Urteil des BPatG vom 01.04.2010

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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
12 W (pat) 347/05
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
1. April 2010
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 103 61 622
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hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 1. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr.-Ing. Ipfelkofer sowie der Richter Schell, Dipl.-Ing. Sandkämper und Dr.-
Ing. Krüger
beschlossen:
Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht-
erhalten:
Patentansprüche 1 bis 33,
Beschreibung Seite 2 bis 6,
sämtlich überreicht in der mündlichen Verhandlung vom
1. April 2010,
Zeichnung, Figuren 1 bis 11 gemäß Patentschrift.
G r ü n d e
I
Gegen das am 30. Dezember 2003 angemeldete und am 25. Mai 2005 veröf-
fentlichte Patent 103 61 622 mit der Bezeichnung
„Schneidwerkzeug“
hat die Einsprechende am 22. August 2005 Einspruch erhoben.
Der Einspruch wird darauf gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht
patentfähig sei.
- 3 -
Im Verfahren sind die folgenden Druckschriften:
D1)
EP 0 325 577 B1
D2)
DE 31 48 677 A1
D3)
US 4,533,287
D4)
US 4,922,977
D5)
US 2,652,749
Das Patent umfasst in der erteilten Fassung 34 Ansprüche, wegen deren Wortlaut
auf die Patentschrift verwiesen wird.
Die Einsprechende führt aus, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1
nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe und auch die Unteransprüche nichts ent-
hielten, was eine Patentierung rechtfertigen könne.
Sie beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt zuletzt, das Patent mit den im Tenor genannten
Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten.
Sie widerspricht dem Vorbringen der Einsprechenden.
Die ordnungsgemäß geladene Einsprechende hat, wie mit Schreiben vom
12. Januar 2010 angekündigt, den Termin der mündlichen Verhandlung nicht
wahrgenommen.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
Schneidwerkzeug, insbesondere Hobelmesserkopf, mit einem
mehrere auf seinem Umfang verteilt angeordnete, nach radial
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statischen Spannsystems zusammenwirkt, um jeweils ein in jeder
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Festspannen des Schneidwerkzeugs auf einer Maschinenwelle,
dadurch gekennzeichnet,
3)
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Vielzahl auf einem Teilkreis angeordneter und über den Umfang
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bunden sind, dass sich ein im wesentlichen mäanderförmiger
Hydraulikraum einstellt.
Dem schließen sich die Ansprüche 2 bis 33 als direkt oder indirekt auf den
Anspruch 1 rückbezogene Unteransprüche an.
II
1) Der frist- und formgerecht erhobene, gemäß § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum
30. Juni 2006 geltenden Fassung dem Bundespatentgericht zur Entscheidung
vorliegende Einspruch ist zulässig und führt zur beschränkten Aufrechterhaltung
des Patents.
2) Der geltende Anspruch 1 ist in Oberbegriff und kennzeichnenden Teil
gegliedert. Der kennzeichnende Teil lässt sich wie folgt weiter untergliedern:
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K1)
dass das hydrostatische Spannsystem für die Spannbacken (3) von der
mindestens einen Spannhülse (19) hydraulisch getrennt ist,
K2)
und dass das hydrostatische Spannsystem der Spannbacken (3) eine
Vielzahl auf einem Teilkreis angeordneter und über den Umfang verteilter
Axialbohrungen (12) umfasst,
wobei jeweils zwei benachbarte Axialbohrungen (12) an ihren Enden so
miteinander verbunden sind, dass sich ein im Wesentlichen mäander
förmiger Hydraulikraum einstellt.
3) Als Fachmann ist hier ein Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Maschi-
nenbau mit Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Schneidwerk-
zeugen angesprochen.
4) Zum Verständnis des Patents
Die Erfindung betrifft gemäß Absatz [0001] der Patentschrift ein Schneidwerkzeug,
mit mehreren auf seinem Umfang verteilt angeordneten Messern (2), die über
hydraulisch betätigbare Spannbacken (3) in ihre jeweiligen Sitze gespannt wer-
den, und mit mindestens einer hydraulisch betätigbaren Spannhülse (19) zum
Festspannen des Schneidwerkzeugs auf einer Maschinenwelle.
Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass das hydrostatische Spannsystem für die
Spannbacken (3) von der mindestens einen Spannhülse (19) hydraulisch getrennt
ist (Merkmal K1 des geltenden Anspruchs 1).
