für die Hülsen-
partie (12) der Werkzeugaufnahme (10) ausgebildet ist.
19.
Vorrichtung nach Anspruch 18, dadurch gekennzeich-
net, dass die stirnseitige magnetische Abschirmung (42)
- 7 -
durch mehrere speichenartig angeordnete Radialstege gebil-
det ist.
20.
Vorrichtung nach Anspruch 18 oder 19, dadurch
gekennzeichnet, dass die mantelseitige Abschirmung (44)
als Zylinderkäfig ausgebildet ist.
21.
Vorrichtung nach Anspruch 20, dadurch gekennzeich-
net, dass der Zylinderkäfig in Umfangsrichtung geschlossen
ist.
22.
Vorrichtung nach Anspruch 21, dadurch gekennzeich-
net, dass der Zylinderkäfig aus mehreren, in Umfangsrich-
tung im Abstand voneinander angeordneten, achsparallelen
Stegen gebildet ist.
23.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 22, da-
durch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) aus weich-
magnetischem, insbesondere aus einem weichferritischen
oxidkeramischen Werkstoff besteht.
24.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 23, da-
durch gekennzeichnet, dass die magnetische Abschir-
mung (42, 44) aus weichmagnetischem, insbesondere aus
einem weichferritischen oxidkeramischen Werkstoff besteht.
25.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 24, da-
durch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) einen zur
Durchtrittsöffnung (36) konzentrischen, ringförmigen Zent-
rieransatz zur Aufnahme der freien Enden der Hülsenpar-
tie (12) und/oder zur Abstützung in der Ringöffnung der In-
duktionsspule (26) aufweist.
- 8 -
26.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 25, da-
durch gekennzeichnet, dass die Induktionsspule (26) eine
vorzugsweise mehrlagig gewickelte Spulenwicklung aus ei-
ner Hochfrequenz-Litze aufweist.
27.
Vorrichtung nach Anspruch 26, dadurch gekennzeich-
net, dass die Spulenwicklung (33) luftgekühlt ist.
28.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 27, da-
durch gekennzeichnet, dass die Induktionsspule (26) einen
Spulenkörper (32) aus keramischem Material aufweist.
29.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 28, da-
durch gekennzeichnet, dass die Hülsenpartie (12) eine
Passbohrung zur Aufnahme des Werkzeugschafts (14) auf-
weist, an die sich zum freien Ende hin ein Abschnitt größeren
Durchmessers anschließt.
30.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 29, da-
durch gekennzeichnet, dass die Hülsenpartie eine zylindri-
sche oder kegelstumpfförmige Mantelfläche aufweist.
31.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 30, da-
durch gekennzeichnet, dass die Werkzeugaufnahme ein die
Hülsenpartie (12) tragendes, mit einer drehenden Maschi-
nenspindel verbindbares Kupplungsstück (18) aufweist.
32.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 31, da-
durch gekennzeichnet, dass die Werkzeugaufnahme (10)
und die Induktionsspule (26) relativ zueinander bewegbar
sind.
- 9 -
33.
Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprü-
che 1 bis 6 und/oder der Vorrichtung nach einem der An-
sprüche 7 bis 32 zum Ein- und/oder Ausspannen von Werk-
zeugen aus elektrisch leitfähigem Material in eine bzw. aus
einer Hülsenpartie einer metallischen Werkzeugaufnahme.
34.
Verwendung nach Anspruch 33 zum Ein- und/oder Aus-
spannen von Werkzeugen (16) aus Werkzeugstahl.
II.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III.
Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.
IV.
Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Beklagten sind eingetragene Inhaberinnen des deutschen Patents 199 64 550
(Streitpatent), das durch Teilung aus der Patentanmeldung 199 15 412 hervorge-
gangen ist. Anmeldetag ist der 6. April 1999; die Patenterteilung wurde am
13. Dezember 2007 veröffentlicht. Das erteilte Patent betrifft ein Verfahren und
eine
Vorrichtung
zum
Spannen
von
Werkzeugen
und
umfasst
40 Patentansprüche, die vollständig angegriffen sind.
Hinsichtlich des Wortlauts der Patentansprüche in der erteilten Fassung wird auf
die Patentschrift DE 199 64 550 B4 Bezug genommen.
Die Beklagten verteidigen das Patent nur noch in beschränktem Umfang mit den
im Urteilstenor enthaltenen Patentansprüchen 1 bis 34.
- 10 -
Die Klägerin ist der Ansicht, die Gegenstände der geltenden Ansprüche 1, 3, 7
und 9 des Streitpatents seien - unter Berücksichtigung der durch den Bundesge-
richtshof in der Entscheidung „Einkaufswagen II“ (GRUR 2005, 1023 f.) aufge-
stellten Grundsätze - unzulässig erweitert. Darüber hinaus seien die Gegenstände
des Streitpatents nicht patentfähig, da sie nicht auf erfinderischer Tätigkeit beru-
hen. Die Klägerin stützt sich insoweit auf die Druckschriften
NK 7 (D1)
DE 39 25 641 A1
NK 10 (D2) US 5 311 654
NK 11 (D3) Kapitel 11 A - Induction Heat Treatment: Basic Principles,
Computation, Coil Construction and Design Considerations,
Valeri I. Rudnev, Raymond L. Cook, Don L. Loveless, Mi-
cah R. Black in: Fachbuch „Steel Heat Treatment Handbook“
(1997), Marcel Dekker, IR, INC.
NK 12 (D4) JP 49-100434
NK 13 (D4A) englische Übersetzung von JP 49-100434
NK 14 (D5) SU 248 101
NK 15 (D5A) deutsche Übersetzung von SU 248 101
NK 17
Fachbuch „Fachkunde Elektrotechnik“
NK 19 (D6) DD 40 363
NK 20
(D7) Firmeninformationsschrift „Induktive Erwärmung“ der
RWE AG, 4. Auflage 1991
NK 21 (D8) „Production and Concentration of Magnetic Flux for More
Efficient Induction Heating Applications”, Robert S. Ruffini
und Robert J. Madeira in “Industrial Heating”, Feb. 1998
Die Klägerin beantragt,
das deutsche Patent 199 64 550 in vollem Umfang für nichtig zu
erklären.
- 11 -
Die Beklagten beantragen,
die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Patent folgende
Fassung erhält:
1.
Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in
einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehal-
ten werden, bei welchem die Werkzeugaufnahme (10) mittels ei-
ner die Hülsenpartie (12) umfassenden, mit Wechselstrom beauf-
schlagten Induktionsspule (26) unter Aufweitung ihrer Boh-
rung (20) induktiv erwärmt, das Werkzeug (16) mit seinem Schaft
(14) in die aufgeweitete Bohrung eingeführt oder aus dieser he-
rausgezogen und die Werkzeugaufnahme (10) anschließend wie-
der abgekühlt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der über die
Werkzeugaufnahme (10) überstehende Teil des Werkzeugs (16)
im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie (12) unter Verwen-
dung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem Werkstoff mit
elektrisch isolierenden Eigenschaften gegenüber elektromagneti-
schen Streufeldern der Induktionsspule (26) abgeschirmt wird.
