Urteil des BPatG vom 29.06.2010

BPatG: stand der technik, fig, patentanspruch, muster, form, neuheit, auflösung, messung, ausbildung, erfindung

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
17 W (pat) 28/06
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
29. Juni 2010
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2004 047 498.2-51
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch sowie der Richterin Eder, des Richters
Dipl.-Ing. Baumgardt und der Richterin Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse G02B des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 28. Oktober 2005 aufgehoben und das Patent gemäß
Hilfsantrag mit folgenden Unterlagen erteilt:
Patentansprüche 1 und 2,
Beschreibung Seiten 1 bis 15
und 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 4,
jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.
G r ü n d e :
I.
Die vorliegende Patentanmeldung ist am 23. September 2004 beim Deutschen
Patent- und Markenamt unter der Bezeichnung
„Lichtleiter mit einer strukturierten Oberfläche und Verfahren
zu dessen Herstellung“
eingereicht worden.
Die Prüfungsstelle für Klasse G02B hat durch Beschluss vom 28. Oktober 2005
die Anmeldung zurückgewiesen, da der nebengeordnete Patentanspruch 7 man-
gels Neuheit seines Gegenstandes nicht gewährbar sei.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerde der Anmelderin.
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Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt nunmehr,
den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent
mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
- gemäß Hauptantrag mit
Patentansprüchen 1 bis 6, 8 vom 19. August 2005, eingegangen am
19. August 2005,
Patentanspruch 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
noch anzupassender Beschreibung und
2 Blatt Zeichnungen mit 6 Figuren vom 25. Oktober 2004, eingegangen
am 26. Oktober 2004,
- gemäß Hilfsantrag mit
Patentansprüchen 1 und 2,
Beschreibung Seiten 1 bis 15 und
2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 4,
jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.
Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind folgende
Druckschriften genannt worden:
D1: WO 2004/089699 A1
D2: US 5 633 494 A
D3: US 2003/0231818 A1
D4: US 4 889 407 A
D5: US 5 500 913 A.
- 4 -
Die Anmelderin hat außerdem eingereicht:
IZFM-Unterlage Nd:YAG-Laser-Bearbeitungsstation für die Mikrotechnik,
im Internet abrufbar unteri-stuttgart.de/izfm/laser_fs.pdf, mit Da-
tumsangabe 15.07.03
Im Beschwerdeverfahren hat der Senat zusätzlich folgende Druckschriften einge-
führt:
D6: JP 2002-107270 A (mit englischem Abstract und Computerüberset-
zung)
D7: US 4 947 022.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
„1.
Verfahren zum Bearbeiten eines Lichtleiters (11) zur Erzeugung
einer verformungsabhängigen optischen Dämpfung, bei dem zur Verstär-
kung der Verformungsabhängigkeit der Dämpfung die Oberfläche (12) des
Lichtleiters durch Laserablation mit einer Strukturierung (22) versehen
wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Lichtleiter eine gekrümmte Oberfläche (12) aufweist, wobei der
Schärfentiefebereich (s) der Laserfokussierung mittels einer Abbildungs-
optik (16) derart eingestellt wird, dass der zu strukturierende Bereich der
gekrümmten Oberfläche innerhalb des Schärfentiefebereichs (s) liegt und
die Strukturierung (22) ohne Berücksichtigung der Krümmung der Oberflä-
che (12) erfolgen kann.“
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Der nebengeordnete Patentanspruch 7 gemäß Hauptantrag lautet:
„7.
Lichtleiter (11) mit einer gekrümmten, strukturierten Oberfläche (12)
zur Verstärkung der Verformungsabhängigkeit seines optischen Dämp-
fungsverhaltens,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Strukturierung durch ein regelmäßiges Muster von napfartigen
Vertiefungen (27) mit gleich bleibender Tiefe ausgebildet ist, wobei Vertie-
fungen jeweils in Querschnittebenen des Lichtleiters (11) und in axialer
Richtung des Lichtleiters (11) nebeneinander liegen und hinsichtlich ihrer
Tiefenausdehnung unabhängig von der Krümmung der Oberfläche parallel
zueinander ausgerichtet sind.“
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet:
„1.
