Urteil des BPatG vom 05.08.2010

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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
15 W (pat) 17/06
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
5. August 2010
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 102 18 788.6-44
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 5. August 2010 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein, der Richterin Schwarz-Angele sowie der
Richter Dr. Egerer und Dr. Lange
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beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom
20. Februar 2006 wird aufgehoben.
Das Verfahren wird zur weiteren Entscheidung an das Deut-
sche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
G r ü n d e
I.
Die Anmelderin I… AG reichte am 26. April 2002 beim Deut
schen Patent- und Markenamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Dielektrika mit selbstgenerierten Poren und Monomere für poröse
Dielektrika“
ein, die am 20. November 2003 in Form der DE 102 18 788 A1 veröffentlicht
wurde.
Mit Beschluss vom 20. Februar 2006 wies die Prüfungsstelle für Klasse C 08 G
des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zurück. Dem Beschluss
lagen die Patentansprüche 1 bis 8, eingegangen am 10. Februar 2006, mit folgen-
dem Wortlaut zugrunde:
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Die Zurückweisung der Patentanmeldung wurde mit mangelnder Neuheit gegen-
über der Druckschrift Makromol. Chem., Rapid Commun. 2(5) (1981) 355-358,
bzw. gegenüber dem Referat Chem. Abstr. 109 (1988) 129869 begründet.
Dagegen hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 31. März 2006, eingegangen am
31. März 2006, Beschwerde eingelegt und beantragt, den angefochtenen Be-
schluss aufzuheben und das Patent unter Berücksichtigung einer in Kürze nachzu-
reichenden Beschwerdebegründung und ggf. geänderter Unterlagen zu erteilen.
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Mit Schriftsatz vom 23. August 2006 hat die Anmelderin und Beschwerdeführerin
ihre Beschwerde begründet und die Erteilung eines Patents mit geänderten Un-
terlagen (Hauptantrag), hilfsweise mit weiter eingeschränkten Unterlagen (Hilfsan-
träge 1 bis 3) beantragt.
In der mündlichen Verhandlung am 5. August 2010 hat die Beschwerdeführerin
einen neuen Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 bis 9 folgenden Wortlauts ein-
gereicht:
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Der Vertreter der Beschwerdeführerin führte im Wesentlichen aus, dass die in den
Patentansprüchen der vorangehenden Anträge enthaltenen Formalmängel in die-
ser neuformulierten Anspruchsfassung nicht mehr enthalten seien. Der nunmehr
weitergehend eingeschränkte Anmeldungsgegenstand sei gegenüber dem im
Prüfungsverfahren entgegengehaltenen Stand der Technik nicht nur neu, sondern
beruhe demgegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da die anspruchs-
gemäßen
Poly-o-hydroxyamide
der
Formel I,
die
daraus
herstellbaren
Polybenzoxazole der Formel III sowie elektronische Bauteile als deren Weiterver-
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arbeitung bzw. deren Verwendung in elektronischen Bauteilen durch diesen Stand
der Technik nicht nahegelegt seien.
Der Vertreter der Beschwerdeführerin stellt den Antrag,
den Beschluss des DPMA aufzuheben und das Patent zu erteilen
auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hauptantrag,
überreicht in der mündlichen Verhandlung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Auf die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist der angefochtene Beschluss
aufzuheben und die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deut-
sche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, weil das Patentbegehren eine
eingeschränkte Fassung erhält, zu der die Prüfungsstelle sachlich noch nicht
Stellung genommen hat (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PatG).
1.
Anmelderin in den beiden Prüfungsbescheiden insbesondere auf die mangelnde
Neuheit von unter die Ansprüche fallenden Verbindungen bzw. Verfahrenspro-
dukten gegenüber den Druckschriften hingewiesen worden war und diese aufge-
zeigten Mängel in der zuletzt geänderten, dem Zurückweisungsbeschluss
zugrunde liegenden Anspruchsfassung nicht beseitigt hat.