2.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
die an der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) benachbarten
Stirnseite der Induktionsspule (26) austretenden magnetischen
Feldlinien (28) in dem Polschuh (34) konzentriert und unter Ab-
schirmung des über die Werkzeugaufnahme (10) überstehenden
Teils des Werkzeugs (16) in die Hülsenpartie (12) eingeleitet wer-
den.
3.
Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in
einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehal-
ten werden, bei welchem die Werkzeugaufnahme (10) mittels ei-
ner die Hülsenpartie (12) umfassenden, mit Wechselstrom beauf-
- 12 -
schlagten Induktionsspule (26) unter Aufweitung ihrer Boh-
rung (20) induktiv erwärmt, das Werkzeug (16) mit seinem
Schaft (14) in die aufgeweitete Bohrung eingeführt oder aus dieser
herausgezogen und die Werkzeugaufnahme (10) anschließend
wieder abgekühlt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die an der
dem freien Ende der Hülsenpartie (12) benachbarten Stirnseite
der Induktionsspule (26) austretenden magnetischen Feldli-
nien (28) in einem Polschuh (34) aus magnetisch leitendem Wirk-
stoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften konzentriert und
unter Abschirmung des über die Werkzeugaufnahme (10) über-
stehenden Teils des Werkzeugs (16) in die Hülsenpartie (12) ein-
geleitet werden.
4.
Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet,
dass die Werkzeugaufnahme (10) mit ihrer Hülsenpartie (12) in
eine zentrale Öffnung (30) der als Zylinderspule ausgebildeten In-
duktionsspule (26) eingeführt wird, und dass das Werkzeug (16)
beim Ein- und Ausspannen mit seinem Schaft (14) durch eine
zentrale Durchtrittsöffnung (36) des Polschuhs (24) hindurch in die
aufgeweitete Bohrung (20) eingeführt oder aus dieser herausge-
zogen wird.
5.
Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 4, dadurch
gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) gegen das freie Ende der
Hülsenpartie (12) axial und/oder radial zur Anlage gebracht wird.
6.
Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 5, dadurch
gekennzeichnet, dass zwischen dem Polschuh (34) und dem über
die Hülsenpartie (12) überstehenden Teil des Werkzeugs (16) ein
Luftspalt freigehalten wird.
- 13 -
7.
Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werkzeug-
schaft (14) aufweisenden Werkzeugen (16) mit einer Werkzeug-
aufnahme (10), die eine an ihrem freien Ende (24) offene Hülsen-
partie (12) aus elektrisch leitendem Werkstoff zur reibschlüssigen
Aufnahme des Werkzeugschafts (14) aufweist, und mit einer die
Hülsenpartie (12) der Werkzeugaufnahme (10) umfassenden, mit
einem vorzugsweise hochfrequenten Wechselstrom beaufschlag-
baren, als Ring- oder Zylinderspule ausgebildeten Induktions-
spule (26) zum Erwärmen der Hülsenpartie (12), dadurch gekenn-
zeichnet, dass der über die Werkzeugaufnahme (10) überste-
hende Teil des Werkzeugs (16) im Bereich des freien Endes der
Hülsenpartie (12) mittels eines Polschuhs (34) aus magnetisch
leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften ge-
genüber
elektromagnetischen
Streufeldern
der
Induktions-
spule (26) abgeschirmt ist.
8.
Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass
der Polschuh (34) auf der dem freien Ende der Hülsenpartie (12)
benachbarten Stirnseite der Induktionsspule angeordnet ist und
eine zentrale Durchtrittsöffnung (36) für das Werkzeug aufweist.
9.
Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werkzeug-
schaft (14) aufweisenden Werkzeugen (16) mit einer Werkzeug-
aufnahme (10), die eine an ihrem freien Ende (24) offene Hülsen-
partie (12) aus elektrisch leitendem Werkstoff zur reibschlüssigen
Aufnahme des Werkzeugschafts (14) aufweist, und mit einer die
Hülsenpartie (12) der Werkzeugaufnahme (10) umfassenden, mit
einem vorzugsweise hochfrequenten Wechselstrom beaufschlag-
baren, als Ring- oder Zylinderspule ausgebildeten Induktions-
spule (26) zum Erwärmen der Hülsenpartie (12), dadurch gekenn-
zeichnet, dass auf der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) be-
nachbarten Stirnseite der Induktionsspule ein Polschuh (34) aus
- 14 -
magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigen-
schaften angeordnet ist, der eine zentrale Durchtrittsöffnung (36)
für das Werkzeug aufweist.
10.
Vorrichtung nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeich-
net, dass der Polschuh (34) das freie Ende (Ringfläche 24) der
Hülsenpartie (12) teilweise übergreift.
11.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch ge-
kennzeichnet, dass der Polschuh (34) gegen das freie Ende der
Hülsenpartie (12) axial und/oder radial anliegt.
12.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 11, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Durchtrittsöffnung (36) des Polschuhs (34)
gegenüber dem Werkzeugdurchmesser Übermaß aufweist.
13.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 12, dadurch ge-
kennzeichnet, dass der Polschuh (34) einen zur Durchtrittsöff-
nung (36) hin partiell verjüngenden Querschnitt aufweist.
14.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 13, dadurch ge-
kennzeichnet, dass der Polschuh (34) als Ringscheibe ausgebildet
ist.
15.
Vorrichtung nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet,
dass die Ringscheibe eine zur Durchtrittsöffnung (36) konzentri-
sche konische Eindrehung aufweist.
16.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 15, dadurch ge-
kennzeichnet, dass der Polschuh (34) durch mehrere speichenar-
tig angeordnete Radialstege gebildet ist.
- 15 -
17.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 16, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Induktionsspule (26) an ihrer dem Pol-
schuh (34) gegenüberliegenden Stirnseite und/oder an ihrer äuße-
ren Mantelfläche eine magnetische Abschirmung (42, 44) aus
magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigen-
schaften trägt.
18.
Vorrichtung nach Anspruch 17, dadurch gekennzeichnet,
dass die stirnseitige magnetische Abschirmung (42) als Ring-
scheibe mit einer Durchtrittsöffnung (46) für die Hülsenpartie (12)
der Werkzeugaufnahme (10) ausgebildet ist.
19.
Vorrichtung nach Anspruch 18, dadurch gekennzeichnet,
dass die stirnseitige magnetische Abschirmung (42) durch meh-
rere speichenartig angeordnete Radialstege gebildet ist.
20.
Vorrichtung
nach
Anspruch 18
oder
19,
dadurch
gekennzeichnet, dass die mantelseitige Abschirmung (44) als Zy-
linderkäfig ausgebildet ist.
21.
Vorrichtung nach Anspruch 20, dadurch gekennzeichnet,
dass der Zylinderkäfig in Umfangsrichtung geschlossen ist.
22.