Lichtleiter (11) mit einer gekrümmten, strukturierten Oberfläche (12)
zur Verstärkung der Verformungsabhängigkeit seines optischen Dämp-
fungsverhaltens,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Strukturierung durch ein regelmäßiges Muster von napfartigen
Vertiefungen (27) mit gleich bleibender Tiefe ausgebildet ist, wobei die
Vertiefungen jeweils in Querschnittebenen des Lichtleiters (11) und in axi-
aler Richtung des Lichtleiters (11) nebeneinander liegen und hinsichtlich
ihrer Tiefenausdehnung unabhängig von der Krümmung der Oberfläche
parallel zueinander ausgerichtet sind.“
Der Anmeldung soll gemäß der Beschreibung S. 1a Abs. 3 und S. 5 vorle. Abs.
vom 12. Januar 2006 die Aufgabe zugrunde liegen, ein Verfahren zum Erzeugen
eines Lichtleiters mit strukturierter Oberfläche anzugeben, mit dem sich wirtschaft-
lich eine genaue Geometrie der Oberflächenstrukturierung erzeugen lässt, sowie
einen Lichtleiter mit einer Strukturierung der Oberfläche anzugeben, der unter
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Erreichen des geforderten Dämpfungsverhaltens eine möglichst geringe Schwä-
chung des Querschnitts des Lichtleiters aufweist. Dem Patentbegehren nach Hilfs-
antrag soll die Aufgabe zugrunde liegen, einen Lichtleiter mit strukturierter Oberflä-
che anzugeben, der sich wirtschaftlich mit einer genauen Geometrie der Oberflä-
chenstrukturierung erzeugen lässt, vgl. die Beschreibungsseite 4 Abs. 1 nach
Hilfsantrag.
Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht. Sie hat insoweit Erfolg, als
ein Patent nach Hilfsantrag erteilt wird.
1.
Die Anmeldung betrifft gemäß Hauptantrag ein Verfahren zum Bearbeiten
eines Lichtleiters zur Erzeugung einer verformungsabhängigen optischen Dämp-
fung. Außerdem betrifft die Anmeldung gemäß Haupt- und Hilfsantrag einen Licht-
leiter mit einer gekrümmten, strukturierten Oberfläche zur Verstärkung der Verfor-
mungsabhängigkeit seines optischen Dämpfungsverhaltens.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lässt sich wie folgt gliedern:
a) Verfahren zum Bearbeiten eines Lichtleiters (11) zur Erzeugung einer
verformungsabhängigen optischen Dämpfung,
b) bei dem zur Verstärkung der Verformungsabhängigkeit der Dämpfung
die Oberfläche (12) des Lichtleiters durch Laserablation mit einer Struktu-
rierung (22) versehen wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
- 7 -
c)
der Lichtleiter eine gekrümmte Oberfläche (12) aufweist, wobei
d) der Schärfentiefebereich (s) der Laserfokussierung mittels einer Abbil-
dungsoptik (16) derart eingestellt wird, dass der zu strukturierende Bereich
der gekrümmten Oberfläche innerhalb des Schärfentiefebereichs (s) liegt
und die Strukturierung (22) ohne Berücksichtigung der Krümmung der
Oberfläche (12) erfolgen kann.
Merkmal d) soll das Strukturieren des gekrümmten Lichtleiters in einem Arbeits-
gang erlauben. Der Begriff „Schärfentiefe“ bzw. „Schärfentiefebereich“ wird hier
offensichtlich nicht im Üblichen, an den Eigenschaften des menschlichen Auges
orientierten Sinn verwendet. Vielmehr soll durch Merkmal d) ausgedrückt werden,
dass bei der Laserablation mit einer einmal geeignet gewählten Fokussierung der
Laserlichtfleck im gesamten zu strukturierenden Bereich (der aufgrund der Krüm-
mung des Lichtleiters unterschiedliche Arbeitsabstände umfasst) ausreichend klein
ist, um die Strukturierung mit für die vorgesehene Anwendung ausreichender Ge-
nauigkeit herzustellen, vgl. S. 3 Abs. 3 der Anmeldeunterlagen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag betrifft nach einer möglichen Gliederung
einen
A) Lichtleiter (11)
B) mit einer gekrümmten, strukturierten Oberfläche (12) zur Verstärkung
der Verformungsabhängigkeit seines optischen Dämpfungsverhaltens,
dadurch gekennzeichnet, dass
E) die Strukturierung durch ein regelmäßiges Muster von napfartigen Ver-
tiefungen (27) mit gleich bleibender Tiefe ausgebildet ist,
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F) wobei die Vertiefungen jeweils in Querschnittebenen des Lichtlei-
ters (11) und in axialer Richtung des Lichtleiters (11) nebeneinander liegen
und hinsichtlich ihrer Tiefenausdehnung unabhängig von der Krümmung
der Oberfläche parallel zueinander ausgerichtet sind.
