Urteil des BGH vom 25.08.2009

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 246/09
Verkündet
am:
23. September 2010
Freitag
Justizamtsinspektor
als
Urkundsbeamter
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 305 ff, 328, 657, 661
a) Zur Haftung des Veranstalters eines Reit- und Springturniers für die infolge
der Verwendung ungeeigneter Fangständer eingetretene Verletzung eines
- nicht im Eigentum des Turnierteilnehmers stehenden - Reitpferdes.
b) Zur Frage der Kontrolle "Allgemeiner Bestimmungen" der Turnierausschrei-
bung nach Maßgabe der § 305 ff BGB.
BGH, Urteil vom 23. September 2010 - III ZR 246/09 - OLG Hamm
LG Münster
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. September 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dörr, Wöstmann, Seiters und Tombrink
für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. August 2009 wird zu-
rückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger nimmt den beklagten Verein wegen der Verletzung eines
Reitpferdes bei einem von dem Beklagten veranstalteten Reit- und Springtur-
nier auf Schadensersatz in Anspruch.
1
Der Beklagte richtete in der Zeit vom 9. bis 11. September 2005 auf der
vereinseigenen Anlage ein Reit- und Springturnier aus. Dazu ließ er in der Aus-
gabe der Zeitschrift "Reiter und Pferde in Westfalen" vom Juli 2005 eine Aus-
schreibung mit "Allgemeinen Bestimmungen" veröffentlichen. Nummer 5 und 6
dieser "Allgemeinen Bestimmungen" lauten wie folgt:
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5. Es besteht zwischen dem Veranstalter einerseits und den Besu-
chern, Pferdebesitzern und Teilnehmern andererseits kein Vertrags-
verhältnis; mithin ist jede Haftung für Diebstahl, Verletzungen bei
Menschen und Pferden ausgeschlossen. Insbesondere sind die Teil-
nehmer nicht „Gehilfen“ im Sinne der §§ 278 und 831 BGB.
6. Der Veranstalter schließt jegliche Haftung für Schäden aus, die den
Besuchern, Teilnehmern und Pferdebesitzern durch leichte Fahrläs-
sigkeit des Veranstalters, seiner Vertreter oder Erfüllungsgehilfen
entstehen.
Am 9. September 2005 startete bei dem Turnier in einer Springpferde-
prüfung der Klasse M auch die Tochter des Klägers mit der Stute "F. ".
Am Ende des Parcours befand sich ein Kombinationshindernis bestehend aus
einem Oxer und einem Steilsprung. Nachdem das Pferd "F. " das erste
Hindernis dieser Kombination übersprungen hatte, kollidierte es mit einem
rechts neben dem Steilsprunghindernis aufgestellten Fangständer, der als fest
verschraubte Holzkonstruktion mit einem Eisenfuß ausgeführt war und dessen
oberes Ende einige Zentimeter niedriger lag als die obere Stange des Hinder-
nisses. Das Pferd erlitt infolge dieser Kollision schwere Verletzungen im Knie-
bereich und musste nach erfolgloser medizinischer Behandlung eingeschläfert
werden.
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Der Kläger hat seine - hilfsweise auf abgetretene Rechte seiner Tochter
gestützte - Schadensersatzforderung in Höhe des von ihm behaupteten Wertes
des Pferdes von 100.000 € bemessen und geltend gemacht, der Beklagte habe
durch die Aufstellung ungeeigneter Fangständer die ihm obliegenden Sorgfalts-
und Sicherungspflichten verletzt.
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Der Beklagte hat vor allem eine
von ihm zu vertretende Pflichtverletzung
in Abrede gestellt und sich darauf berufen, dass der Schaden durch einen Reit-
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fehler der Tochter des Klägers entstanden sei; jedenfalls müsse sich der Kläger
die von dem verletzten Pferd ausgehende Tiergefahr anrechnen lassen.
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Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme in Höhe eines
Teilbetrags von 25.000 € stattgegeben und sie im Übrigen als unbegründet ab-
gewiesen. Das Oberlandesgericht hat das erstinstanzliche Urteil teilweise ab-
geändert und dem Kläger - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechts-
mittels des Klägers sowie der Berufung des Beklagten - einen weiteren Betrag
von 10.000 €, mithin insgesamt 35.000 € Schadensersatz zugesprochen. Mit
seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageab-
weisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.