Vorrichtung nach Anspruch 21, dadurch gekennzeichnet,
dass der Zylinderkäfig aus mehreren, in Umfangsrichtung im Ab-
stand voneinander angeordneten, achsparallelen Stegen gebildet
ist.
23.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 22, dadurch ge-
kennzeichnet, dass der Polschuh (34) aus weichmagnetischem,
insbesondere aus einem weichferritischen oxidkeramischen Werk-
stoff besteht.
- 16 -
24.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 23, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die magnetische Abschirmung (42, 44) aus
weichmagnetischem, insbesondere aus einem weichferritischen
oxidkeramischen Werkstoff besteht.
25.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 24, dadurch ge-
kennzeichnet, dass der Polschuh (34) einen zur Durchtrittsöff-
nung (36) konzentrischen, ringförmigen Zentrieransatz zur Auf-
nahme der freien Enden der Hülsenpartie (12) und/oder zur Ab-
stützung in der Ringöffnung der Induktionsspule (26) aufweist.
26.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 25, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Induktionsspule (26) eine vorzugsweise
mehrlagig gewickelte Spulenwicklung aus einer Hochfrequenz-
Litze aufweist.
27.
Vorrichtung nach Anspruch 26, dadurch gekennzeichnet,
dass die Spulenwicklung (33) luftgekühlt ist.
28.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 27, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Induktionsspule (26) einen Spulenkör-
per (32) aus keramischem Material aufweist.
29.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 28, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Hülsenpartie (12) eine Passbohrung zur
Aufnahme des Werkzeugschafts (14) aufweist, an die sich zum
freien Ende hin ein Abschnitt größeren Durchmessers anschließt.
30.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 29, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Hülsenpartie eine zylindrische oder kegel-
stumpfförmige Mantelfläche aufweist.
- 17 -
31.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 30, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Werkzeugaufnahme ein die Hülsenpar-
tie (12) tragendes, mit einer drehenden Maschinenspindel ver-
bindbares Kupplungsstück (18) aufweist.
32.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 31, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Werkzeugaufnahme (10) und die Indukti-
onsspule (26) relativ zueinander bewegbar sind.
33.
Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1
bis 6 und/oder der Vorrichtung nach einem der Ansprüche 7 bis 32
zum Ein- und/oder Ausspannen von Werkzeugen aus elektrisch
leitfähigem Material in eine bzw. aus einer Hülsenpartie einer me-
tallischen Werkzeugaufnahme.
34.
Verwendung nach Anspruch 33 zum Ein- und/oder Ausspan-
nen von Werkzeugen (16) aus Werkzeugstahl.
Sie sind der Ansicht, das Streitpatent weise weder unzulässige Erweiterungen auf
noch sei der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit gegeben.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig, jedoch nur insoweit begründet, als das streitgegenständli-
che Patent für nichtig zu erklären war, soweit es über die Patentansprüche 1 bis
34 gemäß dem Antrag der Beklagten hinausging. Soweit die Beklagten das Streit-
patent noch verteidigen, ist sein Gegenstand weder unzulässig erweitert noch für
den Durchschnittsfachmann, hier ein Dipl.-Ing. (FH) der Fachrichtung Maschinen-
bau, mit Erfahrungen in der Spanntechnik und Kenntnissen der Elektrotechnik,
- 18 -
aus dem relevanten Stand der Technik nahe gelegt. Soweit die Beklagten das
Patent nicht mehr verteidigen, war es ohne weiteres für nichtig zu erklären.
II.
1.
Das Streitpatent betrifft Verfahren und Vorrichtungen zum Ein- und Ausspan-
nen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reib-
schlüssig gehalten werden. Verfahren und Vorrichtungen dieser Art sind dazu be-
stimmt, das Werkzeug in die Werkzeugaufnahme einzuspannen oder aus dieser
auszuspannen. Hierzu wird die Werkzeugaufnahme mit Hilfe der Induktionsspule
im Bereich der Hülsenpartie erwärmt, so dass sich die Bohrung in der Hülsenpar-
tie vergrößert und das Werkzeug mit seinem Schaft eingeführt werden kann. Beim
anschließenden Abkühlen der Hülsenpartie wird der Werkzeugschaft in der durch
die Abkühlung geschrumpften Bohrung der Hülsenpartie reibschlüssig gehalten.
Die Durchmesser des Werkzeugschafts und der Hülsenpartie sind dabei so ge-
wählt, dass beim Abkühlen eine kraftschlüssige und verdrehfeste Verbindung ent-
steht. Zum Ausspannen wird die Hülsenpartie erneut durch die Induktionsspule
erwärmt, bis das Werkzeug aus der Aufnahme herausgezogen werden kann.
Hierbei breitet sich die Erwärmung von außen nach innen aus, so dass zunächst
die Hülsenpartie erwärmt wird, bevor die Wärme auf den eingespannten Werk-
zeugschaft gelangt. Dadurch wird erreicht, dass sich zunächst der Hülsenabschnitt
dehnt, so dass das noch kältere Werkzeug beim Ausspannen aus der Aufnahme
gelöst werden kann. Nach dem Streitpatent [Abs. 0002] funktioniert dies jedoch
nur dann, wenn Werkzeuge mit geringer thermischer Ausdehnung und/oder mit
niedriger elektrischer Leitfähigkeit verwendet werden. Bei der Verwendung von
Einsteckwerkzeugen aus Werkzeugstahl komme es dagegen immer wieder zu
Problemen beim Ausspannvorgang.
2.
Vor diesem Hintergrund bezeichnet es die Patentschrift als Aufgabe der
Erfindung, das bekannte Verfahren und die bekannte Vorrichtung dahingehend zu
verbessern, dass auch Werkzeuge mit größerer thermischer Ausdehnung
- 19 -
und/oder aus elektrisch leitfähigem Material mit Hilfe der Induktionsheizung zu-
verlässig ein- und ausgespannt werden können [Abs. 0003].
3.
Diese Aufgabe soll gelöst werden durch die Verfahren und Vorrichtungen
nach den nunmehr geltenden Patentansprüchen 1, 3, 7 und 9.
3.1. In gegliederter Fassung, auf die im Folgenden Bezug genommen wird, lautet
der geltende Patentanspruch 1 wie folgt:
1.
Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen,
1.1. die
in
einer
Hülsenpartie
einer Werkzeugaufnahme
reibschlüssig gehalten werden,
2.
bei welchem die Werkzeugaufnahme (10) unter Aufweitung
ihrer Bohrung (20) induktiv erwärmt wird;
2.1. die Erwärmung erfolgt mittels einer die Hülsenpartie (12) um-
fassenden, mit Wechselstrom beaufschlagten Induktions-
spule (26);
2.2. das Werkzeug (16) wird mit seinem Schaft (14) in die aufge-
weitete Bohrung eingeführt oder aus dieser herausgezogen;
2.3. die Werkzeugaufnahme (10) wird anschließend wieder abge-
kühlt;
- Oberbegriff -
3.
der über die Werkzeugaufnahme (10) überstehende Teil des
Werkzeugs (16) wird im Bereich des freien Endes der Hül-
senpartie (12) gegenüber elektromagnetischen Streufeldern
der Induktionsspule (26) abgeschirmt;
3.1. dies erfolgt unter Verwendung eines Polschuhs aus magne-
tisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigen-
schaften;
- Kennzeichen -
- 20 -
Der Senat legt dem geltenden Patentanspruch 1 folgendes Verständnis zu
Grunde:
Das Streitpatent betrifft gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 ein Verfahren
zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werk-
zeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden mit Hilfe einer Induktionsheizung.
