Urteil des BPatG vom 25.03.2010

BPatG: stand der technik, patent, wechsel, abgas, regeneration, neuheit, mangel, behandlung, verzicht, beeinflussung

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
15 W (pat) 31/05
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
25. März 2010
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 102 60 720.6-52
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 25. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Feuerlein, der Richterin Schwarz-Angele, des Richters Dr. Egerer so-
wie der Richterin Zettler
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beschlossen:
1.
Der Beschluss des Patentamts wird aufgehoben.
2.
Die Sache wird zur weiteren Entscheidung an das Deutsche
Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
G r ü n d e
I.
Die Anmelderin reichte am 23. Dezember 2002 beim Deutschen Patent- und Mar-
kenamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Verfahren zum Betreiben eines Gassensors und Vorrichtung zur
Durchführung des Verfahrens“
ein, die am 15. Juli 2004 in Form der DE 102 60 720 A1 veröffentlicht wurde.
Mit Beschluss vom 27. April 2005 wies die Prüfungsstelle für Klasse G 01 N des
Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zurück. Dem Beschluss la-
gen die ursprünglichen Patentansprüche 1 bis 10 folgenden Wortlauts zugrunde:
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Die Zurückweisung der Patentanmeldung wurde mit mangelnder Neuheit gegen-
über der Lehre der Druckschrift DE 198 18 050 A1 (3) begründet.
Im Erstbescheid der Prüfungsstelle war darüber hinaus ausgeführt worden, dass
Vorrichtungen gemäß den Ansprüchen 8 und 9 gegenüber den Druckschriften DE
100 15 282 A1 (1) oder DE 195 36 577 C2 (2) nicht mehr neu seien. Im Übrigen
handele es sich bei den Merkmalen der Unteransprüche 2 bis 7 sowie 10 um na-
heliegende Ausgestaltungen des beanspruchten Verfahrens, die im Wesentlichen
aus den genannten Druckschriften sowie aus den weiteren ermittelten Druck-
schriften DE 101 47 408 (4) und DE 199 44 555 A1 (5) bekannt seien bzw. nicht
über das Fachwissen hinausgingen.
Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2005 legte die Anmelderin Beschwerde gegen den
Zurückweisungsbeschluss ein. Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2010 hat sie zur
Abgrenzung gegenüber der DE 198 18 050 A1 (3) eine geänderte Anspruchsfas-
sung mit den Ansprüchen 1 bis 6 sowie geänderte Beschreibungsseiten 2 bis 4b
sowie 8 bis 10a eingereicht und im Übrigen angeregt, im Hinblick auf den bereits
anberaumten Verhandlungstermin ins schriftliche Verfahren überzugehen. Die ge-
änderte Anspruchsfassung lautet:
„1. Verfahren zum Betreiben eines in einem Abgassystem (11)
mit einem Speicherkatalysator (26) einer Brennkraftmaschine (12)
angeordneten Gassensors (21,22), der zumindest eine Gaskom-
ponente im Abgas detektiert, mit einer Heizungsenergieversor-
gung (46) zum Beheizen des Gassensors (21, 22), dadurch ge-
kennzeichnet, dass zumindest zwei unterschiedliche Betriebsarten
der Brennkraftmaschine (12) vorgesehen werden und dass der
Gassensor (21, 22) in einer ersten Betriebsart, bei welcher ein
zyklischer Wechsel zwischen einem Speicherbetrieb und einem
Regenerierbetrieb des Speicherkatalysators (26) vorgesehen ist,
zumindest während des Regenerierbetriebs mit einer von der Hei-
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zungsenergieversorgung (46) vorgegebenen Absenkbetriebstem-
peratur betrieben wird, die unter der Nennbetriebstemperatur liegt,
bei welcher in katalytisch wirkenden Teilen (31, 33) des Gassen-
sors (21, 22) ein thermodynamisches Gleichgewicht auftritt, und
dass der Gassensor (21, 22) in einer weiteren Betriebsart der
Brennkraftmaschine (12) mit der Nennbetriebstemperatur betrie-
ben wird.
2.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
als Gassensor (21, 22) ein Lambdasensor vorgesehen ist, der auf
dem Prinzip einer Nernstzelle beruht, bei der bei einem Abgas ei-
nes stöchiometrischen Verbrennungsprozesses eine sprungför-
mige Änderung eines Abgassignals (23, 24) auftritt.
3.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
die Absenkbetriebstemperatur in einem gesteuerten Betrieb ohne
Ermittlung eines Betriebstemperatur-Istwertsignals (41) des Ab-
gassensors (21, 22) eingestellt wird.