Dieser Patentanspruch ist auf das Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 5 und 6 der
Anmeldeunterlagen (entsprechend Fig. 3 und 4 nach Hilfsantrag) gerichtet. Ge-
mäß Merkmal E) haben die napfartigen Vertiefungen alle die gleiche Tiefe (Ab-
stand des tiefsten Punktes von der Oberflächenkontur des Lichtleiters, vgl. S. 9
Abs. 2 der Anmeldeunterlagen). Gemäß Merkmal F) verlaufen insbesondere auch
die in einer Querschnittsebene des Lichtleiters nebeneinander liegenden Vertie-
fungen parallel zueinander (nicht jeweils radial zur Lichtleiterachse hin).
Als Fachmann ist hier ein Diplomphysiker oder Ingenieur mit guten Kenntnissen in
der Optik und Erfahrung in der Entwicklung von Lichtwellenleitern, insbesondere
für die Sensorik anzusehen, dem die entsprechenden Bearbeitungsverfahren ver-
traut sind.
2.
Aus den im Verfahren genannten Druckschriften und Unterlagen war vor dem
Anmeldetag der vorliegenden Patentanmeldung Folgendes bekannt:
Die nach dem Anmeldetag der vorliegenden Anmeldung veröffentlichte Druck-
schrift D1 ist gemäß § 3 Abs. 1 und 2 PatG nur für die Neuheitsprüfung heranzu-
ziehen. Sie betrifft einen Aufprallsensor für ein Fahrzeug, der einen Lichtleiter mit
strukturierter Oberfläche und demgemäß verformungsabhängiger Dämpfung auf-
weist. Auf dem gekrümmten Lichtleiter sind strukturierte Oberflächenbereiche
angeordnet. Fig. 6 bis 22 zeigen solche Anordnungen; insbesondere zeigen die
Figuren 12 bis 14 zwei schmale, entlang der Lichtleitfaserrichtung ausgedehnte
Oberflächenbereiche, gemäß Fig. 19 solche in Form mehrerer in Faserrichtung
nebeneinander liegenden Inseln. Die Strukturierung kann unter Anderem durch
Laserablation erfolgen, vgl. S. 13 Z. 13 sowie Anspruch 7. Ein Oberflächenbereich
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kann z. B. gezähnt („serrated“) oder zinnenförmig („crenellated“) strukturiert sein,
vgl. S. 13 Z. 16 bis 18 i. V. m. Fig. 15 u. 16.
Die von der Anmelderin genannte Druckschrift D2 betrifft einen faseroptischen Bie-
gesensor. Der Lichtleiter ist an einzelnen Stellen seiner Oberfläche behandelt, so
dass sich dort die Lichtverluste bei Verformung besonders stark ändern, d. h. die
Verformungsabhängigkeit der optischen Dämpfung verstärkt wird, aber dennoch
die mechanische Stabilität des Lichtleiters gewahrt bleibt, vgl. Sp. 4 Z. 16 bis 18
sowie Sp. 6 Z. 34 bis 36. Die behandelten Oberflächenbereiche können z. B. mit
einer Zähnung versehen sein, vgl. Fig. 4 und 7, die z. B. durch Heißformen (Pres-
sen der erhitzten Faser gegen eine gezähnte Oberfläche), Pressen gegen eine
Feile, Sandstrahlen, Ätzen oder auf andere Weise erzeugt wurde, vgl. Sp. 12 Z. 32
bis 54. Die Form der Zähnung kann variieren, vgl. Sp. 12 Z. 45 bis 49. Fig. 22, 23,
28 und 38 bis 41 zeigen unterschiedliche Anordnungen der behandelten Oberflä-
chenbereiche, wobei diese mit einer Licht absorbierenden Schicht 41 versehen
sind. In Fig. 28 F erstreckt sich der behandelte Bereich etwa auf den halben
Faserumfang.