So kann gemäß Absatz [0011] der Patentschrift das Werkzeug von der Ma-
schinenwelle abgenommen werden, ohne dass sich dabei die auf die Messer (2)
wirkende Spannkraft verändert.
Das hydrostatische Spannsystem der Spannbacken (3) umfasst eine Vielzahl auf
einem Teilkreis angeordneter und über den Umfang verteilter Axialbohrungen (12),
wobei jeweils zwei benachbarte Axialbohrungen (12) an ihren Enden so mit-
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einander verbunden sind, dass sich ein im Wesentlichen mäanderförmiger
Hydraulikraum einstellt (Merkmal K2 des geltenden Anspruchs 1).
Durch diesen mäanderförmigen Hydraulikraum werden gemäß Absätzen [0012]
bis [0015] der Patentschrift eine Vielzahl von Kolben (14) zur Betätigung der
Spannbacken (3) seriell verbunden. Damit werden Sacklöcher vermieden, das
Hydrauliksystem kann somit ohne Lufteinschlüsse blasenfrei befüllt werden.
5) Die Gegenstände der geltenden Ansprüche gehen nicht über den Inhalt der
Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.
Der geltende Anspruch 1 wurde gegenüber dem ursprünglichen und erteilten
Anspruch 1 durch Hinzunahme der Merkmale des ursprünglichen und erteilten
Anspruchs 2 in zulässiger Weise beschränkt. Die geltenden Ansprüche 2 bis 33
entsprechen den ursprünglichen und erteilten Ansprüchen 3 bis 34.
6) Der zweifelsfrei gewerblich anwendbare Gegenstand des Patents ist neu.
Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften offenbart ein Schneidwerkzeug
gemäß dem Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1, bei dem entsprechend dem
Merkmal K1) des geltenden Anspruchs 1 das hydrostatische Spannsystem für die
Spannbacken (3) von der mindestens einen Spannhülse (19) hydraulisch getrennt
ist.
Weiter offenbart auch keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften ein
Schneidwerkzeug gemäß dem Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1 und dem
Merkmal K1), bei dem entsprechend dem Merkmal K2) das hydrostatische
Spannsystem für die Spannbacken (3) eine Vielzahl auf einem Teilkreis ange-
ordneter, über den Umfang verteilter und zu einem im Wesentlichen mäan-
derförmigen Hydraulikraum verbundener Axialbohrungen (12) umfasst.
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Zwar offenbaren die D1, die D4 und die D5 Schneidwerkzeuge, bei denen meh-
rere über den Umfang verteilt angeordnete Messer-Spannbacken über ein hy-
drostatisches Spannsystem betätigt werden. Dabei werden die Spannbacken
jedoch nicht über einen mäanderförmigen Hydraulikraum seriell verbunden, son-
dern sind über sternförmig verzweigte Bohrungen parallel geschaltet, siehe in D1
und in D4 jeweils in der Figur 1 die sternförmig verzweigt angeordneten, ge-
strichelt dargestellten Bohrungen ohne Bezugszeichen, und in D5 in der Figur 1
die ebenfalls sternförmig verzweigt angeordneten Bohrungen 13.
Die D2 offenbart in Figur 4 ein Werkzeug mit einer Vielzahl über den Umfang
verteilter Axialbohrungen, die jedoch entgegen der Behauptung der Einspre-
chenden nicht mäanderförmig verbunden sind, sondern ausdrücklich voneinander
getrennte Hydraulikräume bilden, siehe D2, Seite 9, erster Absatz. Auch die in
Figur 1 der D2 offenbarten, zu den Kammern 41 und 42 führenden Axial-
bohrungen verbinden diese nicht mäanderförmig seriell, sondern sind parallel
geschaltet, ausgehend von der Radialbohrung 64.
Die ein Schneidwerkzeug mit mechanisch gespannten Messer-Spannbacken
offenbarende D3 liegt weiter ab.
7) Der Gegenstand des Patents beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Stand der Technik D1 bis D5 konnte dem Fachmann keine Anregung geben,
ein Schneidwerkzeug gemäß dem Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1 und
dem Merkmal K1) entsprechend dem Merkmal K2) zu gestalten, was sich bereits
aus den Ausführungen zur Neuheit des Patentgegenstandes ergibt.
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8) Die Unteransprüche 2 bis 33 werden vom geltenden Anspruch 1 mitgetragen
und haben daher ebenfalls Bestand.
Dr. Ipfelkofer
Sandkämper
Schell
Dr. Krüger
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