Jedoch ist das streitpatentgemäße Verfahren gemäß dem Wortlaut des Patentan-
spruchs 1 nicht nur auf die in der streitpatentgemäßen Aufgabenstellung genann-
ten Werkzeuge mit größerer thermischer Ausdehnung und/oder aus elektrisch
leitfähigem Material beschränkt, sondern vielmehr für alle, einen Werkzeugschaft
aufweisenden Werkzeuge grundsätzlich geeignet, wenngleich sie nur bei den be-
vorzugten Werkzeugmaterialien ihre vorteilhafte Wirkung entfalten kann.
Die Werkzeugaufnahme wird mittels einer die Hülsenpartie umfassenden, mit
Wechselstrom beaufschlagten Induktionsspule induktiv erwärmt, so dass sich die
Bohrung der Hülsenpartie aufweitet und das Werkzeug mit seinem Schaft in die
aufgeweitete Bohrung eingeführt oder aus dieser herausgezogen werden kann.
Anschließend wird die Werkzeugaufnahme wieder abgekühlt, wodurch eine kraft-
schlüssige und verdrehfeste Verbindung entsteht.
Entsprechend den Merkmalen 3 und 3.1 wird der über die Werkzeugaufnahme
überstehende Teil des Werkzeugs im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie
gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule abgeschirmt.
Diese Abschirmung erfolgt durch einen Polschuh aus magnetisch leitendem
Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften, der dazu im Bereich des
freien Endes der Hülsenpartie in geeigneter Weise - beispielsweise gemäß dem
Ausführungsbeispiel nach Figur 1 - angeordnet sein muss, um
seine
bestimmungsgemäße Funktion ausüben zu können.
Dem Streitpatent liegt somit die im Absatz [0005] beschriebene Erkenntnis
zugrunde, dass nicht nur die sich von der Hülsenpartie außen nach innen zum
Werkzeug ausbreitende Erwärmung, sondern vor allem (zusätzlich) die durch
- 21 -
elektromagnetische Streufelder verursachte Aufheizung des Werkzeugs in dessen
über die Werkzeugaufnahme überstehenden Bereich die Ausspannung des
Werkzeugs erschwert und deshalb verringert werden muss.
3.2. Der
nebengeordnete
Patentanspruch 3
unterscheidet
sich
vom
Patentanspruch 1 durch die folgenden im Kennzeichen aufgeführten Merkmale:
3’.
die an der dem freien Ende der Hülsenpartie (12)
benachbarten
Stirnseite
der
Induktionsspule (26)
austretenden magnetischen Feldlinien (28) werden in einem
Polschuh (34) konzentriert und unter Abschirmung des über
die Werkzeugaufnahme (10) überstehenden Teils des
Werkzeugs (16) in die Hülsenpartie (12) eingeleitet;
3.1’.
der Polschuh besteht aus magnetisch leitendem Werkstoff
mit elektrisch isolierenden Eigenschaften.
Hinsichtlich des Verständnisses der Merkmale 1 bis 2.3 sowie 3.1’ wird auf die
Ausführungen zum geltenden Patentanspruch 1 verwiesen.
Das Merkmal 3’ enthält nähere Angaben, auf welche Weise der über die
Werkzeugaufnahme überstehende Teil des Werkzeugs im Bereich des freien
Endes der Hülsenpartie von elektromagnetischen Streufelder abgeschirmt wird.
Dies erfolgt, indem die an der dem freien Ende der Hülsenpartie benachbarten
Stirnseite der Induktionsspule austretenden magnetischen Feldlinien in dem
gemäß Merkmal 3.1’ ausgebildeten Polschuh konzentriert und in die Hülsenpartie
eingeleitet werden.
3.3. Der auf eine Vorrichtung gerichtete nebengeordnete Patentanspruch 7 lautet
in gegliederter Fassung:
- 22 -
1.
Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen
1.1. von
einen
Werkzeugschaft (14)
aufweisenden
Werkzeugen (16)
2.
mit einer Werkzeugaufnahme (10);
2.1. die Werkzeugaufnahme (10) weist eine Hülsenpar-
tie (12) auf;
2.1.1.
die Hülsenpartie (12) dient zur reibschlüssigen
Aufnahme des Werkzeugschafts (14);
2.1.2.
die Hülsenpartie (12) ist an ihrem freien Ende
offen;
2.1.3.
die Hülsenpartie (12) besteht aus elektrisch
leitendem Werkstoff;
3.
die Vorrichtung weist eine Induktionsspule (26) auf
3.1. die Induktionsspule (26) ist als Ring- oder Zylinderspule
ausgebildet;
3.2. die Induktionsspule (26) umfasst die Hülsenpartie (12)
der Werkzeugaufnahme (10);
3.3. die Induktionsspule (26) dient zum Erwärmen der
Hülsenpartie (12);
3.4. die Induktionsspule (26) ist mit einem vorzugsweise
hochfrequenten Wechselstrom beaufschlagbar;
- Oberbegriff -
4.
der über die Werkzeugaufnahme (10) überstehende Teil des
Werkzeugs (16) ist im Bereich des freien Endes der Hülsen-
partie (12) gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der
Induktionsspule (26) abgeschirmt;
4.1. dies erfolgt mittels eines Polschuhs (34) aus magne-
tisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Ei-
genschaften.
- Kennzeichen -
- 23 -
Dabei beschreiben die Merkmale 1 bis 3.4 die Ausgestaltung einer (an sich
bekannten) Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werkzeugschaft
aufweisenden Werkzeugen mit Hilfe einer Induktionsheizung.
Der Wortlaut der erfindungswesentlichen Merkmale 4 und 4.1 entspricht den
Merkmalen 3 und 3.1 des geltenden Patentanspruchs 1.
Daher ist hinsichtlich des Verständnisses dieser Merkmale auf die Ausführungen
zum geltenden Patentanspruch 1 zu verweisen.
3.4. Der
nebengeordnete
Patentanspruch 9
unterscheidet
sich
vom
Patentanspruch 7 nur durch die im Kennzeichen aufgeführten Merkmale:
4.’
auf der, dem freien Ende der Hülsenpartie benachbarten
Stirnseite der Induktionsspule ist ein Polschuh angeordnet;
4.1.’ der Polschuh ist aus magnetisch leitendem Werkstoff mit
elektrisch isolierenden Eigenschaften;
4.2.’ der Polschuh weist eine zentrale Durchtrittsöffnung für das
Werkzeug auf.