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I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-
führt:
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Dem Kläger stehe gemäß §§ 661, 657, 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB
aus eigenem Recht wegen der tödlichen Verletzung des Pferdes "F. " ein
Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten in Höhe des gemäß § 287 ZPO
mit 35.000 € anzusetzenden Wertes des Tieres zu. Als Eigentümer des Pferdes
sei der Kläger in den Schutzbereich des Auslobungsrechtsverhältnisses zwi-
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schen seiner Tochter (als Turnierteilnehmerin) und dem Beklagten einbezogen
gewesen. Die schadensbegründende Pflichtverletzung des Beklagten liege dar-
in, dass der bei dem betroffenen Kombinationshindernis aufgestellte Fangstän-
der in seiner konkreten Verwendung nicht den Anforderungen an eine geeigne-
te Wettkampfanlage gerecht geworden sei. Zu den Nebenpflichten des Veran-
stalters eines Reitturniers gehöre auch die Pflicht, geeignete Wettkampfanlagen
zur Verfügung zu stellen, die keine Gefahren aufweisen, mit denen die Teil-
nehmer nicht zu rechnen bräuchten. Diesen Anforderungen habe der Fang-
ständer nach der überzeugenden Darlegung des Sachverständigen Dr. S.
nicht entsprochen, da er niedriger gewesen sei als das zu überspringende Hin-
dernis und von diesem nicht optisch (etwa durch Blumenschmuck) abgesetzt
worden sei. Der Fangständer habe deshalb seine Funktion, das Pferd wie in
einen Trichter auf das zu überspringende Hindernis hinzuleiten, nicht erfüllt,
sondern vielmehr dazu "eingeladen", selbst übersprungen zu werden; dann a-
ber habe er wenigstens so konstruiert sein müssen, dass er gefahrlos habe ü-
bersprungen werden können, was hier aber aufgrund seiner besonders stabilen
und standfesten Konstruktion nicht gegeben gewesen sei. Diese Pflichtverlet-
zung habe der Beklagte zu vertreten. Er habe die Vermutung nach § 280 Abs. 1
Satz 2 BGB nicht widerlegt und sich das Verschulden der von ihm als Erfül-
lungsgehilfen herangezogenen Fachleute - insbesondere des Parcourschefs
und der Turnierrichter - nach § 278 BGB zurechnen zu lassen. Ein Mitverschul-
den der Tochter des Klägers könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
nicht festgestellt werden. Die Anrechnung der Tiergefahr des verletzten Pferdes
scheide angesichts der Verschuldenshaftung des Beklagten aus; insoweit grif-
fen die Grundsätze analog § 840 Abs. 3 BGB. Die Haftung des Beklagten sei
durch die Regelungen in Nummer 5 und 6 der "Allgemeinen Bestimmungen"
der Turnierausschreibung nicht wirksam abbedungen worden, denn diese Re-
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gelungen seien wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB so-
wie gegen § 305c Abs. 2 BGB unwirksam.
II.
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Beru-
fungsgericht hat die Klage zu Recht in dem von ihm zuerkannten Umfang als
begründet angesehen. Der Beklagte schuldet dem Kläger gemäß § 280 Abs. 1,
§ 241 Abs. 2, §§ 276, 278 BGB in Verbindung mit §§ 661, 657 BGB wegen ei-
ner von ihm zu vertretenden Pflichtverletzung Schadensersatz in Höhe des
Wertes des verletzten Reitpferdes.
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1.
Zutreffend hat das Berufungsgericht die Veranstaltung des Reit- und
Springturniers des Beklagten als Preisausschreiben - einen Unterfall der Auslo-
bung - eingeordnet (§§ 661, 657 BGB). Diese rechtliche Qualifizierung ist für
sportliche Wettkämpfe, bei denen Preise verliehen werden, mithin auch für die
Durchführung von Reit- und Springturnieren, weithin anerkannt (BGH, Urteil
vom 6. April 1966 - Ib ZR 82/64, MDR 1966, 572 [Galopprennen]; OLG Köln,
VersR 1997, 125, 126 [Reitturnier]; Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., § 661 Rn. 1;
Erman/Ehmann, BGB, 12. Aufl., § 661 Rn. 1; Staudinger/Bergmann, BGB
[2006], § 661 Rn. 9) und wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen.