Die Druckschrift D3 betrifft faseroptische Sensoren. In den zur Messung verwen-
deten, seitlichen Oberflächenbereichen der Lichtleitfasern wird ein Teil der Oberflä-
che entfernt und durch z. B. lumineszierendes Sensormaterial ersetzt, vgl. die
Zusammenfassung sowie Abs. [0006]. Fig. 2 und 3 zeigen verschiedene Formen
von erzeugten Vertiefungen in der Lichtleiteroberfläche (vor der Füllung mit Sen-
sormaterial), insbesondere zeigen Fig. 3e und 3f Zähnungen. Solche komplexen,
präzisen Formen werden gemäß Abs. [0049] bevorzugt mit Laserablation erzeugt,
die auch eine bessere mechanische Integrität des Faserkerns als chemisches
Ätzen gewährleisten soll.
Die Druckschrift D4 zeigt optische Fasersensoren, die mit unter unterschiedlichen
Winkeln angeordneten Durchgangslöchern versehen sind und für chemische Ana-
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lysen verwendet werden. Die Löcher können durch Laserablation hergestellt wer-
den, vgl. die Ansprüche 13 bis 15.
Gemäß D5 Fig. 1a bis 1c können Vertiefungen in Lichtleitfasern mit Hilfe von
Laserablation hergestellt werden, wobei der Laserstrahl definiert über die Ober-
fläche des Lichtleiters bewegt wird („scanner 14“ in Fig. 1), vgl. auch die Ansprü-
che 20 bis 22 und 37.
Die japanische Druckschrift D6 (mit englischem Abstract und Computerüberset-
zung) betrifft eine (gekrümmte) Lichtleitfaser, die zur Detektion von Öllecks einge-
setzt wird. Im Mantel der Lichtleitfaser sind eine oder mehrere Vertiefungen vor-
handen, die bei Vorhandensein von Öl die Dämpfungseigenschaften der Lichtleit-
faser ändern, vgl. Abs. [0002]. Gemäß Fig. 1 und der Beschreibung in Abs. [0005]
werden die Vertiefungen durch Bestrahlen der Lichtleitfaser mit einem Laser er-
zeugt. In Fig. 1 unten links weist die Lichtleitfaser ein Sackloch auf, in Fig. 1 unten
rechts zwei diametral gegenüber liegende Löcher. Gemäß Abs. [0005] wird ein
Loch durch Laserbestrahlung von etwa 0.2 Sekunden Dauer hergestellt; es kön-
nen zwei oder mehr Löcher in Längsrichtung der Lichtleitfaser nebeneinander
angeordnet werden. Als Vorteil ist im Abstract und in Abs. [0010] unter Anderem
die billige Herstellung erwähnt.
Die Druckschrift D7 betrifft das Lasergravieren gekrümmter Oberflächen. Der
Fokus des Lasers wird auf den mittleren Arbeitsabstand zwischen Fokussierlinse
und zu gravierender Oberfläche eingestellt, so dass in unterschiedlichen Arbeits-
abständen liegende Oberflächenbereiche ohne Änderung der Fokussierung gra-
viert werden können, vgl. die Zusammenfassung sowie Fig. 2 bis 5 mit Beschrei-
bung. Dies vereinfacht die Bearbeitung, vgl. Sp. 1 Z. 46 bis 68. Als Beispiel ist das
Laserbeschriften eines Etiketts für eine gekrümmte Stuhllehne angeführt, vgl.
Fig. 1. Bei der Bearbeitung entstehen Zonen leicht unterschiedlicher Struktur-
schärfe, wobei diese Variationen für das menschliche Auge nahezu unsichtbar
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sind und das entstehende Schriftbild im Wesentlichen einheitlich wirkt, vgl. Sp. 3
Abs. 2.
Die von der Anmelderin eingereichte IZFM-Unterlage betrifft eine Nd:YAG-Laser-
Bearbeitungsstation für die Mikrotechnik und deren Anwendungen. Gemäß Blatt 7
sind für die Mikrostrukturierung durch Laserablation sehr kurze Lichtimpulse und
eine gute Fokussierung erforderlich. Es sind verschiedene Anwendungen genannt,
z. B. das Schreiben von Masken. Auf der letzten Seite ist die erzielbare Auflösung
mit 5 bis 50 µm angegeben.