Hinsichtlich des Verständnisses der Merkmale 1. bis 3.4. wird auf die
Ausführungen
zum
geltenden
Patentanspruch 7
bzw.
hinsichtlich
des
Verständnisses der Merkmale 4’ bis 4.2.’ auf die Ausführungen zum geltenden
Patentanspruch 3 verwiesen.
3.5. Der auf eine Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 7
gerichtete Patentanspruch 34 lautet:
„Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 7
und/oder der Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 33 zum
Ein- und/oder Ausspannen von Werkzeugen aus elektrisch
leitfähigem Material in eine bzw. aus einer Hülsenpartie einer
metallischen Werkzeugaufnahme.“
- 24 -
4.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die dem Streitpatent zugrunde
liegenden geltenden Patentansprüche in der verteidigten Fassung unzulässig sind
bzw. gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen der Stammanmeldung
entsprechend der Offenlegungsschrift DE 199 15 412 A1 unzulässig erweitert
sind.
Die Merkmale 1 bis 2.1 des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents erge-
ben sich sinngemäß aus dem Oberbegriff des auf eine Vorrichtung gerichteten
Patentanspruchs 1 der Stammanmeldung.
Die Merkmale 2.2. und 2.3. ergeben sich aus der allgemeinen Beschreibung der
Wirkungsweise derartiger Vorrichtungen in Spalte 1, Zeilen 13 bis 42 der Stamm-
anmeldung, die erkennbar auch für die streitpatentgemäße Vorrichtung gilt. Die im
Kennzeichen des Patentanspruchs 1 aufgeführten Merkmale 3 und 3.1 ergeben
sich nahezu wörtlich aus Spalte 1, Zeilen 64 bis Spalte 2, Zeile 6 der Stamman-
meldung.
Die vorgenommene Änderung des Ausdruckes „elektrisch nicht leitendem“ in
„elektrisch isolierenden“ findet seine Offenbarung in Spalte 4, Zeilen 19 bis 23 der
Offenlegungsschrift.
Gegenüber der erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 ist der geltende Patent-
anspruch 1 durch Aufnahme der Merkmale des erteilten Patentanspruchs 7 be-
schränkt worden.
Die Merkmale 1 bis 2.3 sowie 3.1 des geltenden Patentanspruchs 3 entsprechen
weitgehend wortgleichen den Merkmalen 1 bis 2.3 sowie 3.1 des Patentan-
spruchs 1. Daher ist diesbezüglich auf die Ausführungen zum Patentanspruch 1
zu verweisen.
Das Merkmal des Patentanspruchs 2 sowie das im Kennzeichen des Patentan-
spruchs 3 aufgeführte Merkmal 3’ ergeben sich nahezu wörtlich beispielsweise
aus Spalte 3, Zeilen 64 bis Spalte 4, Zeile 2 der Stammanmeldung.
- 25 -
Die weiter angegriffenen abhängigen Verfahrensansprüche 4 bis 6 finden ihre
Stütze in den ursprünglichen Ansprüchen 1, 3, 4 bis 7 der Stammanmeldung, dort
als Vorrichtungsansprüche formuliert.
Die im Oberbegriff aufgeführten Merkmale der weiter angegriffenen unabhängigen
Vorrichtungsansprüche 7 und 9 sind im ursprünglichen Patentanspruch 1 der
Stammanmeldung (Oberbegriff) offenbart. Die kennzeichnenden Merkmale des
Patentanspruchs 7 entsprechen der Formulierung des geltenden Verfahrensan-
spruchs 1 und ergeben sich nahezu wörtlich aus Spalte 1, Zeilen 59 bis 64 oder
Spalte 2, Zeilen 4 bis 6 der Stammanmeldung.
Die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 9 ergeben sich aus dem ur-
sprünglichen Patentanspruch 1 der Stammanmeldung (Kennzeichen), wobei die
Änderung des Wortes „übergriffen“ in „angeordnet“ keine unzulässige Erweiterung
darstellt. Vielmehr muss der Polschuh dort angeordnet sein, um das freie Ende
der Hülsenpartie übergreifen zu können.
Die Merkmale der geltenden Patentansprüche 10 bis 31 entsprechen den Merk-
malen der ursprünglichen Ansprüche 2 bis 24 der Stammanmeldung.
Der auch angegriffene Patentanspruch 33 umfasst aufgrund seiner Rückbezie-
hungen auch die Merkmale der Ansprüche 1 bis 7 bzw. 8 bis 32, weshalb hinsicht-
lich der Offenbarung auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen wird. Die
weiteren Merkmale dieses Patentanspruchs sind in Spalte 1, Zeilen 1 bis 12 bzw.
Spalte 1, Zeilen 42 bis 47 der Stammanmeldung offenbart.
Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 34 ergeben sich aus Spalte 1, Zei-
len 34 bis 42 der Stammanmeldung.
Gemäß gefestigter Rechtsprechung kann die Patentinhaberin bei einer Teilung
des Patents die gesamte Ursprungsoffenbarung ausschöpfen. Alles was der
Durchschnittsfachmann den ursprünglichen Unterlagen als zur angemeldeten Er-
findung gehörig entnehmen kann, ist dem Inhalt der Anmeldung zuzurechnen und
- 26 -
kann im Laufe des Patenterteilungsverfahrens der Trennanmeldung daher in die
Patentansprüche aufgenommen werden.
Als Kern des Erfindungsgedankens der Stammanmeldung entnimmt der Fach-
mann beispielsweise aus Spalte 1, Zeilen 64 bis Spalte 2, Zeile 1 der Offenle-
gungsschrift der Stammanmeldung, die den Ursprungsunterlagen entspricht:
„Der erfindungsgemäßen Lösung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass Werkzeuge
aus elektrisch leitfähigem Material durch den nicht unerheblichen Streuanteil der
herkömmlichen Induktionsspulen im Bereich ihrer Einspannstelle so schnell auf-
geheizt werden, dass das Ausspannen erschwert oder unmöglich gemacht wird.
Um dies zu verhindern, wird gemäß der Erfindung vorgeschlagen, die elektromag-
netischen Streufelder im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie soweit herab-
zusetzen, dass eine Aufheizung des in der Werkzeugaufnahme befindlichen
Werkzeugs vermieden wird…. Mit diesen Maßnahmen wird erreicht, dass die
magnetischen Feldlinien an der betreffenden Stirnseite der Induktionsspule im
Polschuh konzentriert werden, so dass auch der über die Werkzeugaufnahme
überstehende Teil des Werkzeugs wirksam gegenüber elektromagnetischen
Streufeldern abgeschirmt wird.“
Diesen eindeutig erkennbaren und deutlich offenbarten Erfindungsgedanken kann
die Patentinhaberin im Laufe eines Patenterteilungsverfahrens somit ohne weite-
res zum Gegenstand von Patentansprüchen, beispielsweise eines Verfahrensan-
spruchs, eines Vorrichtungsanspruches und/oder eines Verwendungsanspruches
entsprechend den geltenden Patentansprüchen machen.