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Zwar handelt es sich bei einem Preisausschreiben (Auslobung) um ein
einseitiges Rechtsgeschäft (Senatsurteil vom 23. September 1982 - III ZR
196/80, NJW 1983, 442, 443; OLG Köln aaO; Palandt/Sprau aaO § 657 Rn. 1;
MünchKommBGB/Seiler, 5. Aufl., § 657 Rn. 4; a.A. Staudinger/Bergmann aaO
§ 657 Rn. 13 f und § 661 Rn. 4 [Vertrag]). Unbeschadet dessen bestehen zwi-
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schen dem Auslobenden (hier: Turnierveranstalter) und den Teilnehmern je-
doch schon im Vorfeld der eigentlichen Sachentscheidung durch das Preisge-
richt Rechtsbeziehungen im Sinne einer schuldrechtlichen Sonderverbindung,
aus der (Neben-)Pflichten hinsichtlich der sorgfältigen und ordnungsgemäßen
Vorbereitung und Durchführung des Wettbewerbs und hinsichtlich des Schutzes
der Teilnehmer vor Gefahren, mit denen sie nicht zu rechnen brauchen, er-
wachsen (§ 241 Abs. 2 BGB; vgl. Senatsurteile vom 23. September 1982 aaO
und vom 9. Juni 1983 - III ZR 74/82, NJW 1984, 1118; OLG Köln aaO; Pa-
landt/Sprau aaO § 661 Rn. 4; Seiler aaO § 661 Rn. 11, 12; Bergmann aaO
§ 661 Rn. 14, 22; Ehmann aaO § 661 Rn. 1).
In diesem Zusammenhang können nach den anerkannten allgemeinen
Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auch
Schutzpflichten gegenüber Dritten begründet werden; ein "echtes Vertragsver-
hältnis" ist für einen solchen Drittschutz nicht erforderlich, eine schuldrechtliche
Sonderverbindung genügt (vgl. § 311 Abs. 2 BGB; s. zur Anwendbarkeit auf
vorvertragliche Rechtsbeziehungen etwa BGH, Urteile vom 28. Januar 1976
- VIII ZR 246/74, BGHZ 66, 51, 56 und vom 13. Februar 2003 - IX ZR 62/02,
NJW-RR 2003, 1035, 1036; Palandt/Grüneberg aaO § 328 Rn. 15; zur An-
wendbarkeit auf öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnisse: Senatsurteil vom
14. Dezember 2006 - III ZR 303/05, NJW 2007, 1061, 1062 Rn. 9 f). Somit be-
gegnet die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kläger als Eigentümer
des verletzten Pferdes "F. " in den Schutzbereich des zwischen der
Tochter des Klägers (als Turnierteilnehmerin) und dem das Turnier veranstal-
tenden beklagten Verein bestehenden Rechtsverhältnisses einbezogen worden
sei, keinen Bedenken.
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2.
Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Feststellung des
Berufungsgerichts, dass der Beklagte die ihm obliegenden Sorgfalts- und Si-
cherungspflichten in von ihm zu vertretender Weise verletzt und hierdurch den
Tod des Pferdes verursacht habe.
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15
a) Der Veranstalter eines Reit- und Springturniers ist verpflichtet, eine
geeignete Wettkampfanlage zur Verfügung zu stellen, die keine Gefahren auf-
weist, die über das übliche Risiko hinausgehen und mit denen die Turnierteil-
nehmer nicht zu rechnen brauchen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 3. Juni 2008
- VI ZR 223/07, NJW 2008, 3775, 3776 Rn. 10; OLG Köln aaO). Dabei sind die-
jenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger,
vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betreffenden Verkehrskreise
für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren,
und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni
2008 aaO Rn. 9 m.w.N.).