3.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht nicht auf
erfinderischer Tätigkeit.
Wie oben erläutert, ist aus D2 ein Verfahren zum Bearbeiten eines Lichtleiters zur
Erzeugung einer verformungsabhängigen optischen Dämpfung sowie ein entspre-
chender Lichtleiter bekannt, bei dem zur Verstärkung der Verformungsabhängig-
keit der Dämpfung die gekrümmte Oberfläche des Lichtleiters mechanisch oder
chemisch mit einer Strukturierung versehen wird, vgl. insbesondere Fig. 4 bis 9 -
. Die Erzeugung solcher Strukturen durch Laserabla-
tion bot sich dem Fachmann aus seinem Fachwissen als naheliegende Alternative
zur mechanischen oder chemischen Strukturerzeugung an, vgl. jede der Druck-
schriften D3 bis D6 - . Angesichts des relativ schmalen
zu strukturierenden Oberflächenbereichs (mit relativ geringen Höhenunterschie-
den) in D2 Fig. 4 oder 7 und der eher geringen Genauigkeitsanforderungen (das in
D2 beispielhaft angegebene Pressen auf eine Feile erzeugt offensichtlich keine
hochgenaue Oberflächenstruktur) lag es für den Fachmann zudem nahe, den
Fokus und den zugehörigen Schärfentiefebereich so einzustellen, dass der ge-
samte zu strukturierende Bereich in einem Arbeitsgang (ohne Fokusverstellung,
d. h. ohne Berücksichtigung der Oberflächenkrümmung) bearbeitet werden kann;
dass dem Fachmann derartige Überlegungen nicht fremd waren, zeigt beispielhaft
D7 - .
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Durch diese naheliegenden Überlegungen konnte der Fachmann zum Verfahren
gemäß Anspruch 1 gelangen, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen.
Nach Ansicht der Anmelderin hätte der Fachmann eine Laserablation nur für die
Herstellung hochpräziser Strukturen in Betracht gezogen und somit nicht für die
aus D2 bekannten Strukturen. Zudem besage die Formulierung in Merkmal d),
wonach der zu strukturierende Bereich der gekrümmten Oberfläche innerhalb des
Schärfentiefebereichs liegt, dass im gesamten strukturierten Bereich keine Un-
schärfen aufträten und die erzeugten Strukturen alle gleich präzise seien. Dage-
gen seien in D7 die Unschärfen in den erzeugten Strukturen zwar klein, jedoch mit
bloßem Auge zu erkennen; der zu strukturierende Bereich müsse dort zumindest
teilweise außerhalb des Schärfentiefebereichs liegen.
Dem ist entgegen zu halten, dass dem Fachmann die Laserablation als eine (rela-
tiv preiswerte, vgl. D6 Abs. [0010]) Möglichkeit zur Erzeugung von Strukturen
unterschiedlicher Präzision bekannt war (von hochpräzisen Maskenstrukturen ge-
mäß der IZFM-Unterlage über Sacklöcher und Schlitze in Lichtleitern gemäß D6
bis hin zu relativ unpräzisen Beschriftungen in Etiketten gemäß D7). Zudem bieten
die Anmeldeunterlagen für die von der Anmelderin vorgebrachte, enge Auslegung
des Begriffs „Schärfentiefebereich“ in Merkmal d) keine Stütze; vielmehr soll
gemäß S. 3 Abs. 3 der Anmeldeunterlagen „innerhalb des Krümmungsbereichs
des Lichtleiters, in dem die Strukturierung erzeugt werden soll, der Schärfentiefe-
bereich der Laserfokussierung ausreichen, um die Strukturierung durch Laserabla-
tion mit der geforderten Genauigkeit herzustellen“. Eine entsprechende Lehre
konnte der Fachmann D7 entnehmen, wobei in dem dortigen Ausführungsbeispiel
die geforderte Genauigkeit nicht besonders hoch ist und eine leichte, mit bloßem
Auge kaum erkennbare Strukturunschärfe nicht stört; dass die Anforderungen an
die Genauigkeit der erzeugten Strukturen je nach Anwendung unterschiedlich sind
und der Schärfentiefebereich entsprechend der Anwendung gewählt werden muss,
war für den Fachmann selbstverständlich. Im Übrigen zählten Überlegungen zur
geeigneten Einstellung der Schärfentiefe bei der Laserablation zum handwerkli-
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chen Können des Fachmanns; im Fall nicht allzu hoher Genauigkeitsanforderun-
gen und eines relativ wenig variierenden Arbeitsabstandes zog er eine Strukturie-
rung in einem Arbeitsgang mit einmaliger geeigneter Fokuseinstellung ohne Weite-
res in Betracht.