Hierbei ist es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entscheidend, dass der
die Abschirmung gewährleistende Polschuh eine zentrale Durchtrittsöffnung auf-
weist oder die Stirnseite genau in der im Ausführungsbeispiel beschriebenen
Weise übergreift. Vielmehr vermitteln die gesamten Ursprungsunterlagen, dass
der grundlegende Erfindungsgedanke in dem wirksammen Abschirmen des über
die Werkzeugaufnahme überstehenden Teils des Werkzeugs im Bereich des
freien Endes der Hülsenpartie gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der
- 27 -
Induktionsspule mittels des dort angeordneten Polschuhs aus magnetisch leiten-
dem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften erfolgt.
Die geltenden Patentansprüche 1 bis 34 sind daher zulässig.
5.
Der Senat konnte nicht feststellen, dass das unstrittig gewerblich anwend-
bare streitpatentgemäße Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen in
einer Werkzeugaufnahme nach dem geltenden Patentanspruch 1 - die Neuheit
liegt unbestritten vor - gegenüber dem angeführten Stand der Technik nicht pa-
tentfähig ist.
Die bereits in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents genannte
DE 39 25 641 A1 (D1), beschreibt die Wirkungsweise einer Vorrichtung zum Ein-
und Ausspannen von einen Werkzeugschaft aufweisenden Werkzeugen (12) in
einer Werkzeugaufnahme (17), bei welchem die Werkzeugaufnahme (17) unter
Aufweitung ihrer Bohrung induktiv erwärmt wird. Die Werkzeugaufnahme (17) der
bekannten Vorrichtung weist eine an ihrem freien Ende offene, durch eine
stirnseitige Ringfläche begrenzte Hülsenpartie aus üblichem Werkzeugstahl
(Spalte 4, Zeile 66) und somit aus elektrisch leitendem Werkstoff (Anspruch 5) zur
reibschlüssigen Aufnahme des Werkzeugschafts auf. Eine Induktionsspule (18),
die als Ring- oder Zylinderspule ausgebildet ist, umfasst die Hülsenpartie der
Werkzeugaufnahme und wird mit einem Wechselstrom beaufschlagt (Spalte 3,
Zeilen 47 bis 50), was zum Erwärmen der Hülsenpartie führt. Dadurch kann das
Werkzeug (12) mit seinem Schaft in die aufgeweitete Bohrung eingeführt oder aus
dieser herausgezogen werden, bevor die Werkzeugaufnahme (17) anschließend
wieder abkühlt. Gemäß Spalte 5, Zeile 6 bis 10 ist auch das Entspannen
(Ausspannen) des Werkzeugs (12) unproblematisch und erfolgt durch erneutes
Aufheizen des vorderen Abschnitts (16), wodurch die Aufnahme (17) wieder
geweitet wird, so dass das Werkzeug (12) in einfacher Weise entnommen werden
kann. Zwar wird, ähnlich wie im Streitpatent, darauf verwiesen (Spalte 5, Zeilen 10
bis 15), dass bei Verwendung einer Induktionsheizung die Wärme von der
äußeren Oberfläche nach innen gelangt, so dass zunächst die durch den
- 28 -
Abschnitt (16) gebildete Hülse erwärmt wird, ehe das Werkzeug (12) mit seinem
Schaft ebenfalls erwärmt wird und sich weitet. Nach den Ausführungen in
Spalte 5, Zeilen 15 bis 20 vermittelt die D1 jedoch die Erkenntnis, dass bereits der
Übergang zwischen Werkzeug (12) und Abschnitt (16) ausreicht, um einen so
großen Wärmeübergangswiderstand darzustellen, dass eine unzulässige
Erwärmung und damit eine Aufweitung des Werkzeugs (12) nicht befürchtet
werden muss.
Das aus der DE 39 25 641 A1 (D1) bekannte Verfahren weist somit unstrittig die
Merkmale 1 bis 2.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auf.
Jedoch gibt dieses bekannte Verfahren zum Ein- und Ausspannen von
Werkzeugen
dem
Fachmann
keine
Hinweise,
dass
der
über
die
Werkzeugaufnahme überstehenden Teil des Werkzeugs im Bereich des freien
Endes der Hülsenpartie gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der
Induktionsspule abgeschirmt werden soll. Daher weist dieses bekannte Verfahren
zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen weder das Merkmal 3 noch das
Merkmal 3.1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auf.
Auch das bekannte Verfahren nach der D2 (Anlage NK 10) zum Einspannen von
Werkzeugen geht nicht über das hinaus, was bereits aus dem bekannten
Verfahren nach der D1 dem Fachmann geläufig ist. Denn dieses induktive
Einspannverfahren
weist
allenfalls
nur
die
Merkmale 1
bis
2.3
des
Patentanspruchs 1 des Streitpatents hinsichtlich des Einspannvorgangs auf. Denn
bei diesem bekannten Verfahren ist an keiner Stelle der Ausspannvorgang des
Werkzeugs erwähnt, vielmehr befasst sich die D2 mit der direkten
Kühlmittelzuführung über das Werkzeug und dabei insbesondere mit der
Eliminierung einer dadurch bedingten Exzentrizität beim Einspannen des
Werkzeugs in der Werkzeugaufnahme (vgl. Spalte 2, Zeilen 19 bis 25). Daher
kann der Inhalt der D2 dem Fachmann auch keinerlei Hinweise darauf geben,
dass das Ausspannen von Werkzeugen bei bestimmten Materialbeschaffenheiten
möglicherweise problematisch sei. Folglich kann die D2 dem Fachmann keine
Anregungen geben, sich überhaupt mit Streufeldern und deren Beseitigung
- 29 -
entsprechend den Merkmalen 3 und 3.1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents
zu befassen.
Weil keine der vorstehend aufgeführten Druckschriften nach der D1 oder der D2
Hinweise auf das Merkmal 3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gibt,
wonach eine Abschirmung des über die Werkzeugaufnahme überstehenden Teil
des Werkzeugs im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie gegenüber
elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule erfolgen solle, kann daher
keine dieser Druckschriften, weder alleine noch in Kombination untereinander, den
Fachmann dazu anleiten, bei einem Verfahren zum Ein- und Ausspannen von
Werkzeugen
einen
Polschuh
entsprechend
den
Merkmalen 3.1
des
Patentanspruchs 1 des Streitpatents auszubilden.