Nach diesen Maßgaben, welche die Revision nicht in Frage stellt, haben
beide Vorinstanzen aufgrund der von ihnen durchgeführten Beweisaufnahme
eine Pflichtverletzung des Beklagten darin gesehen, dass der bei dem betroffe-
nen Kombinationshindernis aufgestellte Fangständer in seiner konkreten Ver-
wendung nicht den Anforderungen an eine geeignete Wettkampfanlage gerecht
geworden und hierdurch ein für die Turnierteilnehmer nicht vorhersehbares Si-
cherheitsrisiko geschaffen worden sei. Hiergegen wendet sich die Revision oh-
ne Erfolg. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der
Senat im Einzelnen geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer nä-
heren Begründung wird gemäß § 564 ZPO abgesehen.
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b) Den Angriffen der Revision stand hält auch die Einordnung des Par-
courschefs und der Turnierrichter als Erfüllungsgehilfen des das Turnier veran-
staltenden beklagten Vereins im Sinne von § 278 BGB.
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§ 278 BGB findet anerkanntermaßen auf jede rechtliche Sonderverbin-
dung, also auch auf Schuldverhältnisse außerhalb "echter Verträge", Anwen-
dung. Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Fal-
les mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden
Verpflichtung als seine Hilfsperson tätig wird; im Gegensatz zum Verrichtungs-
gehilfen im Sinne von § 831 BGB kommt es hierbei nicht auf die Bindung an
Weisungen des Schuldners an (s. etwa BGH, Urteile vom 8. Februar 1974
- V ZR 21/72, BGHZ 62, 119, 124 f [Notar]; vom 9. Oktober 1986 - I ZR 138/84,
BGHZ 98, 330, 334 [Steuerberater] und vom 24. November 1995 - V ZR 40/94,
NJW 1996, 451 [Makler] m.w.N.). Wie der Senat bereits entschieden hat,
kommt demnach auch ein Preisrichter als tauglicher Erfüllungsgehilfe des Aus-
lobenden (Wettbewerbsveranstalters) in Betracht (Senatsurteil vom
23. September 1982 aaO; Seiler aaO § 661 Rn. 12). Entsprechendes gilt für
den bei der Turniervorbereitung und -durchführung eingesetzten Parcourschef.
Der Einwand des Beklagten, er sei bei dem Einsatz dieser Personen an die
Vorgaben der Reitverbände gebunden gewesen und habe insoweit nur über
einen sehr eingeschränkten Spielraum verfügt, steht der Anwendung von § 278
BGB nicht entgegen.
c) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht unter Würdigung der Be-
weisaufnahme die Kausalität der Pflichtverletzung für die tödliche Verletzung
des Pferdes "F. " bejaht. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Ver-
fahrensrügen hat der Senat im Einzelnen geprüft und für nicht durchgreifend
erachtet; von einer näheren Begründung wird gemäß § 564 ZPO abgesehen.
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3.
Die sonach begründete Haftung des Beklagten für den durch die Verlet-
zung des Pferdes entstandenen Schaden, dessen Umfang das Berufungsge-
richt gemäß § 287 ZPO - von beiden Parteien im Revisionsrechtszug unbean-
standet - auf 35.000 € bemessen hat, scheitert nicht an den haftungsbeschrän-
kenden Regelungen in Nummer 5 und 6 der "Allgemeinen Bestimmungen" der
Turnierausschreibung; sie ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des "Han-
delns auf eigene Gefahr", des Mitverschuldens (Reitfehler der Tochter des Klä-
gers) oder der von dem verletzten Pferd ausgehenden Tiergefahr ausgeschlos-
sen oder gemindert.
a) Wie das Berufungsgericht im Ergebnis richtig ausgeführt hat, ergibt
sich aus den Regelungen in Nummer 5 und 6 der "Allgemeinen Bestimmungen"
der Turnierausschreibung keine wirksame Haftungsbeschränkung zugunsten
des Beklagten. Diese Regelungen sind gemäß § 309 Nr. 7 Buchst. a und b,
§ 305c Abs. 2 BGB unwirksam.