Somit ist der Anspruch 1 nach Hauptantrag nicht gewährbar.
Da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. BGH in GRUR
1997, 120 „Elektrisches Speicherheizgerät“), sind auch der nebengeordnete An-
spruch 7 sowie die Unteransprüche 2 bis 6 und 8 nach Hauptantrag nicht gewähr-
bar.
4.
Das Patentbegehren gemäß Hilfsantrag ist zulässig.
Der Anspruch 1 geht hervor aus den ursprünglichen Ansprüchen 8 und 9 sowie
Fig. 6 und der zugehörigen Beschreibung auf S. 9 Abs. 2.
Der Unteranspruch 2 geht aus dem ursprünglichen Unteranspruch 10 hervor.
Die Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag sind somit in den ursprünglich mit
der Anmeldung eingereichten Unterlagen offenbart.
Zusätzlich zur Änderung des Patentanspruchs wurden die ursprünglichen Figu-
ren 3 und 4 gestrichen, die sich auf ein nun nicht mehr beanspruchtes Ausfüh-
rungsbeispiel beziehen, die Nummerierung der Figuren und die Beschreibung ent-
sprechend angepasst und der weitere im Verfahren genannte Stand der Technik
dargelegt. Auch diese Änderungen sind zulässig.
5.
Das Verfahren gemäß dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist neu gegenüber
dem belegten Stand der Technik und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
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Als dem Verfahren gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag nächstkommend sieht der
Senat die Druckschrift D6 an. Diese Druckschrift zeigt einen Lichtleiter mit einer
gekrümmten, strukturierten Oberfläche, auf welcher gemäß Fig. 1 links unten in
Verbindung mit der Beschreibung in Abs. [0005] mehrere (jeweils durch Laserbe-
strahlung mit etwa 0.2 Sekunden Dauer hergestellte und damit etwa gleich tiefe)
napfartige Vertiefungen bzw. Sacklöcher in Längsrichtung des Lichtleiters hinterei-
nander angeordnet sein können.
Derartige Vertiefungen gemäß Merkmal F) auch in Querschnittsebenen des (im
Querschnitt gekrümmten) Lichtleiters nebeneinander anzuordnen und diese dabei
in ihrer Tiefenausdehnung nicht jeweils radial zur Lichtleiterachse hin, sondern
parallel zueinander auszurichten, ist jedoch aus dem belegten Stand der Technik
nicht bekannt und wird durch diesen nicht nahegelegt. Dies gilt auch für die Druck-
schrift D2, welche zwar sich in Querrichtung eines Lichtleiters erstreckende Zäh-
nungen zeigt, jedoch keinen Hinweis auf eine Struktur mit parallelen, napfartigen
Vertiefungen gibt. Diese Ausbildung liegt auch außerhalb des Bereichs fachübli-
chen Handelns.
Solche Vertiefungen können vorteilhaft durch Laserablation aus einer Richtung in
einem Arbeitsgang hergestellt werden. Zudem kann durch die spezielle Strukturie-
rung, bei welcher der Zusammenhang des Lichtleitervolumens weitgehend erhal-
ten bleibt, ein Lichtleiter mit einem geforderten verformungsabhängigen Dämp-
fungsverhalten bei relativ geringer mechanischer Schwächung erzeugt werden.
Dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag können somit Neuheit und
erfinderische Tätigkeit nicht abgesprochen werden.
6.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist somit gewährbar.
- 15 -
Der Unteranspruch 2 nach Hilfsantrag beinhaltet eine zweckmäßige, nicht selbst-
verständliche Ausgestaltung der Erfindung und ist in Verbindung mit dem An-
spruch 1 nach Hilfsantrag ebenfalls gewährbar.
Auch die übrigen Voraussetzungen für eine Patenterteilung sind erfüllt.
Dr. Fritsch
Eder
Baumgardt
Dr. Thum-Rung
Fa