In der D3 gemäß der Anlage NK 11 werden mögliche Anwendungsfelder
(Seite 767) und die Wirkungsweise der induktiven Erwärmung sowie die Verläufe
der elektromagnetischen Feldlinien mit und ohne Anwendung eines Konzentrators
beschrieben (z. B. Seite 857, zweiter Absatz). Auf Seite 860, zweiter Absatz, wird
erläutert, dass es durch die geeignete Anordnungen von Konzentratoren,
insbesondere deren Anordnung, Geometrie, Werkstoffeigenschaften und die
angewandten Frequenzen möglich sei, eine unerwünschte Erwärmung des
Werkstücks zu vermeiden. Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass zusätzlich die
Faktoren wie beispielsweise die Geometrie des Systems zu betrachten sei. Somit
handelt es sich hier um eine Veröffentlichung, in der allgemein die Vorteile eines
Konzentrators bei der induktiven Erwärmung beschrieben sind, jedoch dem
Fachmann die Lehre vermittelt, dass die richtige Auswahl, Gestaltung und
Anordnung des Konzentrators für dessen erfolgreiche Anwendung bei jedem
Anwendungsfall neu zu ermitteln sei. Insbesondere gibt diese Druckschrift dem
Fachmann keinerlei Hinweise auf die Ausgestaltung eines Verfahrens zum Ein-
und
Ausspannen
von Werkzeugen,
die
in
einer
Hülsenpartie
einer
Werkzeugaufnahme
reibschlüssig
gehalten
werden
entsprechend
den
Merkmalen 1 bis 2.1.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents und daher auch
nicht auf die besondere Anordnung und Ausgestaltung eines Polschuhs aus
- 30 -
magnetisch leitendem und elektrisch isolierendem Werkstoff bei einem derartigen
Verfahren.
Die Firmeninformationsschrift D7 nach der Anlage NK 20 beschreibt die
physikalischen Grundlagen sowie technische Anwendungen der induktiven
Erwärmung. In Kapitel 3.1 wird ein Werkzeug einer Induktionserwärmungsanlage,
der sogenannte Induktor, näher beschrieben. Demnach besteht der Induktor aus
einem wassergekühlten Kupferleiter, der in seiner Form an das Werkstück und die
Erwärmungsaufgabe angepasst ist. Es wird hingewiesen, dass insbesondere auch
der Abstand zwischen Werkstück und Induktor für den Wirkungsgrad, den
Leistungsfaktor sowie die Genauigkeit des Erwärmungsbildes maßgeblich
verantwortlich ist. Zur Führung des vom Induktor erzeugten Magnetfeldes und zur
Konzentration auf den Werkstückbereich werden Anordnungen aus geblechtem
Eisen, beispielsweise Trafoblechpakete verwendet, die den wasserführenden
Kupferleiter C-förmig umgeben. Gemäß den Ausführungen auf Seite 28, Absatz 1
können dadurch auch Streufelder reduziert werden, was die Erwärmung
benachbarter Metallteile verringert sowie den Wirkungsgrad und den
Leistungsfaktor verbessert.
Als Einsatzgebiete für das Fügen und Lösen geschrumpfter Pressverbände mittels
Induktions-Anwärmgeräte werden gemäß Kapitel 3.3.3 beispielsweise mittlere und
große Kugellager von 20 bis 150 kg Gewicht beschrieben. Auch die weiteren
Ausführungsbeispiele in diesem Kapitel belegen, dass die induktive Erwärmung
aufgrund ihrer hohen Leistungsdichte besonders für sehr große Werkstücke
empfohlen wird.
Diese Druckschrift gibt jedoch, ähnlich wie die D3, keinerlei Hinweise auf die
Ausgestaltung eines Verfahrens zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die
in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden
entsprechend den Merkmalen 1 bis 2.1.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents
und daher auch nicht auf die besondere Anordnung und Ausgestaltung eines
Polschuhs aus magnetisch leitendem und elektrisch isolierendem Werkstoff bei
einem derartigen Verfahren.
- 31 -
Auch die D8 nach der Anlage NK 21 befasst sich mit den physikalischen
Grundlagen der induktiven Erwärmung, insbesondere den Feldlinienverläufen bei
Induktionsspulen. In Figur 2 wird am Beispiel eines wellenförmigen Werkstücks
der Feldlinienverlauf ohne und mit einem Konzentrator aufgezeigt. Hierbei hat der
Konzentrator einen C-förmigen Querschnitt und umgibt die Induktionsspule mit
Ausnahme der Werkstückseite weitgehend vollständig. Auch diese Druckschrift
gibt somit, ähnlich wie die D3 oder die D7, dem Fachmann keinerlei Hinweise auf
die Ausgestaltung eines Verfahrens zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen,
die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden
entsprechend den Merkmalen 1 bis 2.1.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents
und daher auch nicht auf die besondere Anordnung und Ausgestaltung eines
Polschuhs aus magnetisch leitendem und elektrisch isolierendem Werkstoff bei
einem derartigen Verfahren.
Weil keine der vorstehend aufgeführten Druckschriften nach der D3, D7 oder D8
Hinweise auf das Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in
einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden,
entsprechend den Merkmalen 1 bis 2.1.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents
gibt, kann daher keine dieser Druckschriften, weder alleine noch in Kombination
untereinander, den Fachmann dazu anleiten, eine derartiges Verfahren zum Ein-
und
Ausspannen
von Werkzeugen,
die
in
einer
Hülsenpartie
einer
Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden, im Einzelnen sowie unter
Verwendung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem und elektrisch
isolierendem Werkstoff auszugestalten.
Auch eine Kombination der Druckschriften nach der D1 oder der D2 mit einer der
Druckschriften nach der D3, D7 oder D8 führt den Fachmann nicht zum streitpa-
tentgemäßen Vorrichtung.
Zwar ist es zutreffend, dass - entsprechend dem Vortrag der Klägerin - die D1
dem Fachmann Hinweise darauf gibt, dass das Ausspannen des Werkzeugs mög-
licherweise problematisch sein könnte. Denn dort wird, ähnlich wie beim Streitpa-
tent, darauf verwiesen (Spalte 5, Zeilen 10 bis 15), dass bei Verwendung einer In-
- 32 -
duktionsheizung die Wärme von der äußeren Oberfläche nach innen gelangt, so
dass zunächst die durch den Abschnitt (16) gebildete Hülse erwärmt wird, ehe das
Werkzeug (12) mit seinem Schaft ebenfalls erwärmt wird und sich weitet. Nach
den Ausführungen in Spalte 5, Zeilen 15 bis 20, vermittelt die D1 dem Fachmann,
dass bereits der Übergang zwischen Werkzeug (12) und Abschnitt (16) ausreicht,
um einen so großen Wärmeübergangswiderstand darzustellen, dass eine unzu-
lässige Erwärmung und damit eine Aufweitung des Werkzeugs (12) nicht be-
fürchtet werden muss, so dass letztendlich das Ausspannen des Werkzeugs aus-
drücklich als unproblematisch bewertet (Spalte 5, Zeile 7) wird. Der Fachmann hat
somit ausgehend von der D1 keinerlei Veranlassung, überhaupt nach Wegen und
Mitteln zu suchen, eine Erwärmung des Werkzeugs, insbesondere in dessen über
die Werkzeugaufnahme überstehenden Bereich zu verringern.