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aa) Die genannten Regelungen der "Allgemeinen Bestimmungen" der
Turnierausschreibung unterliegen der Kontrolle gemäß §§ 305 ff BGB.
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Allerdings
stellen
allgemeine Bestimmungen, die der Verwender bei ei-
genen einseitigen Rechtsgeschäften - wie hier bei einem Preisausschreiben
(Auslobung) - trifft, grundsätzlich keine nach §§ 305 ff BGB kontrollfähigen All-
gemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB dar, weil der
Verwender hier regelmäßig nicht fremde, sondern ausschließlich eigene rechts-
geschäftliche Gestaltungsmacht in Anspruch nimmt (s. Palandt/Grüneberg aaO
§ 305 Rn. 7; MünchKommBGB/Basedow, 5. Aufl., § 305 Rn. 11; Staudin-
ger/Schlosser, BGB [2006], §
305 Rn.
10; Ulmer in Ulmer/Brandner/
23
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Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305 BGB Rn. 18). Dies gilt bei der Veranstal-
tung eines Reit- und Springturniers etwa für die in der Ausschreibung aufge-
stellten Regeln für den äußeren Ablauf des Turniers (insbesondere: für das
"sportliche Regelwerk", das indes einer Kontrolle nach § 242 BGB und damit
mittelbar auch einer Überprüfung nach den Wertungsmaßstäben der §§ 305 ff
BGB zugänglich ist; s. dazu BGH, Urteil vom 28. November 1994 - II ZR 11/94,
BGHZ 128, 93, 101 ff).
Anders verhält es sich jedoch, soweit es um vorformulierte und vom Ver-
anstalter vorgegebene Ausschlüsse oder sonstige Beschränkungen der Haftung
für Verletzungen von Rechtsgütern der Teilnehmer (oder in den Schutzbereich
einbezogener sonstiger Dritter) geht. Die verwendeten allgemeinen Bestim-
mungen betreffen hierbei nämlich nicht lediglich die Regelung der "eigenen Ver-
hältnisse" des Verwenders (Veranstalters), sondern greifen auf die geschützten
Rechtspositionen Dritter über und sind deshalb auch der Kontrolle nach
§§ 305 ff BGB unterworfen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1999 - IV ZR
324/97, NJW 1999, 1633, 1635 für Vollmachtsbeschränkungen). Wie ausge-
führt (siehe oben, 1.), ist mit der Teilnahme an einem Preisausschreiben im
Vorfeld der eigentlichen Sachentscheidung durch das Preisgericht ein Rechts-
verhältnis verbunden, aus dem Pflichten hinsichtlich der sorgfältigen und ord-
nungsgemäßen Vorbereitung und Durchführung des Wettbewerbs und hinsicht-
lich des Schutzes der Teilnehmer vor Gefahren, mit denen sie nicht zu rechnen
brauchen, erwachsen (§ 241 Abs. 2 BGB). Hierin liegt - neben dem einseitigen
Rechtsgeschäft des Preisausschreibens als solchem - eine schuldrechtliche
Sonderverbindung, die sich als ein vertragsähnliches Verhältnis einordnen lässt
und es zumal mit Blick auf den gebotenen Schutz der Rechtsgüter der Beteilig-
ten rechtfertigt, vom Veranstalter vorgegebene Haftungsausschlüsse und -be-
schränkungen der Kontrolle nach §§ 305 ff BGB (in unmittelbarer oder entspre-
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chender Anwendung) zu unterziehen. Aus nämlichen Gründen ist die Anwen-
dung der §§ 305 ff BGB auf Klauseln für vorvertragliche Beziehungen zwischen
Verwender und Kunden anerkannt, wo es ebenfalls (noch) an einem "echten
Vertragsverhältnis" fehlt (s. dazu etwa BGH, Urteil vom 3. Juli 1996 - VIII ZR
221/95, BGHZ 133, 184, 187
ff; Basedow aaO §
305 Rn.
12; Pa-
landt/Grüneberg aaO §
305 Rn.
4; Schlosser aaO §
305 Rn.
11;
Ulmer aaO § 305 Rn. 13).
bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht die Unwirksamkeit der Regelun-
gen in Nummer 5 und 6 der "Allgemeinen Bestimmungen" der Turnieraus-
schreibung aus § 309 Nr. 7 Buchst. a und b, § 305c Abs. 2 BGB hergeleitet.
