Urteil des BGH vom 01.04.2014

BGH: überwiegendes interesse, zwangsvollstreckung, herausgabe, räumung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZR 1/14
vom
1. April 2014
in dem Rechtsstreit
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. April 2014 durch den
Richter Dr. Frellesen als Vorsitzenden, die Richterin Dr. Hessel sowie die Rich-
ter Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger
beschlossen:
Der Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil der
6. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 22. November 2013
einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beklagten sind vom Berufungsgericht zur Räumung und Herausgabe
des von ihnen bewohnten Grundbesitzes in C. verurteilt worden. Die
Zwangsvollstreckung ist für den 4. April 2014 angesetzt.
II.
Der Einstellungsantrag der Beklagten ist nicht begründet.
1. Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil Revision ein-
gelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstre-
ckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen
nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Inte-
resse des Gläubigers entgegensteht (§ 719 Abs. 2 ZPO).
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2. Die Beklagten haben die Voraussetzungen des § 719 Abs. 2 ZPO
nicht dargetan.
Nicht unersetzlich sind Nachteile, die der Schuldner selbst vermeiden
kann. Deswegen kann er sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bun-
desgerichtshofs grundsätzlich nur dann darauf berufen, die Zwangsvollstre-
ckung bringe ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil, wenn er in der Beru-
fungsinstanz einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt hat.
Hat der Schuldner dies versäumt, kommt eine Einstellung der Zwangsvollstre-
ckung nach § 719 Abs. 2 ZPO nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn es
dem Schuldner im Berufungsverfahren aus besonderen Gründen nicht möglich
oder nicht zumutbar war, einen Vollstreckungsschutzantrag zu stellen (Senats-
beschlüsse vom 18. Juli 2012 - VIII ZR 107/12, WuM 2012, 510 Rn. 5; vom
19. August 2003 - VIII ZR 188/03, WuM 2003, 637 unter II; vom 9. August 2004
- VIII ZR 178/04, WuM 2004, 553 unter II 1 mwN).
Die Beklagten haben in der Berufungsinstanz keinen Vollstreckungs-
schutzantrag nach § 712 ZPO gestellt. Dafür, dass ihnen die Stellung eines sol-
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chen Antrags nicht möglich oder nicht zumutbar war, ist weder etwas vorgetra-
gen noch sonst ersichtlich.
Dr. Frellesen
Dr. Hessel
Dr. Achilles
Dr. Schneider
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Chemnitz, Entscheidung vom 21.12.2012 - 17 C 3245/11 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 22.11.2013 - 6 S 24/13 -