Im Übrigen eignet sich diese bekannte Vorrichtung nach der D1 ausweislich den
Ausführungen in Spalte 5, Zeilen 21 bis 24 zur Aufnahme von Werkzeugen aus
Hartmetall oder aus anderen Materialien, beispielsweise aus einer Keramik,
welche bekanntlich eine geringe thermische Ausdehnung aufweisen und elektrisch
nicht leitend sind. Hinweise, dass diese bekannte Vorrichtung zum Ein- und
Ausspannen von Werkzeugen mit größerer thermischer Ausdehnung und/oder aus
elektrisch leitfähigem Material geeignet sei, gibt diese Druckschrift dem Fachmann
nicht. Doch selbst wenn der Fachmann, entsprechend dem Vortrag der Klägerin,
bei dieser bekannten Vorrichtung auch Werkzeuge aus Werkzeugstahl verwenden
würde und gegebenenfalls auch die mangelnde Eignung für derartige Werkzeuge
feststellen würde, erhielte er aus der D1 entsprechend den Ausführungen in
Spalte 5, Zeilen 25 bis 30, allenfalls Hinweise, entweder geeignete Materialien für
die Hülsenpartie und/oder das Werkzeug auszuwählen oder aber, wie vorstehend
beschrieben,
den
Wärmeübergangswiderstand
zwischen
Werkzeug
und
Werkzeugaufnahme zu verändern. Der Fachmann wird durch die technische
Lehre der D1 daher auf einen anderen Lösungsansatz geführt, weil diese
Druckschrift allenfalls dazu anregen kann, Werkzeuge aus geeigneten Materialien
zu verwenden und/oder den Wärmeübergangswiderstand zwischen Werkzeug und
Werkzeugaufnahme zu beeinflussen.
- 33 -
Die beanspruchte Lehre war deshalb auch nicht durch einfache fachübliche Erwä-
gungen ohne weiteres auffindbar, sondern bedurfte darüber hinausgehender Ge-
danken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit schließen lassen.
Auch die übrigen im Zuge des Verfahrens in Betracht gezogenen Druckschriften
liegen weiter ab vom streitpatentgemäßen Verfahren und sind in der mündlichen
Verhandlung nicht aufgegriffen worden. Sie stehen dem Verfahren des Patentan-
spruchs 1 nicht patenthindernd entgegen, wie der Senat überprüft hat.
Der geltende Patentanspruch 1 hat daher Bestand.
Dies gilt auch für den auf diesen Anspruch rückbezogenen Anspruch 2. Denn die-
ser Patentanspruch bildet das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 vorteilhaft
weiter aus. Er wird daher von diesem auf Grund seines Rückbezugs getragen.
6.
Der Senat konnte nicht feststellen, dass das unstrittig gewerblich anwend-
bare streitpatentgemäße Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen,
die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden,
nach dem geltenden Patentanspruch 3 - die Neuheit liegt unbestritten vor - ge-
genüber dem angeführten Stand der Technik nicht patentfähig ist.
Wie bereits bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Verfahrens nach
dem Patentanspruch 1 ausgeführt ist, sind aus dem Stand der Technik keine
Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie
einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden, mittels induktiver
Erwärmung beschrieben oder nahe gelegt, bei denen der über die
Werkzeugaufnahme überstehende Teil des Werkzeugs im Bereich des freien
Endes der Hülsenpartie unter Verwendung eines Polschuhs aus magnetisch
leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften gegenüber
elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule abgeschirmt wird.
Da das Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen nach dem
Patentanspruch 3 im wesentlichen auch diejenigen Merkmale aufweist, die in dem
Verfahren nach Patentanspruch 1 aufgeführt sind, ist das Vorliegen der
- 34 -
erfinderischen Tätigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden
Ausführungen wird verwiesen.
Mithin hat der Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag Bestand.
7.
Der Senat konnte nicht feststellen, dass die unstrittig gewerblich anwendba-
ren streitpatentgemäßen Vorrichtungen zum Ein- und Ausspannen von einen
Werkzeugschaft aufweisenden Werkzeugen nach den geltenden Patentansprü-
chen 7 und 9 - die Neuheit liegt unbestritten vor - gegenüber dem angeführten
Stand der Technik nicht patentfähig sind.
Wie bereits bei den Beurteilungen der erfinderischen Tätigkeit der Verfahren zum
Ein- und Ausspannen von Werkzeugen nach den unabhängigen Patentansprü-
chen 1 und 3 ausgeführt ist, sind aus dem Stand der Technik keine Verfahren be-
kannt oder nahe gelegt, bei denen der über die Werkzeugaufnahme überstehende
Teil des Werkzeugs im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie unter Verwen-
dung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolie-
renden Eigenschaften gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Indukti-
onsspule abgeschirmt wird.
Da die auf eine Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werkzeugschaft
aufweisenden Werkzeugen gerichteten Patentansprüche 7 und 9 im Wesentlichen
die vorrichtungstechnische Lösung der im Patentanspruch 1 bzw. 3 unter Schutz
gestellten Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen beschreibt und
sinngemäß weitgehend auch diejenige Merkmale aufweist, die in den Patentan-
sprüchen 1 bzw. 3 aufgeführt sind, ist das Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit
übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird ver-
wiesen.
Die unabhängigen Patentansprüche 7 und 9 haben daher jeweils auch Bestand.
Die Unteransprüche 6 und 10 bis 32 betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen der
Gegenstände der Patentansprüche 7 und 9, die über Selbstverständlichkeiten
hinausreichen. Sie haben daher ebenfalls Bestand.
- 35 -
8.
Der Senat konnte nicht feststellen, dass die unstrittig gewerblich anwendbare
Verwendung des streitpatentgemäßen Verfahrens nach einem der Ansprüche 1
bis 6 oder der Vorrichtung nach einem der Ansprüche 7 bis 32 nach den geltenden
Patentansprüchen 33 und 34 - die Neuheit liegt unbestritten vor - gegenüber dem
angeführten Stand der Technik nicht patentfähig ist.
Wie bereits zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit der Verfahren nach
Patentanspruch 1 oder 3 bzw. der Vorrichtungen nach dem Patentanspruch 7
oder 9 ausgeführt worden ist, sind aus dem Stand der Technik keine derartigen
Verfahren oder Vorrichtungen bekannt oder nahe gelegt.
Da
der
Patentanspruch 33
auf
Grund
seiner
Rückbezüge
auf
die
Patentansprüche 1 bis 6 und/oder 7 bis 32 somit auch diejenigen Merkmale
umfasst, die diesen Patentansprüchen zugrunde liegen, ist das Vorliegen der
erfinderischen Tätigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden
Ausführungen wird Bezug genommen.
Dies gilt auch für den auf diesen Patentanspruch rückbezogenen, geltenden Pa-
tentanspruch 34, der von dem Patentanspruch 33 auf Grund seines Rückbezugs
getragen wird.
- 36 -
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 S. 2
ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG
i. V. m. § 709 ZPO.
Voit
zugleich für die
wegen Urlaubs
verhinderte
Richterin
Friehe:
Voit
Rippel
Dr. Prasch
Dr. Dorfschmidt
Pr