25
Die genannten Regelungen der Turnierausschreibung kann der erken-
nende Senat selbständig auslegen, weil eine unterschiedliche Auslegung durch
verschiedene Berufungsgerichte in Betracht kommt (BGH, Urteile vom 5. Juli
2005 - X ZR 60/04, BGHZ 163, 321, 323 f und vom 16. Juni 2009 - XI ZR
145/08, NJW 2009, 3422, 3423 Rn. 20; Senatsurteil vom 17. September 2009
- III ZR 207/08, NJW 2010, 57 Rn. 16). Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle
ist gemäß § 305c Abs. 2 BGB in Zweifelsfällen die "kundenfeindlichste" Ausle-
gung geboten, wenn diese zur Unwirksamkeit der Klausel führt und damit für
den Kunden im Ergebnis am günstigsten ist (Senatsurteil vom 20. Dezember
2007 - III ZR 144/07, BGHZ 175, 76, 80 Rn. 9 m.w.N.; BGH, Urteile vom
29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244, 250 Rn. 19 m.w.N. und vom
16. Juni 2009 aaO Rn. 21). Hiernach enthält die Regelung in Nummer 5 der
"Allgemeinen Bestimmungen" der Turnierausschreibung unter Verstoß gegen
§ 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB einen Ausschluss Haftung (also auch
für die Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit und auch im Falle von
grobem Verschulden) und die Regelung in Nummer 6 dieser Bestimmungen
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unter Verstoß gegen § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB einen Ausschluss der Haftung
für Schäden (also auch für die Verletzung von Leben, Körper und Ge-
sundheit) infolge leichter Fahrlässigkeit.
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Diese Verstöße haben zur Folge, dass die genannten Bestimmungen
insgesamt unwirksam sind; eine teilweise Aufrechterhaltung der Klauseln
scheidet wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion aus (§ 306
Abs. 1 und 2 BGB; s. etwa BGH, Urteile vom 24. September 1985 - VI ZR 4/84,
BGHZ 96, 18, 25 f und vom 17. Mai 1991 - V ZR 140/90, BGHZ 114, 338, 342 f;
Senatsurteil vom 19. November 2009 - III ZR 108/08, BGHZ 183, 220, 225 f
Rn. 16).
b) Entgegen der Rüge der Revision hat sich das Berufungsgericht mit
dem Einwand des Beklagten, wegen der Erkennbarkeit der Gefahrenlage sei
auf der Klägerseite ein (anspruchsausschließendes oder -minderndes) "Han-
deln auf eigene Gefahr" anzunehmen, befasst, indem es unter Hinweis auf die
Darlegungen des Sachverständigen ausgeführt hat, dass die Turnierteilnehmer
mit der durch die konkrete Verwendung der Fangständer bei dem betroffenen
Kombinationshindernis geschaffenen besonderen Gefahrensituation nicht hät-
ten rechnen müssen. Gegen diese Würdigung ergeben sich aus revisionsrecht-
licher Sicht keine Bedenken.
28
c) Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte ein auf ei-
nen Reitfehler der Tochter des Klägers zurückzuführendes Mitverschulden
(§ 254 BGB) - welches der Beklagte nach dem Rechtsgedanken des § 334
BGB auch dem Kläger als geschütztem Dritten entgegenhalten könnte (s. Se-
natsurteil vom 10. November 1994 - III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 384 f m.w.N.;
29
- 14 -
BGH, Urteil vom 13. November 1997 - X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1061) -
nicht nachgewiesen habe, lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
30
d) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch eine Anrechnung der Tierge-
fahr des verletzten Pferdes (§ 254 BGB; § 833 BGB analog) abgelehnt.