Auch die Aufnahme des Merkmals „wobei die Poly-o-hydroxyamide der Formel I
beim Cyclisieren zum Polybenzoxazol Poren in der Größenordnung von einigen
zehn Nanometern ausbilden“ in den Anspruch 1 bzw. „wobei die Polybenzoxazole
Poren in der Größenordnung von einigen zehn Nanometern ausbilden“ in den An-
spruch 2 konnte den betreffenden Stoffen nicht zur Neuheit verhelfen, da - wie
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bereits im Amtsbescheid vom 4. August 2005 sinngemäß aufgezeigt (vgl. a. a. O.
S. 2 Abs. 4) - in dem anmeldungsgemäßen Verfahren zur Herstellung der Poly-
benzoxazole aus den Poly-o-hydroxyamiden keine wesentlichen Unterschiede
zum Stand der Technik erkennbar sind, gleiche bzw. vergleichbare Arbeitsweisen
aber regelmäßig zu gleichen bzw. vergleichbaren Ergebnissen führen, sodass den
betreffenden, unter die Ansprüche fallenden Verbindungen sowohl die poröse
Struktur als auch die dielektrischen Eigenschaften inhärent sind. Hinzu kommt,
dass die Bemessungsregel „von einigen zehn Nanometern“ zahlenmäßig unbe-
stimmt und daher ohnehin nicht zur Abgrenzung geeignet ist.
2.
kung des Anmeldungsgegenstandes auf den Teilgegenstand mit den Merkmalen
der Formel IIb wurden die in dem Zurückweisungsbeschluss bzw. in den Prü-
fungsbescheiden aufgezeigten Mängel jedenfalls in Bezug auf die Neuheit gegen-
über den ermittelten Druckschriften beseitigt.
Die Prüfungsbescheide sowie der angefochtene Beschluss enthalten allerdings
keine Anhaltspunkte und keine konkreten Ausführungen zur Patentierbarkeit des
Anmeldungsgegenstands mit dem Strukturteil der Formel IIb für den Rest Z
1
.
Aus der Patentamtsakte ist auch nicht erkennbar, ob die durchgeführte elektroni-
sche Recherche diesen speziellen Teilgegenstand umfasst hat und ggf. inwiefern
sich diese Recherche auf diesen Teilgegenstand tatsächlich fokussiert hat.
Zu dem auf die Verbindungen der Formeln I und III mit dem Strukturteil der Formel
IIb für den Rest Z
1
eingeschränkten Anspruchsbegehren ist deshalb der Stand der
Technik zu ermitteln bzw. daraufhin zu überprüfen. Das Recherchenergebnis so-
wie das Ergebnis der patentrechtlichen Prüfung ist der Anmelderin in einem (wei-
teren) Prüfungsbescheid mitzuteilen.
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Die erfinderische Tätigkeit ist, wie schon im ersten Amtsbescheid vom
13. Februar 2003 herausgestellt (vgl. a. a. O. S. 2 vorle. Abs.), anhand eines über-
raschenden technischen Effekts glaubhaft zu machen und zwar mittels - bisher
nicht vorliegender - zahlenmäßig bestimmt gehaltener Vergleichsversuche gegen-
über strukturell nächstkommenden Verbindungen aus dem ermittelten Stand der
Technik betreffend Polybenzoxa(thia)zole bzw. Polynaphthoxa(thia)zole, die als
Dielektrika in elektronischen Bauteilen verwendet werden, darunter jedenfalls die
bereits anhand der Druckschriften Makromol. Chem., Rapid Commun. 2(5) (1981)
355-358 sowie Chem. Abstr. 109 (1988) 129869 ermittelten Polynaphthoxazole.
Bei den Poly-o-hydroxyamiden der Formel I handelt es sich um Zwischenprodukte
zu den Polybenzoxazolen der Formel III, die - wegen der bis auf das austretende
Wasser vollständigen Vorbildung der Endproduktstruktur - dem Umfang ggf. ge-
währbarer Polybenzoxa(thia)zole entsprechend mitpatentiert werden könnten.
3.
Behandlung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurück-
zuverweisen.
Feuerlein
Schwarz-Angele
Egerer
Lange
Bb