4.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
die Absenkbetriebstemperatur in einem geregelten Betrieb einge-
stellt wird, bei dem eine Ermittlung eines Betriebstempera-
tur-Istwertsignals (41) des Abgassensors (21, 22) vorgesehen ist,
das ein Temperaturregler (42) mit einem Betriebstempera-
tur-Sollwertsignal (50) vergleicht.
5.
Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach den
Ansprüchen 1 und 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Hei-
zungsenergieversorgung (46) die Absenkbetriebstemperatur durch
eine variable Heizleistung einstellt, die von einem Betriebstempe-
ratur-Istwertsignal (41) des Gassensors (21, 22) beeinflusst ist.
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6.
Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass
ein Schaltbetrieb der Heizungsenergieversorgung (46) vorgesehen
ist, bei dem die Heizung (47) des Gassensors (21, 22) im zykli-
schen Wechsel in einer Einschaltphase mit einer Spannungs-
quelle (49) verbunden und in einer Abschaltphase getrennt ist, und
dass die Heizleistung durch eine Beeinflussung der Zeitdauer zu-
mindest einer der beiden Phasen eingestellt wird.“
In der mündlichen Verhandlung wurde die Anmelderin darauf hingewiesen, dass
die Ansprüche 5 und 6 dieser geänderten Anspruchsfassung mangels Neuheit
nicht gewährbar sind.
Daraufhin überreichte sie eine geänderte Anspruchsfassung, die nach Streichung
der Ansprüche 5 und 6 nurmehr aus den Ansprüchen 1 bis 4 mit dem Wortlaut der
mit Schriftsatz vom 23. Februar 2010 eingereichten Fassung besteht.
Der Vertreter der Anmelderin stellt den Antrag,
den Beschluss des Patentamts aufzuheben und das Patent auf
der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 4, überreicht in der mündlichen Verhand-
lung,
Beschreibung Seiten 2 bis 4b und 8 bis 10a gemäß Schriftsatz
vom 23. Februar 2010,
übrige Beschreibung, nämlich Seiten 1, 5 bis 7 wie Patentanmel-
dung,
Figur 1 und Figur 2 gemäß Seite 1/1 wie Patentanmeldung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
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II.
Auf die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist der angefochtene Beschluss
aufzuheben und die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deut-
sche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, weil das Patentbegehren eine
eingeschränkte Fassung erhält, zu der die Prüfungsstelle sachlich noch nicht
Stellung genommen hat (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PatG).
Durch die Einschränkung des beanspruchten Verfahrens auf das Betreiben eines
in einem Abgassystem mit einem Speicherkatalysator einer Brennkraftmaschine
angeordneten Gassensors in zwei unterschiedlichen Betriebsarten sowie durch
den Verzicht auf die Vorrichtungsansprüche wurden die in dem Zurückweisungs-
beschluss bzw. in dem Erstbescheid ausgeführten Mängel beseitigt.
Der angefochtene Beschluss enthält allerdings keine sachlichen Ausführungen zu
den Unteransprüchen und damit auch keine Bewertung der Merkmale der ur-
sprünglichen Unteransprüche 5 bis 7, die in den nunmehr geltenden Anspruch 1
aufgenommen sind.
Auch aus dem Erstbescheid der Prüfungsstelle sind keine verwertbaren Ausfüh-
rungen zu den Merkmalen der Unteransprüche 5 bis 7 zu entnehmen, sondern
lediglich der pauschale Verweis auf die Druckschriften insgesamt.
Der Mangel an konkreten Angaben zu den Merkmalen der ursprünglichen Unter-
ansprüche 5 bis 7 sowie zu den weiteren Ansprüchen 2 bis 4 der geltenden An-
spruchsfassung ist durch diesbezügliche Nachrecherche im Stand der Technik zu
beseitigen, das Rechercheergebnis und die patentrechtliche Bewertung der An-
melderin in einem (weiteren) Prüfungsbescheid mitzuteilen.
Dabei ist insbesondere der Frage nachzugehen, ob ein stromabwärts eines Spei-
cherkatalysators geschalteter Gassensor, der bei einer gegenüber der Nennbe-
triebstemperatur abgesenkten Temperatur, ggf. während der Regeneration des
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Katalysators, betreibbar ist, bereits grundsätzlich bekannt oder durch den Stand
der Technik nahegelegt ist. Bedeutsam könnte in diesem Zusammenhang auch
die Frage sein, ob Lambdasonden oder Breitbandsensoren, die vor dem Kataly-
sator(system) im Abgassystem angeordnet sind, nach den Kenntnissen des Stan-
des der Technik auch bei abgesenkter Temperatur, ggf. während der Regenera-
tion des Katalysators, betreibbar sind.
Der angefochtene Beschluss war somit aufzuheben und die Sache zur weiteren
Behandlung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurück-
zuverweisen.
Feuerlein
Schwarz-Angele
Egerer
Zettler
Bb