Eine Anrechnung der Tiergefahr des verletzten Tieres (§ 833 BGB)
kommt unter dem Gesichtspunkt der Mitverantwortung des geschädigten Tier-
halters (§ 254 BGB) zwar auch dann in Betracht, wenn es nicht um das Zu-
sammentreffen wechselseitiger Tiergefahren geht (s. dazu BGH, Urteil vom
25. Oktober 1994 - VI ZR 107/94, NJW-RR 1995, 215, 216 [Verletzung eines
Pferdes durch ein Kraftfahrzeug]; OLG Hamm, NJW-RR 1990, 794, 795 [Verlet-
zung von Rindern durch Ablagerung von Buchsbaumabfall in der Nähe einer
Weidekoppel]). Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, muss sich
der geschädigte Tierhalter die beim Schadenseintritt mitwirkende (bloße) Tier-
gefahr auf seinen Schadensersatzanspruch gegen den aus Verschulden haf-
tenden Schädiger jedoch nach § 840 Abs. 3 BGB nicht anspruchsmindernd an-
rechnen lassen (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1994 aaO; s. auch OLG Hamm
aaO; OLG Schleswig, NJW-RR 1990, 470 m.w.N.; Palandt/Sprau aaO § 833
Rn. 13 a.E. und § 840 Rn. 12 a.E.). So liegt es auch hier; denn der Beklagte
haftet dem Kläger aus schuldhafter Pflichtverletzung (siehe oben, unter 2.).
31
Die von der Revision angeführten verfassungsrechtlichen Bedenken ge-
gen die Anwendung von § 840 Abs. 3 BGB greifen nicht durch. Entgegen der
Ansicht der Revision ist nach Art. 3 Abs. 1 GG in dieser Hinsicht keine Gleich-
behandlung der Tierhalterhaftung mit der Haftung des Kraftfahrzeughalters (§ 7
StVG) geboten. Dass für die Fahrzeughalterhaftung eine - entsprechende - An-
wendung von § 840 Abs. 3 BGB ausscheidet (s. Senatsurteil vom 24. April 1952
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- 15 -
- III ZR 78/51, III ZR 79/51, BGHZ 6, 3, 28), erfordert von Verfassungs wegen
nicht, die Tierhalterhaftung nach § 833 BGB ebenfalls von dem Anwendungsbe-
reich des § 840 Abs. 3 BGB auszunehmen. Die Gefährdungshaftungen enthal-
ten für die einzelnen Haftungsbereiche im Hinblick auf die Besonderheiten der
jeweiligen Materie und ihrer Entstehungsgeschichte je eigenständige und in
sich abgeschlossene Regelungen, die nur aus ihrem jeweiligen Zusammenhang
heraus verstanden und angewendet werden können und demgemäß einer ent-
sprechenden Anwendung auf andere Gefährdungshaftungen nicht zugänglich
sind (BGH, Urteil vom 9. Juni 1992 - VI ZR 49/91, NJW 1992, 2474). Die Diffe-
renzierung zwischen der Tierhalterhaftung einerseits und der Kraftfahrzeughal-
terhaftung andererseits ist, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist,
sachlich dadurch gerechtfertigt, dass die typische Tiergefahr zu ihrer Verwirkli-
chung keiner menschlichen Einwirkung bedarf, wohingegen die von einem
Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr regelmäßig erst durch menschliches Han-
deln zur Wirkung gelangt.
4.
Letztlich wendet sich die Revision vergeblich gegen die vom Berufungs-
gericht vorgenommene Berechnung des erstattungsfähigen Teils der vorgericht-
lichen Anwaltskosten des Klägers. Die Entscheidung des Berufungsgerichts
stellt insofern nicht auf die Erfolgsquote der Klage in der Hauptsache ab, son-
dern auf den Betrag der Anwaltskosten, der unter Zugrundelegung eines Ge-
genstandswerts in Höhe des gerechtfertigten Umfangs der Schadensersatzfor-
derung angefallen wäre, und steht darin in Übereinstimmung mit der Recht-
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- 16 -
sprechung des Bundesgerichtshofs (s. BGH, Urteil vom 7. November 2007
- VIII ZR 341/06, NJW 2008, 1888 f Rn. 13 m.w.N.).
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 21.11.2008 - 11 O 207/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 25.08.2009 - I-7 U 94/08 -